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Klimawandel und Krankenhaus

Das Krankenhaus im Klimawandel

Risiken und Potenziale in Bezug auf Klimaschutz, Hitzeresilienz und Gesundheit

The Hospital in Climate Change – Risks and Potentials Related to Climate Change, Heat Resilience, and Health

Herausforderungen für Gesundheit und Gesundheitssystem

Der Klimawandel führt zu mehr Extremwetterereignissen in Deutschland

Von 1881 bis 2021 ist die Jahresmitteltemperatur in Deutschland um 1,6 Grad Celsius angestiegen. Im aktuellen 30-Jahres-Zeitraum hat sich der vieljährige Mittelwert gegenüber der Referenzperiode (1961–1990) von 8,2 Grad Celsius auf 9,3 Grad Celsius erhöht (DWD 2022). Mit fortschreitendem Klimawandel werden häufigere und heftigere Extremwetterereignisse wie Hitzewellen oder Starkregenereignisse erwartet. Auch Dürreperioden und das Waldbrandrisiko werden zunehmen. Bereits heute stellt der Klimawandel in Deutschland über direkte und indirekte Effekte eine große Gefahr für die Gesundheit der Menschen und eine Herausforderung für das Gesundheitswesen dar (➥ Abb. 1).

Ein hohes Gesundheitsrisiko bergen vor allem die zunehmende Zahl an heißen Tagen (Tage mit Temperaturen über 30 °C) und Hitzewellen (Wolf et al. 2021, s. „Weitere Infos“; IPCC 2022). So gab es in den 1950er Jahren in Deutschland im Durchschnitt drei heiße Tage im Jahr, heute sind es etwa 8,8 (Bundesregierung 2019). Bei einem „Business as usual“-Szenario werden bis zum Ende dieses Jahrhunderts in Norddeutschland ca. 5–10 zusätzliche heiße Tage erwartet, im Süden sogar ca. 10–15 (Schlegel et al. 2021). Hohe Temperaturen können zu Hitzeerschöpfung, Hitzekrämpfen und zum lebensbedrohlichen Hitzschlag führen. Bereits bestehende chronische kardiovaskuläre und respiratorische Erkrankungen können sich durch Hitze verschlimmern, bestimmte Medikamente können hitzebedingt zu Nebenwirkungen führen (Kuch 2021). Verschiedene Studien zeigten einen signifikanten Anstieg des Risikos für Herzinfarkte und Schlaganfälle (Chen et al. 2019; Breitner et al. 2014) und für die kardiovaskuläre und respiratorische Mortalität bei Hitzeereignissen (Ebi et al. 2021). Für die Jahre 2018 bis 2020 sowie 2022 mit besonders heißen Sommern wurden für Deutschland ca. 4000 bis mehr als 8000 hitzebedingte Todesfälle pro Jahr berechnet (Winklmayr u. an der Heiden 2022; Winklmayr et al. 2022).

Hitzewellen und hohe Temperaturen bedrohen vor allem vulnerable Bevölkerungsgruppen. Dazu zählen die Älteren (> 65 Jahre), die Vorerkrankten (v. a. Herzkreislauf-, Atemwegs- und Nierenerkrankungen, Diabetes und Übergewicht), aber auch kleine Kinder, Schwangere und Personen, die im Freien schwer arbeiten oder Sport treiben. Hitze führt zu erhöhter Mortalität und kann Krankheiten auslösen beziehungsweise verschlimmern.

Notfallversorgung und Krankenhaus­einweisungen

Die hitzebedingte Morbidität, zum Beispiel für Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen sowie Diabetes mellitus, wurde über die Zahl der Notfallversorgungen und Krankenhauseinweisungen erfasst (Ebi et al. 2021; Bein et al. 2020). Während sich der Zusammenhang zwischen Außenlufttemperatur und Mortalität relativ robust zeigt, sind die Auswirkungen der Temperatur auf die kardiopulmonale Morbidität geringer und variabler (Turner et al. 2012; Iñiguez et al. 2021). Allerdings wurde der Einfluss von Hitze auf die Morbidität bisher selten untersucht. Eine Metaanalyse von Sun et al. (2018) berichtete beispielsweise über einen Anstieg der Anzahl der Myokardinfarkt-Krankenhausaufenthalte um 1,6 % (95 %-Konfidenzintervall: 0,4–2,8 %) in Verbindung mit einem Temperaturanstieg um 1 Grad Celsius, während in der Metaanalyse von Bunker et al. (2016) keine signifikanten Hitzeeffekte auf die Zahl der Einweisungen aufgrund kardiovaskulärer Erkrankungen gefunden wurden. In ihrer Metaanalyse zur Morbidität wurde gezeigt, dass die Effektschätzungen des Einflusses von hohen Temperaturen auf die Zahl der Einweisungen aufgrund respiratorischer Erkrankungen viel größer waren als auf die Zahl der Einweisungen aufgrund kardiovaskulärer Erkrankungen. Die zugrunde liegenden Mechanismen, durch die hohe Temperaturen das Risiko der respiratorischen Morbidität erhöhen können, sind jedoch noch nicht vollständig geklärt. Darüber hinaus stellten Bunker et al. (2016) ein erhöhtes Risiko für hitzeinduzierten Diabetes sowie Nieren- und Infektionskrankheiten fest, die mit dem Klimawandel und der globalen Alterung wahrscheinlich weiter zunehmen werden. Auch das aktuell noch laufende europäische Projekt
EXHAUSTION (EU Horizon 2020) zeigte in einer Analyse auf Kreis- und Gemeindeebene für Deutschland und Italien, dass das Risiko für Krankenhauseinweisungen aufgrund von Atemwegserkrankungen um 7 % (95 %-Konfidenzintervall: 7–8 %) beziehungsweise 12 % (10–13 %) stieg. Wenn die Tagesmitteltemperatur während der warmen Jahreszeit (Mai bis September) vom 75. auf das 99. Perzentil der gebietsspezifischen Temperaturverteilung anstieg, war das Risiko hiernach stärker als für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bei einer genaueren Untersuchung der Morbiditätsursachen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen stellten Liu et al. (2022) fest, dass das Morbiditätsrisiko bei hohen Temperaturen und einem Anstieg der Lufttemperatur um 1 Grad Celsius vor allem aufgrund von Herzrhythmusstörungen und koronarer Herzkrankheit um 1,6 % ansteigt.

In Bezug auf die gesundheitlichen Auswirkungen des klimawandelbedingten Anstiegs der Temperaturen in den kommenden Jahrzehnten liefern die meisten Projektions­studien Hinweise auf einen Anstieg der hiermit in Zusammenhang stehenden kardiovaskulären Erkrankungen. Eine Studie in Augsburg kam beispielsweise zu dem Schluss, dass die Anzahl temperaturbedingter Myokardinfarktfälle bei einer Erwärmung um zwei beziehungsweise drei Grad Celsius um 18 % beziehungsweise 63 % pro Jahrzehnt zunehmen würden (Chen et al. 2019). Allerdings werden in vielen dieser Studien wichtige Faktoren für die Bestimmung zukünftiger temperaturbedingter Gesundheitsabschätzungen, wie zukünftige Bevölkerungsveränderungen und die Alterung der Bevölkerung, nicht berücksichtigt. Daher könnten die zukünftigen temperaturbedingten Auswirkungen bisher häufig unterschätzt worden sein. Eine Studie von Huang et al. (2019) zeigte, dass die temperaturbedingte Krankheitslast durch ischämische Herzerkrankungen bei älteren Menschen bis 2070 um bis zu 196,6 % ansteigen wird, wenn bei der Anwendung verschiedener repräsentativer Szenarien für die Entwicklung der Konzentration von klimarelevanten Treibhausgasen in der Atmosphäre auch der demografische Wandel berücksichtigt würde. Der Anstieg ist damit deutlich höher als die errechneten 38,3 % unter einem ähnlichen Szenario ohne die Berücksichtigung des zukünftigen demografischen Wandels.

Das Gesundheitssystem wird somit in Zukunft klimawandelbedingt durch Krankenhauseinweisungen und Notfalleinsätze noch mehr beansprucht (Klauber u. Koch 2021; ➥ Abb. 2).

Um das mit dem Klimawandel einhergehende Gesundheitsrisiko zu senken, potenziellen Gesundheitsauswirkungen vorzubeugen und bereits auftretende negative Gesundheitsfolgen zu behandeln, sind Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen dringend geboten. Etwa 5 % der CO2-Emissionen in Deutschland gehen auf den Gesundheitssektor zurück (Watts et al. 2019). Er kann daher durch beispielhafte Maßnahmen effektiv zum Klimaschutz beitragen (Matthies-Wiesler et al. 2019, s. „Weitere Infos“). Solche Klimaanpassungsmaßnahmen im Gesundheitsbereich betreffen sowohl die Infrastruktur als auch die Prävention negativer Gesundheitsfolgen und die Versorgung der Patientinnen und Patienten.

Abb. 2:  Die gesundheitlichen Folgen starker Hitzebelastung betreffen auch das Gesundheitssystem (Quelle: KLUG, nach WHO 2018: „Heat and Health“, https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/climate-change-heat-and-health; übersetzt, siehe Fußnote 1)

Abb. 2: Die gesundheitlichen Folgen starker Hitzebelastung betreffen auch das Gesundheitssystem (Quelle: KLUG, nach WHO 2018: „Heat and Health“, https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/climate-change-heat-an…; übersetzt, siehe Fußnote 1)

Anpassung an den Klimawandel: Hitzeschutz im Krankenhaus

In Anbetracht der zunehmenden gesundheitlichen Gefährdung durch den Klimawandel müssen sich die Krankenhäuser an die unabwendbaren Folgen des Klimawandels anpassen. Von besonderer Relevanz sind dabei die Zunahme der Hitzetage und der Hitzewellen, die als größte klimawandelbedingte Gesundheitsrisiken in Deutschland gelten (EAA 2022). Krankenhäuser können hier Patientinnen und Patienten sowie Beschäftigte durch systematisch erarbeitete und verbindliche Konzepte vor hitzebedingten Gesundheitsschäden schützen. Deutsche Krankenhäuser sind bislang nicht ausreichend auf Hitzewellen vorbereitet (Matthies-Wiesler et al. 2021, s. „Weitere Infos“), obwohl die 2017 vom Bundesumweltministerium entwickelten „Handlungsempfehlungen zur Erstellung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit“ die „Vorbereitung der Gesundheits- und Sozialsysteme“ als ein Kernelement herausstellen (BMU 2017, s. „Weitere Infos“) und auch die gemeinsame Gesundheitsministerkonferenz (GMK) 2020 die Umsetzung entsprechender Maßnahmen bis zum Jahr 2025 nicht nur in den Ländern und Kommunen, sondern auch in den Gesundheitseinrichtungen forderte (GMK 2020).

Krankenhäuser sollten daher umgehend an das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes (DWD) angeschlossen werden und institutionelle Maßnahmen zur strukturellen und organisatorischen Vorbereitung auf Hitzewellen entwickeln und umsetzen. Neben dem Schutz der Gesundheit von Patientinnen und Patienten dürfen dabei jedoch auch die Beschäftigten nicht aus dem Blick geraten. Auch diese sind während ihrer körperlich und psychisch anstrengenden Arbeit – vor allem in Kombination mit persönlicher Schutzausrüstung (PSA) – Hitzestress ausgesetzt (Böse-O’Reilly et al. 2021; Jegodka et al. 2021; Schoierer et al. 2021). Der Erhalt der Gesundheit von Beschäftigten ist essenziell, um die Versorgungsstrukturen auch während der Hitzewellen aufrechtzuerhalten.

Ein auf das Krankenhaus zugeschnittener Hitzeschutzplan sollte unter Beteiligung der Klinikleitung und aller relevanten Bereiche wie beispielsweise Klinikleitung, Qualitätsmanagement, Haustechnik sowie medizinische und pflegerische Versorgung entwickelt werden (Blättner et al. 2021). Dafür sind auch verantwortliche Strukturen wie zum Beispiel ein Hitzeschutzteam oder Hitzeschutzbeauftragte festzulegen. Die definierten Maßnahmen können analog den Handlungsempfehlungen des Bundesministeriums für Umwelt Naturschutz Bau und Reaktorsicherheit (BMU) in verschiedene Zeithorizonte eingeteilt werden (➥ Abb. 3). Grundsätzlich kann zwischen vorbereitenden Maßnahmen, Akutmaßnahmen bei Hitze und langfristigen Maßnahmen unterschieden werden. Aufgrund der bereits heute bestehenden Gefährdung für Patientinnen und Patienten sowie Personal ist eine schnelle Umsetzung von einfachen und kurzfristig umsetzbaren Maßnahmen von großer Bedeutung.

Das „Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin“, eine Initiative der Ärztekammer Berlin, der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung und der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e. V. – KLUG (Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin 2022, s. „Weitere Infos“; Barker 2022), hat gemeinsam mit Akteurinnen und Akteuren aus der stationären Versorgung einen Musterhitzeschutzplan für Krankenhäuser erstellt, der als Orientierungsgrundlage für die Entwicklung eines auf die eigenen Bedingungen zugeschnittenen Hitzeschutzplans genutzt werden kann (➥ Tabelle 1). Vorbereitend gilt es festzustellen, ob im Klinikbereich Schulungen zur Sensibilisierung für die Thematik oder zur Festigung bereits vorhandener Kenntnisse notwendig sind. Beschäftigte sollten über Präventionsmaßnahmen und die Behandlung von hitzeassoziierten Erkrankungen informiert sein und gefährdete Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige entsprechend aufklären können. Besonders gefährdete Personen sollen über die heißen Monate engmaschiger betreut werden, um frühzeitig Zeichen einer Hitzebelastung zu erkennen. Medikamentenpläne sowie Trinkmengenbeschränkungen sollten kritisch überprüft werden. Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten umfassen beispielsweise das Tragen angepasster Dienstkleidung, eine Verlängerung der Pausenzeiten und gegebenenfalls eine Verkürzung der Arbeitszeiten in den heißen Monaten. Im Rahmen einer extremen Hitzesituation ist auch die Durchführung von elektiven chirurgischen oder endoskopischen Eingriffen zu evaluieren.

Ein Hitzeschutzplan ist als lebendes Dokument zu verstehen, das einer fortlaufenden Evaluierung und Anpassung bedarf. Idealerweise wird dort zudem festgehalten, wie die Wirksamkeit der Maßnahmen überprüft wird.

Die Vorbereitung von Krankenhäusern auf Hitzewellen stellt jedoch nur einen Baustein im Bereich des Hitzeschutzes dar. Das kürzlich erschienene Positionspapier der Bundesärztekammer zum gesundheitsbezogenen Hitzeschutz betont, dass Hitzeschutz eine Gemeinschaftsaufgabe ist und des Austausches sowie der Abstimmung zwischen verschiedenen Gesundheitsakteurinnen und -akteuren und der jeweiligen Kommune bedarf (Bundesärztekammer 2023). Hitzeschutzbündnisse diverser Gesundheitsakteurinnen und -akteuren in Berlin und Bayern zeigen, wie das Gesundheitswesen beispielhaft vorangehen kann, um Hitzeschutz schnellstmöglich in den Verantwortungsbereichen zu verankern (Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin 2022, s. „Weitere Infos“; Wagle 2022). Langfristig ist jedoch auch eines klar: Der Anpassung sind Grenzen gesetzt. Deswegen ist es umso wichtiger, Klimaschutz und Klimaanpassung gemeinsam zu denken.

Tabelle 1:  Auszug aus dem Musterhitzeschutzplan für Krankenhäuser des Aktionsbündnisses Hitzeschutz Berlin, Maßnahmen bei Hitzewarnstufe 1 des Deutschen Wetterdienstes (Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin, Webseite)

Tabelle 1: Auszug aus dem Musterhitzeschutzplan für Krankenhäuser des Aktionsbündnisses Hitzeschutz Berlin, Maßnahmen bei Hitzewarnstufe 1 des Deutschen Wetterdienstes (Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin, Webseite)

Klimaresilienz, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit in Krankenhäusern

Während einerseits dem Gesundheitssystem eine Überlastung durch den demografischen Wandel droht, gibt es andererseits bereits jetzt schon eine Zunahme der klimawandelbedingten Krankheitslast in Form von Erkrankungen durch neue Krankheitserreger, hitzeassoziierte Beschwerden und psychische Belastungen (z. B. als Folge von Zukunftsängsten; Hickman et al. 2021).

Diese Entwicklung lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Es kann aber versucht werden, die Bevölkerung und die Mitarbeitenden im Gesundheitssystem durch Prozesse der Adaptation, und gleichzeitige Maßnahmen der Mitigation zu stärken, um den Auswirkungen des Klimawandels vorbereitet zu begegnen (für eine detailliertere Erklärung siehe den Einführungstext von Habermann-Horstmeier in dieser Ausgabe („Grundlagen des Klimawandels mit einem Einblick in die Welt im Jahr 2100“). In den vergangenen Jahren haben sich bereits mehrere Projekte und Allianzen der Green Hospital-Bewegung angeschlossen, die als Institutionen Verantwortung für den eigenen ökologischen Fußabdruck übernehmen.

Die von der Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Klimaschutzoffensive geförderten Projekte KLIK (Klimamanagerinnen und -manager für Krankenhäuser) beziehungsweise KLIK green gehörten zu den ersten wegweisenden Initiativen, deren Ziel es war, ein Bewusstsein für Energieeffizienz und Ressourcenschonung im Krankenhaus zu schaffen. Bereits im ersten KLIK-Projekt (2014 bis 2016) zeigte sich, dass an den 50 teilnehmenden Kliniken durch nicht- oder geringinvestive Maßnahmen sowie eine Änderung im Nutzerverhalten mehr als 34.000 Tonnen CO2 eingespart und zeitgleich die Betriebskosten um neun Millionen Euro gesenkt werden konnten. Das 2022 zum Abschluss gebrachte Projekt KLIK green konnte mit einer Reduktion der CO2-Emissionen um mehr als 200.000 Tonnen das gesteckte Einsparungsziel sogar verdoppeln. Um dies zu erreichen, wurden 1600 Maßnahmen an 250 Kliniken umgesetzt (s. „Weitere Infos“).

Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie sieht den größten Impact für eine schnelle Emissionsreduktion im Rahmen seines Ziels „Klimaneutrales Krankenhaus“ in der Umsetzung von zehn Maßnahmen in unterschiedlichen Kernbereichen und Handlungsfeldern, deren Ziel es ist, die Geschwindigkeit der ökologischen Transformation zu beschleunigen. Angegeben werden diese mit dem für die Umsetzung nötigen Zeithorizont (➥ Tabelle 2).

Tabelle 2:  Klimaschutzmaßnahmen mit jeweiligen Umsetzungshorizont (aus: Wagner et al. 2022)

Tabelle 2: Klimaschutzmaßnahmen mit jeweiligen Umsetzungshorizont (aus: Wagner et al. 2022)

Fazit

Der fortschreitende Klimawandel stellt eine erhebliche Bedrohung für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen in Deutschland und weltweit dar. Ärztinnen und Ärzte sind daher gefordert, sich klar zu Klimaschutz und Klimaanpassung zu bekennen und der Gesundheitsgefährdung durch Extremwetter-Ereignisse eine höhere Priorität einzuräumen. Das umfassende Thema „Klimawandel und seine Folgen“ gehört in der Patientenversorgung, in den Fachgesellschaften, Berufsverbänden und Ärztekammern auf die Agenda. Es ist dringend geboten, dass Krankenhäuser Warnsysteme für klimawandelbedingte Extremwetterlagen (z. B. Hitzefrühwarnsysteme) nutzen und entsprechende institutionelle Maßnahmen zur strukturellen und organisatorischen Vorbereitung, wie etwa Hitzeschutzpläne, entwickeln und umsetzen. Ziel ist es, Patientinnen und Patienten sowie Beschäftigte vor klimabedingten Gesundheitsschäden zu schützen. Zudem ist es wichtig, dass Krankenhäuser Verantwortung für den eigenen ökologischen Fußabdruck übernehmen und Maßnahmen zur Steigerung von Energieeffizienz und Ressourcenschonung umsetzen.

Interessenkonflikt: Nathalie Nidens ist Mitglied des Kernteams des Aktionsbündnisses Hitzeschutz Berlin. Weitere Interessenkonflikte liegen nicht vor.

Literatur

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doi:10.17147/asu-1-295571

Weitere Infos

BMU – Bundesministerium für Umwelt Naturschutz Bau und Reaktorsicherheit: Handlungsempfehlungen für die Erstellung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit. Bonn, 2017, S. 30
https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/hap_han…

KLIK green – Krankenhaus triftt Klimaschutz
www.klik-krankenhaus.de

Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin. Berlin geht voran: Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin, 2022
https://hitzeschutz-berlin.de/

Abb. 3:  Schematische Darstellung der für die Umsetzung von Hitzeschutzmaßnahmen vorgesehenen Zeithorizonte (nach BMU, 2017)

Abb. 3: Schematische Darstellung der für die Umsetzung von Hitzeschutzmaßnahmen vorgesehenen Zeithorizonte (nach BMU, 2017)

Kernaussagen

  • Für die Menschen in Deutschland stellt vor allem die im Zuge des Klimawandels steigende Zahl von heißen Tagen und Hitzewellen das größte Gesundheitsrisiko dar. Projektionsstudien geben Hinweise auf die Zunahme temperaturbedingter Erkrankungen in den kommenden Jahrzehnten.
  • Bereits in der Vergangenheit stieg die Zahl hitzebedingter Notfallversorgungen und Krankenhauseinweisungen an, z. B. bei Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen sowie Diabetes, Nieren- und Infektionskrankheiten.
  • Hitzewellen und hohe Temperaturen bedrohen vor allem vulnerable Bevölkerungsgruppen. ­Dazu zählen ältere Menschen (> 65 Jahre), Vorerkrankte, aber auch kleine Kinder, Schwangere und Personen, die im Freien schwer arbeiten oder Sport treiben.
  • Es ist notwendig, dass Krankenhäuser institutionelle Maßnahmen zur strukturellen und organisatorischen Vorbereitung auf klimawandelbedingte Extremwetterereignisse entwickeln und umsetzen, um Patientinnen und Patienten sowie Beschäftigte vor Gesundheitsschäden zu schützen.
  • Um als Institution Verantwortung für den eigenen ökologischen Fußabdruck zu übernehmen, ist es wichtig, dass im Gesundheitsbereich strukturierte Treibhausgasbilanzierungen durch­geführt und entsprechende Maßnahmen zur Reduktion dieser Emissionen umgesetzt werden.
  • Im Krankenhausmanagement sowie in Aus- und Weiterbildung sollte ein Bewusstsein für Energieeffizienz und Ressourcenschonung geschaffen werden.
  • Info

    Arbeitsschutz

    Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind nach dem Arbeitsschutzgesetz zur Gefährdungsbeurteilung und zur Abwehr von Gefahren verpflichtet. Die Technische Regel für Arbeitsstätten (ASR) A3.5 Raumtemperatur schlüsselt in einem Stufenmodell auf, bei welchen Raumlufttemperaturen Maßnahmen durch die Betriebe ergriffen werden sollen oder müssen. Ab 26 °C Raumlufttemperatur sollen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten nach ASR3.5 ergriffen werden, ab 30 °C müssen Maßnahmen ergriffen werden. Bei über 35 °C ist der Raum ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen nicht mehr als Arbeitsraum geeignet.

    Koautorinnen

    Nathalie Nidens, Dr. Anne Hübner
    KLUG – Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V., Berlin

    Dr. Franziska Matthies-Wiesler
    Institut für Epidemiologie, Helmholtz Zentrum München, und KLUG – Deutsche Allianz Klimawa

    Dr. Lotte Habermann-Horstmeier
    Villingen-Institute of Public Health (VIPH), ­Villingen-Schwenningen

    Kontakt

    Dr. Alexandra Schneider
    Institut für Epidemiologie, Helmholtz Zentrum München; Ingolstädter Landstraße 1; 85764 Neuherberg
    alexandra.schneider@­helmholtz-munich.de

    Foto: Helmholtz Munich/Matthias Tunger Photodesign

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