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Behördliche Gesundheitsförderung

Aktives Büro im Hessischen Ministerium der Finanzen

Vorstellung der Behörde

Das Ministerium ist am Standort Wiesbaden in zwei Gebäuden untergebracht: einem 1960 erbauten, unter Denkmalschutz stehenden Bestandsgebäude und einem im Jahr 2016 nach dem Standard des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (BNB) errichteten Erweiterungsbau. Insgesamt 360 Beschäftigte nehmen hier die politischen und administrativen Aufgaben eines Finanzministeriums wahr. Der Arbeitsalltag ist entsprechend der Aufgaben von überwiegend sitzenden Tätigkeiten geprägt – am Büroarbeitsplatz und in einer Vielzahl von Besprechungen.

Die Situation an den Büroarbeitsplätzen im Ministerium ist aus Sicht der Arbeitsergonomie sehr gut: In geräumigen Einzel- und Doppelbüros sind seit 2018 alle Arbeitsplätze mit höhenverstellbaren Schreibtischen ausgestattet. Jeder neue Beschäftigte wird durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit gemäß § 12 Arbeitsschutzgesetz über die Arbeit am Bildschirmarbeitsplatz unterwiesen. Die Ausstellung eines Ergonomie-Passes, in dem die individuellen ergonomischen Daten festgehalten werden, ergänzt die Unterweisung.

Gesundheitsmanagement im HMdF

Die Bedeutung des Gesundheitsmanagements im hessischen Finanzressort wächst seit seiner Einführung im Jahr 2004 stetig. Der konzeptionellen Arbeit liegt ein ganzheitlicher Ansatz aus Verhaltens- und Verhältnisprävention zugrunde. Im Fokus stehen die Handlungsfelder Gesundheitsförderung, Arbeitsplatzergonomie, Arbeitsorganisation/-bedingungen, betriebliches Wiedereingliederungsmanagement und Führungskultur. Oberstes Ziel ist die Förderung und die Erhaltung von Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten durch eine gesundheitsförderliche Ausgestaltung und Optimierung von Arbeitsplatz, Arbeitsbedingungen und Arbeitsorganisation.

Unter der neu eingeführten Dachmarke jobfit wird das Gesundheitsmanagement im Geschäftsbereich des Hessischen Ministers der Finanzen weiter optimiert und professionalisiert.

Die physische und psychische Gesund­erhaltung am Arbeitsplatz ist ein wichtiger Beitrag zur Personal- und Organisationsentwicklung. Eine zunehmende Digitalisierung sowie Flexibilisierung im schnelllebigen Zeitalter des „Arbeiten 4.0“ birgt – verbunden mit dem demografischen Wandel in der Finanzverwaltung – eine Vielzahl von möglichen Belastungen für die Gesundheit der Beschäftigten. Bewegungsmangel durch häufiges Sitzen am Büroarbeitsplatz oder die mentale Belastung durch ständige Erreichbarkeit, um zwei Beispiele zu nennen, sind ernstzunehmende Risikofaktoren für organische und psychische Erkrankungen sowie für Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems. Die Förderung von Aktivität am Arbeitsplatz sowie die Sensibilisierung für gesundheitsbewusstes Verhalten sind wichtige Teilziele im Bereich der Gesundheitsförderung für das Ministerium. Optimale ergonomische Bedingungen am Arbeitsplatz und die Bewegungsförderung nach dem ActiveOffice®-Konzept sind maßgeblich für die Realisierung dieser Teilziele.

Aktives Büro: von den klassischen Maßnahmen der Gesundheitsförderung zur ActiveOffice®-Arbeitswelt

Eine Vielzahl von Präventionsmaßnahmen sensibilisiert die Beschäftigten für gesundheitliche Themen und motiviert sie, Aktivität und Bewegung in ihren Arbeitsalltag zu integrieren und sich mit dem eigenen Gesundheitsverhalten auseinanderzusetzen.

Ein fortlaufendes wöchentliches Angebot an Präventionskursen (z. B. Rücken- und Pilateskurse) gibt den Beschäftigten die Möglichkeit, außerhalb der Arbeitszeit einen aktiven physischen und psychischen Ausgleich zur sitzenden Bürotätigkeit zu schaffen.

Weitere regelmäßige Präventionsangebote, wie Vorträge und Workshops zu gesundheitsrelevanten Themen – unter anderem „Bewegung“, „Augenentspannung“, „Resilienz“, „Stressmanagement“ – rufen dazu auf, sich mit dem Thema Gesundheit auseinanderzusetzen und das eigene Gesundheitsbewusstsein auch in Bezug auf das Bewegungsverhalten zu überdenken.

Seit 2012 werden in einem Turnus von zwei Jahren Gesundheitstage für alle Beschäftigten des Hauses durchgeführt. Das Programm dieser Aktionstage besteht aus Workshops, Vorträgen, Gesundheitsservices und Sportangeboten. Die Beschäftigten können das Angebot der Aktionstage kostenfrei während der Arbeitszeit wahrnehmen.

Darüber hinaus rücken jährliche Aktio­nen das Thema Bewegung sowie dessen gesundheitliche Bedeutung im beruflichen sowie privaten Alltag in den Fokus der Beschäftigten. 2019 fand beispielsweise unter dem Motto „In 60 Tagen um die Welt“ eine Schrittzähler-Challenge statt, bei der die Kolleginnen und Kollegen in Teams gegeneinander antraten und gemeinsam möglichst viele Schritte sammelten. Seit Februar 2020 gibt es in Kooperation mit einer Krankenkasse im Rahmen einer aufsuchenden behördlichen Gesundheitsförderung eine von physiotherapeutischen Fachkräften angeleitete „bewegte Pause“.

Als Erweiterung der klassischen Maßnahmen der Bewegungsförderung implementierte das Gesundheitsmanagement 2017 die aktive Bürowelt ActiveOffice®, auf der Grundlage des Konzepts eines Beratungsunternehmens für gesunde Arbeitswelten, der Eurocres Consulting GmbH.

In der gesundheitsförderlichen Active­Office®-Arbeitswelt werden verschiedene selbstanimierende Bewegungsangebote und Gesundheitsvorsorgemaßnahmen in den beruflichen Alltag und in bestehende Büroprozesse integriert. Die Konzeption und die
Standorte der Module animieren da­zu, aktiv zu werden und statische Arbeitsmuster zu durchbrechen. Die bewegte Active-Office®-Arbeits­welt findet sich in beiden Gebäuden des Finanzministeriums. Auf diese Weise wurde ein verbindendes Element zwischen dem als Kulturdenkmal geschützten Bestandsgebäude und dem 2016 fertiggestellten Erweiterungsgebäude geschaffen.

Als Standorte für die ActiveOffice®-Module wurden zum einen stark frequentierte Verkehrswege (z. B. zentrale Druckstationen, Flure) ausgewählt, um bei den Beschäftigten „im Vorbeigehen“ Mikroimpulse für unterschiedliche Aktivitäten (z. B. Sprung- und Streckbewegungen) hervorzurufen. So laden zwei an der Decke aufgehängte Würfelspiele und eine Deckenwelle aus unterschiedlich langen, herabhängenden Kettenfäden zur Berührung und damit zum Strecken ein (➥ Abb. 1). Dadurch wird die Wirbelsäule aufgerichtet und die Durchblutung und der Stoffwechsel in den oberen Extremitäten gefördert.

Weitere ActiveOffice®-Module, die sich auf den Verkehrswegen der Gebäude befinden, sind die Rollerparks. Dort stehen den Beschäftigten Roller zum Ausleihen zur Verfügung. Das „Rollern“ bietet eine alternative Bewegungsform zum Gehen mit einer anderen muskulären Beanspruchung und Körperspannung. Die Beschäftigten nutzen das Angebot besonders gerne, um sich schnell auf den langen Gängen des Bestandsgebäudes zu bewegen. Darüber hinaus gestalten Wandschlagpolster in den zentralen Druckstationen sowie zwei auf dem Boden markierte Hüpfkästchen und zwei Fingerharfen an der Wand den Arbeitsalltag im Hessischen Ministerium der Finanzen aktiver.

In den weniger einsehbaren Nebenbereichen der Gebäude (z. B. Treppenhäuser oder Gangenden) haben ActiveOffice®-Module Platz gefunden, an denen kurze Übungen durchgeführt werden können. Hierzu gehören Klimmzugstangen zum „Aushängen“
der Wirbelsäule oder zur Aktivierung der Armmuskulatur sowie Anleitungen zur Augenentspannung. Viele Beschäftigte nutzen die ActiveOffice®-Module nicht nur im Vorbeigehen, sondern suchen sie gezielt für einen kurzen Moment der Entspannung beziehungsweise Entlastung auf.

Zentrales Element und Herzstück des ActiveOffice®-Konzepts sind die acht so genannten ActiveOffice®-Points. Hier werden an zentralen Punkten im Haus (überwiegend in den zentralen Druckstationen) unterschiedliche ActiveOffice®-Elemente zum vorübergehenden Gebrauch im eigenen Büro angeboten. Aktivhocker, Aktiv-Stehsitze, Balanceboards und Aktiv-Stehmatten fördern das aktive Sitzen beziehungsweise aktive Stehen am Büroarbeitsplatz. Darüber hinaus beherbergen die ActiveOffice®-Points 1,5 kg schwere Medizinbälle, 4 kg schwere, mit Sand gefüllte Bälle sowie 8 kg schwere Bälle mit Griffen. Kleinere Bewegungs- und Kräftigungseinheiten mit dem Ball als kurze Arbeitsunterbrechung am Büroarbeitsplatz mobilisieren und stabilisieren den Rumpf und fördern die Aufrichtung der Wirbelsäule. Die ActiveOffice®-Elemente werden regelmäßig durch eine Vielzahl der Beschäftigten genutzt. Häufig vergriffen sind die Balanceboards und die Aktivhocker, die wegen der großen Nachfrage bereits kurze Zeit nach Implementierung des ActiveOffice®-Konzepts noch einmal nachbestellt wurden
(➥ Abb. 2).

Abb. 2:  ActiveOffice®-Point mit ActiveOffice®-Elementen zur Nutzung am Büroarbeitsplatz

Foto: Christine Beneke

Abb. 2: ActiveOffice®-Point mit ActiveOffice®-Elementen zur Nutzung am Büroarbeitsplatz

Neben der Integration von Aktiv-Elemen­ten in die Verkehrswege und Nebenbereiche im Finanzministerium und der Durchbrechung des starren Dauersitzens am Büro­arbeitsplatz hat die bewegte Arbeitswelt auch die Besprechungsbereiche in Richtung Bewegungsförderung verändert. Zwei täglich mehrfach genutzte Besprechungsplätze wurden mit teilweise ins Mobiliar integrierten ActiveOffice®-Modulen ausgestattet und animieren die Besprechungsteilnehmerinnen und -teilnehmer zu mehr Aktivität. Für kurze Besprechungen wurde eine Besprechungsecke mit einem hohen Besprechungstisch und Aktiv-Stehsitzen ausgestattet. Ein weicher Aktiv-Stehboden aktiviert neben der Bein- und Rumpfmuskulatur auch den Gleichgewichtssinn. Außerdem steht seit der Implementierung des ActiveOffice®-Konzepts ein Sitzungsraum mit Tischpodest und hohen Bürostühlen zur Verfügung. Während längerer Sitzungen eröffnet dieser die Möglichkeit zu einer Vielzahl an Positionswechseln: Die an den Besprechungen teilnehmenden Personen können auf den Hochstühlen sitzen, aber genauso auch am Tisch oder angelehnt an einem der im Raum angebrachten Wandpolster stehen (➥ Abb. 3).

Für die Beschäftigten entsteht bei der Nutzung kein zeitlicher oder räumlicher Mehraufwand. Durch aktives Sitzen, aktives Stehen und unterschiedliche Bewegungsformen wird die Muskelaktivität während der Arbeit erhöht. Hierdurch ergeben sich unter anderem positive Auswirkungen auf das Muskel-Skelett- und das Herz-Kreislauf-System. Die durch die Büroarbeit ausgelösten Rückenleiden, Muskelverspannungen sowie die körperliche Ermüdung werden verringert. Stattdessen steigt die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. Dies fördert das Wohlbefinden. Die Nutzung der Bewegungsanimationen nach ActiveOffice® erfolgt selbstbestimmt. Die freiwillige Teilhabe an ActiveOffice® ist essentiell für den Erfolg des Projekts; kein Beschäftigter wird zur Nutzung der Module gezwungen.

Begleitet wurde die Implementierung des ActiveOffice®-Konzepts durch Change-Management-Maßnahmen mit den folgenden Zielen:

  • Einbindung der Beschäftigten in den Implementierungsprozess,
  • Wissensvermittlung im Hinblick auf den gesundheitsförderlichen Nutzen des ActiveOffice®-Konzepts,
  • Schaffung von Akzeptanz für das ActiveOffice®-Konzept als Bestandteil des beruflichen Alltags.
  • So wurden die Beschäftigten beispielsweise im Vorfeld der Implementierung an der Auswahl von Art und Standorten der ActiveOffice®-Module beteiligt. Zur Vermittlung der gesundheitlichen Hintergründe wurde eine Broschüre mit Abbildungen erstellt, in der die Funktionsweise, aber auch der gesundheitliche Nutzen der einzelnen ActiveOffice®-Module erläutert werden (z. B. Würfelspiel – Übungsformen: Schlagen, Zielen, Springen; Gesundheitsförderung: Streckung der Wirbelsäule, Lockerung der Arm- und Schultermuskula­tur, stoffwechselfördernd, Stress- und Frustrationsabbau). Darüber hinaus wurde der ActiveOffice®-Point den einzelnen Arbeitsbereichen in einer Referatswoche vorgestellt und der gesundheitsförderliche Hintergrund erläutert.

    Fazit

    Drei Jahre nach Implementierung hat sich die ActiveOffice®-Arbeitswelt fest im Arbeitsalltag der Beschäftigten etabliert. Ein Arbeitstag ohne „Rollern“ im Bestandsgebäude, ohne aktives Stehen auf dem Balanceboard im Büro oder ein Gang über den Ministerflur ohne ein Strecken nach der Deckenwelle sind nicht mehr vorstellbar.

    Das ActiveOffice®-Konzept bietet neue Ansätze, dem Bewegungsmangel im Büroalltag entgegenzuwirken und damit physischen und psychischen Krankheitsbildern vorzubeugen. Die Implementierung von ActiveOffice® im hessischen Ministerium der Finanzen hat das Bewusstsein für die positiven Auswirkungen von regelmäßiger Bewegung auf die Gesundheit nochmals geschärft. Gleichzeitig wurden Möglichkeiten geschaffen, die Arbeitswelt ohne zusätzlichen Zeitaufwand aktiver und gesundheitsfördernder zu gestalten.

    Neue Beschäftigte werden durch das Gesundheitsmanagement in die ActiveOffice®-Arbeitswelt eingeführt. Hierbei lernen sie im Rahmen eines Rundgangs das Konzept und die Module der bewegten Arbeitswelt kennen.

    Aufgrund des sehr guten Erfolgs von ActiveOffice® und der großen Bedeutung von Aktivität für Gesundheit und Wohlbefinden setzt das Finanzministerium 2020 noch zwei weitere Meilensteine auf dem Weg zur aktiven Bürowelt. Bereits im Juni wurden im Außenbereich zwei weitere Stehbesprechungsmöglichkeiten etabliert, die seit der Einrichtung viel und gerne genutzt werden. Weiterhin wurden die Treppenhäuser im September dauerhaft „aktiviert“: Motivierende Botschaften auf den Treppenstufen, an den Aufzugstüren und den Türen der Treppenhäuser sollen die Beschäftigten zur Treppennutzung animieren.

    Mit der Implementierung des Active­Office®-Konzepts hat das Finanzministerium erfolgreich einen wichtigen Wegweiser in Richtung einer modernen, motivierenden, gesunden und aktiven Landesverwaltung gesetzt, verbunden mit dem unmissverständlichen Statement: Wir bewegen uns!

    Interessenkonflikt: Das Autorenteam gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

    Abb. 3:  ActiveOffice®-Besprechungsraum im Erweiterungsbau mit ­verschiedenen Steh- und Sitzmöglichkeiten

    Foto: Christine Beneke

    Abb. 3: ActiveOffice®-Besprechungsraum im Erweiterungsbau mit ­verschiedenen Steh- und Sitzmöglichkeiten

    Koautorin

    An der Erstellung des Beitrags beteiligt war Frau Stephanie Klatt, jobfit-Ansprechpartnerin, Hessisches Ministerium der ­Finanzen, Wiesbaden.

    Kontakt

    Michael Hohmann
    Zentralabteilungsleiter Hessisches Ministerium der Finanzen; Friedrich-Ebert-Allee 8, 65185 Wiesbaden

    Bild: Hessisches Ministerium der Finanzen

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