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Arbeitsmedizinische Leitlinien im Fokus: eine Bestandsaufnahme an den Akademien

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Occupational health guidelines in focus: an inventory at the academies

Guidelines provide clear recommendations for action and support physicians in their daily work. But how are these important tools taught in continuing education? We asked the management of occupational health academies what role the teaching of guidelines plays in their continuing education programs.

Arbeitsmedizinische Leitlinien im Fokus: eine Bestandsaufnahme an den Akademien

Leitlinien bieten klare Handlungsempfehlungen und unterstützen Ärztinnen und Ärzte in ihrer täglichen Arbeit. Doch wie werden diese wichtigen Instrumente in der Fortbildung vermittelt? ASU hat bei den Leitungen der arbeitsmedizinischen Akademien nachgefragt, welche Rolle die Vermittlung der Leitlinien in ihren Fortbildungsprogrammen spielt.

Bochum: Akademie für medizinische Fortbildung der Ärztekammer Westfalen-Lippe und der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe

„Die Wissensvermittlung zu arbeitsmedizinisch relevanten Leitlinien stellt eine wichtige Grundlage der Qualitätssicherung und der betriebsärztlichen Professionalität dar. Ärztinnen und Ärzten in der arbeits-/betriebsmedizinischen Weiterbildung werden im Rahmen der Weiterbildungskurse Relevanz und Anwendung dieser Leitlinien für die praktische betriebsärztliche Tätigkeit vermittelt. Diese sichern die Umsetzung und Einhaltung spezifischer qualitativer Standards und geben den Kolleginnen und Kollegen in der Weiterbildung zusätzliche Handlungssicherheit in ihrer täglichen Praxis. Daher wird die Rolle der arbeitsmedizinisch relevanten Leitlinien sehr wertgeschätzt!“

Prof. Dr. med. Thomas Brüning

Foto: André Stephan/Morsey & Stephan

Prof. Dr. med. Thomas Brüning

Hamburg: Fortbildungsakademie der Ärztekammer Hamburg

„In der betriebsärztlichen Praxis stehen Ärztinnen und Ärzte oftmals vor komplexen Fragestellungen. Arbeitsmedizinische Leitlinien können dabei durch strukturierte Handlungsempfehlungen wesentlich zur Entscheidungsfindung beitragen. So kann die Versorgungsqualität qualitativ deutlich verbessert werden.

Evidenzbasierte Leitlinien werden in allen Kursmodulen in Hamburg adressiert. Im Kursmodul I werden dabei auf der Grundlage aktueller arbeitsmedizinischer Fragestellungen die Unterschiede zu den Arbeitsmedizinischen Regeln (AMR) und Empfehlungen (AME) und zu den Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) für arbeitsmedizinischen Beratungen und Untersuchungen näher beleuchtet. Didaktisch wird dies u. a. anhand der AWMF-Leitlinien zu Gesundheitlichen Aspekten und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit und zur Lungenkrebsfrüherkennung entwickelt.“

Prof. Dr. med. Volker Harth

Foto: Die Hoffotografen GmbH

Prof. Dr. med. Volker Harth

Dresden: Sächsische Landesärztekammer

„In den arbeitsmedizinischen Weiterbildungen der SLÄK [Red.: Sächsische Landesärztekammer] spielen Leitlinien und Begutachtungsempfehlungen eine verhältnismäßig große Rolle, thematisiert werden unter anderem die Leit­linien zur Schichtarbeit, zu asbestbedingten Erkrankungen, zu Blei, Exoskeletten und zur Müdigkeit, daneben wird eine Vielzahl von Begutachtungsempfehlungen behandelt. Dies liegt sicher daran, dass die wissenschaftlichen Leiter der Dresdner Kurse (Dr. Daniel Kämpf und ich [Red.: Prof. Seidler]) beide aktiv in die Leitlinienarbeit und in die Erstellung von Begutachtungsempfehlungen eingebunden sind. Wünschenswert wäre aus meiner Sicht eine (noch) stärkere Präsenz des Themas Leitlinien in allen Akademien (zunächst einmal durch Thematisierung im Rahmen des jährlichen Treffens der Akademieleitungen), ein standardisiertes Leitlinienmodul zur Einbindung in das Weiterbildungsprogramm (an dem wir uns mit unseren Erfahrungen gern beteiligen) und eine Erhöhung des S2- und S3-Anteils unter den arbeitsmedizinischen Leitlinien (gern auch in Kooperation mit „benachbarten“ Fachgesellschaften wie der DGSMP [Red.: Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention]).“

Prof. Dr. med. Andreas Seidler

Foto: Stephan Wiegand

Prof. Dr. med. Andreas Seidler

Mainz: Akademie für Ärztliche Fortbildung in Rheinland-Pfalz

„Wissenschaftliche Leitlinien sind auch in der Arbeitsmedizin ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung. Das Thema „Leitlinien“ wurde daher auch ganz bewusst als Lerninhalt für Modul V in das (Muster-)Kursbuch Arbeitsmedizin/Betriebsmedizin der Bundesärztekammer aufgenommen, das Grundlage für den theoretischen 360-Stunden-Kurs als Voraussetzung für den Facharzt Arbeitsmedizin und die Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin ist. Im Rahmen der arbeitsmedizinischen Kurse an der Akademie für ärztliche Fortbildung in Rheinland-Pfalz bieten wir den Kursteilnehmenden hierzu eine gesonderte Unterrichtseinheit an, zudem wird auch bei Einzelthemen, soweit vorhanden, auf die speziellen wissenschaftlichen Leitlinien eingegangen.“

Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan Letzel

Foto: Fotoredaktion Rhein-Main

Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan Letzel

Ulm/Stuttgart: Sozial- und Arbeitsmedizinische Akademie Baden-Württemberg e.V.

„Für die Sozial- und Arbeitsmedizinische Akademie Baden-Württemberg (SAMA) ist es ein wichtiges Prinzip der inhaltlichen Kursgestaltung, dass die wissenschaftlichen Leitlinien der Arbeitsmedizin an jeweils passender Stelle berücksichtigt werden. Dazu gehört auch eine entsprechende Auswahl von Referentinnen und Referenten. Die grundsätzliche Bedeutung der Leitlinien wird so hoch eingeschätzt, dass im Modul V des arbeitsmedizinischen Weiterbildungskurses ein eigenes Referat sich dem Thema widmet: „Leitlinien und fachliche Standards – betriebsärztliches Rollenverständnis“. Referentin ist Prof. Monika Rieger von der Uni Tübingen.“

Dr. med. Gerd Enderle

Foto: SAMA

Dr. med. Gerd Enderle

Düsseldorf: Nordrheinische Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung

„Wissenschaftliche Leitlinien sind systematisch entwickelte Handlungsempfehlungen, die auf der besten verfügbaren Evidenz basieren. Sie spielen eine zentrale Rolle in der modernen Medizin und insbesondere in der Arbeitsmedizin. Sie dienen als evidenzbasierte Handlungsempfehlungen, die auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und eine qualitativ hochwertige Versorgung sicherstellen. Ihre Bedeutung erstreckt sich sowohl auf die Diagnostik und Therapie von arbeitsbedingten Erkrankungen als auch auf präventive Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit am Arbeitsplatz. Die Leitlinien ermöglichen eine standardisierte, qualitätsgesicherte und evidenzbasierte Vorgehensweise in der Prävention, Diagnostik und Therapie arbeitsbedingter Erkrankungen. Sie dienen als Orientierung für Arbeitsmedizinerinnen/Arbeits­mediziner und Betriebsärztinnen/Betriebsärzte, aber auch in einigen Fällen für Fachkräfte für Arbeitssicherheit.

Während Leitlinien nicht zwingend rechtlich bindend sind, können sie in juristischen Auseinandersetzungen als anerkannter medizinischer Standard herangezogen werden. Sie helfen, Haftungsrisiken zu minimieren, indem sie eine begründbare Grundlage für arbeitsmedizinische Entscheidungen liefern. Leitlinien werden regelmäßig aktualisiert, um neue wissenschaftliche Erkenntnisse und technologische Fortschritte zu berücksichtigen. Dies stellt sicher, dass arbeitsmedizinische Maßnahmen stets effektiv und zeitgemäß sind.

Die Implementierung wissenschaftlicher Leitlinien in die arbeitsmedizinische Weiterbildung und deren theoretischen Weiterbildungskurse gem. (Muster-)Kursbuch der Bundesärztekammer (BÄK) ist wichtig für die Qualität der Prävention und Versorgung in der Arbeitsmedizin. Durch die gezielte Schulung und Anwendung der Leitlinien in Weiterbildungskursen wird sichergestellt, dass Arbeitsmedizinerinnen/Arbeitsmediziner und Betriebsärztinnen/Betriebsärzte stets nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft handeln und somit die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten optimal fördern. Die kontinuierliche Anpassung an neue wissenschaftliche Erkenntnisse ist dabei essenziell, um den Herausforderungen der modernen und sich ständig ändernden Arbeitswelt gerecht zu werden. Die Leitlinien werden in den Kursen im jeweiligen Zusammenhang mit den jeweiligen Themen von den Dozierenden in den Vortrag eingebunden.

Beispielhaft seien einige der wissenschaftlichen Leitlinien aufgezählt, die in den Weiterbildungskursen an geeigneter Stelle genannt werden und in der Regel unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V. (DGAUM) entwickelt wurden:

  • Oberflächen-Elektromyographie in der Arbeitsmedizin, Arbeitsphysiologie und Arbeitswissenschaft: Diese Leitlinie befasst sich mit der Anwendung der Oberflächen-Elektromyographie zur Bewertung von Muskelaktivitäten in verschiedenen Arbeitskontexten (März 2023, Registernummer 002-016).
  • Arbeiten unter klimatischen Belastungen: Diese Leitlinie gibt Empfehlungen zum Umgang mit Arbeitsbedingungen unter extremen klimatischen Verhältnissen, um gesundheitliche Risiken zu minimieren (Juli 2022, Registernummer 002-045).
  • Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren bei Arbeiten unter Einwirkung von Schwefelkohlenstoff: Diese Leitlinie fokussiert sich auf Schutzmaßnahmen für Beschäftigte, die Schwefelkohlenstoff ausgesetzt sind (Februar 2022, Registernummer 002-005).
  • Nutzung der Herzschlagfrequenz und der Herzschlagfrequenzvariabilität in der Arbeitsmedizin und der Arbeitswissenschaft: Diese Leitlinie beschreibt, wie Herzfrequenzmessungen zur Beurteilung von Arbeitsbelastungen eingesetzt werden können (März 2022, Registernummer 002-042)
  • Radon in Innenräumen: Diese Leitlinie behandelt die Bewertung und das Management von Radonexpositionen am Arbeitsplatz (Januar 2022, Registernummer 002-035)
  • Arbeitsplatzbezogener Inhalationstest (AIT) – spezifischer Inhalationstest (SIC): Diese Leitlinie erläutert die Durchführung und Interpretation von Inhalationstests zur Diagnose arbeitsbedingter Atemwegserkrankungen (Januar 2021, Registernummer 002-026).“
  • Dipl.-Min. Silvester Siegmann

    Foto: VDSI

    Dipl.-Min. Silvester Siegmann
    Prof. Dr. med. Peter Angerer

    Foto: privat

    Prof. Dr. med. Peter Angerer

    Wir danken den Experten für ihre wertvollen Bei­träge zur Frage nach Leitlinien (LL) in der ­arbeitsmedizinischen/betriebsärztlichen Fortbildung.


    Online-Quelle

    AWMF Leitlinien-Register
    https://register.awmf.org/de/start

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