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Warum es schwierig ist, Arbeitsverdichtung bei neuen Formen der Arbeit zu messen

Arbeitsverdichtung oder Arbeit im Wandel?

Arbeitsverdichtung

Arbeitsverdichtung ist ein Prozess, der sich aus einer Erhöhung der Arbeitsintensität ergibt. Arbeitsintensität wird meist durch die drei Faktoren Arbeitsquantität, Arbeitstempo und Arbeitsqualität definiert (etwa von Träg­ner 2006 in Stab et al. 2016). Steigt nach diesem Modell einer der Faktoren Menge, Zeit und (geforderter) Qualität der Arbeit bei sonst gleichen Rahmenbedingungen an, so erhöht sich die Arbeitsintensität und man kann von Arbeitsverdichtung sprechen.

Das oben beschriebene Modell wird von einigen Autorengruppen noch erweitert: Ahlers u. Erol (2019) betrachten beispielsweise Arbeitsintensivierung als einen „komplexeren, breiteren Ansatz“, „der über
ständig hohes Arbeitstempo oder Überstunden hinausgeht“. Arbeitsintensivierung ist demnach nicht nur ein stetiges „Mehr des Gleichen“, sondern kann eine Folge von dynamischen, unvorhersehbaren Arbeitsanforderungen sein, auf die immer wieder neu reagiert werden muss. Auch Rau u. Göllner (2018) führen kognitive und organisatorische Aspekte in die Definition ein. Sie betrachten Arbeitsintensität als Funktion von Arbeitsmenge pro verfügbarer Zeit und erforderlichem kognitivem Regulationsniveau bei der Aufgabenbewältigung. Als zentrale Einflussfaktoren auf die verfügbare Zeit zur Aufgabenbearbeitung sehen sie den Grad der Zeitbindung, Hindernisse bei der Aufgabenausführung sowie die vom Arbeitsauftrag zugelassenen Bewältigungsmöglichkeiten zeitlicher Engpässe an.

Arbeitsintensität beinhaltet somit neben den Faktoren Zeit und Menge auch so unterschiedliche Aspekte wie Komplexität der Arbeit, Anforderungen an die Problemlösekompetenz und individuelle Verantwortung, Kontakte zu Kundinnen und Kunden, zeitliche Unterbrechungen der Arbeit oder die Notwendigkeit zum Multitasking. Teilweise werden auch Veränderungen der zeitlichen und räumlichen Rahmenbedingungen der Arbeit, wie Digitalisierung oder die Möglichkeit zur Flexibilisierung der Arbeitszeit, als Teil der Arbeitsintensität (und damit indirekt der Arbeitsverdichtung) betrachtet.

Einige Zuordnungen sind dabei stark kontextabhängig: Im Rahmen der Aktivitäten zur Humanisierung der Arbeitswelt in den 1960er Jahren galt beispielsweise die Arbeitserweiterung und -anreicherung (im Sinne einer Aufnahme komplexerer Aufgaben wie etwa die Prüfung des Produkts nach der Montage) als geeignetes Mittel, um repetitive Tätigkeiten in der Fertigung aufzuwerten und damit die Beanspruchung der Beschäftigten zu reduzieren. Heute dagegen wird die Steigerung der Komplexität der Aufgaben oder die Notwendigkeit paralleler Arbeitsprozesse eher als Indiz einer Arbeitsintensivierung betrachtet (Ahlers u. Erol 2019). Somit kann der gleiche Mechanismus – abhängig vom betrieblichen Kontext – eine Ent- oder Belastung darstellen.

Messbarkeit der einzelnen Dimensionen

Die Faktoren „Menge“ und „Zeit“ der Arbeitsintensität sind in ihrer Höhe, aber auch in ihrem zeitlichen Verlauf objektiv erfassbar. So findet sich etwa im DGB-Index Gute Arbeit (2019) des Deutschen Gewerkschaftsbundes ein deutlicher Hinweis, dass Personalmangel (und damit die Reduzierung der für die Arbeitsaufgabe zur Verfügung stehenden Zeit für die verbleibenden Beschäftigten) deutliche Zusammenhänge mit Arbeitshetze oder physischer oder psychischer Überlastung aufweist, da der Personalmangel zu längeren Arbeitszeiten oder verkürzten Pausen führte.

Im einleitenden Beispiel zur Arbeitserweiterung wird aber deutlich, dass solche Zusammenhänge bei der „Arbeitsqualität“ als dritter Faktor der Arbeitsintensität deutlich schwieriger zu finden sind, da diese sehr unterschiedliche Komponenten umfassen kann, die sich auch wechselseitig beeinflussen und gegenseitig aufheben können.

Neue Formen der Arbeit

Bei neuen Formen der Arbeit, die auch unter dem Begriff „Arbeit 4.0“ bekannt sind, ändert sich das ganze Arbeitssystem, und die bisherigen räumlichen und zeitlichen Rahmenbedingungen treffen nicht mehr zu; die Arbeit ist durch eine starke Digitalisierung sowie eine zeitliche und räumliche Flexibilisierung geprägt. Durch diese kommen belastende, aber auch entlastende Faktoren hinzu. Gut erkennbar ist dies bei der Digitalisierung, dem wohl wichtigsten Faktor der neuen Formen der Arbeit: Diese wirkt einerseits entlastend durch die Übernahme von Routinetätigkeiten und körperlich schweren Arbeiten, durch den Einsatz ambienter Technologien oder einer erweiterten Realität. Die Arbeit an komplexen Systemen stellt zudem durch erhöhte Planungs-, Organisations- oder Koordinierungsanforderungen eine Aufwertung der Arbeit dar.

Auf der anderen Seite muss bei der Arbeit an stark digitalisierten Arbeitsplätzen auch die Funktionsweise des Systems verstanden werden, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können und auch um Fehler selbst beseitigen zu können. Hier sind als Belastungsfaktoren eine permanente Aufmerksamkeit und Konzentration erforderlich, die es zuvor in dieser Form nicht gab. An die Stelle des (analogen) Abarbeitens von Vorgängen nacheinander tritt in der digitalen Welt eine parallele Bearbeitung mehrerer Vorgänge oder Projekte, die alle im Blick behalten werden müssen. So fanden Meyer et al. (2019) auf der Basis der Erwerbstätigenbefragungen 2006, 2012 und 2018 des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) einen Zusammenhang zwischen der Einführung neuer Technologien und einer erhöhten Arbeitsintensität. Die Zusammenhänge zwischen den Faktoren der Arbeitsintensität und deren Auswirkungen auf die wahrgenommene Beanspruchung sind schwierig zu erkennen: So kann eine erhöhte Arbeitsmenge durch Servofunktionen oder die Entlastung von Routinetätigkeiten mehr als kompensiert werden – oder aber eine reduzierte Arbeitsmenge durch eine stärkere erforderliche Konzentration zum Belastungsfaktor werden.

Gleiches gilt für die räumliche und zeitliche Flexibilisierung der Arbeit, die erst durch die Digitalisierung möglich wurde: Positiv sind die damit verbundenen Möglichkeiten einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und die Eröffnung größerer Handlungs-
und Entscheidungsspielräume für die Beschäftigten. Die gleiche Arbeitsmenge und gleiche technische Ausstattung kann aber – etwa bei der Vorgabe einer ständigen Erreichbarkeit – zu einer weitgehenden Zerstörung eines Privatlebens und zu deutlich reduzierten Erholungszeiten im Sinne einer Arbeitsintensivierung oder aber zu einer Vereinsamung im Homeoffice führen. Hier verschwimmen sogar die Grenzen zwischen Fremd- und Selbstgefährdung: Alleine die Annahme, eine Erreichbarkeit rund um die Uhr sei vom Unternehmen gefordert, kann diese Entwicklung auslösen. So kann eine schlecht geplante oder kommunizierte Digitalisierung oder Flexibilisierung zu einer schleichenden Arbeitsverdichtung führen, etwa wenn am Homeoffice-Arbeitsplatz sehr lange am Stück gearbeitet wird oder wenn Reisezeiten zu Arbeitszeiten werden, aber nicht als solche bezahlt werden.

Interaktivität der Dimensionen

Ist – wie beschrieben – nicht die wachsende Arbeitsmenge pro Zeiteinheit primäre Ursache der wahrgenommenen Arbeitsverdichtung und ist gleichzeitig kein anderer Faktor der Arbeit neu vorhanden, so muss man die Ursache an anderer Stelle suchen. Bereits Karasek u. Theorell (1990) beschreiben in ihrem Anforderungs-Kontroll-Modell („job demand-control model“), dass die (psychischen) Arbeitsanforderungen nur einen Teil der wahrgenommenen Beanspruchung erklären. Sie interagieren aber mit dem Handlungsspielraum und der Autonomie der Beschäftigten. Erst die Kombination zwischen hoher Arbeitsanforderung und geringem Handlungsspielraum ergibt eine hohe Beanspruchung, die auch (negativen) Einfluss auf die Arbeitsmotivation hat. Auf der anderen Seite ist anzunehmen, dass eine hohe Arbeitsmenge in einem bestimmten Umfang durch eine höhere Autonomie „gepuffert“ werden kann. Können Beschäftigte selbst darüber entscheiden, wann sie etwa auf Anrufe oder E-Mails reagieren, so verliert auch ständige Erreichbarkeit ihren Schrecken. Sind hingegen Antwortverhalten und -zeiten fest vorgegeben, bringt auch ein sonst flexibles Arbeitssystem den Beschäftigten keinen Vorteil.

Interessant ist in diesem Zusammenhang der DGB-Index Gute Arbeit (Institut DGB-Index Gute Arbeit 2019), der sehr unterschiedliche Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten der Beschäftigten auf die Faktoren der Arbeitsintensität fand. 35 % der Befragten gaben an, bei der Arbeitsmenge einen hohen oder sehr hohen Einfluss zu besitzen. Bei der Arbeitszeitgestaltung lag dieser Wert bei 51 % und bei der Möglichkeit, die Arbeit selbstständig planen und einteilen zu können, sogar bei 67 %.

Messung von Arbeitsverdichtung

Wie bereits oben beschrieben, wird es nur teilweise möglich sein, für einen Arbeitsplatz objektive Kriterien zu finden, die eine Arbeitsverdichtung belegen. Denkbar wäre etwa die Zahl der in einer Arbeitsschicht zu bearbeitenden Akten (bei deren unveränderter Komplexität) oder Kundenanfragen. Der Regelfall – gerade bei den neuen Formen der Arbeit – sind Arbeitsplätze, bei denen sich die reine Arbeitsmenge wenig, die sonstigen räumlichen, zeitlichen und fachlichen Rahmenbedingungen aber stark verändert haben.

Werden Beschäftigte in solchen neu gestalteten Arbeitswelten befragt, ob sich ihre Arbeit im Vergleich zum Zustand vor der Umstrukturierung verdichtet habe, so steht nicht die erhöhte Arbeitsmenge oder verminderte Zeit zur Verrichtung der Arbeit im Fokus, sondern die begleitenden Arbeitsbedingungen, wie zum Beispiel der räumliche und zeitliche Rahmen, die Menge der parallelen Projekte, die wahrgenommene Komplexität der Arbeitsaufgabe, das Maß der Unterbrechungen oder die Exposition gegenüber Lärm. Diese gilt es zu erfassen und gegebenenfalls zu quantifizieren.

Zu erfassen sind auch Parameter, die die oben genannten Veränderungen der Arbeitsbedingungen im positiven oder negativen Sinne beeinflussen. Dazu gehören beispielsweise die Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten der Beschäftigten auf die unterschiedlichen Dimensionen ihrer Arbeit, das Maß von Handlungsspielraum und Autonomie und die Erwartungen des Unternehmens hinsichtlich Erreichbarkeit und Antwortverhalten der Beschäftigten. Neben dem Grad der Autonomie können auch das Verhältnis von (zeitlichem und kognitivem) Aufwand und dem wahrgenommenen Ertrag (Gehalt, Wertschätzung) oder die soziale Unterstützung bei der Bewältigung der Arbeitsaufgabe eine Rolle spielen. Auch sie sollten mit erhoben werden.

Gestaltung der Arbeit im Umgang mit Arbeitsverdichtung

Möchte man Arbeitsplätze, die sich durch die Digitalisierung stark verändern, so gestalten, dass die Veränderung von den Beschäftigten nicht als Arbeitsverdichtung (und damit als steigende Beanspruchung) wahrgenommen wird, so sind (als „Basics“) zunächst alle gängigen Empfehlungen hinsichtlich der Prävention psychischer Belastungen am Arbeitsplatz zu beachten. Dazu zählen beispielsweise ein weitgehend ungestörter Arbeitsplatz mit der üblichen ergonomischen Ausstattung, eine Einarbeitung in neue Medien und Arbeitsverfahren, die Berücksichtigung individueller Stärken und Schwächen der Beschäftigten, klare Vorgaben hinsichtlich des erwarteten Arbeitsergebnisses und motivierende Führung (GDA-Psyche 2017).

Besonderes Augenmerk ist bei mobilen Arbeitsplätzen oder bei solchen im Homeoffice beziehungsweise in Telearbeit darüber hinaus darauf zu richten, die Erwartungen des Unternehmens hinsichtlich der Antwortgeschwindigkeit bei Telefonaten oder E-Mails, der Zeitspanne zwischen Anfang und Ende der täglichen Arbeit oder der Verrichtung von Arbeit auf Dienstreisen klar zu formulieren und auch die Grenzen zumutbarer Arbeit zu definieren. Nur durch eine Autonomie in derartigen Fragen ist eine verbesserte Work-Life-Balance möglich, die dann in der Lage sein kann, Belastungen durch veränderte Arbeitsverfahren abzupuffern (siehe Infokasten „Boundary Control“).

Auch wenn die wichtigsten Maßnahmen im Bereich der Verhältnisprävention liegen, ist die Verhaltensprävention nicht unbedeutend: So sollten – wenn möglich – Personen an solchen digitalisierten Arbeitsplätzen eingesetzt werden, die eine Integration von Berufs- und Privatleben positiv bewerten. Es gilt, im Rahmen der Fürsorgepflicht des Unternehmers bei diesen – oft hoch motivierten – Personen sicherzustellen, dass die Freiheit, die Arbeit weitgehend frei bestimmen zu können, nicht zu einer Übernahme der Perspektive des Unternehmers und damit zu unbezahlter Mehrarbeit und Selbstausbeutung führt.

Fazit

Es gibt unterschiedliche Auslegungen von Arbeitsintensität, Arbeitsintensivierung und Arbeitsverdichtung, woraus sich verschiedene Verknüpfungen zu weiteren Faktoren ergeben. Die weiteren Faktoren, beispielsweise neue Arbeitsformen oder Ressourcen wie Handlungsspielraum, haben einen Einfluss auf die Ausprägung der Arbeitsintensivierung beziehungsweise Arbeitsverdichtung. Demnach besteht die Herausforderung nicht nur darin, die Arbeitsverdichtung zu messen, sondern möglichst auch die Ausprägung der weiteren Faktoren, um deren Auswirkung auf die Arbeitsverdichtung abschätzen zu können.

Unabhängig davon lassen sich bereits Gestaltungsempfehlungen umsetzen, um der Arbeitsverdichtung und ihren negativen Folgen entgegenzuwirken.

Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

Literatur

Ahlers E, Erol S: Arbeitsverdichtung in den Betrieben? Empirische Befunde aus der WSI-Betriebsrätebefragung. Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung, 2019.

Angerer P, Siegrist K, Gündel H: Psychosoziale Arbeitsbelastungen und Erkrankungsrisiken. In: Seiler K, Jansing P-J (Hrsg.): Erkrankungsrisiken durch arbeitsbedingte psychische Belastung. transfer 4. Düsseldorf: Landesinstitut für Arbeitsgestaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (LIA.nrw), 2014.

Karasek RA, Theorell T: Healthy work. Stress, productivity and the reconstruction of working life. New York: Basic Books, 1990.

Meyer S-C, Tisch A, Hünefeld L: Arbeitsintensivierung und Handlungsspielraum in digitalisierten Arbeitswelten – Herausforderung für das Wohlbefinden von Beschäftigten? Industrielle Beziehungen 2019; 2: 207–231.

Piszczek M: Boundary control and controlled boundaries: Organizational expectations for technology use at the work-family interface. Journal of Organizational Behavior 2016: 1–20.

Rau R, Göllner C: Rahmenmodell der Arbeitsintensität als objektiv bestehende Anforderung. Arbeit 2018; 27: 151–174.

Stab N, Jahn S, Schulz-Dadaczynski A: Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – Arbeitsintensität. Dortmund, Berlin, Dresden: BAuA, 2016.

Weitere Infos

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung: Neue Formen der Arbeit. Neue Formen der Prävention. Arbeitswelt 4.0: Chancen und Herausforderungen. Berlin: DGUV, 2016
https://publikationen.dguv.de/praevention/allgemeine-informationen/3112…

GDA Psyche: Psychische Arbeitsbelastung und Gesundheit. Berlin: Leitung des GDA-Arbeitsprogramms Psyche, c/o Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2017
https://www.gda-psyche.de/SharedDocs/Publikationen/DE/psychische-arbeit…

Institut DGB Index Gute Arbeit: Jahresbericht 2019 Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung zum DGB-Index Gute Arbeit, Schwerpunktthema Arbeitsintensität. Berlin: Institut DGB-Index Gute Arbeit, 2019
https://index-gute-arbeit.dgb.de/++co++92d758c4-1513-11ea-9a91-52540088…

Info

Arbeitsintensität wird oft auch als „job ­demand“, „workload“ oder „work overload“ bezeichnet; Arbeitsverdichtung auch als Arbeitsintensivierung, bei der die Entwicklung über die Zeit im Vordergrund steht.

Info

Folgen hoher Arbeitsintensität

Es gibt deutliche Hinweise auf negative Folgen einer hohen Arbeitsintensität: So fand die ­Metastudie der BAuA (Stab et al. 2016) ­positive Zusammenhänge mit emotionaler Erschöpfung, Ermüdung, Depression und Angst sowie mit psychosomatischen Beschwerden. Negative Zusammenhänge ergaben sich mit mentaler Gesundheit und Arbeitszufriedenheit. Die genannten Zusammenhänge beziehen sich auf die Arbeitsintensität als Zustand, nicht auf den Prozess der Arbeitsintensivierung. Gleichwohl kann eine Zunahme der genannten Beschwerden mit steigender Arbeitsintensität angenommen werden.

Info

Ambiente Technologien („Ambient Intelligence“) beinhalten die automatische Anpassung des Arbeitsplatzes an die Beschäftigten. Sie enthalten oft Funktionen, die die Beschäftigten bei Routinevorgängen ­unterstützen („Servofunktionen“).

Unter erweiterter Realität („Augmented Reality“) versteht man den durch virtuelle Daten erweiterten Blick auf reale Arbeitsobjekte.

Info

Bedeutung der „Boundary control“

Das Maß von Handlungsspielraum und Autonomie spielt – wie beschrieben – bei der Bewertung, wie beanspruchend ein Arbeitsplatz angesehen wird, eine große Rolle. Dies gilt für die Bewältigung der Durchdringung von Berufs- und Privatleben an voll digitalisierten
Arbeitsplätzen. Hier hat die so genannte „boundary control“ eine Bedeutung, die als “a perception that one ´can control the timing, frequency, and direction´ of mental, physical, and temporal transitions between the work and family domains and has been linked to lower psychological distress and work-family conflict” (Kossek et al. 2012 in Piszczek 2016) definiert wird. Piszczek betrachtet die Kontrolle der Grenze zwischen Privat- und Berufsleben (somit darüber, wann und in welchem Umfang dienstliche digitale Kommunikation außerhalb der üblichen Arbeitszeit stattfinden soll), als Schlüsselmechanismus, ob die Verbindung von privatem und dienstlichem Gebrauch digitaler Technologien eine Ressource oder eine Belastung darstellt.

Die Studie von Pisczek wies auch auf den Einfluss der Einstellung zur Integration beziehungsweise Trennung von Berufs- und Privatleben hin: Personen, die hier ein Interesse an einer Integration hatten, fühlten sich weniger beansprucht als Personen, die Privat- und Berufsleben gerne getrennt hätten.

Somit ist bei allen Befragungen, die auf die Erfassung einer wahrgenommenen Arbeitsverdichtung abzielen, auch die wahrgenommene Kontrolle der Beschäftigten über die unterschiedlichen Aspekte ihrer flexibilisierten und digitalisierten Arbeit mit zu erheben.

Kontakt

Dr. phil. nat. Torsten Kunz
Präventionsleiter der ­Unfallkasse Hessen; Leonardo-da-Vinci Allee 20; 60486 Frankfurt am Main

Foto: D. Buschardt

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