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Prämierte Kongress-Poster

Das PDF dient ausschließlich dem persönlichen Gebrauch! - Weitergehende Rechte bitte anfragen unter: nutzungsrechte@asu-arbeitsmedizin.com

Die Redaktion hat daher beschlossen, den Posterpreisträgerinnen und -trägern unserer einschlägigen Fachkongresse anzubieten, ihr Thema im Praxisteil der ASU noch einmal einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.

Das vorliegende Poster belegte bei der 65. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) im Rahmen der Posterprämierung des Nachwuchssymposium der DGAUM den dritten Platz.

Part 4: Work organisational measures and strategies for dealing with heat waves in acute care: A scenario workshop

Heatwaves increasingly burden nursing staff in acute care settings and demand targeted organizational adjustments within hospitals. In a trans- and interdisciplinary workshop, practical strategies for heat adaptation were co-developed with hospital staff. Key outcomes highlight the importance of strategic integration at the leadership level, clear assignment of responsibilities, development of a comprehensive heat action plan, and improved internal communication and training. Holistic and participatory approaches can support the development of effective solutions to relieve professional nursing staff and ensure sustainable quality of care during extreme heat events.

Teil 4: Arbeitsorganisatorische Maßnahmen und Strategien im Umgang mit Hitzewellen in der Akutpflege: Ein Szenario-Workshop

Hitzewellen stellen eine zunehmende Belastung für das Pflegepersonal in der Akutversorgung dar und erfordern gezielte organisatorische Maßnahmen im Krankenhausbetrieb. In einem inter- und transdisziplinären Workshop wurden gemeinsam mit Klinikmitarbeitenden konkrete Strategien zur Anpassung an extreme Hitzeereignisse entwickelt. Zentrale Ergebnisse umfassen die Notwendigkeit einer strategischen Verankerung des Themas auf Leitungsebene, die Schaffung klarer Verantwortlichkeiten, die Entwicklung eines umfassenden Hitzeaktionsplans sowie die Verbesserung der internen Kommunikation und Schulung. Ganzheitliche, partizipative Ansätze können dazu beitragen, tragfähige Lösungen zu entwickeln, um professionell Pflegende wirksam zu entlasten und die Versorgungsqualität während Hitze­wellen zu sichern.

Kernaussage

Der Schutz von Pflegekräften vor hitze­bedingten Belastungen in Krankenhäusern erfordert ein strategisch geplantes, institutionell verankertes und interdisziplinär ­getragenes Vorgehen.

Einleitung

Die Auswirkungen von Hitzewellen auf die Gesundheit von Pflegekräften in der Akutpflege haben in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die fortschreitende Klimakrise und die damit verbundenen intensiveren Hitzewellen fordern ein Umdenken in der Arbeitsorganisation und im Gesundheitsschutz (Copernicus Climate Changes Services 2025). Besonders gefährdet sind Pflegekräfte, die aufgrund der körperlichen Belastung und der Notwendigkeit, intensiv mit Patientinnen und Patienten zu interagieren, einem höheren Risiko für hitzebedingte Gesundheitsprobleme ausgesetzt sind (Jegodka et al. 2021; Dehl et al. 2024). In diesem Zusammenhang sind eine effektive Krisenbewältigung und Prävention von zentraler Bedeutung.

Theoretischer Hintergrund und Fragestellung

Die zunehmende Häufigkeit und Intensität von Hitzewellen stellen Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen vor zusätzliche Herausforderungen (z. B. Anpassung der Patientenversorgung, Lagerung von Medikamenten, Dienstplangestaltung) (Zink et al. 2025, submitted). Dabei ist es entscheidend, geeignete Strategien zu entwickeln und organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um das Krankenhaus an die Klimaverhältnisse anzupassen und das Pflegepersonal vor hitzebedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen zu schützen. Dies ist in deutschen Krankenhäusern nicht ausreichend umgesetzt (Jegodka et al. 2021; Krol et al. 2023). Um die bestehenden Bemühungen eines auf Hitzewellen angepassten Krisenmanagements wurde ein trans- und interdisziplinärer Workshop in Zusammenarbeit mit Beschäftigten des BG Klinikums Unfallkrankenhaus Berlin durchgeführt. Ziel des Workshops war es, mithilfe von Methoden der Zukunftsforschung und des Design Thinking konkrete Maßnahmen und Strategien zu entwickeln, um Krankenhäuser auf die Bewältigung von Hitzewellen vorzubereiten und so die Belastung für Pflegepersonen zu minimieren.

Methode

Der Workshop wurde im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Ellery Studio, Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e. V., KLUG und dem BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin durchgeführt. Die Szenario-Methode, eine Technik der Zukunftsforschung, wurde verwendet, um auf der Grundlage realer Szenarien Lösungen zu entwickeln. Dabei wurden mit Hilfe von verschiedenen Zukunftsszenarien die Auswirkungen (extremer) Hitze auf die Arbeitsorganisation und die Pflegenden identifiziert und in mehreren Schritten Lösungsansätze entwickelt. Der Workshop umfasste trans- und interdisziplinäre Teilnehmende aus verschiedenen Bereichen: Pflegeleitung, Klinikummanagement, Krisenmanagement-Teams sowie Vertreter des Betriebsrats und des betrieblichen Gesundheitsmanagements.

Ergebnisse

Die Teilnehmenden sahen das Pflegepersonal und die Gesamteinrichtung insbesondere in Zeiten extremer Hitze vor große Herausforderungen gestellt. Diese können nicht von den Pflegenden und ihren Leitungspersonen allein bewältigt werden. Dazu braucht es umfassende, klinikweite Hitzeanpassung. Erste Ergebnisse identifizieren vier wichtige Handlungsfelder für eine erfolgreiche Anpassung:

  • Interne Risikokommunikation: Eine klare Kommunikation über die Gefahren von Hitzewellen sowie über die zu ergreifenden Maßnahmen ist essenziell. Dies erfordert eine gut organisierte Krisenkommunikation, die alle Mitarbeitenden zu jeder Zeit erreicht. Eine digitale App für alle Beschäftigten wird von den Teilnehmenden als Unterstützung für erfolgreiche Krisenkommunikation angesehen.
  • Schulungen für alle Mitarbeitenden: Kontinuierliche Schulungen für alle Mitarbeitenden müssen entwickelt werden, die sowohl bereichsspezifische als auch grundlegende Kenntnisse zur Umsetzung der Maßnahmen umfassen. Dies soll die Handlungssicherheit und Hitzesensibilität steigern.
  • Personelle und finanzielle Ressourcen: Zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen werden für die erfolgreiche Anpassung an Hitzewellen benötigt. Diese müssen im Vorfeld geschaffen werden. Neben zusätzlichem Pflegepersonal fällt darunter auch die Einrichtung eines dauerhaft eingesetzten Krisenmanagement-Teams, auch vor und nach dem Hitze­ereignis.
  • Physische Belastung des Pflegepersonals: Die Belastung des Pflegepersonals muss in den Krisenszenarien berücksichtigt werden. Hierzu gehören unter anderem regelmäßige Pausen, die Reduzierung der Arbeitsbelastung und eine langfristige Anpassung der Personalplanung. Nach dem Hitzeereignis müssen Maßnahmen ergriffen werden, die dem Pflegepersonal Erholung ermöglicht. Lösungen hierfür blieben im Workshop offen.
  • Ein klinikumfassender Hitzeaktionsplan und bereichsspezifische Handlungsleitfäden werden als Grundlage für kohärentes Krisenmanagement erachtet. Bei deren Erstellung sollten die vier Handlungsfelder berücksichtigt werden. Außerdem müssen geeignete Schritte für alle vier Phasen des Krisenmanagements (Prävention, Vorbereitung, Reaktion und Nachbereitung) erarbeitet werden. Die formalisierten Pläne müssen regelmäßig evaluiert und aktualisiert werden. Die Krankenhausleitung als Entscheider und die Leitungspersonen im pflegerischen Dienst als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren von Informationen und der Maßnahmenumsetzung werden als zentrale Akteure für das Vorantreiben der notwendigen Anpassungen gesehen (Zink et al. 2025).

    Diskussion

    Die Ergebnisse des Workshops verdeutlichen die Notwendigkeit für organisatorische Anpassungen, um Krankenhäuser angemessen auf Hitzewellen vorzubereiten und das Pflegepersonal zu entlasten. Dazu bedarf es zusätzlicher personeller sowie finanzieller Ressourcen (z. B. für Evaluation, Einsatz eines Krisenmanagement-Team), der Krankenhausleitung als Treiber und Entscheider über formalisierte Pläne und des strategischen Vorgehens sowie des mittleren Managements im pflegerischen Dienst als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren.

    Ein partizipativer Ansatz unter Einbezug trans- und interdisziplinärer Perspektiven erwies sich als wertvoll zur Identifikation geeigneter Maßnahmen und Strategien, um die Herausforderungen der Hitzewellen im pflegerischen Dienst erfolgreich zu bewältigen. Jedoch konnten aufgrund der Komplexität der Problematik sowie des begrenzten Zeitrahmens manche Themen nur angerissen werden. Dazu gehört zum Beispiel die konkrete Umsetzung der mittel- und langfristigen Pflegepersonalplanung sowie geeignete Maßnahmen der Krisennachbereitung, vor allem hinsichtlich der Regeneration der Pflegenden.

    Handlungsempfehlungen für die Praxis

    Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Umgang mit Hitzewellen in der Akutpflege ein strategisch geplantes Vorgehen auf Leitungsebene erfordert, das sowohl organisatorische als auch personelle Ressourcen berücksichtigt. Wichtige Handlungsempfehlungen umfassen:

  • Transformationsprozess strategisch angehen: Der Transformationsprozess sollte strategisch geplant und fest in der Klinikplanung verankert werden. Dabei ist es essenziell, sowohl personelle als auch finanzielle Ressourcen langfristig zu sichern. Zusätzlich kann eine enge Zusammenarbeit mit anderen Krankenhäusern Synergien schaffen und den Prozess effizienter gestalten.
  • Verantwortlichkeiten schaffen: Es ist wichtig, klare Verantwortlichkeiten zu definieren. Dazu gehört unter anderem die Einrichtung eines Krisenmanagement-Teams. Auch die Rolle von Managementpositionen sollte eindeutig festgelegt und mit entsprechender Verantwortung ausgestattet werden.
  • Hitzeaktionsplan konzipieren: Ein umfassender Hitzeaktionsplan sollte unter trans- und interdisziplinärer Einbindung aller Klinikbereiche entwickelt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass ein Mechanismus zur kontinuierlichen Evaluation und Anpassung des Plans integriert wird, um auf neue Herausforderungen reagieren zu können.
  • Kommunikationsstrategie ausbauen: Die Kommunikationsstrategie muss gezielt erweitert werden, um eine gesteigerte Sichtbarkeit des Themas im Klinik­alltag zu erreichen. Schulungen für Mitarbeitende sowie die Nutzung von Szenarien und Fallbeispielen können helfen, die Relevanz zu verdeutlichen und das Bewusstsein zu stärken.
  • Organisatorische Anpassungen vornehmen: Es sollten organisatorische Veränderungen vorgenommen werden, insbesondere in Bezug auf eine mittel- und langfristige Planung des Pflegepersonals. Diese Planung muss vorausschauend und anpassungsfähig gestaltet sein, um auf veränderte Anforderungen reagieren zu
    können.
  • Technische Unterstützung nutzen: Zur Unterstützung der Mitarbeitenden sollten digitale Werkzeuge wie eine App oder interne Plattformen gezielt eingesetzt werden. Diese können die interne Kommunikation verbessern, Informationen schneller verfügbar machen und den Arbeitsalltag effizienter gestalten.
  • Interessenkonflikt: Das Autorenteam gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

    Literatur

    Copernicus Climate Changes Services: Copernicus Global Climate Highlights 2024: The 2024 Annual Climate Summary; 2025.

    Dehl T, Hildebrandt S, Zich K, Nolting H-D: Gesundheitsreport 2024: Analyse der Arbeitsunfähigkeiten: Gesundheitsrisiko Hitze. Arbeitswelt im Klimawandel. [Healthreport 2024. Analysis of incapacity to work: health risk heat. The world of work in a changing climate]. 2024.

    Jegodka Y, Lagally L, Mertes H, Deering K, Schoierer J, Buchberger B, Bose-O’Reilly S: Hot days and Covid-19: Online survey of nurses and nursing assistants to assess occupational heat stress in Germany during summer 2020. J Clim Chang Health. 2021; 3: 100031. doi:10.1016/j.joclim.2021.100031 (Open Access).

    Krol U, Nakoinz A, Jagla-Franke M: Hitzeschutz in (deutschen) Krankenhäusern und Pflegeheimen. [Heat protection in (German) hospitals and nursing homes]. 2023. www.hs-harz.de/dokumente/extern/Forschung/NWK2023/Beitraege/Hitzeschutz… (abgerufen am 23.06.2025).

    Zink M, Jung F, Riedel-Heller SG, Gabriel K: Nurse leaders’ perspective on heat-related challenges and work-organizational interventions in inpatient care settings in Germany: A qualitative interview study. 2025 (submitted).

    Zink M, Nakoinz A, Krol U, Jansen N, Jung F, Riedel-Heller SG, Gabriel K: Heat-related challenges and interventions for managing heat events in Acute Care Settings: A qualitative, participatory approach to improve nurses’ working conditions in hospitals. 2025 (submitted).

    Foto: ovbelov1972 - stock.adobe.com

    Hitzewellen stellen eine zunehmende Belastung für das Pflegepersonal in der Akutversorgung dar und erfordern gezielte organisatorische Maßnahmen im Krankenhausbetrieb

    Koautorenteam

    Kontakt

    Maria Zink
    Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin; Fabricestraße 8; 01099 Dresden

    Foto: BAuA/Baldauf&Baldauf

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