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Chancen (und Herausforderungen) von Modellvorhaben der Deutschen Rentenversicherung Nord im Rahmen des Bundesförderprogramms rehapro

Innovative Ideen zur Sicherung beruflicher Teilhabe

Bild: BMAS

Die Reha-Strategie der DRV Nord

Die Deutsche Rentenversicherung Nord (DRV Nord) ist als Regionalträgerin für Rehabilitationsleistungen der Versicherten in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein zuständig. Um Versicherte im gesellschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Wandel adäquat und bedarfsorientiert bei der beruflichen Teilhabe unterstützen zu können, spielt die Weiterentwicklung, Verbesserung und Bewertung der Rehabilitationsangebote eine bedeutende Rolle für die DRV Nord. So hat sie beispielsweise in Unterstützung durch die Universität Lübeck ein Strategiekonzept entwickelt, um Handlungsbedarfe für die Weiterentwicklung der Rehabilitation zu identifizieren. Weiterhin beteiligt sie sich im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten an eigens initiierten Modellprojekten zur Entwicklung und Erprobung neuer Angebote, wie dem Fallmanagement nach medizinischer Rehabilitation (Deutsche Rentenversicherung Nord 2021a) oder der Nachsorge für Kinder- und Jugendliche mit Adipositas nach medizinischer Rehabilitation (Deutsche Rentenversicherung Nord 2021b).

Das Förderprogramm rehapro

Das Förderprogramm „Innovative Wege zur Teilhabe am Arbeitsleben – rehapro“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) bietet die Möglichkeit, innovative, auf der bisherigen Gesetzesgrundlage noch nicht durchführbare Ansätze zur Stärkung der Rehabilitation zu erproben. Übergeordnetes Ziel ist es, die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen nachhaltig zu verbessern und somit Zugänge in die Erwerbsminderungsrente und die Eingliederungshilfe beziehungsweise Sozialhilfe zu senken. Als im Frühjahr 2018 die Förderrichtlinie im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, begann auch bei der DRV Nord die Planung von passenden sowie innovativen Modellvorhaben, und es wurde intern sowie extern nach Gesprächs- und Kooperationspartnern gesucht. Antragsberechtigt für eine Förderung sind bundesweit die Jobcenter und Rentenversicherungsträger. Derzeit werden in der ersten Förderwelle 54 rehapro-Modellvorhaben gefördert. Davon führt die DRV Nord drei Modellvorhaben als antragsberechtigte Institution durch und kooperiert in weiteren Modellvorhaben. Worum es bei diesen drei Modellvorhaben geht und welche Ziele damit verfolgt werden, soll im vorliegenden Text nachgegangen werden. Eines der Modellvorhaben wird zudem ausführlicher thematisiert.

Die rehapro-Modellvorhaben der DRV Nord

AktiFAME – Aktive Ansprache

Zu den in der Reha-Strategie der DRV Nord identifizierten Handlungsfeldern gehört unter anderem die aktive Ansprache
von Versicherten, um rechtzeitig die richtige Unterstützung anbieten zu können. Es gilt der Grundsatz „Reha vor Rente“. Jedoch ist bekannt, dass rund 70 % der Versicherten der DRV Nord, die eine Erwerbsminderungsrente bewilligt bekommen, in den drei Jahren zuvor die Möglichkeit, über eine medizinische Rehabilitation den Gesundheitszustand zu verbessern, nicht in Anspruch genommen haben. Hier setzt das Modellvorhaben AktiFAME an. AktiFAME steht für „Aktiver Zugang, Beratung und Fallmanagement bei Versicherten mit hohem Risiko einer Erwerbsminderung“. Mittels eines statistischen Risikoindex werden Versicherte identifiziert, die ein hohes Risiko für einen vorzeitigen Erwerbsaustritt aufweisen (Bethge et al. 2021). Diese Personen werden von der DRV Nord angeschrieben und erhalten die Möglichkeit, an einem individuellen und umfangreichen Fallmanagement im Rahmen von AktiFAME teilzunehmen. Dazu melden sich die angeschriebenen Personen direkt bei den beteiligten externen Anbietern des Fallmanagements. Mittels eines Fragebogens werden medizinische Voraussetzungen der Interessenten durch ärztliches Fachpersonal der DRV Nord überprüft. Sind die Voraussetzungen gegeben, kann das Fallmanagement ohne weitere Beantragung dieser Maßnahme beginnen. Bislang war ein Fallmanagement über die DRV Nord nur als nachgehende Maßnahme nach einer medizinischen Rehabilitation möglich. Durch dieses früher ansetzende Fallmanagement können frühzeitig Unterstützungsmöglichkeiten angeboten werden. Ziele des Fallmanagements sind die Sicherung der beruflichen und gesellschaftlichen Teilhabe sowie die Information über Teilhabeleistungen und die Verbesserung von deren Inanspruchnahme. Das Modellvorhaben startete Anfang 2020 und endet im Dezember 2024. Rund 245 Personen in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein sollen in diesem Zeitraum ein frühzeitiges Fallmanagement erhalten. In diesem Modellvorhaben kooperieren die Universität Lübeck, die die wissenschaftliche Evaluation und die Entwicklung der Maßnahme begleitet, sowie die Brücke Schleswig-Holstein gGmbH und das Berufsförderungswerk Stralsund GmbH, die das Fallmanagement durchführen.

IPS-ZIB – Individuelle Unterstützung

IPS-ZIB steht für „Individual Placement and Support-Coaching – Zurück ins Berufsleben“. In diesem Modellvorhaben sollen Personen mit psychischen Erkrankungen bereits während der psychiatrischen Akutbehandlung angesprochen und später durch einen Job-Coach zurück ins Berufsleben begleitet werden. Innovativ dabei ist, die Personen zügig auf einen Arbeitsplatz zu vermitteln und sie dort langfristig zu unterstützen, statt – wie bisher üblich – erst die Beratung und Qualifizierung durchzuführen und dann einen Arbeitsplatz zu vermitteln. Zudem enden Unterstützungsangebote bislang meist mit dem Erlangen eines Arbeitsplatzes. Das IPS-Coaching ist langfristig angelegt – im Fall des Modellvorhabens bis zu zwei Jahre –, um die Tätigkeit durch Unterstützung bei auftretenden Problemen nachhaltig zu sichern. Insgesamt sollen etwa 75 Personen in Mecklenburg-Vorpommern an einem IPS-Coaching teilnehmen. Zugleich werden durch das Modellvorhaben Netzwerke von regionalen Unternehmen aufgebaut und analysiert. Beteiligt am Modellvorhaben sind das Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und der Landesverband für Sozialpsychiatrie in Mecklenburg-Vorpommern e.V., die die Maßnahme maßgeblich entwickeln, sowie das Berufsförderungswerk Stralsund GmbH, das die Job-Coaches stellt. Die Deutsche Rentenversicherung Westfalen führt das Projekt analog in der Region Bielefeld mit ebenfalls 75 Teilnehmenden durch.

GIBI – Ganzheitliche Betrachtung

GIBI steht für „Ganzheitliche Klärung des Interventionsbedarfs bei gefährdeter Beruflicher Integration“. Es handelt sich um ein Modellvorhaben, das die Einbindung von Betriebs- und Werksärztinnen und -ärzten als zentrales Element beinhaltet und soll daher an dieser Stelle ausführlicher beschrieben werden.

Rehabilitation soll dazu beitragen, die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen nachhaltig zu verbessern und somit Zugänge in die Erwerbsminderungsrente und die Eingliederungshilfe beziehungsweise Sozialhilfe zu senken

Foto: contrastwerkstatt / Fotolia

Rehabilitation soll dazu beitragen, die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen nachhaltig zu verbessern und somit Zugänge in die Erwerbsminderungsrente und die Eingliederungshilfe beziehungsweise Sozialhilfe zu senken

Hintergrund des Modellvorhabens

Ausgangspunkt des Projekts war die Überlegung, dass bei Beschäftigten mit gefährdeter beruflicher Integration oft vielschichtige Problemlagen vorliegen, auch wenn in der Kommunikation mit betriebsinternen Personen oft zunächst rein körperliche Beschwerden benannt werden. Eine ganzheitliche Betrachtung ist erforderlich, um die gesundheitliche Problematik zu verstehen und um individuelle Lösungsansätze zu finden. In Betrieben ist eine solche ganzheitliche Diagnostik allerdings schwer umzusetzen, wogegen in Rehabilitationseinrichtungen das multiprofessionelle Team vorhanden ist, um eine intensive ganzheitliche Untersuchung durchzuführen. Kenntnisse über die individuellen Gegebenheiten und Anpassungsmöglichkeiten des konkreten Arbeitsplatzes sind jedoch bei den Betriebsärztinnen und -ärzten beziehungsweise beim Fachpersonal des Betriebs vorhanden. Durch das Modellvorhaben GIBI sollen diese beiden Kompetenzen – betriebsärztliche und rehabilitative Expertise – miteinander verbunden werden. In einem vorangegangenen Projekt, „GABI – Grundfos-Aukrug zur Erhaltung der Beruflichen Integration“, wurde eine ähnliche Zusammenarbeit zwischen einem Betrieb und der Fachklinik Aukrug erfolgreich erprobt (Specht et al. 2015). In dem Modellvorhaben GIBI sollen nun in drei Modellregionen Netzwerke zwischen Rehabilitationseinrichtungen und mehreren Betrieben entstehen und der Einfluss der Maßnahme auf die Arbeitsfähigkeit mit etwa 240 Teilnehmenden wissenschaftlich evaluiert werden. Übergeordnetes Ziel ist die langfristige und nachhaltige Sicherung beruflicher Teilhabe der Teilnehmenden. Das Modellvorhaben GIBI ist im Januar 2020 gestartet und endet im Dezember 2024.

Beteiligte und Zielgruppe

Drei Rehabilitationseinrichtungen sind an dem Modellvorhaben beteiligt: die Fachklinik Aukrug für die Region Schleswig-Holstein, das RehaCentrum Hamburg für die Region Hamburg und das Zentrum für ambulante Rehabilitation Rostock für die Region Mecklenburg-Vorpommern. Alle beteiligten Rehabilitationseinrichtungen decken sowohl somatische als auch psychosomatische Indikationsgebiete ab. In jeder der drei Einrichtungen ist eine Koordinatorin tätig, die ein Netzwerk zu umliegenden Betrieben aufbaut und die Durchführung der wissenschaftlichen Studie in den Einrichtungen koordiniert. Liegt Interesse seitens der Betriebe vor, werden die Betriebsärztinnen und -ärzte zur Durchführung der Maßnahme informiert und geschult. Im Betrieb werden dann potenzielle Teilnehmende identifiziert. Bei der Zielgruppe für das Modellvorhaben handelt es sich um Beschäftigte der kooperierenden Betriebe, bei denen es erste Hinweise darauf gibt, dass eine gesundheitliche Problemlage vorliegt und dass Leistungsfähigkeit und Anforderungen des Arbeitsplatzes auseinanderdriften, ohne dass der genaue Grund dafür klar ist. Hinweise können Arbeitsunfähigkeitszeiten sein oder dass Betriebsärztinnen und -ärzte, Führungskräfte oder Beschäftigte selbst sich Sorgen machen, dass der langfristige Verbleib im Betrieb aus gesundheitlichen Gründen gefährdet sein könnte.

Beschreibung der Maßnahme

In ➥ Abb. 1 ist ein Überblick über die Bausteine der Maßnahme abgebildet. Nach erfolgreicher Identifikation und vorliegendem Interesse wird zunächst ein Erstgespräch zwischen Betriebsärztin/-arzt und den identifizierten Teilnehmenden geführt. In diesem Gespräch wird sowohl eine Bedarfsanalyse durchgeführt als auch eine genaue Tätigkeitsbeschreibung erstellt. Mit diesen Unterlagen begeben sich die Teilnehmenden zu einem zweitägigen ganzheitlichen Assessment in eine der drei Rehabilitationseinrichtungen. Dort wird unter Beteiligung des interdisziplinären Teams ein intensives Assessment durchgeführt, das als ein Kernelement einen Abgleich der aktuellen Leistungsfähigkeit des Teilnehmenden mit dem Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes beinhaltet. Zudem werden erste Lösungsansätze erarbeitet, wie den identifizierten gesundheitlichen Problemen begegnet werden kann. Zurück im Betrieb werden in vier Nachsorgegesprächen mit den Betriebsärztinnen oder -ärzten die Ergebnisse des Assessments zeitnah besprochen sowie die Umsetzung der Lösungsansätze über einen Zeitraum von maximal sechs Monaten begleitet.

Abb. 1:  Bausteine der Maßnahme im Modellvorhaben GIBI (Quelle: DRV Nord)

Abb. 1: Bausteine der Maßnahme im Modellvorhaben GIBI (Quelle: DRV Nord)

Die wissenschaftliche Begleitung

Das Modellvorhaben GIBI wird unter der Leitung von Prof. Matthias Bethge, Leiter der Sektion Arbeit und Rehabilitation am Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der Universität Lübeck, wissenschaftlich begleitet. Die Studie, die die Entwicklung und Implementierung des Modellvorhabens begleitet, wird als beobachtende Mixed-Methods-Studie durchgeführt. Insgesamt nehmen in der Erprobungsphase 30 Personen teil. Mittels Fragebogen werden Daten zur Beschreibung der Teilnehmenden und zu Durchführung des ganzheitlichen Teilhabe-Assessments erfasst. Auch soll beschrieben werden, welche Veränderungen von Gesundheit und Teilhabe für die Teilnehmenden beobachtet werden können. Außerdem werden vertiefende Interviews mit Teilnehmenden und beteiligten Betriebsärztinnen und -ärzten sowie Fokusgruppen mit den beteiligten Personen in den Rehabilitationseinrichtungen durchgeführt.

Zur Bewertung der Wirksamkeit des neuen Versorgungsangebots wird nach erfolgreicher Erprobung eine randomisierte kontrollierte Studie mit Wartekontrollgruppe durchgeführt. Die randomisierte Zuordnung zu Interventions- und Kontrollgruppe gewährleistet, dass mögliche Unterschiede bei der Nachbefragung kausal auf die Intervention zurückgeführt werden können. Insgesamt sollen 240 Personen an der Intervention und der randomisierten kontrollierten Studie teilnehmen. Für die vergleichende Prüfung der Wirksamkeit der Intervention werden Fragebogendaten zu zwei Erhebungszeitpunkten erhoben. Die Erstbefragung findet zum Studieneinschluss statt; die Nachbefragung erfolgt sechs Monate nach der Erstbefragung. Die primäre Zielgröße in den Analysen ist der Work Ability Score (Ilmarinen 2007), der die derzeitige selbsteingeschätzte Arbeitsfähigkeit im Vergleich zur besten je erreichten Arbeitsfähigkeit erfasst. Sekundäre Zielgrößen sind weitere Instrumente zu körperlicher und psychischer Gesundheit sowie beruflicher Teilhabe (z. B. Arbeitsunfähigkeitstage).

Aktueller Stand von GIBI

Das Modellvorhaben startete im Januar 2020 mit einer einjährigen Vorbereitungsphase. In enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Rehabilitationseinrichtungen und unter Einbezug betriebsärztlicher Expertise wurden die Vorgehensweise abgesprochen sowie die Materialien zur Durchführung der Maßnahme entwickelt. Acht Betriebärztinnen und -ärzte konnten zur Durchführung von GIBI geschult werden. Eine besondere Herausforderung war die COVID-19-Pandemie, die ab Frühjahr 2020 die Realisierung des Modellvorhabens beeinflusste. So konnten die geplanten Workshops zur Entwicklung der Maßnahme mit wenigen Ausnahmen ausschließlich online stattfinden. Auch die Schulung der Betriebsärztinnen und -ärzte wurde, anders als ursprünglich geplant, online durchgeführt. Dank der professionellen organisatorischen Durchführung der Online-Veranstaltungen durch das Team der Universität Lübeck konnten trotzdem gute Arbeitsergebnisse erzielt werden. Es entstand zudem der positive Effekt, dass durch die nun „normal“ gewordene Arbeitsweise per Videokonferenz regelmäßigere Projekttreffen stattfinden konnten als es in Präsenz möglich gewesen wäre. So konnten beispielsweise regelmäßige Projekttreffen zwischen den Mitarbeitenden der Universität Lübeck, der DRV Nord sowie der Reha-Einrichtungen per Videokonferenz etabliert werden. Auch für die Betriebsärztinnen und -ärzte entfielen durch die Online-Schulungen lange Anfahrtszeiten. Nachteile ergaben sich jedoch bezogen auf die Netzwerkarbeit der Koordinatorinnen. So konnten vor Ort Besuche in Betrieben zur Vorstellung des Vorhabens fast gar nicht stattfinden. Auch lehnten einige Betriebe die Teilnahme an GIBI (vorerst) ab, da die für die Betriebe zuständigen Betriebsärztinnen und-ärzte mit der Einbindung in die Impfstrategie gegen COVID-19 teilweise komplett ausgelastet waren. Unabhängig von der Corona-Pandemie gestaltete sich die Gewinnung von Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern schwieriger, da hier eine geringere betriebsärztliche Versorgungsdichte ein Hindernisgrund zu sein scheint. So muss während der Erprobungsphase gegebenenfalls geprüft werden, ob weiteres Personal aus den Betrieben, beispielsweise aus dem betrieblichen Gesundheitsmanagement oder Beauftragte des betrieblichen Eingliederungsmanagements stärker einbezogen werden können.

Anfang 2021 ist das Projekt in die einjährige Erprobungsphase gestartet. Ziel ist es, das Modellvorhaben an einer kleinen Fallzahl zu erproben und anschließend die Prozesse und die Maßnahme final abzustimmen. Bislang wurde mit 13 Personen ein Erstgespräch durchgeführt. Acht Personen (Stand Ende August 2021) haben das zweitägige ganzheitliche Assessment in einer der Rehabilitationseinrichtungen durchlaufen und befinden sich aktuell in der betriebsärztlichen Nachbetreuung. Im Jahr 2022 wird die oben beschriebene Hauptstudie des Modellvorhabens mit Wartekontrollgruppendesign beginnen. Neben der Wirksamkeitsanalyse nimmt das Modellvorhaben GIBI auch an der Programmevaluation rehapro teil (siehe Beitrag Brussig in dieser Ausgabe). Bei positiver Evaluation besteht die Möglichkeit, das ganzheitliche Teilhabe-Assessment als Regelleistung der Deutschen Rentenversicherung für Beschäftigte mit gefährdeter beruflicher Integration zu etablieren.

Tabelle 1:  Beispielplan ganzheitliches Teilhabe-Assessment Modellvorhaben GIBI

Tabelle 1: Beispielplan ganzheitliches Teilhabe-Assessment Modellvorhaben GIBI

Ausblick

Neben den drei genannten Modellvorhaben ist die DRV Nord zudem Kooperationspartnerin an vier weiteren Modellvorhaben anderer Rentenversicherungsträger oder Jobcenter in der ersten Förderwelle. Bezüglich der zweiten Förderwelle ist die DRV Nord an einem weiteren vielversprechenden Modellvorhaben „AmPuls – Programm zur Unterstützung der beruflichen Wiedereingliederung nach kardiologischer Anschlussrehabilitation“ der DRV Berlin Brandenburg beteiligt. Hier sollen Rehabilitierende mit einer kardiologischen Indikation und einer besonderen beruflichen Problemlage durch eine telefonische Nachsorge und eine optionale zusätzliche einwöchige medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation unterstützt werden.

Die skizzierten Aktivitäten zeigen, dass das Förderprogramm rehapro von der DRV Nord als sehr positive Chance wahrgenommen wurde, viele unterschiedliche Ansätze zur Verbesserung der rehabilitativen Versorgung ihrer Versicherter zu erproben. Eine Herausforderung der nächsten Jahre wird es sein, die in den Modellvorhaben definierten Fallzahlen und Ziele trotz der andauernden COVID-19-Pandemie zu erreichen. Auch bei der Diskussion der Ergebnisse müssen mögliche pandemiebedingte Auswirkungen miteingeschlossen werden. Wie in der Beschreibung des Modellvorhabens GIBI deutlich wurde, zeichnen sich sowohl negative, aber auch einige positive pandemiebedingte Begleiterscheinungen und deren Auswirkungen auf die Arbeitswelt und Versorgungslandschaft ab.

Die wissenschaftlichen Begleitstudien sowie die Programmevaluation werden die Modellvorhaben auf ihre Wirksamkeit beziehungsweise übergeordneten gewinnbringenden Ansätze hin untersuchen. Eine weitere Herausforderung wird es dann sein, die Erkenntnisse auch aus den Modellvorhaben der anderen Rentenversicherungsträger und Jobcenter zu bündeln und vielversprechende Ansätze zu identifizieren, die in die Regelversorgung umgesetzt werden sollten. Im Sinne der Versicherten und der förderpolitischen Ziele von rehapro ist es wichtig, dass aus den einzelnen Modellvorhaben Angebote in der Regelversorgung entstehen, die die Versorgungslandschaft nicht verkomplizieren, sondern bedarfsgerechte Angebote schaffen und Versorgungshindernisse abbauen.

Interessenkonflikt: Die Autorin und ihr Koautor geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

Literatur

Bethge M et al.: Using administrative data to assess the risk of permanent work disability: a cohort study.
J Occup Rehabil 2021; 31: 376–382.

Deutsche Rentenversicherung Nord: Fallmanagement nach einer medizinischen Rehabilitation: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/Nord/DE/Services/Fallmanagem…

Deutsche Rentenversicherung Nord: Nachsorge bei Kindern und Jugendlichen mit Adipositas: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Experten/Traeger/Nord…

Ilmarinen J: The Work Ability Index (WAI). Occup Med 2007; 57: 160.

Specht T et al.: „Um den mache ich mir Sorgen“ – Erfolgreiches Kooperationsprojekt „Grundfos-Aukrug zur Erhaltung der Beruflichen Integration“ (GABI). Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2015; 31: 37–43.

Weitere Infos

Informationen zum Förderprogramm rehapro
www.modellvorhaben-rehapro.de

Link zur Förderrichtlinie rehapro
https://www.modellvorhaben-rehapro.de/SharedDocs/Downloads/DE/Bundespro…

Projekthomepage des Modell­vorhabens AktiFAME
www.aktifame.de

Projekthomepage des Modell­vorhabens GIBI
www.gibi-rehapro.de

Kernaussagen

  • Um die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen nachhaltig zu verbessern, werden im Förderprogramm „Innovative Wege zur Teilhabe am Arbeitsleben – rehapro“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales innovative Modellvorhaben erprobt.
  • Die Deutsche Rentenversicherung Nord führt aktuell drei Modellvorhaben durch, die Unterstützungsbedarfe aktiv ansprechen, individuell unterstützen und ganzheitlich erfassen.
  • Die Modellvorhaben werden wissenschaftlich evaluiert, um wirksame und bedarfsgerechte Angebote für die Regelversorgung zu entwickeln.
  • Koautor

    An der Erstellung des Beitrags beteiligt war David Fauser, M.A., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Universität Lübeck, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie.

    Kontakt

    Vera Kleineke, MPH
    Umsetzungsberaterin rehapro; Deutsche Rentenversicherung Nord; Ziegelstraße 150; 23556 Lübeck

    Foto: privat

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