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Amendments to the Maternity Protection Act 2025
Maternity protection law represents a key sector-specific regulation in the field of occupational health and safety. In line with changing times, it has also been continuously adapted. The most recent comprehensive amendment took effect on 01.01.2018. However, adjustments were also made in 2025 regarding risk assessment and maternity-related protection periods.
Änderungen des Mutterschutzgesetzes 2025
Das Mutterschutzrecht stellt eine wesentliche bereichsspezifische Regelung im Bereich des Arbeitsschutzes dar. Dem Wandel der Zeit entsprechend, wurde es aber auch fortlaufend angepasst. Zuletzt erfolgte mit Wirkung zum 01.01.2018 eine umfassende Novellierung. Aber auch 2025 erfolgten Anpassungen in Bezug auf die Gefährdungsbeurteilung und mutterschutzbezogene Schutzfristen.
Kernaussagen
Gefährdungsbeurteilung
Mit Wirkung zum 01.01.2018 erfolgte eine umfassende Anpassung des Mutterschutzgesetzes (MuSchG)1. Insbesondere erfolgte auch eine Klarstellung hinsichtlich der mutterschutzbezogenen Gefährdungsbeurteilung. Mit § 10 Abs. 1 S. 1 MuSchG wurde klargestellt, dass im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) („Beurteilung der Arbeitsbedingungen“) auch immer mitbeurteilt werden muss, welchen Gefährdungen eine schwangere Frau beziehungsweise ihr (ungeborenes) Kind ausgesetzt sind. Dies gilt unabhängig davon, ob in dem betroffenen Betrieb überhaupt Frauen beziehungsweise Frauen im gebärfähigen Alter tätig sind. Diese Art der Gefährdungsbeurteilung ist folglich grundsätzlich immer durchzuführen.
Vor dem 01.01.2018 war mutterschutzrechtlich unklar, ob und wann eine entsprechende Gefährdungsbeurteilung durchzuführen ist. Die damals noch gültige „Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz2“ beschränkte eine entsprechende Gefährdungsbeurteilung auf bestimmte Gefährdungen (vgl. § 1 Abs. 1 MuSchArbV [Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz]). Dies erfolgte übereinstimmend mit den europarechtlichen Vorgaben, die ebenfalls eine Gefährdungsbeurteilung nur dann als erforderlich ansehen, wenn bestimmte Gefährdungen vorhanden sind (vgl. Art. 4 Richtlinie [RL] 92/85/EWG). Auch das alleinige Abstellen auf § 5 ArbSchG hat hier nicht weitergeholfen, da das ArbSchG zwar auch besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen (und somit auch schwangere Frauen) umfasst (vgl. § 4 Nr. 6 ArbSchG), das (ungeborene) Kind allerdings vom Schutzbereich des ArbSchG nicht umfasst ist (vgl. § 2 Abs. 2 ArbSchG). Lediglich im Unfallversicherungsrecht ist die Leibesfrucht den Versicherten im Falle eines Arbeitsunfalles beziehungsweise einer Berufskrankheit gleichgestellt (vgl. § 12 Sozialgesetzbuch [SGB] VII).
So hat sich auch die Sichtweise festgesetzt, dass eine mutterschutzbezogene Gefährdungsbeurteilung erst dann durchzuführen ist, wenn die Frau dem Arbeitgeber ihre vorliegende Schwangerschaft mitgeteilt hat. Eine solche Auslegung ist nun mit § 10 Abs. 1 S.1 MuSchG nicht mehr möglich3. Eine anlassunabhängige mutterschutzbezogene Gefährdungsbeurteilung ist somit grundsätzlich immer durchzuführen. Seitdem ist diese Gefährdungsbeurteilung Teil der allgemeinen Beurteilungen der Arbeitsbedingungen nach § 5 ArbSchG. Durch diese Verknüpfung erhoffte man sich eine effektive und effiziente betriebliche Durchführung der Gefährdungsbeurteilung. Ziel ist es, bereits im Vorfeld die auftretenden Gefährdungen für Schwangere, Stillende beziehungsweise deren Kinder bei der Tätigkeit zu beurteilen und daraus die erforderlichen und geeigneten Schutzmaßnahmen abzuleiten. Dieses Vorgehen ermöglicht es den Arbeitgebern, die Schutzmaßnahmen konkret zu planen oder gegebenenfalls bereits vorzuhalten, um sie bei Meldung einer Schwangerschaft oder eines Stillwunsches ohne Zeitverlust anwenden zu können. Befristete betriebliche Beschäftigungsverbote, die eventuell bis Festlegung von Maßnahmen im Sinne von § 10 Abs. 2 MuSchG notwendig sein können (vgl. § 10 Abs. 3 MuSchG), können dadurch verkürzt oder sogar verhindert werden. Durch die an den Arbeitgeber gerichtete Verpflichtung, alle bei ihm beschäftigten Personen über das Ergebnis der anlassunabhängigen Gefährdungsbeurteilung und den Bedarf an Schutzmaßnahmen informieren zu müssen (vgl. § 14 Abs. 2 MuSchG), kann sich letztendlich auch eine Frau, die ihre Schwangerschaft dem Arbeitgeber noch nicht mitteilen möchte (vor allem im 1. Trimester), über die entsprechenden Gefährdungen informieren.
Verzicht auf die Gefährdungsbeurteilung
Mit Wirkung zum 01.01.2025 wurde die Regelung zur anlassunabhängigen mutterschutzbezogenen Gefährdungsbeurteilung einer Anpassung unterzogen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist nun nach dem Willen des Gesetzgebers eine anlassunabhängige mutterschutzbezogene Gefährdungsbeurteilung nicht mehr erforderlich (vgl. § 10 Abs. 1 S. 3 MuSchG4).
Die Intention des Gesetzgebers lag hier allerdings nicht in einer Verbesserung des Arbeitsschutzes. Die Gesetzesänderungen erfolgten vielmehr im Rahmen des „Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes“ und sollten der Entlastung der Wirtschaft dienen. Der Gesetzgeber ging hier von einer Entlastung der Wirtschaft von 236.000 EUR aus5. Den Arbeitsschutz betreffend scheint dies eine sehr unwesentliche finanzielle Entlastung darzustellen, da sich diese Summe auf die gesamte Wirtschaft bezieht.
Nunmehr kann dann auf eine anlassunabhängige mutterschutzbezogene Gefährdungsbeurteilung nach § 10 Abs. 1 S. 1 MuSchG verzichtet werden, wenn gemäß einer zu diesem Zweck nach § 30 Abs. 4 MuSchG veröffentlichten Regel oder Erkenntnis des Ausschusses für Mutterschutz eine schwangere oder stillende Frau die Tätigkeit nicht ausüben oder einer Arbeitsbedingung nicht ausgesetzt sein darf (§ 10 Abs. 1 S. 3 MuSchG). Konkret bedeutet dies, dass ein Arbeitgeber dann auf eine anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung verzichten kann, wenn der Ausschuss für Mutterschutz genau zu diesem Zweck eine Mutterschutzregel (MuSchR) erlassen hat, die dann auch im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) veröffentlicht wurde. Bis dato wurde allerdings noch keine diesbezügliche MuSchR veröffentlicht, geschweige denn vom Ausschuss für Mutterschutz erlassen.
Unabhängig von der Fragestellung, inwieweit Arbeitsschutz- beziehungsweise Mutterschutzaspekte einer Entbürokratisierung bedürfen bleibt fraglich, wie eine entsprechende MuSchR ausgestaltet sein muss. Immerhin muss ein Arbeitgeber eine Vielzahl von Aspekten berücksichtigen (Arbeitszeiten, Mehrarbeit, räumliche Möglichkeiten der Arbeitsunterbrechung etc.). Weiterhin muss die Regel ausweislich des Wortlautes in § 10 Abs. 1 S. 3 MuSchG verbotene Tätigkeiten beziehungsweise Arbeitsbedingungen definieren und nicht zum Beispiel beschreiben, welche Arbeitsplätze als mutterschutzrechtlich unbedenklich anzusehen sind. Zwar erscheint wünschenswert, wenn hinsichtlich der Klarstellung, wann unverantwortbare Gefährdungen im Sinne von § 9 Abs. 2 S. 2 MuSchG vorliegen, entsprechende MuSchR existent sind. Allerdings war dies auch bisher bereits eine Aufgabe des Ausschusses für Mutterschutz (vgl. § 30 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 MuSchG). Letztendlich wird der Arbeitgeber auch bei Bestehen einer entsprechenden MuSchR abgleichen müssen, ob die dort benannten Tätigkeiten beziehungsweise Arbeitsbedingungen bei ihm überhaupt vorliegen. Auch dies kann lediglich durch eine Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG, §10 Abs. 1 S. 1 MuSchG erfolgen. Dem Arbeitsschutz zuträglicher wäre es gewesen, der Verordnungsgeber hätte gemäß § 31 Nr. 3 MuSchG durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu Art und Umfang der Beurteilung der Arbeitsbedingungen erlassen.
Gefährdungsbeurteilung – Ordnungswidrigkeiten – Diskriminierung
Sofern der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 MuSchG nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig vornimmt, so begeht er eine Ordnungswidrigkeit, die sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig (folglich auch mit vermeidbarer Unachtsamkeit) begangen werden kann (§ 32 Abs. 1 Nr. 6 MuSchG). Das Höchstmaß der Geldbuße beträgt hier 5000 EUR (§ 32 Abs. 2 MuSchG). Bei fahrlässiger Begehungsweise beträgt das Höchstmaß der Geldbuße 2500 EUR (vgl. § 17 Abs. 2 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten [OWiG]). Um bundesweit ein möglichst gleichmäßiges Verwaltungshandeln anzustreben, hat der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) im Rahmen eines Bußgeldkatalogs (Bußgeldkatalog zum Arbeitszeit-, zum Jugendarbeitsschutz- und zum Mutterschutzrecht – LV 60) bei einem entsprechenden Verstoß gegen § 32 Abs. 1 Nr. 6 MuSchG einen Regelsatz von 3000 EUR pro Fall benannt.
Eine nicht durchgeführte mutterschutzbezogene Gefährdungsbeurteilung kann weiterhin eine Diskriminierung einer Frau nach dem Gleichbehandlungsrecht darstellen6.
Neuregelung bei Fehlgeburten
Lange Zeit fanden Fehlgeburten lediglich im Rahmen des mutterschutzbezogenen Kündigungsschutzes Berücksichtigung (vgl. § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 MuSchG). In Bezug auf die mit Fehlgeburten verbundenen besonderen Belastungssituationen enthielt das MuSchG allerdings lange keine expliziten Regelungen.
Um die Problematik (und das Bedürfnis des Gesetzgebers nach Klarstellung) verstehen zu können, muss die Historie verstanden werden. Das MuSchG benennt an vielen Stellen die „Entbindung“ (mit entsprechend daraus resultierenden Rechtsfolgen), ohne diesen Begriff einer Definition (in der Rechtssprache: „Legaldefinition“) zu unterziehen. Das Gesetz setzt ihn praktisch als gegeben voraus.
Die Mehrzahl der Stimmen in der Rechtsliteratur und die obergerichtliche Rechtsprechung definieren den Begriff der „Entbindung“ regelhaft nach dem Personenstandsrecht und verweisen hier auf die Begriffe der Lebendgeburt, Totgeburt und Fehlgeburt gemäß § 31 Personenstandsverordnung (PStV), wobei nur bei der Lebendgeburt und der Totgeburt eine Entbindung als vorliegend angesehen wurde7. Gemäß § 31 Abs. 1 PStV liegt eine Lebendgeburt dann vor, wenn bei einem Kind nach der Scheidung aus dem Mutterleib entweder das Herz geschlagen oder die Nabelschnur pulsiert oder die natürliche Lungenatmung eingesetzt hat. Als Totgeburt gilt personenstandsrechtlich ein tot geborenes Kind, wenn das Gewicht des Kindes mindestens 500 g beträgt oder das Gewicht des Kindes unter 500 g beträgt, aber die 24. Schwangerschaftswoche erreicht wurde (vgl. § 31 Abs. 2 S. 1 PStV). Sofern das tot geborene Kind die Gewichtsgrenzen beziehungsweise die Schwangerschaftswochen nicht erreicht, so gilt es personenstandsrechtlich als Fehlgeburt.
Eine rechtliche Erforderlichkeit, die Begrifflichkeiten aus dem Personenstandsrecht heranzuziehen, gab es allerdings nie. Das Personenstandsrecht verfolgt eine Zielsetzung, die sich in Bezug auf die Zielrichtung des MuSchG als grundverschieden erweist. Das MuSchG bezweckt den Gesundheitsschutz der Frau und des Kindes (vgl. § 1 Abs. 1 MuSchG). Die seitens der Rechtsprechung und Rechtsliteratur herangezogene PStV dient dagegen dem Zweck, die dem Personenstandsrecht entsprechenden Regelungen zur familien- und namensrechtlichen Beurkundung von Geburten, Eheschließungen, Begründungen von Lebenspartnerschaften und Sterbefällen auszuführen. Die Zwecksetzung des Personenstandsrecht unterscheidet sich damit grundsätzlich von den Regelungen des § 3 MuSchG, die eine störungsfreie Regeneration der nach der Entbindung in besonderer Weise schonungsbedürftigen Frau sowie eine Intensivierung des Kontakts zum neu geborenen Kind ermöglichen sollen. Auch das Bundesverfassungsgericht äußerte zuletzt Zweifel an der zwingenden Verbindung zwischen § 31 PStV und mutterschutzrechtlichen Zielsetzungen8.
Der Gesetzgeber hat nun auf diese Problematik reagiert und im Rahmen des „Mutterschutzanpassungsgesetzes“9 den Entbindungsbegriff einer Legaldefinition unterzogen (vgl. § 2 Abs. 6 S. 1 MuSchG), geregelt, unter welchen Voraussetzungen auch Fehlgeburten den Vorschriften des MuSchG unterliegen (vgl. § 2 Abs. 6 S. 2 MuSchG) und weiterhin auch gestaffelte Schutzfristen bei Fehlgeburten eingeführt (vgl. § 3 Abs. 5 MuSchG).
Begriff der Entbindung
Im Rahmen des Mutterschutzanpassungsgesetzes wurde auch der Begriff der „Entbindung“ legaldefiniert. Bei einer Entbindung im Sinne des MuSchG handelt es sich gemäß § 2 Abs. 6 S. 1 MuSchG um eine Lebend- oder Totgeburt (zu den Begrifflichkeiten siehe unter „Neuregelung bei Fehlgeburten“). Der Gesetzgeber hat sich hier wiederum an § 31 PStV orientiert, legte aber weiterhin fest, dass die Regelungen zur Entbindung auch im Falle einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche entsprechende Anwendung finden, soweit das
MuSchG beziehungsweise ein anderes Gesetz nichts Abweichendes regelt (§ 2 Abs. 6 S. 2 MuSchG).
Eine zwingende Notwendigkeit, sich weiterhin an personenstandsrechtlichen Vorschriften zu orientieren, war allerdings auch hier nicht gegeben. Der Gesetzgeber hätte die „Entbindung“ hier auch lediglich als Trennung der Leibesfrucht vom Mutterleib beschreiben und hier dann gegebenenfalls eine zeitliche Staffelung in Bezug auf die Schutzfristen normieren können.
Anwendbarkeit des MuSchG
Gleichzeitig hat der Gesetzgeber aber auch im Wesentlichen festgelegt, welche Vorschriften des MuSchG Anwendung finden sollen und welche nicht. Grundsätzlich sollen Fehlgeburten einer Entbindung immer gleichzusetzen sein (vgl. § 2 Abs. 6 S. 2 MuSchG). Die Regelungen zu den vor- und nachgeburtlichen Schutzfristen gemäß § 3 Abs. 1–3 MuSchG sind allerdings auf Fehlgeburten nicht anzuwenden (vgl. § 3 Abs. 5 S. 3 MuSchG). Damit wurde klargestellt, dass weder die vorgeburtliche Mutterschutzfrist noch die Verlängerung der nachgeburtlichen Schutzfrist analog gelten.
Keine Schutzfristverlängerung bei Totgeburten
Im Rahmen des Mutterschutzanpassungsgesetzes wurde weiterhin festgelegt, dass die in § 3 Abs. 2 S. 2 MuSchG normierten Schutzfristverlängerungen nicht bei Totgeburten gelten. Gemäß § 3 Abs. 2 S.2 MuSchG verlängert sich die nachgeburtliche Schutzfrist bei Früh- und Mehrlingsgeburten von 8 auf 12 Wochen. Gleiches gilt bei Kindern mit einer Behinderung, sofern die Mutter dies auch hier will. Diese Regelungen gelten seit dem 01.06.2025 nicht bei Totgeburten. Die verlängerte nachgeburtliche Schutzfrist für Früh- und Mehrlingsgeburten trägt typischerweise dem Umstand Rechnung, dass diese Geburten einer wesentlich umfangreicheren Pflege bedürfen und die Mutter somit auch psychisch und physisch größeren Herausforderungen ausgesetzt ist. Dies trifft nach Auffassung des Gesetzgebers auf eine Totgeburt allerdings nicht zu10.
Gestaffelte Schutzfristen
Die wesentlichste Neuregelung, die im Rahmen des Mutterschutzanpassungsgesetzes mit Wirkung zum 01.06.202511 neu eingeführt wurde, stellen die gestaffelten Schutzfristen bei Fehlgeburten dar (siehe ➥ Tabelle 1). Soweit sich die Frau innerhalb dieser Schutzfristen nicht ausdrücklich zur Dienstleistung bereit erklärt, darf der Arbeitgeber sie nicht beschäftigen (§ 3 Abs. 5 S. 1 MuSchG). Der Gesetzgeber ließ die Schutzfristen in Bezug auf Fehlgeburten allgemein nur ab der 13. Schwangerschaftswoche eintreten. Dies begründete der Gesetzgeber damit, dass hiermit dem Umstand Rechnung getragen wird, dass im Allgemeinen die Schwangerschaft der Frau zu diesem Zeitpunkt aus psychologischer Sicht als „sicher“ bewertet wird und sich die Bindung der Mutter zu ihrem ungeborenen Kind ab diesem Zeitraum besonders intensiviert hat12.
Bei den gestaffelten Schutzfristen nach § 3 Abs. 5 S. 1 MuSchG handelt es sich um mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbote (vgl. § 2 Abs. 3 MuSchG). Dieses Beschäftigungsverbot gilt immer dann, wenn die Frau sich nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich gegenüber dem Arbeitgeber bereit erklärt hat.

Bereiterklärung der Frau
Wie bereits erwähnt, tritt das Beschäftigungsverbot im Falle von Fehlgeburten nur dann in Kraft, wenn die Frau sich nicht ausdrücklich zur Weiterarbeit bereit erklärt (§ 3 Abs. 5 S. 1 MuSchG). Mit dieser Regelung bleibt das Recht der Frau gewahrt, selbst bestimmen zu können, ob sie weiterarbeiten oder aber den Schutzzeitraum in Anspruch nehmen möchte. Die Bereiterklärung muss allerdings „ausdrücklich“ erfolgen. Die Frau muss folglich gegenüber dem Arbeitgeber unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass sie eine Weiterbeschäftigung wünscht. Ein bloßes Weiterarbeiten ist im Ergebnis nicht ausreichend, da es hier an der vom MuSchG geforderten Ausdrücklichkeit mangelt. Eine gewisse Form schreibt das MuSchG allerdings nicht vor. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich, dass sich der Arbeitgeber die Bereiterklärung in Schrift- oder Textform (§ 126 und § 126b Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) geben lässt. Dies begründet sich unter anderem aus dem Umstand, dass ein bußgeldbewehrter Verstoß gegen das diesbezügliche Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 5 S. 1 MuSchG auch bei nur fahrlässiger Begehungsweise vorliegen kann (vgl. § 32 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG).
Die Bereiterklärung kann allerdings seitens der Frau jederzeit mit Wirkung für die Zukunft auch widerrufen werden (vgl. § 3 Abs. 5 S. 2 MuSchG). „Widerrufen“ bedeutet die Kundgabe eines entsprechenden Willens. Das bloße Fernbleiben von der Arbeit ist nicht darunter zu zählen, da ein Fernbleiben von der Arbeit ohne entsprechende Ankündigung nicht der Verkehrssitte (vgl. § 242 BGB) entspricht. Der Widerruf kann jederzeit erfolgen. Damit wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass keine Widerrufsfristen eingehalten werden müssen. Die Treuepflichten der Frau und der Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. § 241 Abs. 2, § 242 BGB) gebieten es hier allerdings, dass (sofern möglich) der Widerruf so erfolgt, dass dem Arbeitgeber auch eine entsprechende Reaktionsmöglichkeit verbleibt. Hohe Anforderungen sind hieran allerdings nicht zustellen, da der Arbeitgeber aufgrund des klaren Wortlautes in § 3 Abs. 5 S. 2 MuSchG damit rechnen muss, dass die Frau ihre Bereiterklärung auch wieder widerruft. Der Widerruf kann weiterhin nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen. Damit ist klargestellt, dass der Widerruf keine rückwirkende Wirkung entfalten kann.
Mutterschaftsgeld
Die in § 2 Abs. 6 S. 2 MuSchG normierte (und bereits oben erläuterte) wesentliche Gleichstellung der Entbindung mit einer Fehlgeburt hat weiterhin auch zur Folge, dass die Frau für die Zeit der schutzfristbedingten (gestaffelten) Beschäftigungsverbote nach § 3 Abs. 5 S. 1 MuSchG auch einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 19 MuSchG hat und weiterhin, dass der Arbeitgeber dann auch gemäß § 20 MuSchG einen entsprechenden Zuschuss zahlen muss. Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG (Aufwendungsausgleichsgesetz) erhält allerdings der Arbeitgeber den gezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in vollem Umfange von der Krankenkasse zurück (U2-Umlageverfahren).
Ordnungswidrigkeiten und Straftaten
Durch eine weiterhin erfolgte Anpassung von § 32 MuSchG begeht der Arbeitgeber auch dann eine Ordnungswidrigkeit, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 3 Abs. 5 S. 1 MuSchG (folglich entgegen den gestaffelten Schutzfristen bei Fehlgeburten) eine Frau beschäftigt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG). Das Höchstmaß der Geldbuße beträgt hier 30.000 EUR (§ 32 Abs. 2 MuSchG). Bei fahrlässigem Handeln beträgt das Höchstmaß 15.000 EUR (vgl. § 17 Abs. 2 OWiG). Faktisch dürfte der Regelsatz hier allerdings zwischen 1000 und 2000 EUR je angefangenem Arbeitstag liegen.
Theoretisch kann auch der Tatbestand einer Straftat erfüllt sein, sofern der Arbeitgeber vorsätzlich gegen das Beschäftigungsverbot verstößt und weiterhin vorsätzlich die Gesundheit der Frau oder ihres Kindes gefährdet (vgl. § 33 MuSchG). Aufgrund des hier geforderten doppelten Vorsatzes13 dürfte dieser Tatbestand aber regelmäßig nicht zum Tragen kommen.
Ärztliches Beschäftigungsverbot
Fraglich bleibt weiterhin, ob das MuSchG auch nach Ablauf der gestaffelten Schutzfristen von zwei, sechs beziehungsweise acht Wochen einen Schutz vor gegebenenfalls noch weiterhin bestehenden Beeinträchtigungen bereithält. Sofern nach Ablauf der in § 3 Abs. 5 S. 1 MuSchG normierten Fristen weiterhin eine Beeinträchtigung besteht, so kommt eventuell eine erkrankungsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) in Betracht. Eine mögliche Krankschreibung wird aber gegebenenfalls der konkreten psychischen und körperlichen Belastungssituation nicht gerecht.
Durch die in § 2 Abs. 6 S. 2 MuSchG erfolgte grundsätzliche Gleichstellung (hierzu siehe oben) von Entbindung und Fehlgeburt findet hier allerdings auch § 16 Abs. 2 MuSchG Anwendung. Somit darf der Arbeitgeber eine Frau, die nach ärztlichem Zeugnis in den ersten Monaten nach einer Fehlgeburt nicht voll arbeitsfähig ist, nicht mit Arbeiten beschäftigen, die ihre Leistungsfähigkeit übersteigen (§ 16 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 6 S. 2 MuSchG). In einem entsprechenden ärztlichen Zeugnis kann folglich eine Ärztin oder ein Arzt festhalten, dass für bestimmte Tätigkeiten keine volle Leistungsfähigkeit gegeben ist. Dies bewirkt dann ein vom Arbeitgeber einzuhaltendes Beschäftigungsverbot (vgl. § 2 Abs. 3 MuSchG). Für die Zeiten dieses Beschäftigungsverbots hat die betroffene Frau Anspruch auf einen Mutterschutzlohn nach § 18 MuSchG. Dies gilt allerdings aufgrund von § 2 Abs. 6 S. 1 MuSchG nur, sofern die dem Beschäftigungsverbot zugrunde liegende Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche erfolgte.
Fazit
Das Mutterschutzgesetz stellt weiterhin einen wichtigen Baustein im Arbeitsschutzgeschehen dar und muss daher von den Akteuren des Arbeitsschutzes stets aufmerksam beobachtet werden. Während die Regelungen zur anlasslosen Gefährdungsbeurteilung einer kritischen Beobachtung bedürfen, ist zu begrüßen, dass der Gesetzgeber sich weiterhin zumindest der Problematik der Fehlgeburten angenommen hat. Arbeitgeber bleiben allerdings weiterhin aufgerufen, auch mutterschutzbezogen die geeigneten Arbeitsumgebungen zu schaffen, wobei Betriebsärztinnen und Betriebsärzte weiterhin verlässliche Beratende bleiben.
Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.