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Hinweise und Empfehlungen für impfende Ärzte

Sicherheit beim Impfen

WHO-Ziele

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verfolgt bereits seit 1984 das Ziel, in Europa Masern zu eliminieren. Im Jahr 2005 wurde darüber hinaus beschlossen, auch Röteln zu eliminieren. Impfprogramme führten zu einem erheblichen Rückgang dieser Infektionskrankheiten in Europa. Das Ziel der Eliminierung bis zum Jahr 2010 wurde in Deutschland jedoch nicht erreicht. Bereits jetzt ist für 2018 die Zahl der dem Robert Koch-Institut (RKI) gemeldeten Masernfälle so hoch, dass erneut nicht davon auszugehen ist – entsprechend der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) 240 Fälle bis einschließlich Mai 2018.

Eliminierung von Masern und Röteln bedeutet nach den Maßgaben der WHO die völlige Abwesenheit endemischer Masern- und Rötelfälle in den Mitgliedsstaaten der WHO-Region Europa über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten. Als Indikatoren gelten die Masern- und Rötelninzidenz von einem Fall pro 1.000.000 Einwohner sowie das Erreichen einer Impfquote von 95 % in der Bevölkerung durch Routineimpfungen.

Eine jährliche Kompletterfassung von Daten erfolgt in Deutschland regulär nur für die Altersgruppe der einzuschulenden Kinder.

Situation und Handlungsbedarf

Bei den aktuellen Masernausbrüchen wird deutlich, dass nicht nur Kinder an Masern erkranken, sondern auch Erwachsene. Das ist den Daten des RKI für die 2017 eingegangenen Meldungen zu entnehmen (  Abb. 1).

Noch heute erleiden Menschen unnötig Komplikationen durch präventable Infektionskrankheiten oder sogar den Tod. Deutschlandweit wird die Notwendigkeit gesehen, die Impfquoten für alle Impfungen – nicht nur bei Kindern und Jugendlichen – zu steigern.

Um dies erreichen zu können, bedarf es

  • einer umfassenden Surveillance in möglichst allen Altersgruppen,
  • fest etablierter und mit Personal untersetzter Strukturen, die Impfberatungen und Impfungen kontinuierlich anbieten,
  • einer umfassenden Schulung von Ärzten und medizinischer Fachassistenz bzw. Praxispersonal in allen Bereichen des Gesundheitswesens,
  • und mit Letzterem auch einer Sicherheit beim Impfen.

Wer impft?

Deutschland hat ein modernes Gesundheitssystem mit drei wesentlichen Bereichen:

  • stationäre medizinische Versorgung,
  • ambulante medizinische Versorgung,
  • Öffentlicher Gesundheitsdienst.

Impfungen im stationären Bereich finden vorrangig in Rettungsstellen statt, vor allem im Zusammenhang mit Verletzungen.

Im ambulanten Bereich impfen niedergelassene Ärzte verschiedener Fachrichtungen. Während die Kinder- und Jugendmediziner für Kinder in der Regel gute Durchimpfungsraten erreichen, bestehen in Deutschland Impflücken im Jugendalter bei den Auffrischimpfungen und ein Impfbedarf bei den Erwachsenen in allen Altersgruppen ist sehr deutlich. Entsprechend den in der DEGS-Studie (Ergebnisse der Studie zur Gesundheit von Erwachsenen in Deutschland) 2013 veröffentlichten Impfraten steigt die Notwendigkeit des Nachholens von Impfungen offenbar mit zunehmendem Lebensalter.

Der Öffentliche Gesundheitsdienst verfolgt anders als die ambulante und stationäre medizinische Versorgung nicht nur einen primär individualmedizinischen Ansatz, sondern hat auch eine Reihe von Aufgaben, die auf Prävention, Gesundheitsförderung und den Gesundheitsschutz der Bevölkerung ausgerichtet, also bevölkerungsmedizinisch, sind.

In welchem Umfang Impfberatung und Impfungen durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst erfolgen können, ist abhängig von den hierfür geschaffenen Rechtsregelungen des jeweiligen Bundeslandes.

Um kontinuierlich und nachhaltig Impfprävention betreiben zu können, bedarf es langfristig etablierter Strukturen, die der Aufgabe entsprechend personell, qualitativ und materiell ausgestattet sind.

Unsicherheiten

Unsicherheiten bestehen in der Praxis häufig darin, in welcher Form und in welchem Umfang Impfaufklärung bzw. Impfberatung vorgenommen und dokumentiert werden müssen.

Fragen, die häufig von impfenden Ärzten gestellt werden, betreffen auch die korrekte Anwendung der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut (STIKO).

Auch wird gefragt, wann ein Impfschaden zu melden ist und worin der Unterschied zwischen Impfreaktion, Impfkomplikation und Impfschadensfolge besteht.

Aktuelle Empfehlungen der STIKO

Nachfolgend werden Schwerpunkte insbesondere bei der Aufklärungspflicht vor Schutzimpfungen, der Dokumentation, der Durchführung von Impfungen und der Meldung von Impfkomplikationen gesetzt (s. Kapitel 4.1 bis 4.9 im Infokasten).

Aufklärungspflicht vor Schutzimpfungen

Im Jahr 2013 wurden die Aufklärungspflichten der Ärzte gegenüber zu impfenden Personen im „Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten“ (Patientenrechtegesetz) neu geregelt. Demnach sind zu impfende oder sorgeberechtigte Personen vor der Durchführung einer Schutzimpfung über die zu verhütende Krankheit und die Impfung aufzuklären. Dies ist Voraussetzung dafür, dass eine wirksame Einwilligungserklärung abgegeben werden kann.

Die Impfaufklärung umfasst in der Regel Informationen über:

  • die zu verhütende Krankheit und deren Behandlungsmöglichkeiten,
  • den Nutzen der Impfung,
  • Kontraindikationen,
  • die Durchführung der Impfung,
  • den Beginn und die Dauer des Impfschutzes,
  • das Verhalten nach der Impfung,
  • mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Impfkomplikationen,
  • Notwendigkeit und Termine von Folge- und Auffrischungsimpfungen.

Dabei hat der aufklärende Arzt die konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Es ist der Verständnishorizont der konkreten Person unter Berücksichtigung des Alters, des Bildungsgrades, der Vorerfahrungen und ggf. medizinischer Kenntnisse bei der Entscheidung über den genauen Umfang der Aufklärung einzubeziehen.

Sie muss mündlich erfolgen (§ 630E, Abs. 2, Nr. 1 BGB). Ergänzend können Informationen in Textform ausgehändigt werden.

In jedem Fall ist die Möglichkeit zu geben, in einem persönlichen Gespräch mit dem Arzt Rückfragen zu stellen. Bei der Aufklärung ist darauf zu achten, dass die zu impfende oder die sorgeberechtigte Person rechtzeitig und verständlich informiert wird. Bestehen Sprachbarrieren, ist ein Dolmetscher hinzuzuziehen.

Aufklärungsblätter stehen unentgeltlich auf der Homepage des Forums „Impfende Ärzte“ zur Verfügung. Auch bieten das „Deutsche Grüne Kreuz“ oder „Thieme Compliance“ Material kostenpflichtig an.

Für Personen, die nicht deutsch sprechen, besteht die Möglichkeit, Impfaufklärungsbögen mit Einverständniserklärung sowie den Impfkalender auf der Seite des RKI in bis zu 20 verschiedenen Sprachen als downloads kostenfrei zu nutzen (s. „Weitere Infos“). Auch die BZgA stellt Informationsmaterial auf ihrer Homepage zur Verfügung (s. „Weitere Infos“).

Vor jeder Impfung muss nach umfassender Information der Impfling seine Einwilligung geben. Eine schriftliche Einwilligung ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Das kann in bestimmten Fällen jedoch sinnvoll sein, z.B. bei Impfungen durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst. In jedem Fall sind sowohl die Impfaufklärung als auch die Einwilligung verpflichtend zu dokumentieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Unterlagen, die von Impflingen bzw. Einwilligungsberechtigten unterzeichnet worden sind, in Kopie ausgehändigt werden müssen (§ 630E, Abs. 2, Seite 2, BGB).

Minderjährige Impflinge. Für Personen, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist die Einwilligung der Eltern bzw. Sorgeberechtigten vor der Impfung einzuholen. Jugendliche können dann selbst einwilligen, wenn sie die erforderliche Einsichts- und Entscheidungsfähigkeit besitzen. In der Regel ist das mit 16 Jahren der Fall. „Allerdings ist es stets ärztliche Aufgabe, im Einzelfall festzustellen, ob der Jugendliche nach seiner geistigen und sittlichen Reife die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs in seiner Gestattung zu ermessen vermag“ (BGHZ 29, 33–37).

Für öffentliche Impftermine, z.B. bei Impfungen durch Gesundheitsämter, wird empfohlen, im Vorfeld schriftlich aufzuklären und die Einwilligungserklärungen einzuholen.

In jedem Fall sind die impfenden Ärzte verpflichtet, zusätzlich mündlich aufzuklären und die Möglichkeit für Rückfragen zu geben.

Off-label Use

Darunter ist die Verordnung eines zugelassenen Fertigarzneimittels außerhalb des durch die Arzneimittelbehörden zugelassenen Gebrauchs zu verstehen. Von den ärztlichen Fachgesellschaften wird empfohlen, Off-label-Verordnungen nur auf der Basis gültiger Leitlinien oder anerkannter wissenschaftlicher Literatur durchzuführen.

In jedem Fall ist eine vorherige umfassende Beratung des Impflings erforderlich. Ärztliche Behandlung und Aufklärung sind in der Patientenakte zu dokumentieren.

Dokumentation der Impfung

Bei der Dokumentation von Impfungen sind die Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) zu berücksichtigen. Zu dokumentieren sind

  • die Chargennummer,
  • die Bezeichnung des Impfstoffes,
  • das Impfdatum
  • sowie die Infektionskrankheiten, gegen die geimpft wird.

Der impfende Arzt hat die Impfdokumentation zu unterschreiben und mit dem Arztstempel zu versehen. Als Impfausweise sind WHO-gerechte Formulare bzw. Impfbücher zu benutzen.

Bei fehlender Impfdokumentation sollen notwendige Impfungen nicht verschoben werden. Fehlende Impfungen sind nachzuholen und Grundimmunisierungen sind zu beginnen. Bei bereits bestehendem Impfschutz geht von zusätzlichen Impfungen kein besonders Risiko aus. Nur in Ausnahmefällen ist die Überprüfung des Impfschutzes (z.B. Anti-HBS bei Risikopersonen) erforderlich.

Vorgehen bei der Impfung und Umgang mit Impfstoffen

Da Impfstoffe biologische Produkte sind, müssen sie vor Erwärmung geschützt werden. Besonders empfindlich sind Lebendimpfstoffe, da sie vermehrungsfähige Viren enthalten. Deshalb sind Impfstoffe bei 2–8 °C im Kühlschrank zu lagern.

Die Kühlschranktemperatur ist täglich zu überprüfen. Es ist zu beachten, dass Impfstoffe nicht direkten Kontakt mit der Rückwand des Kühlschranks haben dürfen und sich nicht in der Kühlschranktür befinden. Versehentlich eingefrorene oder Impfstoffe, bei denen die Kühlkette zu lange unterbrochen wurde, sind zu verwerfen. Im Zweifelsfall ist der Kontakt mit dem Impfstoffhersteller aufzunehmen.

Impfstoffe dürfen mit Desinfektionsmittel nicht in Kontakt kommen und Durchstechstopfen müssen trocken sein.

Nach erfolgter Hautdesinfektion ist darauf zu achten, dass die Impfstelle wieder trocken ist.

Auch die Injektionskanüle muss trocken sein, weil die Benetzung mit Impfstoff eine Injektion schmerzhaft macht und zu Entzündungen im Bereich des Stichkanals führen kann.

Bei intramuskulären Injektionen ist der Musculus deltoideus zu bevorzugen. Auch ist die Injektion in den Musculus vastus lateralis zu empfehlen.

Injektionen in Fettgewebe sollen aufgrund möglicher schmerzhafter Entzündungen, des Risikos von Granulomen oder Zysten, vor allem auch wegen des fraglichen Impferfolges, möglichst unterbleiben.

Impfabstände

Die in den Empfehlungen der STIKO und in den Fachinformationen angegebenen Impfabstände sollten eingehalten werden. Bei dringenden Indikationsimpfungen (postexpositionelle Tollwutprophylaxe oder postnatale Immunprophylaxe der Hepatitis B bei Neugeborenen) ist das Impfschema strikt einzuhalten. Nur im dringenden Ausnahmefall (z.B. kurzfristiger Auslandsaufenthalt) sollten Mindestabstände unterschritten werden. Um einen lang andauernden Impfschutz erreichen zu können, ist bei Grundimmunisierungen der empfohlene Mindestabstand zwischen vorletzter und letzter Impfung (in der Regel 6 Monate) nicht zu unterschreiten.

Andererseits sollen keine zu großen Abstände zwischen den Impfungen sein. Dennoch gilt: „Jede Impfung zählt!“ Eine lange Zeit unterbrochene Grundimmunisierung muss nicht neu begonnen werden. Das gilt auch für nicht zeitgerecht erfolgte Auffrischimpfungen, z.B. gegen Tetanus, Diphtherie, Poliomyelitis, Pertussis, Hepatitis B, FSME.

Lebendimpfstoffe können simultan verabreicht werden. Ansonsten ist ein Mindestabstand von 4 Wochen einzuhalten. Bei der Verwendung von Totimpfstoffen ist die Einhaltung von Mindestabständen nicht erforderlich. Die Fachinformationen des jeweiligen Impfstoffes sind jedoch zu beachten.

Zeitabstand zwischen Impfung und Operation. Bei dringlicher Indikation kann eine Operation jederzeit nach vorangegangener Impfung erfolgen. Besteht die Möglichkeit der Planung, sollte nach der Verwendung von Totimpfstoffen ein Abstand von 3 Tagen abgewartet werden, bei Lebendimpfstoffen ein Abstand von wenigstens 14 Tagen.

Nach Operationen ist kein Mindestabstand einzuhalten. Die Entscheidung trifft der impfende Arzt in Abhängigkeit vom gesundheitlichen Zustand seines Patienten.

Bei Operationen, die mit einer immunsuppressiven Behandlung verbunden sind, sollten diese in Zusammenarbeit der behandelnden Ärzte geplant werden.

Schmerz- und Stressreduktion beim Impfen

Neu sind die umfassenden Hinweise der STIKO zur Schmerz- und Stressreduktion beim Impfen. Sie sind evidenzbasiert und beziehen sich auf bestimmte Injektionstechniken, altersabhängige Ablenkungsmethoden und andere Verhaltensweisen, durch die Stress oder Schmerz beim Impfen gelindert werden können.

Kontraindikationen und falsche Kontraindikationen

Kontraindikationen:

  • Personen mit akuten schweren Erkrankungen sollen erst nach Genesung geimpft werden (außer: postexpositionelle Impfung).
  • Unerwünschte Arzneimittelwirkungen im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung müssen abhängig von der Diagnose keine Kontraindikation gegen eine nochmalige Impfung mit dem gleichen Impfstoff sein.
  • Allergien gegen Bestandteile des Impfstoffs können Impfhindernisse sein. Das ist bei Neomycin und Streptomycin sowie in seltenen Fällen bei Hühnereiweiß möglich. Personen, die nach oraler Aufnahme von Hühnereiweiß anaphylaktisch reagieren, sollten nicht mit Gelbfieber- oder Influenza-Impfstoff auf Hühnereiweißbasis geimpft werden.
  • Ist ein angeborener oder erworbener Immundefekt bekannt, sollte vorab der den Immundefekt behandelnde Arzt konsultiert werden. Die serologische Kontrolle des Impferfolgs ist angezeigt.
  • Während der Schwangerschaft sollten nur dringlich indizierte Impfungen durchgeführt werden. Impfungen mit einem Lebendimpfstoff gegen Masern, Mumps, Röteln oder Varizellen sind kontraindiziert. Eine Impfung gegen Gelbfieber darf nur bei eindeutiger Indikation und nur nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung verabreicht werden. Die Impfung gegen Gelbfieber soll bei stillenden Frauen nicht erfolgen.

Falsche Kontraindikationen:

Indizierte Impfungen werden mitunter nicht durchgeführt, weil bestimmte Umstände irrtümlich als Kontraindikationen angesehen werden. Dazu gehören:

  • banale Infekte, auch mit subfebrilen Temperaturen (
  • möglicher Kontakt zu Personen mit ansteckenden Krankheiten,
  • Krampfanfälle in der Familie,
  • Fieberkrämpfe in der Anamnese (es ist zu erwägen, Kindern mit Krampfneigung Antipyretika zu verabreichen),
  • Ekzeme, Dermatosen, lokalisierte Hautinfektionen,
  • Behandlung mit Antibiotika, Kortikosteroiden in niedriger Dosis oder lokal,
  • Schwangerschaft der Mutter (Varizellen-Impfung nach Risikoabwägung),
  • angeborene oder erworbene Immundefekte bei Impfung mit Totimpfstoffen,
  • Neugeborenenikterus,
  • Frühgeburtlichkeit,
  • stillende Frauen (außer Gelbfieberimpfung),
  • gestillte Säuglinge.

Personen mit chronischen Krankheiten sollen indizierte Impfungen möglichst erhalten, weil sie aufgrund des Risikos schwerer Verläufe besonders gefährdet sind. Sie sind über den Nutzen der Impfung und die Risikoabwägung in besonderer Weise aufzuklären.

Impfen bei Immundefizienz bzw. Immunsuppression

Patienten mit einer Immundefizienz oder Immunsuppression erleiden häufig schwerere Krankheitsverläufe als Immungesunde. Deshalb sollen sie einen möglichst weitreichenden Schutz durch Impfungen erhalten.

Auch bei Haushaltkontaktpersonen und anderen Personen aus dem direkten Umfeld (z.B. Gesundheitsdienst, Kita oder Schule) sollte auf einen soliden Impfschutz geachtet werden.

Bei der Planung und Durchführung von Impfungen bei Patienten mit Immundefizienz oder Immunsuppression sind u.a. folgende Abwägungen vorzunehmen:

  • Erkennen und Abschätzen der Schwere des Immundefekts,
  • Indikation und Kontraindikation für Impfungen bzw. Impfstofftypen, je nach Art und Schwere der Erkrankung und der resultierenden Immuninkompetenz,
  • Zeitpunkt der Impfung (z. B. rechtzeitig vor geplanter iatrogener Immunsuppression),
  • spezifische Aufklärung, insbesondere wenn eine Off-label-Anwendung unumgänglich ist.

Von der STIKO werden Anwendungshinweise für Impfungen bei Patienten mit Immundefizienz bzw. Immunsuppression zur Verfügung gestellt. Sie sind thematisch getrennt und auf der Homepage des RKI abrufbar.

Impfkomplikationen und deren Meldung

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 IfSG ist der impfende Arzt verpflichtet, den Verdacht einer Impfkomplikation dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden. Die Meldung des behandelnden Arztes muss vom Gesundheitsamt nach § 11 Abs. 2 IfSG unverzüglich an die zuständige Landesbehörde und nach § 77 Arzneimittelgesetz dem Paul-Ehrlich-Institut mitgeteilt werden.

Eine Impfkomplikation ist eine über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehende gesundheitliche Schädigung. Um beides voneinander abgrenzen zu können, hat die STIKO Merkmale für übliche Impfreaktionen, die Ausdruck der Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff sind, definiert.

Kriterien für übliche Impfreaktionen sind:

  • für die Dauer von 1–3 Tagen (gelegentlich länger) anhaltende Rötung, Schwellung oder Schmerzhaftigkeit an der Injektionsstelle,
  • für die Dauer von 1–3 Tagen Fieber
  • „Impfkrankheit“ 1–3 Wochen nach der Verabreichung abgeschwächter Lebendimpfstoffe: z.B. leichte Parotisschwellung, kurzzeitige Arthralgien oder flüchtiges Exanthem nach Masern-, Mumps-, Röteln- oder Varizellenimpfung oder milde gastroenteritische Beschwerden, z.B. nach oraler Rotavirus- oder Typhusimpfung.

Ausgenommen von der Meldepflicht sind auch Krankheitserscheinungen, denen eine andere Ursache zugrunde liegt.

Eine Impfkomplikation bedeutet meist eine vorübergehende gesundheitliche Beeinträchtigung. Führt sie zu Funktionseinschränkungen, die mindestens 6 Monate oder länger in diesem Ausmaß bestehen, ist zu prüfen, ob ein Impfschaden eingetreten ist.

Während der behandelnde Arzt verantwortlich ist für eine umfassende Impfberatung einschließlich der Dokumentation sowie für eine korrekte Durchführung der erforderlichen Impfungen, kommt der Staat dann in die Pflicht, wenn eine Impfung bei einer Person trotz Anwendung der geltenden fachlichen Standards einen Impfschaden verursacht hat.

Hier ist zu differenzieren zwischen der Meldung eines Impfschadens durch den Arzt an das zuständige Gesundheitsamt und der Beantragung der Anerkennung einer Impfschadensfolge durch die betroffene oder sorgeberechtigte Person bei dem zuständigen Versorgungsamt.

Interessenkonflikt: Die Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt

    Info

    Hinweise zur Durchführung von Schutzimpfungen

    Um eine höhere Sicherheit für impfende Ärzte zu schaffen, hat die STIKO im Jahr 2017 das Kapitel 4 der Impfempfehlungen 2017/2018, veröffentlicht im Epidemiologischen Bulletin Nr. 34 vom 24. August 2017, überarbeitet.

    Es ist in folgende Unterkapitel aufgegliedert:

    4.1 Aufklärungspflicht vor Schutzimpfungen

    4.2 Off-label Use

    4.3 Dokumentation der Impfung

    4.4 Vorgehen bei der Impfung und Umgang mit Impfstoffen

    4.5 Impfabstände

    4.6 Hinweise zur Schmerz- und Stressreduktion beim Impfen

    4.7 Kontraindikationen und falsche Kontraindikationen

    4.8 Impfen bei Immundefizienz bzw. Immunsuppression

    4.9 Impfkomplikationen und deren Meldung

    4.10 Lieferengpässe von Impfstoffen

    4.11 Impfempfehlungen für Aussiedler, Flüchtlinge oder Asylsuchende in Gemeinschaftsunterkünften

    4.12 Hinweise zur Kostenübernahme von Schutzimpfungen

    Weitere Infos

    Informationsmaterialien des Robert Koch-Instituts

    www.rki.de/impfen

    Informationsmaterialien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

    www.impfen-info.de

    Autorin

    Dipl.-Med. Gudrun Widders

    Gesundheitsamt im Bezirksamt Spandau von Berlin

    Carl-Schurz-Straße 2/6

    13597 Berlin

    g.widders@ba-spandau.berlin.de

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