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Arbeitsbedingte Kontaktekzeme

Einleitung

Bei arbeitsbedingten Dermatosen handelt es sich in über 95% um Ekzeme. 80% der arbeitsbedingten Kontaktekzeme treten in nur 7 Berufsgruppen/-gebieten auf (in der Friseurbranche, der Metallverarbeitung, den Gesundheitsberufen, der Nahrungsmittelindustrie, im Baugewerbe, im Malerhandwerk und in Reinigungsberufen). In Folge werden klinische Besonderheiten und zeitliche Verläufe der ätiologisch unterschiedlichen arbeitsbedingten Kontaktekzeme dargestellt.

Die Kontaktekzeme unterteilen sich in

  • irritatives Kontaktekzem (Syn.: subtoxisch-kumulatives Kontaktekzem, toxisch- degeneratives Kontaktekzem) und
  • allergisches Kontaktekzem (durch eine Typ-IV-Sensibilisierung) bzw. Kontakturtikaria (eine Typ-I-Sensibilisierung).
  • Die ätiologisch unterschiedlichen Kontaktekzemformen können isoliert oder als Zwei- oder Dreiphasenekzeme nachein­ander auftreten – auch in Kombination mit einem atopischen Handekzem. Mischformen sind sehr häufig, da es in beruflichen Bereichen zu einer kombinierten Belastungssituation der Haut kommen kann.

    Lokalisation und Klinik der Kontakt­ekzeme (s. auch Infokasten)

    Die beruflich ausgelösten Kontaktekzeme manifestieren sich überwiegend im Bereich der Hände und gegebenenfalls im Bereich der distalen Unterarme. Ausnahme sind – je nach Allergen – die so genannten aerogenen Kontaktekzeme, die sich beispielsweise bei staubförmiger (Beispiel Dichromate im Zement) beziehungsweise luftgetragener Ausbreitung der Allergene oder bei Vorkommen in hohen Konzentrationen in der Raumluft, bedingt durch hohe Volatilität der allergenen Substanz (Beispiel Epoxide), auch in den so genannten luftexponierten Arealen wie dem Kopfbereich und dem Dekolleté manifestieren können. Bei allergischen Typ-IV-Kontaktekzemen kann es bei sehr starker Beteiligung der Hände mit heftigen Ekzemreaktionen auch zu so genannten Streureaktionen in den Armbeugen, Achselhöhlen und der Haut des Gesichts kommen.

    Diagnose irritativer Kontaktekzeme

    Das irritative Kontaktekzem stellt mit über 80% das häufigste Kontaktekzem dar.

    Der intensive Hautkontakt zu Arbeitsstoffen wie Kühlschmierstoffe, Reinigungsmittel, Konservierungsmittel, Emulgatoren, Duftstoffe und die Feuchtarbeit führen vermehrt zu tätigkeitsabhängigen irritativen Kontaktekzemen (Uter et al. 2018; Fartasch et al. 2017). Unter bestimmten Arbeitsbedingungen können mehrere Beschäftigte betroffen sein. Die Wahrscheinlichkeit, ein irritatives Kontaktekzem zu entwickeln, steigt mit der Intensität und Dauer der Irritanzieneinwirkung.

    Irritative Kontaktekzeme treten überwiegend im Rahmen des intensiven Umgangs mit Flüssigkeiten auf, bei dem es regelmäßig zum „Nasswerden“ der Hände kommt – mit und ohne okklusiv wirkende Handschuhe. Zusätzlich können erhöhte Waschfrequenzen (meist mehr als 20-mal) zu entsprechenden Veränderungen führen.

    Auch anlagebedingte Hauterkrankungen wie atopische Handekzeme können durch Irritation der Haut ausgelöst werden oder sich verschlimmern.

    Aufgrund immunologischer Mechanismen (durch Schaffung eines proinflammatorischen Milieus) und vermehrten Eindringens von Arbeitssubstanzen können irritative Kontaktekzeme den Weg für allergische Typ-IV-Kontaktekzeme ebnen. Nur wenige sensibilisierende Arbeitsstoffe wie Acrylate, Epoxide und das früher bei der sauren Dauerwelle eingesetzte Glycerylmonothioglycolat können aufgrund ihrer sensibilisierenden (hohe allergene Potenz) und/oder chemisch-irritativen Eigenschaften auch ohne Veränderung der Hautbarriere eindringen. Auch eine korrekte Anwendung von Hautschutz und Hautpflege scheint dies in bestimmten Arbeitsfeldern und Tätigkeiten nicht gänzlich verhindern zu können (Bauer et al. 2018).

    Abb. 2:  Bereits länger bestehendes chronisch-irritatives Kontaktekzem mit schwächerer Rötung, Schuppung und mit Fissuren im Bereich der Handrücken mit Übergang auf die Fingerstreckseiten

    Foto: M. Fartasch

    Abb. 2: Bereits länger bestehendes chronisch-irritatives Kontaktekzem mit schwächerer Rötung, Schuppung und mit Fissuren im Bereich der Handrücken mit Übergang auf die Fingerstreckseiten

    Auch wenn klinische und anamnestische Kriterien nicht immer eine Differenzierung zwischen irritativen und allergischen Kontaktekzemen erlauben, führt eine gezielte Untersuchung des Hautorgans (inklusive der Füße, sowohl Fußrücken als auch der Fußsohlen) zu einer besseren Eingrenzung der Verdachtsdiagnose. Zusätzlich sollten auch anamnestische und klinische Hinweise einer atopischen Hautdiathese (Atopiekriterien nach Diepgen und Fartasch) oder gar eines bereits manifesten atopisches Ekzems in der Vergangenheit, das eventuell temporär in der Kindheit und Jugend zu Beugenekzemen oder gar Ekzembeteiligung der Hände geführt hat (häufig Daumenstreckseiten oder palmare Regionen wie der Thenarbereich), erfasst werden. Gerade die Beteiligung der Hände im Rahmen eines atopischen Ekzems – auch im Säuglingsalter – gilt als prognostischer Hinweis für ein erhöhtes Risiko später auftretender irritativer Handekzeme, insbesondere unter größerer beruflicher Belastung.

    Das akute irritative Kontaktekzem ist durch schnelles Auftreten (innerhalb von Stunden) nach der meist leicht zu eruierenden Exposition charakterisiert (Brasch et al. 2013). Zunächst kann es am Wochenende noch zur Abheilung kommen; besteht die Entzündung der Haut durch Irritation bereits länger, so führt häufig erst eine längere Expositionskarenz zur Abheilung oder deutlichen Besserung (➥ Abb. 1). Bei Reexposition kann es bereits im Rahmen des ersten Arbeitstages an den Expositionsstellen (lokale Begrenzung der Hauterscheinungen und keine Streuungen wie beim allergischen Kontaktekzem) zu Beschwerden wie Spannungsgefühlen und Rötungen sowie später zu deutlich sichtbaren Ekzemreaktionen kommen, da die Hautbarriere oft längere Regenerationszeiten benötigt.

    Klinik. Klinisch sind häufig zunächst die Fingerseitenkanten, die Fingerzwischenräume und die Handrücken betroffen – selten jedoch die Handinnenflächen (➥ Abb. 2). Nach Morphologie, zeitlichem Ablauf und Einwirkungszeit der Noxe entstehen akute, subakute und chronische Erscheinungsbilder (s. Infokasten oben). Hauterscheinungen, die primär im Bereich der Handinnenflächen auftreten und in Kombination mit ekzematösen Manifestationen im Bereich der Fußgewölbe oder Großzehballen auftreten, lassen dann auch an eine anlagebedingte Erkrankung wie das atopische Hand- und Fußekzem denken.

    Diagnose eines allergischen Typ–IV-Kontaktekzems (vom Spättyp) – nur selten Typ I (vom Soforttyp)

    Abb. 3:  Reaktionen vom Soforttyp (Typ I) nach Tragen von Latexhandschuhen

    Foto: M. Fartasch

    Abb. 3: Reaktionen vom Soforttyp (Typ I) nach Tragen von Latexhandschuhen
    Abb. 4:  Akutes Kontaktekzem gegen Acrylate mit frischen Bläschen auf geröteten Grund

    Foto: M. Fartasch

    Abb. 4: Akutes Kontaktekzem gegen Acrylate mit frischen Bläschen auf geröteten Grund

    Die allergischen Kontaktekzeme setzten zunächst eine Sensibilisierung auf das einwirkende Allergen beziehungsweise ein kreuzreaktives Antigen voraus. Ungeachtet der unterschiedlichen Ätiologie (Typ-IV- oder Typ-I-Allergie) kommt es zu Ekzemen, wobei jedoch die Typ-I-Allergie sich zunächst auch durch Quaddeln im Bereich der Expositionsareale manifestieren kann (➥ Abb. 3).

    Klinik. Resultierend aus der Allergenexposition, dem klinischen Bild (meist ein akutes Bild mit starkem Juckreiz) und dem Verlauf (Zeitpunkt des Auftretens nach Exposition innerhalb von 48 bis 72 Stunden), leitet sich der Verdacht ab, dass das Ekzem durch den Kontakt mit einem einwirkenden Allergen als Auslöser hervorgerufen wird. Die genaue Ekzemlokalisation im Bereich der Hand kann Hinweise auf mögliche Auslöser liefern. Ein Beispiel sind die Fingerkuppen bei zahnärztlicher Tätigkeit, die durch die manuelle Fixierung von Kunststofffüllungen eine entsprechende Exposition (trotz Latexhandschuhen) mit nicht auspolymerisierten Acrylaten erfahren. Bei Sensibilisierung kommt es innerhalb von meist 48 bis 72 Stunden zum Auftreten eines akuten allergischen Kontaktekzems mit Rötung und stark juckenden frischen Bläschen (➥ Abb. 4) – bei wiederholtem Kontakt zu einem chronischen Kontaktekzem mit Schuppung, Fissuren und Rhagaden (➥ Abb. 5).

    Abb. 5:  Auftreten bei Rhagaden im Bereich der Fingerkuppen

    Foto: M. Fartasch

    Abb. 5: Auftreten bei Rhagaden im Bereich der Fingerkuppen

    Ist das entsprechende Allergen (z.B. ein Konservierungsmittel in Kühlschmierstoffen) in einer entsprechenden Flüssigkeit enthalten und werden die Finger eingetaucht oder Gegenstände, die damit benetzt sind, in die Hand genommen, so finden sich die ekzematösen Hauterscheinungen im Bereich der Fingerseitenkanten, Fingerstreckseiten und zwischen den Fingern (➥ Abb. 6).

    Die endgültige Diagnose eines allergischen Kontaktekzems erfolgt dann durch den Nachweis einer Kontaktsensibilisierung gegen die ursächlichen Allergene im Epikutantest. Allerdings muss gesichert sein, dass die beobachteten Hauterscheinungen tatsächlich an den Allergen-exponierten Hautarealen auftreten. Informationen über das Vorkommen von Allergenen finden sich im Internet (s. „Weitere Infos“).

    Diagnostische Einordnung und Dokumentation der Kontaktekzems

    Um das Kontaktekzem ätiologisch einordnen zu können, werden folgende anamnestische und klinische Informationen erhoben:

  • Anamnese und Klinik und Verlauf:
  • Alter/Zeitpunkt des Erkrankungsbeginns
  • Im Bereich der Hände: Beginn wo genau (Fingerseiten, Handrücken?)
  • Hauterscheinungen an anderen Lokalisationen (z.B. Gesicht, Füße, Oberschenkel, Dekolleté?)
  • Vorbestehende Hauterscheinungen? Familien- und Eigenanamnese – insbesondere Atopie: Rhinitis allergica, Asthma, Milchschorf Beugenekzeme/Handekzeme in Kindheit und Jugend
  • Frühere/jetzige Lokaltherapie
  • Zeitlicher Zusammenhang mit beruflicher Tätigkeit
  • Zeitlicher Zusammenhang zwischen Auftreten des Ekzems und beruflicher Exposition
  • Besserung am Wochenende
  • Abheilung nach längeren Urlauben
  • Rezidiv
  • Exposition und Tätigkeitsbeschreibung
  • Beruf, Arbeitsplatzbeschreibung, Freizeit: Feuchtarbeit, Chemikalien, Gummi-, Lederhandschuhe?
  • Quantifizierung der Feuchtarbeit (siehe hier auch TRGS 401) :
  • Wie lange finden Tätigkeiten in feuchtem Milieu statt? Wie lange werden flüssigkeitsdichte Handschuhen getragen?
  • Frequenz des Händewaschens, der Handreinigungen (Cave: reibekörperhaltige Handwaschpaste, Lösemittel)
  • Eruierung des Kontakts mit Arbeitssubstanzen – wie und wie lange? Kontaktnoxen in zeitlicher Wichtung und Kontaktintensität
  • Wenn bereits eine Behandlung durch den Dermatologen und eine Testung geplant sind: eventuell Mitgabe von Berufssubstanzen, Sicherheitsdatenblättern, Handschuhen/Hautschutzmittel (eventuelle Besonderheit: Einstellung der Kühlschmierstoffe durch ein anderes Konservierungsmittel).
  • Generell ist bei Verdacht auf ein arbeitsbedingtes Kontaktekzem mit Einverständnis des betroffenen Beschäftigten ein Hautarztbericht an die gesetzliche Unfallversicherung zu erstellen. Dies kann sowohl durch die/den behandelnden Dermatologin/Dermatologen oder durch Arbeits-/Betriebsmedizinerinnen und -mediziner erfolgen. Eine Form des Hautarztberichts light stellt der „Betriebsärztliche Gefährdungsbericht Haut F6060-5101“ dar, der für die Arbeitsmedizin und den betriebsärztlichen Dienst konzipiert wurde. Wird dagegen bereits der begründete Verdacht auf eine Berufserkrankung bejaht – das heißt, die Tätigkeitsaufgabe nach Ausschöpfung aller Präventionsoptionen erscheint erforderlich – ist eine „Ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit“ (Formular F6000) gesetzlich vorgeschrieben.

    Interessenkonflikt: Die Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

    Literatur

    Bauer A, Rönsch H, Elsner P, Dittmar D et al.: Interventions for preventing occupational irritant hand dermatitis. Cochrane database. Syst Rev 2018; 4: CD004414.

    Brasch J, Becker D, Aberer W, Bircher A et al.: Leitlinie Kontaktekzem. Allergo J Int 2014; 23: 126.

    Fartasch M, Brüning T: Irritative Kontaktekzeme als Vorläufer von Allergien. Ansatzpunkte für die Prävention. IPA Journal 01/2019: 26–29.

    Fartasch M: Entstehung und Verstärkung der allergischen Kontaktreaktionen, Irritanzien. Dermatol Beruf Umwelt 2012; 60: 73–77.

    Uter W, Bauer A, Bensefa-Colas L, Brans R, Crépy M-N et al.: Extended documentation for hand dermatitis patients: Pilot study on irritant exposures. Contact dermatitis 2018; 79: 168–174.

    Abb. 6:  Allergisches Kontaktekzem: Fingerseitenkanten, -spitzen und Fingerzwischenräume zeigen Rötung, Schuppung und Rhagaden bei Kühlschmierstoffkontakt

    Foto: M. Fartasch

    Abb. 6: Allergisches Kontaktekzem: Fingerseitenkanten, -spitzen und Fingerzwischenräume zeigen Rötung, Schuppung und Rhagaden bei Kühlschmierstoffkontakt

    Weitere Infos

    Arbeitsgruppe Bewertung der Allergene
    https://www.abderma.org/arbeitsgruppen/allergenbewertung/

    Deutsche Kontaktallergie-Gruppe (DKG) in der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG)
    https://dkg.ivdk.org/

    Info

    irritatives oder allergisches Kontaktekzem
    (Syn: Kontaktdermatitis)

  • Entstehung durch äußerlich einwirkende, immunologisch, chemisch oder physikalisch wirkende Noxen
  • Klinik:
  • – Akut entzündliche Reaktion der Kontaktzonen der Haut mit einem Nach- und Neben­einander von Erythem, Schwellung, Bläschen, Exsudation, ­Papeln und Schuppen – symp­toma­tisch starker Juckreiz. Beim Platzen der Bläschen: Nässen, Krustenbildung – Cave: starkes Nässen weist auf eine bakterielle Superinfektion des Ekzems hin.

    – Bei längerem Kontakt subakute oder chronische Form mit weniger Rötung und Bläschen, jedoch mit Schuppung, Hyperkeratose mit Schuppung, Fissuren und Rhagaden im Bereich der Hornschicht.

    – Das klinische Bild allein erlaubt oft keine eindeutige Einordnung des Ekzems als allergisches oder irritatives Kontaktekzem.

    Kontakt:

    Prof. Dr. med. Manigé Fartasch
    Bereich klin. & exp. Berufs­dermatologieInstitut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUVInstitut der Ruhr Universität Bochum (IPA)Bürkle-de-la-Camp-Platz 144789 Bochum

    Foto: Naurath, IPA

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