Das PDF dient ausschließlich dem persönlichen Gebrauch! - Weitergehende Rechte bitte anfragen unter: nutzungsrechte@asu-arbeitsmedizin.com.
Interview mit dem Preisträger Christian Kersch
Die Redaktion hat daher beschlossen, den Posterpreisträgerinnen und -trägern unserer einschlägigen Fachkongresse anzubieten, ihr Thema im Praxisteil der ASU noch einmal einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
In der dritten Folge geht es um die Frage, inwiefern eine kombinierte Exposition gegenüber Benzo[a]pyren (B[a]P) als Vertreter der PAK und UV-Strahlung die metabolische Antwort humaner Monozyten (U937) beeinflusst.
Das Poster belegte den 2. Platz bei der Posterprämierung im Rahmen
der 65. Wissenschaftlichen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin 2025 in Wuppertal.
Part 3: Glutamine metabolism as a key regulator in the cellular response to combined B[a]P and UV exposure in monocytes
The exposure of the skin to environmental influences such as polycyclic aromatic hydrocarbons (PAHs) and ultraviolet radiation (UV radiation) is a relevant topic in the occupational health context, especially for occupational groups with increased exposure. Both factors can induce oxidative stress in the skin. The award-winning study addresses the question of how combined exposure to benzo[a]pyrene (B[a]P), a representative of the PAH, and UV radiation influences the metabolic response of human monocytes (U937). This cell line serves as a model for the dermal immune system to investigate potential synergistic effects on skin health beyond known co-carcinogenicity
Folge 3: Glutaminstoffwechsel als Schlüsselregulator in der zellulären Reaktion auf kombinierte B[a]P- und UV-Exposition in Monozyten
Die Belastung der Haut durch Umwelteinflüsse wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und ultraviolette Strahlung (UV-Strahlung) ist ein relevantes Thema im arbeitsmedizinischen Kontext, insbesondere für Berufsgruppen mit erhöhter Exposition. Beide Faktoren können oxidativen Stress in der Haut induzieren. Die prämierte Studie widmet sich der Frage, inwiefern eine kombinierte Exposition gegenüber Benzo[a]pyren (B[a]P),, als Vertreter der PAK und UV-Strahlung die metabolische Antwort humaner Monozyten (U937) beeinflusst. Diese Zelllinie dient dabei als Modell für das dermale Immunsystem, um potenzielle synergistische Effekte auf die Hautgesundheit zu untersuchen, die über die bekannte Ko-Karzinogenität hinausgehen.
ASU: Warum haben sie humane Monozyten für ihre Studie ausgewählt?
CK: Ein zentrales Interesse dieser Studie galt dem Vergleich der kombinierten Exposition gegenüber Benzo[a]pyren (B[a]P) und UV-Strahlung mit ihren jeweiligen Einzelwirkungen. Unser Fokus lag insbesondere auf der möglichen immunmodulierenden Aktivität dieser Expositionen. Da sowohl B[a]P – welches beispielsweise die Hautbarriere beeinträchtigen und eine immunsuppressive Tumormikroumgebung etablieren kann – als auch UV-Strahlung bekanntermaßen immunmodulierende Eigenschaften besitzen, ist das Verständnis ihrer potenziellen synergistischen Effekte, insbesondere auf Immunzellen wie Monozyten, von großer Bedeutung und bislang unzureichend erforscht.
ASU: Sie haben einen metabolomischen Ansatz gewählt. Was ist das Besondere an diesem Ansatz?
CK: Das Metabolom einer Zelle ist der entscheidende Faktor für ihren funktionellen Zustand. Mittels eines „untargeted“ metabolomischen Ansatzes haben wir das gesamte Spektrum zellulärer Metabolite analysiert, um die spezifischen Veränderungen im Stoffwechselprofil unter Einzel- und kombinierter Exposition gegenüber B[a]P und UV-Strahlung zu detektieren. Dieser Ansatz ermöglicht es uns, Unterschiede im gesamten zellulären Metabolom zu identifizieren, wodurch Regulationen im Stoffwechsel aufgedeckt werden können, die in einem gezielten Ansatz möglicherweise unentdeckt bleiben. Die Integration dieser „untargeted“ Metabolomanalyse mit toxikologischen Assays erlaubt uns, ein ganzheitliches Bild der zellulären Antwort auf die verschiedenen Expositionsbedingungen zu erhalten und so neue Einblicke in die komplexen, bisher wenig verstandenen Stoffwechselveränderungen in Immunzellen zu gewinnen. Diese Veränderungen werden anschließend mit den beobachteten zellulären Effekten korreliert.
ASU: Was haben Sie herausgefunden?
CK: Eines unserer Schlüsselergebnisse ist, dass die kombinierte Exposition gegenüber der höchsten von uns getesteten B[a]P-Konzentration und UV-Strahlung zu einer signifikanten Störung des zellulären Stoffwechsels führt. Erstaunlicherweise haben wir diesen Effekt bei alleiniger B[a]P-Exposition oder bei niedrigeren B[a]P-Konzentrationen in Kombination mit UV-Strahlung nicht beobachtet.
ASU: Können Sie genauer auf die Stoffwechselveränderungen eingehen, die Sie festgestellt haben?
CK: Ein zentraler Punkt ist die Beeinträchtigung der Glutaminolyse, einem Stoffwechselprozess, bei dem die Aminosäure Glutamin abgebaut wird. Glutamin ist entscheidend für viele Stoffwechselwege, wie die Energieproduktion und den Aufbau von Zellbestandteilen. Wir haben gesehen, dass wichtige Abbauprodukte, wie Glutamat und bestimmte TCA-Zyklus-Intermediate, in ihrer Konzentration nach der kombinierten Exposition abnehmen. Außerdem liegen bestimmte Auf- und Abbauprodukte von Glutathion (ebenfalls ein Abbauprodukt von Glutamin), der wichtigsten zellulären oxidativen Abwehr, in geringeren Konzentrationen vor. Dazu passt die gleichzeitige Zunahme von oxidativem Stress und DNA-Schäden.
Wir vermuten, dass die gestörte Glutaminolyse infolge der kombinierten Exposition eine Kaskade von Ereignissen auslöst. Die verminderte Energieproduktion und der Mangel an Bausteinen für die Zelle führen zu oxidativem Stress, was wiederum die Lipidperoxidation fördert und letztendlich zum Zelltod durch Ferroptose beitragen kann.
ASU: Ferroptose ist ein relativ neuer Begriff in der Zellbiologie. Können Sie das kurz erläutern?
CK: Ferroptose ist eine Form des regulierten Zelltods, die durch Eisen und Lipidperoxidation angetrieben wird. Es wird immer deutlicher, dass dieser Prozess bei verschiedenen Erkrankungen, auch der Haut, eine Rolle spielt.
ASU: Neben dem Energiestoffwechsel haben Sie auch Veränderungen im Tryptophanstoffwechsel gefunden, richtig?
CK: Ja, das ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Tryptophan ist eine Aminosäure, die in verschiedene Stoffwechselwege eingebunden ist, die Entzündungen und Immunantworten beeinflussen. Wir haben gesehen, dass die kombinierte Exposition die Konzentrationen bestimmter Tryptophanmetabolite verändert, was auf eine Beeinträchtigung der Immunfunktion der Zellen hindeutet.
ASU: Welche Bedeutung haben Ihre Ergebnisse für die Arbeitsmedizin?
CK: Zunächst einmal muss man betonen, dass es sich hier um Grundlagenforschung an einem Zellmodell handelt und die Übertragbarkeit auf den Menschen schwierig ist. Dennoch sehen wir in diesem Modell und bei diesen Studienbedingungen, dass nur die kombinierte Exposition die Veränderungen auslöst- Die Zellen können anscheinend die Einzelexpositionen durch entsprechende Regulation des Stoffwechsels gut kompensieren. Interessant wäre es, ob dies auch bei Outdoor-Workern der Fall ist.
ASU: Vielen Dank für die informative Darstellung ihrer Ergebnisse.