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Update: Covid-19 bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege

(eingegangen am 15.06.20, angenommen am 20.06.20)

Update: Covid-19 among health and social welfare workers

Objectives: To report on the current numbers of SARS-CoV-2 infections or Covid-19 among health and welfare workers in Germany.

Methods: The data from the Robert-Koch Institute (RKI) shows the number of infected workers in medical facilities and care and housing facilities. There is also an analysis of Covid-19 cases reported to the accident insurance provider.

Results: Of all the cases reported to the RKI, 7.2% relate to workers in medical facilities and 5.2 % to workers in care and housing facilities. The accident insurance provider has received reports of 4,850 confirmed SARS-CoV-2 infections among workers to date. Most of the reports relate to workers in hospitals or in nursing homes. 5.7 % or 275 cases pertain to workers in doctor’s practices. The mortality rate is 0.1 % to 0.5 % of all reported cases.

Conclusion: Compared to the previous month there was a further increase in the number of reported infections among health and welfare workers.

Keywords: Corona pandemic – SARS-CoV-2 – mortality – health and welfare workers

ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2019; 55: 446-448

Update: Covid-19 bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege

Zielstellung: Aktuelle Zahlen zur Häufigkeit von SARS-CoV-2-Infektionen oder COVID-19-Erkrankungen bei Beschäftigten im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege werden dargestellt.

Methoden: Die Daten des Robert-Koch-Institutes (RKI) zur Anzahl infizierter Tätiger in medizinischen Einrichtungen und in Betreuungseinrichtungen werden dargestellt. Ferner werden die bei der Unfallversicherung gemeldeten Covid-19 Fälle analysiert.

Ergebnisse: Von allen gemeldeten Fällen, die beim RKI gemeldet wurden, entfallen 7,2 % auf Tätige in medizinischen Einrichtungen und 5,2 % auf Tätige in Betreuungseinrichtungen. Die Unfallversicherung erhielt bisher 4850 Meldungen von bestätigten Infektionen bei Beschäftigten. Die meisten Meldungen betreffen Beschäftigte im Krankenhaus gefolgt von Beschäftigten aus der Altenpflege. 5,7 % oder 275 Fälle betreffen Beschäftigte aus Arztpraxen. Die Mortalitätsrate liegt zwischen 0,1 % und 0,5 % aller gemeldeten Fälle.

Schlussfolgerung: Im Vergleich zum Vormonat ist die Anzahl der Meldungen von Infektionen bei Beschäftigten im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrt weiter gestiegen.

Schlüsselwörter: Corona-Pandemie – SARS-CoV-2 – Mortalität – Beschäftigte im Gesundheitswesen

Einleitung und Zielstellung

In der Ausgabe 6/2020 der ASU wurde über die Anzahl der Beschäftigten im Gesundheitswesen und der Wohlfahrtspflege mit einer SARS-CoV-2-Infektion berichtet (Nienhaus et al. 2020). Obwohl der Höhepunkt der Covid-19-Pandemie zum Zeitpunkt der Publikation bereits seit einigen Wochen überschritten war, ist die Anzahl der bekannt gewordenen Infektionen bei Beschäftigten im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege im weiteren Verlauf deutlich gestiegen. Deshalb sollen hier die aktualisierten Zahlen sowohl zu den beim Robert Koch-Institut (RKI) als auch bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) gemeldeten Fälle gegeben werden.

Methode

Das RKI berichtet regelmäßig über die Anzahl der Covid-19-Fälle bei Tätigen in medizinischen Einrichtungen gemäß § 23 Abs. 3 Infek­tionsschutzgesetz (IfSG) sowie Tätigen in Gemeinschaftsunterkünften gemäß § 36 IfSG. Zu den medizinischen Einrichtungen zählen zum Beispiel Krankenhäuser, ärztliche Praxen, Dialyseeinrichtungen und Rettungsdienste. Zu den Gemeinschaftsunterkünften zählen unter anderem Pflegeeinrichtungen, Obdachlosenunterkünfte, Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylsuchenden, sonstige Massenunterkünfte und Justizvollzugsanstalten. Die hier berichteten Zahlen des RKI beziehen sich auf den Bericht vom 12. 06. 2020 (RKI 2020).

Bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege werden die Meldungen zu SARS-CoV-2-Infektionen sowie zu COVID-19-Erkrankungen von den jeweiligen Bezirksstellen in einer getrennten Datenbank erfasst. Diese Daten werden einmal in der Woche zusammengefasst und stehen in Form von Excel-Tabellen zur Auswertung zur Verfügung. Die hier präsentierten Daten der BGW haben den Stand vom 05. 06. 2020.

Ergebnisse

Unter den nach IfSG übermittelten 185.674 Covid-19-Fällen waren 13.377 Fälle (7,2 %) in einer medizinischen Einrichtung gemäß § 23 Abs. 3 IfSG tätig. Von den Fällen unter Personal in medizinischen Einrichtungen waren 73 % weiblich und 27 % männlich. Der Altersmedian liegt bei 41 Jahren, 20 Personen (0,1 %) sind verstorben. Von den insgesamt 9623 übermittelten Covid-19-Fällen von Personen, die in einer unter § 36 IfSG fallenden Einrichtung tätig sind, sind 48 verstorben (0,5 %). Die hohen Fallzahlen bei Tätigen in diesen Einrichtungen stehen im Einklang mit der Anzahl der berichteten Ausbrüche in Alters- und Pflegeheimen der letzten Wochen. Es ist allerdings nicht bekannt, ob die betroffenen Beschäftigten in medizinischen Einrichtungen oder Betreuungseinrichtungen bei ihrer Tätigkeit oder außerhalb der Einrichtungen infiziert wurden. Die im Vergleich zu allen gemeldeten Fällen geringere Sterblichkeit (0,1 bzw. 0,5 % versus 4,7 %) ist wahrscheinlich durch das jüngere Alter der Tätigen bedingt. Mit einem Anteil von 12,4 % an allen Covid-19-Fällen scheinen die Beschäftigten in medizinischen Einrichtungen und in Gemeinschaftsunterkünften jedoch unter den Covid-19-Fällen überrepräsentiert zu sein (➥ Tabelle 1).

Bis zum 05. 06. 2020 wurden bei der BGW 14.120 Fälle gemeldet (keine Tabelle). Davon waren für 4850 Fälle (34,3 %) ein positives Testergebnis bekannt. Die übrigen Fälle waren Kontaktmeldungen oder das Testergebnis war noch nicht bekannt. Die Mehrzahl der gemeldeten Fälle mit positivem Testergebnis betreffen Kliniken (52,5 %) gefolgt von der stationären oder ambulanten Pflege (34,8 %). Der Anteil gemeldeter positiver Tests aus Arztpraxen ist mit 5,7 % relativ gering. Der Anteil der schweren Verläufe liegt bei 4,1 % (Spannweite 2,1 % bis 50,0 %). Die zehn Todesfälle (0,3 %) betreffen Kliniken (n = 3), die stationäre oder ambulante Altenpflege (n = 5), Arztpraxen (n = 1) sowie Einrichtungen zur Betreuung und Beratung (z. B. Wohnheime) (n = 1; ➥ Tabelle 2).

Tabelle 2:  Gemeldete Covid-19-Fälle bei der BGW, getrennt nach BranchenTable 2: Covid-19 cases reported to BGW (statutory accident insurance provider for health and welfare workers), divided by sector

Tabelle 2: Gemeldete Covid-19-Fälle bei der BGW, getrennt nach Branchen
Table 2: Covid-19 cases reported to BGW (statutory accident insurance provider for health and welfare workers), divided by sector

Diskussion

Im Vergleich zum April ist die Anzahl der als Berufskrankheit gemeldeten Verdachtsfälle auf etwa das Doppelte gestiegen. Allerdings besteht nur bei jeder dritten Meldung auch ein Nachweis von SARS-CoV-2. Erwartungsgemäß stammen die meisten Meldungen aus Kliniken, gefolgt von Pflegeeinrichtungen. Arztpraxen sind mit einem Anteil von 5,7 % an allen Meldungen mit positivem Test relativ selten betroffen. Die Anzahl der Todesfälle bei Beschäftigten hat sich ebenfalls verdoppelt (von 5 auf 10 Fälle). Die Mortalitätsrate ist daher ebenfalls relativ konstant (zwischen 0,1 und 0,5 %). Im Vergleich zu den anderen gemeldeten Infektionen bei der BGW ist die Mortalität aber deutlich erhöht.

Erwähnenswert ist, dass keine Meldungen mit positivem Testergebnis aus Friseurbetrieben vorliegen. Beschäftigte im Friseurhandwerk waren die erste Berufsgruppe außerhalb des Gesundheitswesens, die ihre Tätigkeit wieder aufnehmen konnte, obwohl bei der Tätigkeit die Abstandsregeln (mindestens 1,5 Meter) nicht eingehalten werden können. Die konsequente Umsetzung der Empfehlungen zum Arbeitsschutz während der Pandemie ist eine mögliche Erklärung für diese erfreuliche Beobachtung (BGW 2020). In einer bundesweiten Stichprobe haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Präventionsdienstes der BGW 127 Friseurbetriebe besichtigt. In über 90 % der Betriebe gab es nur geringfügige Beanstandungen bei der Umsetzung der Pandemie-Standards, wie beispielsweise Maskenpflicht für Kundschaft und Personal sowie Terminplanung. Erfreulich ist auch die hohe Anzahl der bereits genesenen Beschäftigten entsprechend der Angaben des RKI (> 97 %).

Schlussfolgerung

Die Anzahl der infizierten Beschäftigten im Gesundheitswesen lässt sich anhand der Daten der Unfallversicherungsträger immer noch schwer abschätzen, da es offensichtlich eine gewisse Verzögerung bei den Meldungen eines Verdachtsfalls gibt. Deshalb bleibt abzuwarten, ab wann es auch bei den gemeldeten Verdachtsfällen bei den Unfallversicherungen einen ähnlich erfreulichen Rückgang gibt wie bei den Fällen aus der Bevölkerung, die dem RKI gemeldet werden.

Danksagung: Wir bedanken uns bei den Sachbearbeitern der BGW, die die Daten zu den Covid-19-Fällen in einer zusätzlichen Datenbank einpflegen. Ferner bedanken wir uns bei allen Beschäftigten im Gesundheitswesen, die trotz der Infektionsgefahr und der psychischen Belastung die Gesundheitsversorgung aufrechterhalten.

Interessenkonflikt: Die Forschungsarbeiten des CVcare am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) werden überwiegend von der BGW gefördert. Die BGW nimmt keinen Einfluss auf die Publikation der Forschungsergebnisse.

Literatur

Nienhaus A, Altenburg C, Bokemeyer B, Schedlbauer G, Stranzinger J: Covid-19 bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege. ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2020; 55: 376–381.

Kontakt:

Prof. Dr. med. Albert Nienhaus
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Abteilung Arbeitsmedizin, Gefahrstoffe und Gesundheitswissenschaften (AGG)
Pappelallee 35–37
22089 Hamburg
albert.nienhaus@bgw-online.de

Weitere Infos

BGW – Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege: SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard für das Friseurhandwerk – Stand: 20. Mai 2020
https://www.bgw-online.de/SharedDocs/Downloads/DE/Branchenartikel/SARS-…-­Friseurhandwerk_Download.pdf?__blob=publicationFile

RKI – Robert Koch-Institut: Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) 12. 06. 2020 – Aktualisierter Stand für Deutschland
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_­Coronavirus/Situationsberichte/2020-06-12-de.pdf?__blob=publicationFile