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Ob Schichtarbeit oder Blei: Die Arbeitsmedizin ist reich an Leitlinien

Das PDF dient ausschließlich dem persönlichen Gebrauch! - Weitergehende Rechte bitte anfragen unter: nutzungsrechte@asu-arbeitsmedizin.com.

Auch in der Arbeitsmedizin nehmen Leitlinien eine zentrale Rolle ein – sei es in der betrieblichen Praxis, in der ärztlichen Fort- und Weiterbildung oder in der fachlichen Positionierung unseres Fachgebiets im interdisziplinären Kontext.

Diese Ausgabe der ASU widmet sich verschiedenen Perspektiven der arbeitsmedizinischen Leitlinien. Sie beleuchtet, welche Themen aktuell im Fokus stehen, wie Leitlinien entwickelt und umgesetzt werden und welche Herausforderungen und Chancen sich daraus für die betriebsärztliche Praxis ergeben.

Frauke Schwier stellt in ihrem Beitrag die methodischen Grundlagen medizinischer Leitlinien in Deutschland dar. Sie beschreibt die Rolle der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die unterschiedlichen Leitlinienstufen und die Anforderungen an Qualität, Transparenz und Beteiligung. Hierbei wird deutlich: Leitlinien sind strukturierte, partizipative Prozesse. Sie verbinden wissenschaftliche Evidenz mit klinischer Erfahrung und mit den Perspektiven der Anwendenden und auch der Betroffenen. Die Digitalisierung eröffnet hierbei neue Möglichkeiten, Leitlinien praxisnäher und zugänglicher zu gestalten.

Eindrücklich wirbt Dennis Nowak in einem persönlichen Plädoyer für die Mitarbeit in Leitliniengruppen und zeigt, wie Arbeitsmedizinerinnen und -mediziner durch ihre Beteiligung nicht nur zur Qualität der Empfehlungen beitragen, sondern auch das Bild unseres Fachs in anderen Disziplinen prägen. Leitlinienarbeit ist damit nicht nur ein Beitrag zur medizinischen Versorgung, sondern auch zur fachlichen Weiterentwicklung und Sichtbarkeit der Arbeitsmedizin.

Volker Harth berichtet über die Aktualisierung der AWMF-Leitlinie zur Nacht- und Schichtarbeit. Angesichts wachsender Flexibilisierungsdebatten und aktueller gesetzlicher Vorhaben gewinnt dieses Thema nochmals an Brisanz. Die Leitlinie gibt evidenzbasierte Empfehlungen zu Gestaltungsmöglichkeiten, gesundheitlichen Risiken und arbeitsmedizinischer Vorsorge – ein wertvoller Orientierungsrahmen für alle, die mit belastenden Arbeitszeitmodellen konfrontiert sind.

Die aktualisierte Bleileitlinie, vorgestellt von Hans Drexler et al., greift die Umsetzung neuer europäischer Grenzwerte auf. Sie hebt die Bedeutung der arbeitsmedizinischen Vorsorge und des Biomonitorings hervor – nicht nur als formale Pflicht, sondern als zentrales Instrument präventiven Handelns. Deutlich wird hier, wie stark ärztliche Beratung, toxikologische Expertise und regulatorische Anforderungen ineinandergreifen und wie wichtig eine verlässliche arbeitsmedizinische Orientierung ist.

Ein weiterer Beitrag nimmt die Rolle der Leitlinien in der Fort- und Weiterbildung unter die Lupe. Die Rückmeldungen aus den Akademien
zeigen: Leitlinien sind in vielen Kursen fest verankert, ihre systematische Vermittlung könnte jedoch noch gestärkt werden. Der Wunsch nach einem standardisierten Leitlinienmodul und nach stärkerer Sichtbarkeit evidenzbasierter Leitlinienformate ist nachvollziehbar und sollte aus Sicht unseres Fachs aktiv aufgegriffen werden.

Leitlinien verbinden Wissenschaft und Praxis. Sie leben vom Engagement derjenigen, die ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihre Perspektiven einbringen. Diese Ausgabe der ASU möchte dazu beitragen, den Stellenwert arbeitsmedizinischer Leitlinien sichtbarer zu machen und Anstöße geben, sich aktiv an ihrer Weiterentwicklung zu beteiligen. Denn nur so bleibt unser Fach anschlussfähig, praxisnah und wirksam – für die Gesundheit der Beschäftigten und die Qualität der Versorgung in der Arbeitswelt von heute und morgen.

Prof. Dr. med. Susanne Völter-Mahlknecht

Foto: Scherer / DGAUM

Prof. Dr. med.
Susanne Völter-Mahlknecht

Susanne Völter-Mahlknecht

Institut für Arbeits-, Sozial- und Präventivmedizin,
Universitätsmedizin Göttingen