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Gesundheitskompetenz

Klimawandel und Gesundheit

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– Folge 4 –

Einleitung

Im ASU-Schwerpunktheft Klimawandel und Gesundheit (08/2023) wurde gezeigt, wie wichtig es ist, ein weiteres Voranschreiten des Klimawandels zu verhindern und uns an die bereits bestehenden und noch zu erwartenden Folgen des Klimawandels anzupassen. Dies gilt insbesondere auch für den Gesundheitsbereich. Da das ASU-Schwerpunktheft nicht das gesamte Spektrum der für die Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin wichtigen Gebiete im Themenbereich Klimawandel und Gesundheit abdecken konnte, werden nun in loser Folge weitere aktuelle Themen aus diesem Gebiet aufgegriffen.

Folge 4 beschäftigt sich mit der klimaspezifischen und planetaren Gesundheitskompetenz.

Folge 4: Klimaspezifische und planetare Gesundheitskompetenz – Status Quo, Bedarfe und Potenziale

Climate Change and Health (Part 3): Climate-Specific and Planetary Health Literacy – Status Quo, Needs and Potential

Untrennbarkeit der Gesundheit von Mensch und Natur

Menschliche Gesundheit und Natur sind untrennbar. So wirkt sich unsere Lebensweise zum einen direkt, zum Beispiel durch ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel, negativ auf unsere Gesundheit aus. Zum anderen führt diese meist ressourcenintensive Lebensweise unter anderem zu Luftverschmutzung und Zerstörung von Ökosystemen, was wiederum die menschliche Gesundheit beeinträchtigt.

Ein erweitertes Gesundheitsverständnis, das menschliche Gesundheit im Kontext der natürlichen Lebensgrundlagen betrachtet, ist daher essenziell, um Lösungen für die mul­tiplen Gesundheits- und Umweltkrisen zu finden. Konzepte wie Planetary Health oder One Health gehen mit einem solchen erweiterten Gesundheitsverständnis einher. Planetare Gesundheit wird dabei als ein transdisziplinärer und lösungsorientierter Ansatz definiert, der die Wechselseitigkeit zwischen planetaren Ökosystemen und menschlicher Zivilisation anerkennt und zu einer Transformation zum Gelingen menschlicher Gesundheit und gleichermaßen der Gesundheit aller Lebewesen beiträgt (vgl. Whitmee et al. 2015).

Gesundheitskompetenz neu denken

Die Fähigkeit, diese komplexen Zusammenhänge und daraus resultierende Problemstellungen zu erkennen und zu benennen, um daraus Handlungsimpulse und Lösungen abzuleiten, wird als Umweltgesundheitskompetenz, Gesundheits- und Klimakompetenz, klimaspezifische oder planetare Gesundheitskompetenz beschrieben. Die verschiedene begriffliche Verwendung vereint dabei ein ähnlicher Grundgedanke: die Erweiterung des ursprünglichen auf menschliche Gesundheit fokussierten Gesundheitsbegriffs um die enge Verbundenheit der Gesundheit von Mensch und Natur.

Die erste explorative Studie in Deutschland, die explizit eine Erweiterung der Gesundheitskompetenz um klima- und umweltrelevante Aspekte adressierte, stammt aus dem Jahr 2021. Klimaspezifische Gesundheitskompetenz beinhaltet demnach

  • Wissen zu Klima- und Umweltbedingungen und den damit assoziierten Gesundheitsrisiken,
  • Verständnis über Chancen von Health Co-Benefits und Prävention auf individueller, gesellschaftlicher sowie globaler Ebene,
  • emotionale Integration des Wissens in ein Verständnis der eigenen Betroffenheit und Eingebundenheit sowie
  • Fähigkeit, diese drei Komponenten (1.–3.) für klima- und gesundheitsbewusste Handlungsentscheidungen anzuwenden (Reismann et al. 2021).
  • Planetare Gesundheitskompetenz als Vision für gesundes Leben auf einer gesunden Erde

    Während klimaspezifische Gesundheitskompetenz überwiegend den Zusammenhang von Klima und Gesundheit fokussiert, sollten auch die weiteren planetaren Krisen wie Verschmutzung und Biodiversitätsverlust in das zentrale Verständnis von Gesundheitskompetenz gelangen. Um dies zu adressieren, wurde das Modell der planetaren Gesundheitskompetenz entwickelt (vgl. Jochem et al. 2023). Planetare Gesundheitskompetenz bezeichnet die Fähigkeit, sich Wissen über die Zusammenhänge zwischen Ökosystemen, Biodiversität, Klimaveränderungen und Gesundheit anzueignen, um diese in umweltschützendem und gesundheitsförderlichem Verhalten anzuwenden. Dies geschieht auf unterschiedlichen Ebenen: Auf individueller Ebene kann über die Mehrgewinnstrategien – wie beispielsweise über Mobilitäts- oder Ernährungsveränderungen – Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung und damit körperliches und seelisches Wohlbefinden erwirkt werden. Auf einer gesellschaftlichen Ebene wird nachhaltig und transformativ ein Beitrag zum Erhalt öffentlicher Gesundheit und Gerechtigkeit geleistet, insbesondere, da Klima- und Umweltveränderungen vulnerable Gruppen am stärksten beeinträchtigen. Entscheidungen und Verhalten heutiger Gesellschaften und Individuen verändern die Gesundheit des Ökosystems mit teils irreversiblen Auswirkungen auf zukünftige Generationen (vgl. Jochem et al. 2023).

    Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) beschreibt in seinem aktuellen Hauptgutachten „Gesund leben auf einer gesunden Erde“ die gleichnamige Vision, in der Gesundheit als große Motivation für eine Transformation zur Nachhaltigkeit betrachtet wird (vgl. WBGU 2023, s. „Weitere Infos“).

    Für diese Vision nehmen Bildung und Wissenschaft aus Sicht des WBGU eine Schlüsselposition ein. So empfiehlt der WBGU, die erweiterte, planetare Gesundheitskompetenz von Individuen und Gesellschaften zu fördern. Dies sollte lebensbegleitend – von frühkindlicher und schulischer über außerschulische, Berufs- und Hochschul- bis zur Erwachsenenbildung – durch einen gesamtinstitutionellen Ansatz, bei dem auch das Lernumfeld selbst entsprechend gesundheitsförderlichen und nachhaltigen Lerninhalten gestaltet ist. Planetare Gesundheitskompetenz kann dabei als Ziel von Bildung für nachhaltige Entwicklung ebenso wie von Bildung für planetare Gesundheit gelten. Neben dem Ansatz, planetare Gesundheitskompetenz flächendeckend und lebensbegleitend zu fördern, sind Gesundheitsfachkräfte und politische Entscheidungstragende besondere Zielgruppen, die als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren fungieren können (➥ Abb. 1).

    Mit planetarer Gesundheitskompetenz zum ökologischen Handabdruck

    Wissenschaftliche Analysen von Klima- und Umweltschutzmaßnahmen haben eine Vielzahl von positiven Nebeneffekten und Synergien identifiziert und quantifiziert. Diese werden als positive Nebeneffekte, sogenannte Co-Benefits, bezeichnet. In Bezug auf die Gesundheit werden sie als Health Co-Benefits bezeichnet.

    Wesentlicher Bestandteil der planetaren Gesundheitskompetenz ist, diese Synergieeffekte und Mehrgewinnstrategien für Gesundheit und Umwelt nicht nur zu verstehen, sondern auch entsprechend zu handeln. Maßnahmen, die neben der Reduktion von Treibhausgasen oder Umweltschäden auch starke individualgesundheitliche Vorteile beinhalten, betreffen unter anderem die Bereiche Ernährung und aktive Mobilität. So führen Programme zur Förderung von verstärkter aktiver Mobilität, wie beispielsweise sichere Radverkehrswege oder finanzielle Unterstützung zum Beschaffen und Erhalten von Fahrrädern durch den Arbeitgeber, nicht nur zu mehr Bewegung, sondern verringern klimaschädliche Emissionen und Luftverschmutzung. Damit fördern sie gleichzeitig die individuelle wie auch die kollektive Gesundheit. Der Wirkungsgrad dieser Mehrgewinnstrategien lässt sich auch in Zahlen ausdrücken: In Deutschland wären rund 150.000 Todesfälle pro Jahr vermeidbar, wenn stärkere Klimaschutzmaßnahmen verfolgt werden würden, wie im Jahr 2021 durch die Lancet Commission on Health and Climate Change quantifiziert worden ist (vgl. Hamilton et al. 2020).

    Werden die Co-Benefits zur Betonung der gesundheitlichen Vorteile für Individuen, die sich im Alltag klima- und umweltfreundlich verhalten, genutzt, betrifft das den Aspekt des sogenannten ökologischen Fußabdrucks. Als weitere wichtige Kompetenzbereiche sollen allerdings die systemischen und transformativen Fähigkeiten hervorgehoben werden, die im Sinne des sogenannten ökologischen Handabdrucks beschrieben werden können (➥ Abb. 2).

    Menschen, die über eine hohe planetare Gesundheitskompetenz verfügen, verstehen, dass ein größerer Wirkungsgrad darin besteht, sich nicht allein auf die Reduktion des individuellen ökologischen Fußabdrucks und damit auf individuelle Verhaltensänderungen zu fokussieren, sondern die Rahmenbedingungen so anzupassen, dass es für eine Vielzahl an Individuen möglich wird, zur Abmilderung von Klimawandel- und Ökosystemveränderungen beizutragen. Neben der Ebene der personalen planetaren Gesundheitskompetenz existiert also insbesondere die Ebene der organisationalen planetaren Gesundheitskompetenz, auf der die Gestaltung gesundheitsförderlicher und umweltfreundlicher Infrastruktur geschehen kann. Damit hat die Stärkung planetarer Gesundheitskompetenz das Potenzial, einen Wandel hin zu einer gesundheits- und klimaschützenden Transformation auf gesellschaftlicher und politischer Ebene zu fördern.

    Klimasensible Gesundheitsberatung durch Gesundheitsfachkräfte

    Es bestehen Forschungslücken zur aktuellen Verbreitung von Maßnahmen und Bemühungen zur Stärkung planetarer Gesundheitskompetenz. Erste Erhebungen in Deutschland zeigen, dass Wissen und Kompetenzen über die Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren und Gesundheit unzureichend verbreitet sind. So wird zum Beispiel der Klimawandel eher als globale Gesundheitsbedrohung denn als Sorge um die eigene Gesundheit wahrgenommen, was als emotionale Distanz interpretiert werden kann (vgl. Reismann et al. 2021). Die Ergebnisse dieser Untersuchung von Patientinnen und Patienten in hausärztlichen Praxen verdeutlichten jedoch ebenfalls, dass die Bereitschaft zu klimafreundlichem Verhalten bei über 70 % der Befragten ansteigt, wenn sie über die Zusammenhänge von Klimawandel und Gesundheit ärztlich aufgeklärt werden (beispielsweise in Form einer klimasensiblen Gesundheitsberatung). Ungefähr 10 % der untersuchten Patientinnen und Patienten hatten eine solche klimasensible Gesundheitsberatung in der hausärztlichen Praxis erhalten. Es zeigte sich zudem, dass klimafreundliches Verhalten besonders durch Wissen über Synergieeffekte und Mehrgewinnstrategien (Co-Benefits) verstärkt wird (vgl. Reismann et al. 2021).

    Der Einbezug von Gesundheitsfachkräften und deren Kontakt zu Patientinnen und Patienten stellt also eine Möglichkeit der Stärkung einer umfassenden Gesund­heitskompetenz dar. Dabei strebt die klimasensible Gesundheitsberatung (engl. climate-sensitive health counselling) die Integration des Themenfeldes Klimawandel und Gesundheit in die medizinische Kommunikation und Gesundheitsberatung an. Dazu gehören neben ärztlichen Tätigkeiten wie Vorsorgeuntersuchungen und Aufklärungsgesprächen auch die Tätigkeiten interdisziplinärer Gesundheitsberufe (z. B. Ernährungsberaterinnen und -berater, Hebammen oder Pflegekräfte; vgl. Quitmann et al. 2023). Es gibt dabei verschiedene Möglichkeiten, im Kontakt mit Patientinnen und Patienten Themen der planetaren Gesundheit zu adressieren, ohne dass teilweise gesellschaftlich aufgeladenen Worte, wie zum Beispiel „Klima“ , explizit erwähnt werden müssen (vgl. Quitmann et al. 2023).

    Die Umsetzung von klimasensibler Gesundheitsberatung im medizinischen Alltag bedarf Voraussetzungen, die neben Kommunikationsfähigkeiten auch das Verständnis der planetaren Zusammenhänge der durchführenden Akteure betreffen. Dabei besteht zum Wissens- und Kompetenzstand bei Gesundheitsfachkräften Forschungsbedarf. Eine erste Untersuchung an einem deutschen Universitätsklinikum, die mittels einer Fragebogen-basierten Umfrage bei ärztlichem und pflegerischem Personal durchgeführt wurde (vgl. Albrecht et al. 2023), legt dar, dass die Mehrheit der teilnehmenden Gesundheitsfachkräfte die Klimakrise als ein bedeutendes Anliegen in der Verbindung zur Gesundheit betrachtete, wobei die meisten der Befragten über eine Diskrepanz zwischen dieser Relevanz und ihrem eigenen Kenntnisstand berichteten. Als Hauptbar­rieren für die Entwicklung und Anwendung klimaspezifischer Gesundheitskompetenz wurde neben Zeitmangel ein Mangel an Informationen und Materialien angegeben (vgl. Albrecht et al. 2023).

    Ausblick: Kompetenzstärkung durch Bildung für planetare Gesundheit

    Es zeigt sich damit der Bedarf, die Stärkung von planetarer Gesundheitskompetenz in ihren Fähigkeiten „Finden, Verstehen, Beurteilen, Anwenden“ durch verschiedene Bildungsformate zu erreichen. Neben weiterer Forschung in diesem Feld der „Bildung für planetare Gesundheit“ ist die Implementierung in die frühkindliche, schulische und universitäre Lehre sowie in außerschulische Bildungsformate erforderlich (vgl. WBGU 2023). Analog zum Konzept Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) spielt die Stärkung präventiver Gestaltungs- und Transformationskompetenzen in der Allgemeinbevölkerung und bei Gesundheitsfachkräften eine wesentliche Rolle. Stattdessen steht derzeit eher die Heilung von Krankheiten in der Ausbildung des Gesundheitspersonals im Vordergrund.

    Auch wenn einzelne Standorte, die sich dieser Problemlage bewusst sind, zunehmend mehr Programme und Lehrveranstaltungen entwickelten, um in ihrer Ausbildung zukünftiger Gesundheitsfachkräfte Wissen und Kompetenzen zu planetarer Gesundheit zu vermitteln, fehlt eine systematische Verankerung und ein curricularer Rahmen, der planetare Gesundheitskompetenz als Schlüsselkompetenz versteht und in Aus- und Weiterbildung fest integriert.

    Als ein Best-Practice-Beispiel unter vielen Bemühungen der Bildung für planetare Gesundheit sei die „Planetary Health Academy“ genannt, die als eine digitale Ringvorlesung mit internationalen Expertinnen und Exper­ten sowohl Studierenden verschiedener Fachrichtungen als auch Berufstätigen eine Anrechenbarkeit im Rahmen der Weiterbildung ermöglicht (s. „Weitere Infos“).

    Interessenskonflikt: Die Autorinnen erklären, dass kein wirtschaftlicher oder persönlicher Interessenkonflikt vorliegt.

    Literatur

    Albrecht L, Reismann L, Leitzmann M et al.: Climate-specific health literacy in health professionals: an exploratory study. Front Med 2023; 10: 1236319.

    Hamilton I, Kennard H, McGushin A et al.: The public health implications of the Paris agreement: a modelling study. Lancet Planetary Health 2020; 5: e74–83.

    Jochem C, von Sommoggy J, Hornidge A-K, Schwienhorst-Stich E-M and Apfelbacher C: Planetary health literacy: A conceptual model. Front Public Health 2023; 10: 980779.

    Quitmann C, Griesel S, Nayna Schwerdtle P, Danquah I, Herrmann A: Climate-sensitive health counselling: a scoping review and conceptual framework. Lancet Planetary Health 2023; 7: e600–610.

    Reismann L, Weber A, Leitzmann M, Jochem C: Climate-specific health literacy and medical advice: the potential for health co-benefits and climate change mitigation. An exploratory study. J Climate Change Health 2021; 4:100072.

    WBGU – Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen: Gesund leben auf einer gesunden Erde. Berlin: WBGU, 2023.

    Whitmee S, Haines A, Beyrer C et al.: Safeguarding human health in the Anthropocene epoch: report of the Rockefeller Foundation–lancet commission on planetary health. Lancet 2015; 386:1973–2028.

    doi:10.17147/asu-1-350380

    Weitere Infos

    Weiterbildung zu planetarer Gesundheit „Planetary Health Academy“
    https://planetary-health-academy.de/

    Kostenfreie Materialien (z.B. Flyer oder Poster) und praktische Tipps für die Praxis
    www.klimadocs.de

    WBGU-Hauptgutachten „Gesundes Leben auf einer gesunden Erde“
    https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/gesundleben#sektion-do…

    Forschung zu planetarer Gesundheitskompetenz an der Universität Regensburg
    https://www.uni-regensburg.de/medizin/planetare-gesundheit/forschung/in…

    Abb. 2:  Co-Benefits in planetarer Gesundheitskompetenz. Synergieeffekte und Mehrgewinnstrategien in planetarer Gesundheit bestehen beispielsweise in den Bereichen Luftqualität, Ernährung und aktiver Mobilität. In der Unterscheidung zwischen personaler und organisationaler planetarer Gesundheitskompetenz werden auch die beiden Begriffe ökologischer Fuß- und Handabdruck aus den Nachhaltigkeitskompetenzen aufgegriffen, um die ­Dimensionen und Ebenen von planetaren Zusammenhängen beispielhaft aufzuzeigen

    Abb. 2: Co-Benefits in planetarer Gesundheitskompetenz. Synergieeffekte und Mehrgewinnstrategien in planetarer Gesundheit bestehen beispielsweise in den Bereichen Luftqualität, Ernährung und aktiver Mobilität. In der Unterscheidung zwischen personaler und organisationaler planetarer Gesundheitskompetenz werden auch die beiden Begriffe ökologischer Fuß- und Handabdruck aus den Nachhaltigkeitskompetenzen aufgegriffen, um die ­Dimensionen und Ebenen von planetaren Zusammenhängen beispielhaft aufzuzeigen

    Kernaussagen

  • Planetare Gesundheit ist ein lösungsorientierter und transdisziplinärer Ansatz, der zu einer Transformation zum Gelingen menschlicher Gesundheit und gleichermaßen der Gesundheit aller Lebewesen beizutragen versucht.
  • Die Stärkung der planetaren Gesundheitskompetenz hat auf der personalen und der organi­sationalen Ebenen das Potenzial zur Unterstützung der Transformation hin zu einer gesunden und nachhaltigen Zukunft innerhalb der planetaren Grenzen.
  • Es gibt viele Best-Practice-Beispiele im Bereich der „Bildung für planetare Gesundheit“ und verschiedenste Ansatzpunkte, wie die eigene planetare Gesundheitskompetenz gestärkt werden kann. Dort kann man sich am Schema „Finden, Verstehen, Beurteilen, Anwenden“ orientieren.
  • Checkliste

    Wie kann ich zur Stärkung der planetaren Gesundheitskompetenz meiner Patientinnen und Patienten beitragen?

  • Finden: Bereitstellung von Ressourcen über die Gesundheit des Planeten. Materialien und Praxisposter können beispielsweise über die Bundeszentrale über gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Klimadocs.de oder die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG e.V.) kostenlos bestellt werden.
  • Verstehen und Beurteilen: Über patientenzentrierte Kommunikation verstehen, was die ­jeweiligen Patientinnen und Patienten benötigen und beurteilen, wann und mit welchem ­Ansatzpunkt das Bewusstseins über die Zusammenhänge der planetaren Gesundheit geschärft werden kann.
  • Anwenden: Zielsetzungen und Handlungspläne können die Patientinnen und Patienten ­langfristig unterstützen.
  • Checkliste

    Planetare Gesundheitskompetenz – Step-by-Step

    Finden:

  • Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten: Welche Workshops, Webinare oder CME-Fortbildungen zur planetaren Gesundheit gibt es in meiner Nähe oder online?
  • Zugang zu seriösen Informationen und dabei auf dem Laufenden gehalten werden: Eine Reihe von Newslettern gibt regelmäßig einen kompakten Überblick über vertrauenswürdige Nachrichten und ­Neuigkeiten aus der Forschung (z. B. Planetary Health Alliance oder KLUG e. V.).
  • Vernetzung: Es gibt viele verschiedene Gruppen, die zu planetarer Gesundheit arbeiten. Auch in vielen Fachgesellschaften existieren ­Arbeitsgruppen oder Initiativen. So können weitere Informationen eingeholt werden.
  • Verstehen:

  • Kontinuierliche Weiterbildung oder Auseinandersetzung in Vernetzung hilft, die Zusammenhänge zwischen individueller Gesundheit und planetarer Gesundheit adäquat verstehen und adressieren zu können.
  • Beurteilen:

  • Reflektiere ich bereits eigene Entscheidungen im Berufs- und ­Lebensalltag unter Aspekten der planetaren Gesundheit?
  • Prioritäten setzen: Welche Bereiche können schneller und einfacher nachhaltiger umgestaltet werden? Wo ist eine größere Wirkung zu erwarten bei gleichzeitigem Mehraufwand (z. B. energetische Gebäude­sanierung)? Was kann ich leisten und was nicht?
  • Anwenden:

  • Ziele setzen in der eigenen Praxis/im Team: Sich gemeinsam für ­(kleine) Veränderungen einzusetzen, fällt meist leichter. Dies kann von Ressourcenschonung (in Anbetracht des ökologischen Fußabdrucks) über Ermutigung von Patientinnen und Patienten zu einem umwelt- und gesundheitsbewussten Leben mittels klimasensibler ­Gesundheitsberatung (ökologischer Handabdruck) reichen.
  • Vernetzung: Mit wem kann ich mich vernetzen? Wer kann mich­unterstützen? (siehe Finden) Eine große Vernetzung ist auch über die ­Arbeitsgruppen von KLUG e. V. möglich. So können Best-Practice-­Beispiele kennengelernt und implementiert werden.
  • Info

    Weiterführende Informationen zu planetarer Gesundheit im Bereich der medizinischen Ausbildung finden sich in den ASU-Artikeln Planetare Gesundheit in der Lehre des Querschnittsbereichs „Klinische Umweltmedizin“ (Schwienhorst-Stich et al., ASU 2023; 58: 530-536), Welche Inhalte soll ein Hochschulmodul „Klimawandel und Gesundheit“ vermitteln? (Habermann-Horstmeier, ASU 2023; 58:520-529) und Innovative “Klima-Limette” als Modelllehrprojekt – Studierendeninitiative entwickelt Lehrveranstaltung zu Klimawandel und Gesundheit (Seifert/Student Initiative on Climate Change and Health, ASU 2023; 58: 512-514).

    Koautorin

    Kontakt

    Lydia Reismann
    Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin; Universität Regensburg; Franz-Josef-Strauß-Allee 11; 93053 Regensburg
    Lydia-Maria.Reismann@­stud.uni-regensburg.de

    Foto: Antonia Pröls

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