Das PDF dient ausschließlich dem persönlichen Gebrauch! - Weitergehende Rechte bitte anfragen unter: nutzungsrechte@asu-arbeitsmedizin.com.
Health doesn’t end at the factory gate: Designing holistic occupational prevention and health promotion
In times of skilled labor shortages, demographic change, and rising healthcare costs, workplace health promotion is becoming increasingly important. Simply complying with the requirements of the Occupational Safety Act (ASiG) and the Occupational Health and Safety Act (ArbSchG) is no longer sufficient. The goal of modern occupational medicine is to contribute to maintaining the employability of an aging workforce, in addition to its role in workplace prevention and health promotion. To achieve this, occupational medicine must be understood as an integral part of the healthcare system and must be effectively networked with other medical disciplines and sectors of care.
Gesundheit endet nicht am Werkstor: Betriebliche Prävention und Gesundheitsförderung ganzheitlich gestalten
In Zeiten von Fachkräftemangel, demografischem Wandel und steigenden Gesundheitskosten gewinnt die betriebliche Gesundheitsförderung enorm an Bedeutung. Es ist längst nicht mehr damit getan, die Vorgaben von Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) und Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) umzusetzen. Ziel der modernen Arbeitsmedizin ist es, neben den Aufgaben in der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung einen Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit der älter werdenden Menschen zu leisten. Dafür muss die Arbeitsmedizin als Teil des Gesundheitssystems verstanden werden und eine Vernetzung mit den anderen medizinischen Fachgebieten und Versorgungssektoren gelingen.
Kernaussagen
Erwerbsfähigkeit sichern: Eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe
Demografischer Wandel, Fachkräftemangel, strapazierte Sozialsysteme und wirtschaftliche Umwälzungen: Gerade in diesen Zeiten ist die Frage nach dem Erhalt der individuellen Beschäftigungsfähigkeit aktueller denn je. Wir alle müssen länger und vielleicht auch mehr arbeiten, wenn das erarbeitete Wohlstandsniveau erhalten werden soll. Hinzu kommt, dass mit zunehmender Alterung der Gesellschaft künftig das Arbeiten mit gesundheitlichen Einschränkungen eher die Regel als die Ausnahme sein wird. Eine zentrale Rolle spielt hierbei eine gute betriebliche Präventionsarbeit mit der Unterstützung arbeitsmedizinischer Fachexpertise. Ziel ist, krankheitsbedingte Ausfälle zu vermeiden und es den Beschäftigten zu ermöglichen, möglichst gesund und lange beruflich tätig sein zu können.
In unseren Sozialsystemen besteht ein hoher Handlungsdruck, die Finanzierung von Gesundheit und sozialer Sicherheit bei gleichzeitigem Erhalt unserer internationalen wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Deshalb ist die Frage von hoher Relevanz, wie Arbeitswelten adäquat gestaltet werden können, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Unzweifelhaft hat die gesundheitsförderliche Gestaltung von Arbeit erhebliche Auswirkungen auf das gesamtgesellschaftliche (Krankheits-)Geschehen. Erkrankungen und Krankheiten beeinflussen häufig sowohl das Berufs- als auch das Privatleben.
Die Arbeitsmedizin bietet ein enormes Potenzial für Prävention
Mit rund 46 Millionen Erwerbstätigen stellt die Arbeitswelt das größte Präventionssetting in Deutschland dar. Nur durch eine gute Präventionsarbeit können gesundheitliche Risiken frühzeitig erkannt und verhindert beziehungsweise behandelt werden. Die individuelle, betriebsärztliche Betreuung der Beschäftigten sowie die systemische betriebsärztliche Beratung von Betrieben und Unternehmen zur Gestaltung gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen, besitzt daher auch eine herausragende soziale Bedeutung.
Ein Beispiel hierfür sind Impfungen am Arbeitsplatz, die der Individualprävention dienen. In einer eine Studie der RWTH Aachen (Jungbluth et al. 2024) hatten 73 % der erwachsenen Probandinnen und Probanden Impflücken bei den Standardimpfungen. Durch niederschwellige Impfangebote am Arbeitsplatz oder eine Prüfung der Impfausweise im Rahmen von arbeitsmedizinischen Vorsorgen, können Impflücken geschlossen und ein effizienter Beitrag zur öffentlichen Gesundheit geleistet werden. Mit ihren Verträgen nach § 132e Sozialgesetzbuch (SGB) V
sowie der Implementierung von Möglichkeiten zur Abrechnung hat die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) für Arbeitgebende und Arbeitnehmende die Möglichkeit geschaffen, dass Betriebsärztinnen und Betriebsärzte Impfungen der allgemeinen Primärprävention am Arbeitsplatz zu Lasten der Gesetzlichen (GKV) beziehungsweise der Privaten Krankenversicherung (PKV) erbringen und abrechnen können. Ein Angebot, das zunehmend genutzt wird. So wurden im Jahr 2024 rund 43.000 Schutzimpfungen über DGAUM Selekt abgerechnet, die nicht im Rahmen das Arbeitsschutzes durchgeführt wurden. Insbesondere Grippeschutzimpfungen, aber auch Impfungen gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) oder der Vierfach-Impfschutz gegen Diphterie, Pertusis, Polio, Tetanus und Polio sind nachgefragt.
Die moderne Arbeitsmedizin agiert ganzheitlich
Eine gute arbeitsmedizinische Betreuung geht damit weit über den „klassischen“ Arbeitsschutz nach Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) und Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) hinaus. Sie folgt einem ganzheitlichen Ansatz und bezieht den ganzen Menschen ein. Dies ist auch in der im Dezember 2022 in Kraft getretenen Arbeitsmedizinischen Regel (AMR 3.3) „Ganzheitliche Arbeitsmedizinische Vorsorge (GAV)“ ein zentraler Punkt. Um die medizinische Versorgung qualitativ zu verbessern, ist daher eine bessere Vernetzung sowohl der medizinischen Fachgebiete als auch der Versorgungssektoren zwischen betrieblicher Prävention und Gesundheitsförderung hin zur Kuration und zur Rehabilitation notwendig. Durch einen ganzheitlichen Ansatz und die Vernetzung können individuelle gesundheitliche Risiken, unabhängig davon, ob sie berufsbedingt sind, früher erkannt werden. Wiedereingliederungsmaßnahmen und die Erwerbstätigkeit nach oder mit einer Erkrankung können so besser ärztlich begleitet werden. Zudem lassen sich dadurch kostspielige Doppeluntersuchungen und -behandlungen verhindern. Davon profitieren alle: Beschäftigte, Unternehmen und das Gesundheitssystem.
Die Arbeitsmedizin als Teil des Gesundheitssystems begreifen
Der Deutsche Ärztetag hat im Mai 2024 mit einem Beschluss zur sektorenverbindenden Versorgung mit der Arbeitsmedizin ein wichtiges Signal für ein modernes und ganzheitlich orientiertes, integratives Gesundheitswesen gesetzt und gefordert, dass „die medizinische Versorgung in Deutschland an den individuellen Präventions- und Versorgungspfaden sektorenverbindend ausgerichtet werden muss“. Der Beschluss des Ärztetages ist ein wichtiger Schritt. Prävention kann nur dann gelingen, wenn das 2015 in Kraft getretene Präventionsgesetz auch in der Lebenswelt Arbeitsplatz Anwendung findet und damit als Teil des Gesundheitssystem begriffen wird.
Derzeit werden im Jahr fast 500 Milliarden Euro für Gesundheit ausgegeben, also 1,37 Milliarden pro Tag. Und diese Kosten werden weiter davonlaufen, wenn nicht gehandelt wird. Die vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen müssen effizienter eingesetzt werden und man darf nicht vergessen: Wir bewegen uns alle in einem
Gesundheitssystem. Dieses gilt es weiterzuentwickeln und zu gestalten. Das ist die Aufgabe all derer, die Verantwortung für die Menschen und deren medizinische Versorgung tragen.
Die Allianz „Die Arbeitsmedizin“, eine Kooperation der drei arbeitsmedizinischen Fachverbände Berufsverband selbstständiger Arbeitsmediziner und freiberuflicher Betriebsärzte (BsAfB), DGAUM und Verband deutscher Betriebs- und Werksärzte e. V. (VDBW) geht in ihrem Symposium im Rahmen der diesjährigen A+A auf unterschiedliche Aspekte der ganzheitlichen arbeitsmedizinischen Versorgung ein. Anhand von Best-Practice-Beispielen aus unterschiedlichen Branchen wird aufgezeigt, wie der ganzheitliche Ansatz in die Praxis umgesetzt werden kann.▪
Interessenkonflikt: Autor und Koautorin geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
Online-Quelle
Jungbluth M, Otte N, Kaifie A, Kraus T, Krabbe J: Mut zur Lücke? Impfstatus von Beschäftigten in der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Zbl Arbeitsmed 2024; 75: 59–69
https://link.springer.com/article/10.1007/s40664-024-00557-w
Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
39. Internationaler A+A Kongress 2025
vom 4. bis 7. November 2025 in Düsseldorf
Die Basi, Bundesarbeitsgemeinschaft für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit e. V., organisiert diese Veranstaltung, die zu den wichtigsten der Branche weltweit zählt – mit aktuellen Themen rund um Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.
Veranstaltung
Gesundheit endet nicht am Werkstor: Wie eine ganzheitliche arbeitsmedizinische Versorgung gelingen kann
Freitag, 7. November 2025, 09:00 bis 12:15 Uhr
Für weitere Infos scannen Sie bitte den QR-Code:

