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Airport as a workplace – a small town with many different professional groups
Somehow airports are like small villages providing workplaces for several thousands of people. Shift work including nightshift are often required depending on flight schedules. The number of passengers is continuously increasing causing time pressure to meet customer satisfaction. The workplaces of pilots, cabin crew, technicians, maintenance and air traffic control and ground personnel are characterized by international settings and contacts as well as high safety standards in aviation.
Arbeitsplatz Flughafen – eine Kleinstadt mit vielen verschiedenen Berufsgruppen
Flughäfen stellen häufig „Kleinstädte“ mit mehreren tausend Arbeitsplätzen dar. Je nach Flugbetriebszeiten sind Schicht- und teilweise Nachtarbeit, die Regel. Hohe Passagieraufkommen und dabei entstehender Zeitdruck, internationale Kontakte und hohe Sicherheitsstandards prägen die unterschiedlichen Arbeitsplätze von Pilotinnen und Piloten, Flugbegleiterinnen und -begleitern beziehungsweise Kabinenpersonal, Technikerinnen und Techniker sowie Wartungs-, Luftverkehrskontroll- und Bodenpersonal.
Kernaussagen
Arbeitsplatz Flughafen
Der weltweite Flugverkehr befindet sich hinsichtlich Passagieraufkommen beziehungsweise Frachtvolumen noch immer unterhalb der Zahlen, die vor der COVID-Pandemie erreicht wurden, aber in einem stetigen Wachstum. So haben nach dem Annual World Airport Traffic Report alle Flughäfen weltweit 8,7 Milliarden Passagiere abgefertigt und es wurde prognostiziert, dass das weltweite Passagieraufkommen 2024 gegenüber dem Vorjahr um weitere 10 % ansteigen wird (Airports Council International 2024). Somit wären 2024 ca. 95 % der weltweiten Passagierzahlen aus der Prä-COVID-Zeit erreicht. Zu den größten Flughäfen weltweit gehören der Hartsfield-Jackson Atlanta International Airport (104 Mio. Passagiere), der Dubai International Airport (87 Mio. Passagiere), der Dallas/Fort Worth International Airport (82 Mio. Passagiere), der London Heathrow Airport (79 Mio. Passagiere) und der Tokyo Haneda International Airport (79 Mio. Passagiere). Deutschlands größter Flughafen, der Flughafen Frankfurt Main, liegt weltweit gesehen auf Platz 16 mit knapp 59 Mio. Fluggästen. Darüber hinaus gibt es weitere deutsche Flughäfen, die von Fluggesellschaften regelrecht angeflogen und die Passagiere und Fracht abfertigen (➥ Tabelle 1).
Hierbei stellen Flughäfen, insbesondere die größeren, häufig „Kleinstädte“ mit mehreren tausend Arbeitsplätzen dar (➥ Abb. 1). Je nach Flugbetriebszeiten sind Schichtarbeit, teilweise sogar Nachtarbeit die Regel. Hohe Passagieraufkommen und dabei entstehender Zeitdruck, internationale Kontakte und hohe Sicherheitsstandards prägen Arbeitsplätze auf und rund um die Flughäfen.
Hierbei ist aus arbeits- und betriebsmedizinischer Sicht zu berücksichtigen, dass es eine Vielzahl von verschiedenen Arbeitsplätzen an einem Flughafen gibt und diese von unterschiedlichen Betreibern und Arbeitgebern beauftragt werden. Entsprechend unterliegt auch die betriebsärztliche Versorgung häufig unterschiedlichen Zuständigkeiten. Dennoch lassen sich gerade in direktem Zusammenhang mit dem Flugbetrieb die folgenden Arbeitsplätze zusammenfassen.
Pilotinnen und Piloten
Für die Steuerung und das Fliegen der Flugzeuge sind hierfür speziell ausgebildete Pilotinnen und Piloten notwendig. Diese besitzen neben der eigentlichen allgemeinen Pilotenlizenz (mindestens eine sogenannte Commercial Pilot Licence [CPL] bis hin zu einer Airline Transport Pilot 
Licence [ATPL]) eine flugzeugmusterspezifische Zertifizierung, wodurch anders als im allgemeinen Straßenverkehr nicht jede Pilotin oder jeder Pilot alle Flugzeugmuster fliegen kann. Landende Privatflugzeuge können auch mit einer Private Pilot Licence (PPL) geflogen werden. Gerade im Bereich von größeren Flächenflugzeugen agiert zumeist eine Cockpit-Crew aus zwei Pilotinnen/Piloten zusammen, wobei eine/einer die Aufgabe des „Pilot flying“ und die/der andere die Aufgabe des „Pilot monitoring“ oder „Pilot non-flying“ besitzt. Zu den typischen Belastungen dieser Berufsgruppe gehören eine hohe Verantwortung, Schichtarbeit, unregelmäßige Arbeitszeiten, Zeitverschiebungen bei Interkontinentalflügen, Stress durch Flugplanung und in Notfallsituationen (Marqueze et al. 2023). Ferner ist das Berufsbild durch langes Sitzen, mögliche Schlafstörungen und psychischen Druck bei Notfällen oder technischen Problemen gekennzeichnet. Auf Lang- und Ultralangstreckenflüge wird die zweiköpfige Cockpit-Crew durch weiteres Cockpit-Personal verstärkt 
(➥ Abb. 2).
 
 Foto: Lufthansa
Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter (Kabinenpersonal)
Die Flugbegleiterinnen und -begleiter beziehungsweise das Kabinenpersonal sind für die Betreuung der Passagiere, die Sicherstellung der Passagiersicherheit, der Durchführung eines möglichen Bordservice, aber auch für der Vorbereitung des Fluges sowie den Einsatz bei Notfällen, zum Beispiel im Rahmen von medizinischen Zwischenfällen, zuständig. Ferner sind sie die Schnittstelle in der Kommunikation zwischen den Pilotinnen und Piloten einerseits und den Passagieren andererseits. Auch diese Berufsgruppe zeichnet sich durch unregelmäßige Arbeitszeiten, lange Stehzeiten, häufige Reisen und den bei Interkontinentalflügen auftretenden Jetlag aus (Marqueze et al. 2023; Wahlstedt et al. 2010). Bei Nachtflügen kommen ferner Nacht- und eine Art der Schichtarbeit hinzu.
Technikerinnen und Techniker (Wartungspersonal)
Das sogenannte Wartungspersonal arbeitet vor allem im Hintergrund. Es hat eine wesentliche Rolle im Bereich der Flugsicherheit, da es für die Inspektionen und (Sicherheits-)Überprüfungen sowie Wartung und Reparatur der Flugzeuge zuständig ist. Ferner sind Technikerinnen und Techniker vor jedem Flug für die Bearbeitung von Pre-Flight-Checklisten verantwortlich und stellen die technischen Voraussetzungen für den Start der Maschine sicher. Diese Berufsgruppe muss in engen, manchmal hochgelegenen oder schwer zugänglichen Bereichen, unter anderem auch bei Wartungs- und Reparaturarbeiten im Flugzeugtank, arbeiten, agiert ebenfalls in Schichtarbeit und hat darüber hinaus häufig körperliche Arbeit zu verrichten, zum Beispiel den Umgang mit (schweren) Werkzeugen. Ferner sind sie der Gefahr durch elektrische oder mechanische Komponenten, mögliche Lärm-, Vibrations- und Staubbelastung, aber auch chemischen Gefahrstoffen, wie Schmierstoffen und Ölen, am Flugzeug ausgesetzt. Krebserregende Stoffe (Chrom-IV, Cobalt- und Nickelverbindungen) sind darüber hinaus ein Gefährdungsfaktor bei der Galvanisierung von Flugzeugteilen. Bei Arbeiten im Bereich des Vorfelds beziehungsweise am Flugzeug außerhalb von Hangars sind sie zudem den jeweils vorliegenden Witterungsbedingungen direkt ausgesetzt.
 
 Foto: Bundeswehr/Tobias Koch
Luftverkehrskontrollpersonal
Das Luftverkehrskontrollpersonal ist für den reibungslosen und sicheren Ablauf am Flughafen und in der Luft zuständig (➥ Abb. 3). Hierbei wird zwischen Personal unterschieden, das für den sicheren Start- und Landungsvorgang zuständig und am Flughafen, im sogenannten Tower, stationiert ist (Tower Control), dem Personal, das den Flugverkehr im An- und Abflugbereich rund um den Flughafen koordiniert und für einen sicheren Abstand zwischen den Flugzeugen sorgt (Approach Control), und denjenigen, die für die Flugsicherung in der Luft zuständig sind und mit den Flugzeugen auf Reiseflughöhe kommunizieren (Enroute Control). Beanspruchungen dieser Berufsgruppen stellen eine ständige hohe Konzentration, Stress durch die Verantwortung für den sicheren Flugverkehr, Schichtarbeit, unregelmäßige Arbeitszeiten sowie psychischen Druck mit schnellen Entscheidungsfindungen und lange Bildschirmarbeitszeiten dar (Luna 1997; Terenzi et al. 2022; Corver et al. 2016; Zimmermann 2001).
Bodenpersonal
Schließlich wird für den sicheren und reibungslosen Ablauf auch das Bodenpersonal benötigt. Dieses umfasst das gesamte Personal, das für die Gepäckabfertigung beziehungsweise den Check-in-Prozess zuständig ist, aber auch das Personal im Bereich der Abfluggates oder im Bereich des Vorfelds (die sogenannten „Ramp Agents“). Belastungen dieser Berufsgruppen zeichnen sich durch teilweise schwere körperliche Arbeit (Sappich et al. 2001), häufiges Heben und Tragen (Koblauch 2016), Zeitdruck und Schichtarbeit aus, aber auch durch die Exposition gegenüber chemischen Gefahrstoffen (Møller et al. 2017) (➥ Abb. 4). Mobile Tankteams haben möglicherweise direkten Kontakt mit Treibstoffen und sind daher ebenfalls chemischen Gefahrstoffen ausgesetzt (Møller et al. 2017).
Arbeitsmedizinische Vorsorge
Neben den für dieses Personal einschlägigen Vorschriften und EU-Richtlinien zur medizinischen Tauglichkeitsuntersuchung ergibt sich daher eine Reihe von möglichen arbeitsmedizinischen Vorsorgen, die für diese Berufsgruppen nach entsprechender Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) berücksichtigt werden sollten, unter anderem Vorsorgen aufgrund von Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, Lärmexposition (vor allem für das Bodenpersonal) und beispielhaft von Tätigkeiten in Tropen, Subtropen und bei sonstigen Aufenthalten. Wegen der vielfältig vorkommenden Betriebs- und Arbeitsstrukturen sind arbeitsplatzbezogene Kenntnisse und die daraus abzuleitenden Vorsorgen notwendig. Dies macht die betriebsmedizinische Versorgung von Beschäftigten in der „Kleinstadt Flughafen“ besonders spannend.
Mögliche Interessenkonflikte: SS und JP sind aktive Bundeswehroffiziere und arbeiten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. AMA arbeitet für die Lufthansa Group Business Service. 
Das Autorenteam erklärt, dass für die vorliegende Arbeit keine Interessenkonflikte vorliegen.
Disclaimer: Die geäußerten Ansichten sind die des Erstautors und der Koautorinnen und stellen nicht unbedingt die offizielle Politik oder Position der Luftwaffe, des Bundesministeriums der Verteidigung oder der deutschen Bundesregierung dar.
Literatur
Airports Council International: Annual World Airport Traffic Report. Montreal, Canada, 2024.
Corver SC, Unger D, Grote G: Predicting air traffic controller workload: trajectory uncertainty as the moderator of the indirect effect of traffic density on controller workload through traffic conflict. Hum Factors 2016; 58: 560–573. doi:10.1177/0018720816639418 (Open Access).
Koblauch H: Low back load in airport baggage handlers. Dan Med J 2016; 63.
Luna TD: Air traffic controller shiftwork: what are the implications for aviation safety? A review. Aviat Space Environ Med 1997; 68: 69–79.
Marqueze EC, de Sá e Benevides EA, Russo AC et al.: Organizational risk factors for aircrew health: a systematic review of observational studies. Int J Environ Res Public Health 2023; 20: 3401. doi:10.3390/ijerph20043401 (Open Access).
Møller KL, Brauer C, Mikkelsen S et al.: Copenhagen Airport Cohort: air pollution, manual baggage handling and health. BMJ Open 2017; 7: e012651. doi:10.1136/bmjopen-2016-012651 (Open Access).
Terenzi M, Ricciardi O, Di Nocera F: Rostering in air traffic control: a narrative review. Int J Environ Res Public Health 2022; 19: 4625. doi:10.3390/ijerph19084625 (Open Access).
Wahlstedt K, Lindgren T, Norbäck D, Wieslander G, Runeson R: Psychosocial work environment and medical symptoms among Swedish commercial airline cabin crew. Am J Ind Med 2010; 53: 716–723. doi:10.1002/ajim.20822.
Online-Quellen
Sappich B, Gaber W, Caspar S, Baum K: Reduktion von Arbeitsunfähigkeit bei Ladearbeitern durch ein gezieltes Gerätetraining der Wirbelsäulenmuskulatur. Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2001: 371ff
https://eagosh.org/eagosh-files/articles_presentations_infos/ergonomics…training_wirbelsaeule_d.pdf
Zimmermann C: Belastung und Beanspruchung von Fluglotsen: Validierung und vergleichende Bewertung arbeitsanalytischer Fragebogenverfahren unter Einschluss objektiver Arbeitsplatzdaten. Dissertation, Dortmund, 2001.
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 Foto: Bundeswehr/Stefan Lüer
 
 Foto: Lufthansa
 
     
     
  
       
     
     
     
     
    