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Betriebsärztliche Schweigepflicht in Zusammenhang mit Impfungen und COVID-19-Testungen im Betrieb

ASU: Dürfen Betriebsärztinnen und Betriebsärzte Namenslisten mit Impfdaten an die Unternehmen und Betriebe weiterleiten?

Von Kageneck: Nein. Alles, was Betriebsärztinnen und -ärzte bei der Impfung erfahren, fällt unter die ärztliche Schweigepflicht. Sie dürfen Impfdaten also nur an die Unternehmen weitergeben, wenn die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sie von der ärztlichen Schweigepflicht
entbinden.

Wie sieht es mit beruflich bedingten Reisen aus? Müssen Betriebsärztinnen und Betriebsärzte dem Unternehmen gegenüber offenlegen, ob die für die Einreise notwendigen Impfungen vorhanden sind?

Auch hier dürfen Betriebsärztinnen und -ärzte aufgrund ihrer ärztlichen Schweigepflicht die Informationen in aller Regel nicht weitergeben. 

Das Unternehmen kann sich aber direkt bei den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nach dem Bestehen des Impfschutzes erkundigen. Diese werden in aller Regel die Auskunft freiwillig geben. Sie ist ja die Voraussetzung, dass sie zum Beispiel die Flugreise in die USA unternehmen können.

Alternativ können die betroffenen Beschäftigten die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt von der Schweigepflicht entbinden. Dann dürfen die Information über die Impfung an die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber weitergegeben werden. Die Impfungen gegen COVID-19 stellen hier übrigens keine Ausnahme dar.

Dürfen Ergebnisse von Testungen auf das SARS-CoV-2-Virus weitergegeben werden?

Bei positiven Tests: Ja. Zwar haben Betriebsärztinnen und -ärzte eigentlich auch hier eine Schweigepflicht. Der Schutz der gesamten Belegschaft und der Kundschaft des Betriebs geht hier aber der ärztlichen Schweigepflicht vor. Das nennt man „rechtfertigender Notstand“. Das gilt auch, wenn der Test freiwillig durchgeführt wurde.

Muss die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt die Beschäftigten vorher informieren, dass diese Daten weitergegeben werden?

Hier sehe ich zwar keine gesetzliche Ver­pflichtung. Aufgrund des für die Zusammenarbeit wichtigen Vertrauensverhältnisses zwischen Betriebsärztinnen/-ärzten und Beschäftigten, rate ich jedoch dazu, diese zu informieren.

Kann ein Unternehmen der Betriebsärztin oder dem Betriebsarzt vorschreiben, mit welchem Impfstoff geimpft werden soll?

Nein. Die Entscheidung darüber, welcher Impfstoff benutzt wird, ist eine medizinische Entscheidung. Betriebsärztinnen und -ärzte sind nach dem Arbeitssicherheitsgesetz und nach der Berufsordnung in Bezug auf alles, was ihre arbeitsmedizinische Fachkunde betrifft, weisungsfrei.

Kann eine Betriebsärztin oder ein Betriebsarzt es ablehnen, Personen, die nicht gegen COVID-19 geimpft sind, zu untersuchen?

Nein. Ärztliche Untersuchungen sind medizinisch notwendige Dienstleistungen. Das gilt aufgrund der hohen Bedeutung, die die Prävention im Arbeitsschutz und im Gesundheitswesen hat, auch in Bezug auf die Untersuchungen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge.

Seit Mitte März ist es Pflicht, in bestimmten Einrichtungen einen Impfnachweis vorzulegen oder einen Nachweis, dass man kürzlich genesen ist. Kann eine Einrichtung von ihren Betriebsärztinnen und Betriebsärzten verlangen, dass sie solche Nachweise für
das Unternehmen überprüfen?

Das sehe ich wegen der ärztlichen Schweigepflicht als sehr problematisch an. Betriebsärztinnen und -ärzte sind ja keine Kontrollorgane der Einrichtung oder vorgelagerte Kontrollorgane der Gesundheitsämter. Ihre Aufgabe ist der Arbeitsschutz für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dies würde auch gegen die betriebsärztliche Schweigepflicht verstoßen.

Was können Sie Betriebsärztinnen und Betriebsärzten empfehlen, die von der Leitung ihrer Einrichtung aufgefordert werden, Impfnachweise zu kontrollieren?

Betriebsärztinnen und Betriebsärzte dürfen die Einrichtungsleitung darauf hinweisen, dass sie aufgrund ihrer Schweigepflicht und Vertrauensstellung keine Impfkontrollen durchführen können. Sie können ihnen empfehlen, die Kontrollen stattdessen auf andere Personen zu übertragen. Oft wird dafür auch kein spezieller medizinischer Sachverstand erforderlich sein. Soweit das in Einzelfällen anders ist, müssen die Einrichtungen auf andere Ärzte zurückgreifen.

Frau von Kageneck, vielen Dank für das Gespräch!

doi:10.17147/asu-1-189950

Das PDF dient ausschließlich dem persönlichen Gebrauch! - Weitergehende Rechte bitte anfragen unter: nutzungsrechte@asu-arbeitsmedizin.com.

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