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Strategisches BGM – mit System

Strategic Corporate Health Management – a systematic approach

Healthy performance is a core element of truly sustainable and successful organizations. As a result, Corporate Health Management (CHM) is gaining increasing strategic relevance. Meeting this standard requires not only focusing on the CHM core processes but also systematically designing and steering critical structural elements. This article presents a practical management framework to support CHM professionals in this task.

Kernaussagen

  • Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist Teil einer strategischen Wirkungslogik.
  • Ehemalige Unterstützungstätigkeiten des BGM werden zu erfolgskritischen Handlungsfeldern.
  • Das gesundheitsförderliche Arbeitssystem ist eine zentrale Aufgabe des BGM.
  • Gesundheit ist Kultur- und Transformationsthema.
  • Ein erfolgreiches BGM braucht systematische Vernetzung statt funktionaler Silos.
  • Strategisches BGM – mit System

    Healthy Perfomance ist ein Kernmerkmal nachhaltig gesunder Unternehmen. Damit gewinnt betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) zunehmend an strategischer Bedeutung. Dieser Anspruch erfordert, zusätzlich zum BGM-Kernprozess, erfolgskritische Strukturelemente systematisch zu gestalten und zu steuern. Der folgende Beitrag stellt dafür ein praxisnahes Management-Framework als Arbeitshilfe für BGM-Verantwortliche vor.

    Wertschöpfung durch Wohlbefinden

    Die strategische Bedeutung von Gesundheit im Unternehmen lässt sich empirisch untermauern. De Neve et al. haben eine klare Evidenz für den Zusammenhang von Wohlbefinden am Arbeitsplatz und wirtschaftlichem Unternehmenserfolg erbracht: „Unsere Ergebnisse zeigen einen positiven und signifikanten Zusammenhang zwischen dem Wohlbefinden der Mitarbeitenden und der Unternehmensleistung. Unternehmen mit einem höheren durchschnittlichen Niveau des Wohlbefindens sind profitabler – sie berichten über höhere Bruttogewinne und, was noch wichtiger ist, haben einen höheren Return on Assets“ (ROA) (De Neve et al. 2024, S. 4, Übersetzung durch Verf.).

    Workplace Wellbeing setzt sich nach De Neve et al. (2024) aus den vier Faktoren Glück, Arbeitszufriedenheit, Sinn und Stressfreiheit zusammen. Schaut man sich die Wirkungspfade an, die die Autoren für den Zusammenhang dieser Faktoren mit wirtschaftlichem Erfolg untersuchen, spielt Gesundheit eine Schlüsselrolle. So ist sie Grundvoraussetzung für Produktivität, bedingt die Qualität sozialer Beziehungen und beeinflusst über ihre Rolle bei der Arbeitssystemgestaltung maßgeblich Arbeitgeberattraktivität sowie Mitarbeitendenbindung.

    Zusätzlich beachten und bewerten Nachhaltigkeitskodizes – und Auftraggeber – neben dem Umweltschutz immer stärker auch das Humankapital, das die sozialen, mitarbeitenden- und gesundheitsbezogenen Faktoren einschließt. Einschlägige Kriterien hierfür liefern internationale Nachhaltigkeitsstandards (siehe Links in der Anlage).

    Damit erweitert sich der Anspruch an das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) von einem primär gesundheitsfachlichen hin zu einem strategisch-ökonomischen Handlungsfeld im Unternehmen. Nach dem IOOI-Wirkungsmodell (Input–Output–Outcome–Impact) in ➥ Abb. 1 erbringt BGM unter Einsatz seiner Ressourcen einen unmittelbaren Output in Form von verbessertem individuellem Wohlbefinden, mehr Gesundheitskompetenz und gesundheitsbewusstem sowie sicherheitsorientiertem Verhalten. Viele betriebliche Gesundheitskonzepte und -narrative enden an dieser
    Stelle. Die Wirkungslogik ist jedoch weiterzudenken. So sind diese Effekte unverzichtbare Voraussetzung für Outcome-Größen wie Engagement, Innovationskraft und Produktivität auf der persönlichen Ebene und nachhaltige Unternehmenskultur sowie organisationale Resilienz auf der Systemebene. Diese sind die entscheidenden Wirkgrößen für unternehmerischen Erfolg (Impact), gemessen zum Beispiel an Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitgeberattraktivität sowie einem langfristig steigenden Unternehmenswert.

    Bedarf an Handlungshilfen

    In Anbetracht dieser Entwicklungen steigen die Anforderungen an das BGM enorm: Es gilt, eine Vielzahl an betrieblichen Aktivitäten und internen sowie externen Akteuren zu orchestrieren, sie sinnvoll zu vernetzen, zu Gesundheit zu kommunizieren, vorzudenken, zu planen, zu initiieren und zu unterstützen, eigenständig Maßnahmen und Programme aufzusetzen, Erfolge zu messen und transparent zu machen. Psychological und Social Safety sowie gesunde Führung sind zu entwickeln, Partizipation bei der Arbeitssystemgestaltung, beispielsweise mit Hilfe der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung, und professionelles Change-
    Management sind sicherzustellen.

    Dies bedeutet zugleich, dass zunehmend mehr nicht-gesundheitsfachliche Rollen und Fachfunktionen, wie Führung, Personalmanagement und -entwicklung sowie Diversity oder Nachhaltigkeit maßgeblich Einfluss auf gesundes Arbeiten nehmen. Dieser Anspruch kann nicht mehr von isolierten Fachfunktionen erfüllt werden. Für viele gesundheitsfachlich hochqualifizierte BGM-Verantwortliche stellt sich daher die Frage, wie diese Komplexität mit den – immer begrenzten – Ressourcen zu bewältigen ist, und sie suchen nach gut verständlichen praxistauglichen Unterstützungssystemen.

    Grundlegende Strukturhilfen bieten hier die DIN-basierten Managementsysteme für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (v. a. die DIN ISO 45001). Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und Verbände bieten Checklisten zur Statusbestimmung und Weiterentwicklung des BGM an, zum Beispiel den Struktur-Check „Gesundheit mit System“ der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) oder die „Qualitätskriterien für das betriebliche Gesundheitsmanagement im Bereich der psychischen Gesundheit“ der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA); eine Liste von publizierten Checklisten findet sich beim Online-Beitrag auf der ASU-Homepage.

    Eine systematische Auswertung dieser Instrumente zeigt, dass sie insgesamt alle relevanten Management-Aspekte für BGM abdecken, keines aber alle dieser Elemente erfasst. Vor allem wird nicht immer deutlich, welches Managementmodell beziehungsweise -verständnis und welche Prämissen den Instrumenten zugrunde liegen. Sie zielen also primär auf die Feststellung eines aktuellen Reifegrads ab. In der Praxis benötigen die BGM-Verantwortlichen jedoch ein alltagstaugliches, robustes und individuell anpassbares Steuerungsinstrument.

    Funktionale Eingrenzung und ­Prämissen des BGM

    Diese Lücke soll mithilfe des hier vorgestellten Management-Frameworks für betriebliche Gesundheit geschlossen werden. Bevor darauf genauer eingegangen wird, eine kurze Bestimmung seines Gegenstands: Betriebliches Gesundheitsmanagement umfasst nach Verständnis der Autoren die Arbeitsmedizin (gesetzliche Aufgaben und freiwillige Gesundheitsleistungen des Unternehmens), betriebliche Gesundheitsförderung und die Schnittstellen dieser beiden Kernfunktionen mit dem Arbeitsschutz, die sich insbesondere auf gesundheitsförderliche Arbeitssystemgestaltung beziehen (s. auch Infokasten). Zum Aufgabenspektrum des BGM können unternehmensspezifisch auch das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM), die Sozial- oder Suchtberatung gehören.

    Das Management-Framework für Betriebliche Gesundheit ist strategisch, ganzheitlich und integrativ angelegt. Strategisch wird es durch eine Top-down-Logik, also die enge Anbindung der BGM-Ziele an die Unternehmensstrategie. Ganzheitlich ist es durch das zugrunde liegende biopsychosoziale Gesundheitsverständnis und die gleichwertigen Handlungsfelder Individuum (Förderung von Gesundheitskompetenz) und Organisation (gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen). Und integrativ steht für die bestmögliche Einbindung gesundheitsförderlicher und präventiver Elemente in bestehende Unternehmensprozesse und -strukturen.

    Struktur und Inhalte des Frameworks

    Die Grundidee des Frameworks geht zurück auf eine Publikation der Deutschen Gesellschaft für Personalführung. Die DGFP hat vor elf Jahren Fachleute – darunter auch zwei der Autoren dieses Beitrags – eingeladen, den damaligen Status quo des betrieblichen Gesundheitsmanagements zu beschreiben (DGFP 2014). Schon damals zeichnete sich ab, dass es sowohl übergeordnete Prämissen als auch weitere relevante Strukturelemente gibt, die zwingend zu gestalten, zu steuern und kontinuierlich weiterzuentwickeln sind, um Gesundheit in Organisationen erfolgreich zu managen.

    Diese Idee wurde seither durch die intensive Auseinandersetzung mit dem fachlichen Fortschritt und BGM-Strukturen in einer Vielzahl von Unternehmen zu einem praktischen Arbeitsmodell weiterentwickelt. Im Fokus des Frameworks (Abb. 2) steht Healthy Performance als Zielgröße
    (s. Infokasten). Die Managementkomponenten setzen sich zusammen aus dem BGM-Kernprozess und sechs dafür erfolgskritischen Strukturelementen, die im Folgenden genauer erläutert werden.

    Policy – Werte und Handlungsrahmen

    Eine Gesundheits-Policy (oft auch in Form einer Gesundheits- und Sicherheits-Policy) legt die Leitlinien und Verpflichtungen des Unternehmens in Bezug auf die Gesundheit der Mitarbeitenden fest. Dabei werden Selbstverständnis, Umfang und Anspruchsniveau von BGM in der Organisation verbindlich verankert und erhalten so auch Prüfungsrelevanz in Managementsystem-Audits.

    Das ist notwendig für die Legitimation des BGM – aber noch nicht hinreichend für sein Gelingen. Erfolgskritisch ist, dass das verantwortliche Management an der Entwicklung der Kernaussagen aktiv beteiligt ist. Dies stellt die intensive Auseinandersetzung der Führung mit dem Faktor Gesundheit in der Unternehmenssteuerung sicher und bindet sie verbindlich an die Aussagen und Ziele.

    Strategie – Ziele und Auftrag

    Die BGM-Strategie leitet sich aus der Unternehmensstrategie ab, ist in diese eingebettet und unterstützt ihre Umsetzung, oft auch in Form einer kombinierten Gesundheits- und Sicherheitsstrategie. Durch strategische Ziele wird der Beitrag des BGM zum Unternehmenserfolg konkretisiert und messbar gemacht.

    Zusätzlich sollte das Management auf der persönlichen Ebene der Gesundheitsstrategie „ein Gesicht“ geben, sie authentisch vorleben (Rollenmodell) sowie alle Führungskräfte auffordern und unterstützen, in ihrem Verantwortungsbereich gesundheitsorientiert zu führen.

    Diese Haltung der Unternehmensleitung ist nicht immer gegeben. Es gilt, plausible Nutzenargumentationen sowie betriebliche Koalitionen zu bilden und zu entwickeln, damit diese Überzeugungsarbeit gelingt.

    Organisation – Funktion und Rolle

    Im Einklang mit der DIN ISO 45001 (Abschnitt 5.1) hat die Unternehmensleitung die Gesamtverantwortung und Rechenschaftspflicht zur Bereitstellung sicherer und gesundheitsgerechter Arbeitsplätze. Sie stellt auch die erforderlichen Ressourcen für das BGM sicher.

    Die BGM-Organisation benötigt effiziente und klare Strukturen und Prozesse für die Zusammenarbeit ihrer Kernfunktionen (s. oben). In der komplexen Kooperation mit allen internen und externen Akteuren sind außerdem transparente Governance-Regelungen zur Rolle, den Verantwortlichkeiten, Pflichten und Rechten aller Beteiligten zu vereinbaren.

    Aus taktischen Gründen ist es wichtig, an welcher Stelle im Organigramm die BGM-Leitung angesiedelt ist. Das hat in vielen Unternehmen direkten Einfluss auf die Wahrnehmung der Funktion, welches Gehör die Rolle findet und welche Synergien aus einem direkten organisationalen Verbund erwachsen. So kann das BGM eine Stabsstelle der Geschäftsführung, in der Personalabteilung angesiedelt oder Teil einer Fachgruppe für Qualitätsmanagement, Nachhaltigkeit oder EHS (zusammen mit Arbeits- und Umweltschutz) sein.

    Kommunikation – Aufmerksamkeit und Impulse

    Der BGM-Kommunikation kommt ein hoher Stellenwert zu, da es meistens um die (Neu-)Positionierung von Gesundheit als geschäftskritisches Thema geht und BGM in der Aufmerksamkeit aller Zielgruppen in Konkurrenz zu vielen anderen wichtigen betrieblichen Themen steht. Sie soll dabei auf der individuellen Ebene eine langfristige Änderung hin zu einem besseren Gesundheitsbewusstsein und -verhalten und auf der organisationalen Ebene die Transformation hin zu einer gesundheitsförderlichen Unternehmenskultur unterstützen.

    „Die integrierte Gesundheitsmanagement-Kommunikation schafft ein Bewusstsein für die Bedeutung von Gesundheit im Arbeitskontext, gibt konkrete Hilfestellungen zu Gesundheitsfragen, informiert die Zielgruppen über Angebote […] und stellt Austauschplattformen zwischen den Akteuren des integrierten Gesundheitsmanagements sicher“ (DGFP 2014, S. 29).

    Das gelingt nur auf Grundlage eines professionellen Kommunikationskonzepts: Aufmerksamkeit und Wiedererkennung werden vor allem über ein Logo, Slogans, Key Visuals, eine bestimmte Bilderwelt und Farbauswahl unterstützt. Die Kommunikation soll widerspruchsfrei sein und das Erleben der Mitglieder der Organisation realistisch berücksichtigen (Employee Experience). Sie folgt einem durchgängigen Gesundheitsnarrativ im Unternehmen und nutzt ausgewählte Kommunikationskanäle sowie -mittel. Expertenunterstützung, vor allem durch eine enge Kooperation mit der Unternehmenskommunikation und/oder externen Agenturen, ist dabei in der Regel unverzichtbar.

    Controlling – Transparenz und ­Steuerung

    BGM-Controlling schafft Transparenz – und Aufmerksamkeit des Managements – durch turnusmäßige Berichterstattung zur gesundheitlichen Situation und Bewertung der durchgeführten BGM-Aktivitäten.

    Der Tätigkeitsbericht des BGM ist dabei meist gut zu bewerkstelligen. Die Definition von Kennzahlen, in Verbindung mit der IOOI-Wirkungskette, ist dagegen eine Herausforderung. Denn es gibt solche Kennzahlensysteme noch nicht „von der Stange“, und häufig steht der Wunsch des Managements nach Gesundheits-Key Performance Indicators (KPI) einem enormen Entwicklungs- oder Erhebungsaufwand sowie hohen Datenschutzbarrieren entgegen.

    Die Lösung kann hier in der Verknüpfung des BGM mit Produktivitäts-KPI und Kennzahlen aus dem Personalbereich liegen, zum Beispiel dem Employee Net Promoter Score (Kennzahl für Mitarbeitendenzufriedenheit), unerwünschter Fluktuation, Indikatoren zur Employee Experience, Arbeitgeber-Ratings oder ausgewählten Ergebnissen der Mitarbeitendenbefragung.

    Unternehmenskultur – gelebte Werte

    Jede Organisation hat eine charakteristische und einzigartige Unternehmenskultur, die stark von gesellschaftlichen oder Umwelttrends beeinflusst wird. Die Gesundheitskultur, meist in Verbindung mit der Sicherheitskultur, ist Bestandteil dieser Unternehmenskultur, wird von ihr geprägt und beeinflusst sie gleichzeitig.

    Die gezielte Entwicklung einer Gesundheits- und Sicherheitskultur, als Kernelement eines Healthy-Performance-Ansatzes, ist ein langfristiger Organisationsentwicklungsprozess. Sicherheit und Gesundheit sollen in allen Tätigkeiten verankert und damit zu einem selbstverständlichen, gelebten Teil des täglichen beruflichen Lebens werden (Bollmann 2018, S. 122).

    Praktische Unterstützung für dieses BGM-Aufgabenfeld liefert zum Beispiel der KulturCheck der DGUV (2022, s. Online-Quellen), in dem die Elemente einer Gesundheits- und Sicherheitskultur beschrieben und Umsetzungsanregungen gegeben werden.

    Diese sechs Handlungsfelder sind entscheidend für den Erfolg der Gesundheitsmaßnahmen und -programme. Der Kernprozess auf der nächsten Ebene des Management-Frameworks ist mit seinen vier Schritten in nahezu jeder BGM-Publikation zu finden (bisweilen werden auch fünf oder sechs Schritte genannt). Seine praktische Steuerung ist angesichts der realen betrieblichen Rahmenbedingungen alles andere als trivial, werden die Maßstäbe des Qualitätsmanagements angelegt. Dazu einige Beispiele:

  • Analyse: Die gesamte BGM-Steuerung basiert auf validen, aussagekräftigen Daten und Informationen. Es gilt, die richtige Auswahl an objektiven und subjektiven Gesundheitsdaten zur treffen, ihre Aussagekraft kritisch zu prüfen, sie auszuwerten, zu verknüpfen und Evaluationsergebnisse vorangegangener BGM-Aktivitäten zu berücksichtigen. Dabei sind die Zielgruppen konsequent in die Bedarfsermittlung einzubeziehen (Partizipation).
  • Planung: Für eine optimale Planungsqualität sind sehr unterschiedliche Einflussgrößen zueinander konstruktiv in Beziehung zu setzen: Daten aller Gesundheitsdimensionen, die Unternehmensstrategie, das Primat von Prävention, Ressourcennutzung und Risikominderung, gesetzliche Rahmenbedingungen sowie die Abschätzung des Verhältnisses von Aufwand (angesichts der zur Verfügung stehenden Ressourcen) und erreichbarem Ergebnis (d. h. auch Abschätzung der Beeinflussbarkeit von BGM-Kerngrößen). Ferner sind Methodik und Parameter der Wirksamkeitskontrolle (Evaluation) für alle Maßnahmen zu bestimmen.
  • Umsetzung: Maßgeblich für die Steuerung der BGM-Aktivitäten sind die Prozessqualität, also die Abläufe innerhalb des BGM, und seine Strukturqualität, vor allem Infrastruktur, Arbeitsbedingungen, Qualifikation der Ausführenden, Vermarktung und Güte der Angebote. „Es ist zu erwarten, dass ein System, das vorrangig und wo immer möglich evidenzbasierte Maßnahmen umsetzt, effektiver und effizienter ist als ein System, in dem dies nicht der Fall ist“ (DeBocku. Reh­fuess 2021, S. 525).
  • Evaluation: Die Erfassung der Wirksamkeit und Zielerreichung der Maßnahmen ist notwendig im Sinne der Ergebnisqualität und zur kontinuierlichen und nachhaltigen Weiterentwicklung des BGM-Prozesses. Die Wirksamkeitsnachweise können in einem Reifegradspektrum eingestuft werden von „deutlich und nachvollziehbar beschrieben“ über „Wirkung plausibel anzunehmen“ bis hin zu „kausale Wirkung nachgewiesen“ (DeBock u. Rehfuess 2021, S. 526). Sofern überhaupt evaluiert wird, haben die meisten BGM-Systeme hier noch großes Entwicklungspotenzial.
  • Anwendungsbeispiele

    Das Management-Framework für betriebliche Gesundheit ist skalierbar und an vielfältige Unternehmenscharakteristika sowie -ziele anpassbar. Einige Projektbeispiele sollen das veranschaulichen:

  • Ein international agierender Konzern richtet eine neue Governance-Funktion für betriebliche Gesundheit ein, die das BGM in allen Unternehmensbereichen und Tochtergesellschaften sowie an allen Standorten strategisch steuern, weiterentwickeln und seine Erfolge transparent machen soll. Das Framework bietet die strukturelle Grundlage dafür, auch weil es anschlussfähig an die Managementsysteme vergleichbarer Funktionen im Unternehmen ist.
  • Ein großes mittelständisches Unternehmen hat bereits ein Portfolio qualitativ guter verhaltenspräventiver BGM-Maßnahmen, maßgeblich unterstützt durch externe Dienstleister und Präventionsprogramme einer Krankenkasse. Der Anspruch ist, das Arbeitssystem im Sinn der Healthy Performance zu gestalten und das „BGM 2.0“ stärker auf Zielgruppen auszurichten (u. a. Arbeitsplatztypen und Generationsbedürfnisse). Außerdem will sich das Unternehmen für den Corporate Health Award bewerben. Für beides liefert die Struktur des Frameworks eine gute Arbeitsgrundlage.
  • Ein ehemaliges Start-up, das stark gewachsen ist, konsolidiert seine Organisation (Strukturen, Prozesse, Standards). Auf Kundenforderungen hin wird ein erstes Managementsystem-Audit geplant, wofür das Management-Framework vor allem wegen seiner Passung zu DIN ISO-Anforderungen eingesetzt wird.
  • Ausblick

    Um die praktische Anwendung des Frameworks nutzerfreundlich zu unterstützen, ist eine Reihe von Werkzeugen und Arbeitshilfen in der Erprobung beziehungsweise Weiterentwicklung. So ist das zentrale Managementinstrument für die BGM-Leitung eine Kriterienliste für die regelmäßige Standortbestimmung und Entwicklungsplanung des BGM. Sie gibt nicht nur den Reifegrad wieder, sondern liefert auch inhaltliche Anregungen für den jeweils nächsten Entwicklungsschritt. Ferner reduzieren BGM-Leitfäden, etwa für die Datennutzung und Kommunikation, sowie Musterbetriebsvereinbarungen den Entwicklungsaufwand für die einzelnen Anwender. Sie geben fachlich fundierte Anregungen und können auf die jeweilige Unternehmenssituation angepasst werden.

    Als Fazit lässt sich feststellen, dass Healthy Performance nicht nur Zusatznutzen ist, sondern ein Erfolgsfaktor zeitgemäßer Unternehmensführung. Mit dem hier vorgestellten Management-Framework wird eine praktische Handlungshilfe vorgestellt. Es ist zugleich aber auch Einladung, die Diskussion über Rolle, Reichweite und Zukunft des betrieblichen Gesundheitsmanagements
    als strategisches Handlungsfeld weiterzuführen.

    Interessenkonflikt: Die Autoren Grauer und Jaax sind Mitglieder der Geschäftsführung von Integion GmbH München. U. Birner ist Geschäftsführer von Birner Consulting.

    Literatur

    Bollmann U: Competences for a culture of prevention – conditions for learning and change in SMEs. In: Boustras G, Guldenmund F (Hrsg.): Safety management in small and medium sized enterprises (SMEs). Boca Raton: CRC Press/Taylor & Francis, 2018, S. 121–141.

    De Neve J-E, Kaats M, Ward G: Workplace Wellbeing and Firm Performance. University of Oxford Wellbeing Research Centre Working Paper 2304. 2024. https://wellbeing.hmc.ox.ac.uk/wp-content/uploads/2023/11/2304-WP-Workp… (abgerufen am 04.04.2025).

    De Bock F, Rehfuess E: Mehr Evidenzbasierung in Prävention und Gesundheitsförderung: Kriterien für evidenzbasierte Maßnahmen und notwendige organisationale Rahmenbedingungen und Kapazitäten. Bundesgesundheitsblatt 2021; 64: 524–533.

    Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP, Hrsg.): Integriertes Gesundheitsmanagement – Konzept und Handlungshilfen für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. DGFP-PraxisEdition Band 107. Bielefeld: Bertelsmann, 2014.

    Deutsches Institut für Normung e.V. (DIN): Managementsysteme für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung (ISO 45001:2018). Berlin: Beuth, 2018.

    Linksammlungen zu ausgesuchten Checklisten und zu Nachhaltigkeitsstandards finden sich auf der ASU-Homepage beim Beitrag.

    Online-Quellen

    Hartung S, Faller G: Betriebliche Gesundheitsförderung. In: Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) (Hrsg.). Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden. 2025
    https://leitbegriffe.bzga.de/alphabetisches-verzeichnis/betriebliche-ge…

    Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV): Der KulturCheck. IAG Report 2/2018, 2022
    https://publikationen.dguv.de/forschung/iag/iag-report/3493/iag-report-…

    Abb. 2:  Management-Framework für betriebliche Gesundheit (© Integion GmbH)

    Abb. 2: Management-Framework für betriebliche Gesundheit (© Integion GmbH)

    Info

    Aufgabenbeschreibung des BGM

    Definition des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit: „Betriebliches Gesundheitsmanagement ist die Verankerung von Gesundheit und Leistungsfähigkeit als betriebliche Ziele unter Inanspruchnahme von Managementstrategien. Eine zentrale Rolle spielen die Definition und Verfolgung operationaler Kennzahlen, die Systematik des Vorgehens und das Postulat der Kongruenz von Gesundheits- und Effizienzgewinnen“ (BZgA 2023).

    Info

    Healthy Performance steht hier für das ­unternehmerische Ziel, Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsstärke und wirtschaftlichen ­Erfolg systematisch mit den Prinzipien ­gesunder Arbeit zu verbinden. Es geht um die Entwicklung einer nachhaltigen Leistungsarchitektur, die Menschen, Prozesse und Strukturen in Einklang mit langfristiger Wertschöpfung und organisationaler Gesundheit bringt.

    KOAUTOREN

    Fabian Jaax
    Integion GmbH, Leitung Gesundheitsmanagement

    Dr. Ulrich Birner
    Geschäftsführer Birner Consulting

    Kontakt

    Swen Grauer
    Integion GmbH; Geschäftsführender Gesellschafter; Schlierseestraße 30; 81539 München

    Foto: Integion GmbH

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