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Eine qualitative Studie in Pflege- und Betreuungseinrichtungen

Betriebliches Eingliederungsmanagement aus der Beschäftigtenperspektive

M. Opelt1

M. Hege1

D. Rester2

(eingegangen am 30.07.2019, angenommen am 20.12.2019)

Occupational reintegration management from an em­ployee perspective – a qualitative study of care and support facilities

Introduction: Demographic trends and the associated shortage of skilled workers mean that older employees are becoming increasingly important to companies, which must rely on the resources of an aging workforce. Older people are more likely to be unfit for work, which results in more absenteeism. The legislature approved the occupational reintegration management (BEM) in 2004 in order to maintain and promote the ability of emloyees to work. The aim of the investigation was to determine employees’ perspective of BEM, as this has received little coverage as a subject of research.

Methods: The research field was represented by a total of six care and support facilities in east Thuringia. The research question was: “What expectations do employees have regarding BEM?” Grounded theory was used to carry out nine guided interviews with employees in care and support facilities. The data was analysed by using the qualitative content analysis according to Mayring.

Results: Incapacity for work places a wide range of burdens on those affected by it. This is often accompanied by a change in attitudes and behaviour. Reintegration management is therefore perceived as a very important and helpful institution for return to work. A considerable deficit of knowledge on the subject of BEM was nevertheless discovered.

Conclusion: Affected persons expect to be able to keep their job as a result of BEM. The BEM process should be characterised by a step-by-step approach. Colleagues are crucial to a successful return to work as they can support the reintegration with understanding and consideration. Medical specialists were also considered to be very important to integration. Other expectations addressed improvements in the area of workplace health promotion.

Keywords: care and support facilities – occupational reintegration management – employee perspective – collegiality – grounded theory

Betriebliches Eingliederungsmanagement aus der Beschäftigtenperspektive – Eine qualitative Studie in Pflege und Betreuungseinrichtungen

Einleitung: Durch die demografische Entwicklung und den damit einhergehenden Fachkräftemangel gewinnen ältere Beschäftigte für Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Diese verursachen jedoch häufiger Fehlzeiten und müssen sich verstärkt mit Arbeitsunfähigkeit auseinandersetzen. Um die Arbeitsfähigkeit Beschäftigter zu erhalten und zu fördern, legitimierte die Gesetzgebung im Jahre 2004 das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM). Ziel der Untersuchung war es, das BEM aus der Beschäftigtenperspektive zu eruieren, da diese bisher nur gering als Gegenstand der Forschung einbezogen wurde.

Methodik: Das Forschungsfeld wurde durch eine frei gemeinnützige Trägerschaft mit insgesamt sechs Pflege- und Betreuungseinrichtungen im Raum Ostthüringen gestellt. Die forschungsleitende Frage lautete: „Welche Erwartungen haben Mitarbeiter an die betriebliche Eingliederung?“ Es wurden anhand der Grounded Theory neun Leitfadeninterviews mit Beschäftigten in Pflege- und Betreuungseinrichtungen geführt. Die Datenauswertung erfolgte in Anwendung der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring.

Ergebnisse: Arbeitsunfähigkeit schlägt sich in vielfältigen Belastungen bei Betroffenen nieder. Häufig geht damit auch eine Veränderung von Einstellungen und Verhaltensweisen einher. Das BEM wird daher als sehr wichtige und hilfreiche Institution bei der Arbeitsplatzrückkehr wahrgenommen. Trotzdem wurde hierbei auch ein erhebliches Wissensdefizit zum BEM aufgedeckt.

Schlussfolgerung: Betroffene erwarten, dass durch das BEM der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Der BEM-Prozess sollte durch eine schrittweise Herangehensweise geprägt sein. Maßgeblich für eine erfolgreiche Arbeitsplatzrückkehr ist der Kollegenkreis, da dieser mit Verständnis und Rücksicht unterstützend auf die Wiedereingliederung einwirken kann. Auch dem ärztlichen Fachpersonal wurde ein hoher Stellenwert bei der Eingliederung zugesprochen. Weitere Erwartungen adressierten Verbesserungen im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung.

Schlüsselwörter: Pflege- und Betreuungseinrichtungen – Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) – Beschäftigtenperspektive – Kollegialität – Grounded Theory

Einleitung

Im Zuge der demografischen Entwicklung werden ältere Menschen für den Arbeitsmarkt und Unternehmen immer bedeutender. So fiel in Deutschland zwischen 1991 und 2010 die Erwerbsbevölkerung der 15- bis 39-Jährigen von 53,7 auf 44,3 % ab, während die der 40- bis 64-Jährigen von 46,3 auf 55,7 % anstieg (Garloff et al. 2012). Zudem steigerte sich die Erwerbsbeteiligung älterer Menschen, deren Erwerbstätigenquote bei den 60- bis 65-Jährigen seit dem Jahre 2000 erheblich mit 19,9 % auf 53,1 % im Jahre 2015 zunahm (Statistisches Bundesamt 2016b). Evident dabei ist, dass Ältere mit einem Anstieg an Gesundheitsproblemen zu kämpfen haben. Häufigkeit, Komplexität und Chronifizierung von Erkrankungen erhöhen sich im Alter (Saß et al. 2009) und bedeuten dementsprechend im eingetretenen Krankheitsfall eine beträchtlich längere Arbeitsunfähigkeitsdauer (Matthäi u. Morschhäuser 2009).

Um mögliche Engpässe durch den Fachkräftemangel zu kompensieren, müssen Unternehmen zwangsläufig noch stärker auf die Ressourcen Älterer zurückgreifen (Brenke 2013). Dadurch rückt gleichzeitig die Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit der älteren Beschäftigten in den Vordergrund. Dabei gilt es, altersbedingten Zunahmen von Fehlzeiten und Einschränkungen primär- und sekundärpräventativ entgegenzuwirken, da ansonsten mit dem Altern der Belegschaften eine Zunahme von Erkrankungsfällen und Fehlzeiten drohen (Matthäi u. Morschhäuser 2009). Aus ökonomischer Sichtweise verursacht Arbeitsunfähigkeit zudem erhebliche Kosten für den Betrieb, die es zu verhindern gilt (Beyer et al. 2015).

Besonders für Pflege- und Betreuungseinrichtungen besitzt das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) eine hohe Relevanz, da diese Branche durch zum Teil schlechte Arbeitsbedingungen wie Leistungs- und Zeitdruck sowie hohe körperliche und psychische Belastungen geprägt ist (Abeler 2013). Dementsprechend traten im Jahre 2016 in der Altenpflege durchschnittlich 28 Arbeitsunfähigkeitstage pro Beschäftigten auf. Im Branchendurchschnitt (17,4 Arbeitsunfähigkeitstage) gehört die Altenpflege damit nachweißlich zu den Branchen mit den höchsten Arbeitsunfähigkeitstagen. Im Vergleich zur Berufsgruppe mit den wenigsten Ausfallzeiten (Lehr- und Forschungstätigkeiten an Hochschulen, fünf Arbeitsunfähigkeitstage) fallen diese in der Altenpflege mehr als fünfmal so hoch aus (Dachverband der Betriebskrankenkassen 2018).

Es wurde im Vorfeld eine Sekundärdatenanalyse des gesamten Personals des untersuchten Forschungsfeldes durchgeführt. Diese zeigte, dass zum Stichtag des 01.08.2017 bereits 48,6 % der Belegschaft mindestens 50 Jahre oder älter war. Das Krankheitsgeschehen wurde für einen Einjahreszeitraum, vom 01.08.2016 bis zum 31.07.2017, herangezogen und lag hierbei bei durchschnittlichen 30,6 Arbeitsunfähigkeitstagen pro Beschäftigtem. Zwischen den jeweiligen Einrichtungen schwankten die Ausfallzeiten im Durchschnitt zwischen 16 und 51,7 Arbeitsunfähigkeitstagen pro Beschäftigtem. Bei der Observierung der Krankheitszeiträume konnte in Erfahrung gebracht werden, dass 26,3 % des gesamten Personals im analysierten Einjahreszeitraum über 30 Tage arbeitsunfähig gewesen war. In der Zusammenfassung verdeutlichten die ermittelten Kennzahlen zur Beschäftigtenstruktur zu den Fehlzeiten eine hohe Relevanz, die ein Eingreifen und Gegenwirken in Form des BEM im Forschungsfeld erforderlich machten.

Theoretischer Hintergrund

Seit 2004 verpflichtet die Gesetzgebung Unternehmen zur Durchführung eines BEM. Mit dem Ziel, die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten, soll damit den Folgen der demografischen Entwicklung begegnet werden (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2013). Ausgangspunkt des BEM bildet das betriebliche Gesundheitsmanagement, dem es als Baustein neben dem Arbeitsschutz und der betrieblichen Gesundheitsförderung zugeordnet wird (➥ Abb. 1). Die gesetzliche Grundlage wird durch den § 167 „Prävention“ im Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) „Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen“ gestellt. Nach Absatz 2 muss das Unternehmen bei Beschäftigten, die „innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig“ waren, Maßnahmen in Form eines BEM anbieten. Dies zielt darauf ab, Arbeitsunfähigkeit möglichst vorzubeugen, zu überwinden sowie damit den Arbeitsplatz von Betroffenen zu erhalten.

Es besteht eine von der Unternehmensgröße losgelöste Pflicht des Betriebs, das BEM den Betroffenen anzubieten und es auf deren Wunsch durchzuführen. Der Betrieb darf jedoch nicht zu einer Teilnahme zwingen (Seel 2017). Wie ein BEM in der Praxis konkret ausgestaltet werden soll, wird bis heute nicht vorgeschrieben. Dadurch soll ein BEM an die Situation und Bedarfe der Beschäftigten angepasst werden können (betriebsbezogenes Vorgehen; Beyer et al. 2015). Ein BEM sollte jedoch systematisch in verschiedenen Phasen und ziel­orientiert durchgeführt werden (Berner 2008). Im Verfahren sind seitens der Gesetzgebung das Unternehmen, die Schwerbehindertenvertretung, das Integrationsamt, die nach § 176 SGB IX genannten Interessenvertretungen in Form des Betriebs- und Personalrates sowie Werks- beziehungsweise Betriebsärztinnen und -ärzte zu beteiligen. Darüber hinaus werden jedoch keine Grenzen weiterer inner- und außerbetrieblicher Akteure festgesetzt. In größeren Unternehmen empfiehlt sich die über den Einzelfall hinausgehende Bildung eines BEM-Teams (Schmitt 2014). Unabhängig von der Art und Weise der Ausgestaltung ist beim BEM immer das Ergebnis entscheidend (Berner 2008). Die betroffene Person steht im Mittelpunkt, weshalb es auch individuell auf diese zugeschnitten werden muss (Beyer et al. 2015).

Die Forschung zur Beschäftigtensicht zeigt, dass bis heute noch nicht alle Prädiktoren der Arbeitsplatzrückkehr vollständig erforscht wurden. Internationale Forschungsarbeiten zu Return to Work (RTW), unter denen sich das BEM-Konstrukt unterordnen lässt, beschäftigten sich vor allem mit der Frage, welche personalbezogenen Faktoren die Arbeitsplatzrückkehr begünstigen. Demnach wird eine Arbeitsplatzrückkehr von physischen, psychischen und sozialen Faktoren beeinflusst (Franche u. Krause 2002). So haben unter anderem die generelle Arbeitseinstellung, Selbstwirksamkeitserwartungen und die wahrgenommene soziale Unterstützung für Beschäftigte einen signifikanten Einfluss auf die Rückkehrzeit nach einer Erkrankung. Diese Faktoren können jedoch zwischen unterschiedlichen Erkrankungsarten divergieren, was krankheitsspezifische Ansätze und Strategien bei der Bewältigung einer Arbeitsunfähigkeit bedingt (Brouwer et al. 2010). Besonders bei psychischen Erkrankungen ist die Wiedereingliederung als Teil des Genesungsprozesses zu verstehen (Riechert u. Habib 2017). Erwartungen an die und Vorstellungen von der Arbeitsplatzrückkehr prägen ebenso die Prognose der beruflichen Rehabilitation (Cole et al. 2002). Demzufolge haben Betroffene, die nicht an eine Rückkehr in den vorherigen Beruf glauben, es schwieriger, auch tatsächlich zurückzukehren, während posi­tive Erwartungen an die Rehabilitation diese begünstigen (Sampere et al. 2012; Nielsen et al. 2010). Eine Rolle spielt auch die Wahrnehmung, auf der Arbeit willkommen zu sein (Heijbel et al. 2006). Solche Erwartungen lassen sich dabei beispielsweise durch (sozio)demografische und schmerzbezogene Faktoren bereits erklären (Ozegovic et al. 2010). Darüber hinaus muss ebenso das Potenzial der ärztlichen Einflussnahme bei einer Eingliederung berücksichtigt werden (Claréus u. Renström 2019).

Ziele und Forschungsfrage

Die vorliegende Untersuchung setzte sich thematisch mit dem BEM im Setting von Pflege- und Betreuungseinrichtungen auseinander. Dabei war die personalorientierte Sichtweise zum BEM von Interesse. Ziel war es, Unternehmen und insbesondere Führungskräfte für die Situation ihrer betroffenen Bschäftigten zu sensibilisieren und bei der Umsetzung von Wiedereingliederungsmaßnahmen im Rahmen des BEM zu unterstützen. Speziell für das gewählte Forschungsfeld, in dem die Wiedereingliederung mit einem hohen Entwicklungs- und Verbesserungspotenzial angesehen wurde, sollte die Untersuchung einen Beitrag zur Implementierung eines BEM durch die Verantwortungspersonen leisten. Darüber hinaus stellt es ein grundsätzliches Ziel dar, aus den gezogenen Schlussfolgerungen neue Ansätze für folgende Forschungsarbeiten zu generieren. Die Forschungsfrage lautete: „Welche Erwartungen haben Mitarbeiter an die betriebliche Eingliederung?“. Die Forschungsfrage folgte einem explorativen Ansatz, weshalb für deren Beantwortung ein qualitatives Studiendesign mittels Interviews umgesetzt wurde.

Methodik

Qualitative Forschung und Grounded Theory (GTM)

Um die individuellen Sichtweisen betroffener Beschäftigter zu berücksichtigen, wurde bei der Beantwortung der Forschungsfrage der qualitative Ansatz in Form der GTM gewählt. Die Besonderheit dieser Methode besteht in einem simultanen, komparativen Ablauf von Datenerhebung, -analyse und Ziehung der Stichprobe, wodurch sich das Forschungsvorhaben permanent weiterentwickelt und auf Kernprobleme konzentriert (Polit et al. 2004).

Forschungsfeld und Sampling

Das untersuchte Forschungsfeld wurde durch insgesamt sechs Pflege- und Betreuungseinrichtungen im Raum Ostthüringen gestellt, die gemeinsam einer frei gemeinnützigen Trägerschaft untergeordnet sind. Die Auswahl der an der Untersuchung Teilnehmenden erfolgte zielgerichtet und im wechselseitigen Prozess zwischen Datenerhebung und -auswertung im Sinne der GTM. Im Hinblick auf die Ergebnis­orientierung wurde darauf abgezielt, vorwiegend Personen zu erreichen, die im Sinne des BEM bereits eine längere Arbeitsunfähigkeit in der Vergangenheit nachweisen konnten. Um den Limitationen der qualitativen Herangehensweise in Bezug auf die Zahl der an der Studie teilnehmenden Personen zu begegnen, sollte zudem beim Alter eine möglichst hohe Streuung, hinsichtlich der Merkmalsverteilung von Geschlecht und beruflicher Position eine möglichst hohe Heterogenität erreicht werden. Die Auswahl geeigneter Interviewpartnerinnen und -partner (IP) erfolgte einrichtungsübergreifend und in unterstützender Absprache mit dem Qualitäts- und Personalmanagement der Einrichtungsträgerschaft. Das Sampling war hinsichtlich der GTM an der theoretischen Sättigung auszurichten. Das bedeutet, dass eine
Datensättigung im fortlaufenden Datenerhebungsprozess beziehungsweise bei der Suche im Material an der Stelle einsetzt, an der sich keine neuen Theorien mehr generieren lassen (Przybowski u. Wohlrab-Sahr 2014). Praktisch wurde die Datensättigung hierbei nach dem neunten Interview erreicht, da sich keine neuen Erkenntnisse mehr aufzeigen ließen, die eine weitere Datenerhebung bedingt hätten. In den neun Interviews wurden sechs Frauen und drei Männer mit einem Durchschnittsalter von 44 Jahren inkludiert. Unter allen IP befanden sich auch eine Pflegedienstleitung und ein Mitglied des Betriebsrats. Die Dauer der Interviews variierte insgesamt zwischen 19 und 38 Minuten (Mittelwert: 26 Minuten) (➥ Tabelle 1).

Tabelle 1:  FallauswahlTable 1: Sample

Tabelle 1: Fallauswahl
Table 1: Sample

Erhebungsinstrument

Als Erhebungsinstrument wurde ein Leitfaden für die semistrukturierten Interviewformen verwendet, da dieser zur Strukturierung des Themenfelds und als Hilfsmittel zur Orientierung in der Erhebungssituation dient (Bogner et al. 2014). Der Leitfaden enthielt 42 Fragen, die in drei aufeinanderfolgende Themenkomplexe unterteilt wurden. Der erste Themenkomplex setzte sich mit Krankheit und Arbeitsunfähigkeit auseinander, der zweite mit Einstellungen und dem Verständnis der IP zu Gesundheit, Arbeit, betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF) und Belastungen. Der dritte und umfangreichste Themenkomplex befasste sich mit betrieblicher Eingliederung und dem BEM. Es wurden ausschließlich offene Fragen inkludiert, damit die Antworten der befragten Person in kein vorgegebenes Antwortschema eingeordnet werden müssen, sondern von dieser eigens formuliert werden können (Lamnek 2016). In der Entwicklung des Leitfadens wurden Studien und Projekte zur betrieblichen Eingliederung vergangener Jahre berücksichtigt, die den Fokus auf die Betroffenenperspektive legten (Alaszewski et al. 2007; Gilworth et al. 2009; Sommer 2016). Bei Bedarf wurde der Leitfaden im Sinne des komparativen Vorgehens der GTM nach jedem Interviewdurchlauf angepasst und einzelne Aspekte vermehrt in den Fokus gestellt oder vernachlässigt (Reichertz u. Wilz 2016). Jede teilnehmende Person erhielt den identischen Fragenkatalog. Dem jeweiligen Gesprächsverlauf entsprechend musste dieser jedoch angepasst werden, damit Themen nicht doppelt angesprochen werden. Ausgehend von den angefertigten Transkriptionen wurden zwischen 20 bis 45 Fragen gestellt (Mittelwert: 37 Fragen)

Datenerhebung

Die Datenerhebung erfolgte im Zeitraum vom 04.09.2017 bis zum 21.09.2017. Die Befragten wurden während der Arbeitszeit in Dienstzimmern oder Ruheräumen angetroffen, um Störeinflüsse so gering wie möglich zu halten. Im Vorfeld wurde die Heim- und Pflegedienstleitung jeweils über die Termine informiert. Die Interviewdurchführung wurde jeweils konkret in insgesamt vier Phasen gegliedert. Dieser Ablauf beinhaltete eine Informations-, Einstiegs- Haupt- und Abschlussphase (Misoch 2015). Somit konnte sowohl ein reibungsloser Ein- als auch Ausstieg aus den Interviews für die Interviewenden und IP gewährleistet werden. Die Interviews wurden mittels eines Diktiergeräts aufgezeichnet. Die Forschungsethik wurde durch ein im Vorfeld der Interviews bereitgestelltes Informationsschreiben zur Untersuchung sowie einer beiderseitig unterzeichneten Einwilligungserklärung abgesichert, die unter anderem die Aspekte Freiwilligkeit, Abbruchmöglichkeit, Löschung der Primärdaten, Anonymisierung und Datenschutz erläuterte.

Datenauswertung – Qualitative Inhaltsanalyse

Für die Datenauswertung wurde sich für die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring entschieden, die mittels der Datenanalysesoftware MAXQDA (Version 12) ausgeführt wurde. Vorangestellt wurde eine Transkription der Audiodateien. Unter Berücksichtigung finanzieller und zeitlicher Ressourcen wurde sich für das Transkriptionssystem nach Kuckartz entschieden, auch da dieses unter anderem speziell für die Datenerhebung mittels Leitfadeninterviews sowie die computergestützte Analyse konzipiert wurde (Kuckartz 2014). Nach Vorliegen der jeweiligen Transkripte wurde eine inhaltsanalytische Zusammenfassung nach Mayring gewählt. Gemeinsam ist allen Analyseformen die Entwicklung eines Kategoriensystems, das in einem Wechselverhältnis von Theorie und konkretem Material entwickelt, durch Zuordnungs- und Konstruktionsregeln definiert und während der Analyse überarbeitet und rücküberprüft wird (Mayring 2008). Angewandt wurde dabei sowohl die induktive Kategorienbildung, bei der die Kategorien aus dem Material herausgebildet werden, als auch die deduktive Kategorienbildung, bei der Kategorien im Voraus, hier anhand der Leitfragen und Themenkomplexe, aufgestellt werden. Die Kategorienbildung und die Zuordnung der Interviewaussagen zu den Kategorien wurden durch eine Person durchgeführt. Es wurden einzelne Wörter (Kodiereinheit) bis hin zu mehreren Sätzen bzw. einem Absatz (Kontexteinheit) zugeordnet (Mayring 2008).

Ergebnisse

Die Ergebnisse konnten sechs Kategorien zugeordnet werden (➥ Abb. 2), wobei auf eine möglichst ausgeglichene, übersichtliche und trennscharfe Strukturierung der Kategorienbildung Wert gelegt wurde. Es erfolgt eine verständliche und nachvollziehbare Darstellung der wichtigsten Aussagen der IP mittels wertungsfrei wiedergegebenen Ankerbeispielen (zitiert als IP 1 bis IP 9).

Abb. 2: Überblick Kategoriensystem
Fig. 2: Overview of category system

Belastungen

Für Betroffene stellt eine Erkrankung häufig einen Schicksalsschlag dar: „Ja, das war schon so ein Einbruch im Leben“ (IP 1, Abs. 14); „Ich habe mir ja das nicht einmal träumen lassen […]“ (IP 4, Abs. 6). Es wurde die Angst beschrieben, die ursprüngliche Funktion nicht mehr ausüben zu können (IP 8 Abs. 65), in den Stunden herabgesetzt zu werden und/oder den Arbeitsplatz an Jüngere aus dem Kollegenkreis abtreten zu müssen beziehungsweise zu verlieren (IP 6, Abs. 54). Werde später die Arbeit erneut aufgenommen, falle es zu Beginn schwer, den Arbeitsanforderungen immer gerecht zu werden und die Leistungsfähigkeit wieder zu steigern (IP 1, Abs. 14). Eng in Verbindung mit dem Arbeitsplatzverlust wurden seitens der Betroffenen finanzielle Sorgen geäußert, da das Krankengeld meist nicht ausreiche, um die Kosten zu decken (IP 3, Abs. 59; IP 4, Abs. 40). Ein Betroffener schilderte, so lange arbeitsunfähig gewesen zu sein, dass er mittlerweile schon ausgesteuert gewesen und infolge dessen ein Abhängigkeitsverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit und dem Arbeitsamt eingetreten sei (IP 3, Abs. 59). Ebenfalls sei es ernüchternd, wenn der Heilungsverlauf nur langsam voranschreitet und kaum erkennbarer Fortschritt vorhanden ist: „Ich hab gedacht, ich arbeite schon lange wieder“ (IP 6, Abs. 76). Trotz reichlich aufgebrachter Geduld kämen dennoch Sorgen auf, dass die Schmerzen sich chronifizieren. Gleichzeitig wachse die Angst vor Rückschlägen im Heilungsprozess sowie einer erneuten Operation und der damit verlängerten Arbeitsunfähigkeit (IP 2, Abs. 58). Ein Betroffener mit Herzinsuffizienz schilderte ein Auftreten von gelegentlichen Akutphasen und Schüben: „Und das dauert halt nicht wie bei jedem eine Woche, eine Grippe, sondern bei mir zieht sich das dann halt“ (IP 3, Abs. 35). Dem Kollegenkreis wird ein hoher Einfluss auf die Belastungswahrnehmung bei der Arbeitsplatzrückkehr zugesprochen. Denn häufig fühlen sich Beschäftigte von ihrem Arbeitsumfeld analysiert oder sogar gemobbt: „Die Alteingesessenen wissen das halt alle und verbinden das eben immer mit mir.“ (IP 5, Abs. 30); „Also im Buschfunk wird immer ganz was anderes erzählt, was in der Realität ist, und das ist hier bei uns speziell sehr schlimm“ (IP 7, Abs. 65). Es ist den Betroffenen wichtig, dass eine gewisse Sensibilität im interkollegialen Umgang erfolge, indem man sich gegenseitig helfe (IP 7, Abs. 61). Ein Befragter betonte „das Kollektiv“ (IP 7, Abs. 61). Es sei sich stets vor Augen zu führen, dass Krankheit und Gebrechen einen selbst betreffen können (IP 8, Abs. 28). Nach IP 7 werde auch in der Geschäftsführung nicht immer genügend Verständnis gegenüber den Langzeiterkrankten aufgebracht (IP 7, Abs. 39).

Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)

Nach IP 7 sei BGF für die Eingliederung insofern relevant, da hier bereits während der Arbeitsunfähigkeit die ersten Schritte zur Rehabilitation eingeleitet und die Beschäftigten im Vorfeld der geplanten Arbeitsplatzrückkehr unterstützt werden können (IP 7, Abs. 51). Für die Belegschaft hat BGF grundsätzlich eine große Bedeutung. Hinsichtlich Prävention erscheine BGF sinnvoll (IP 7, Abs. 65). Daher sei es enttäuschend, dass in dieser Richtung bisher nicht viel passiert sei: „[…] man könnte vielleicht auch noch mehr machen“ (IP 4, Abs. 28); „[…] das geht mal einen Monat und dann läuft das aus und dann ist das ganze Jahr über nix“ (IP 6, Abs. 34); „Weil ich denke, es müsste mehr für die Mitarbeiter getan werden“ (IP 7, Abs. 37). Darüber hinaus sollen auch außerbetriebliche Aktionen wie Wander- und Projekttage ermöglicht und gefördert werden, da hierdurch der Zusammenhalt im Team gestärkt werden könne (IP 9, Abs. 32). In diesem Zusammenhang wurde auch von einem gesunden Arbeitsklima gesprochen (IP 1, Abs. 8). Im Vergleich zu anderen Unternehmen verstärke sich die Ansicht, dass im Bereich BGF mehr geleistet werden könne (IP 2, Abs. 8). Des Weiteren würden Barrieren existieren, die eine Teilnahme an bestehenden Maßnahmen erschweren. Auf der einen Seite würden ungünstige Arbeitszeiten und der Schichtdienst hindern (IP 2, Abs. 8). Auf der anderen Seite ließen sich BGF und Familie nicht immer zeitlich miteinander vereinen (IP 9, Abs. 34). Zweifelsohne müsse aber auch ein gewisser Grad an Eigenverantwortung des Einzelnen im Sinne der BGF vorherrschen (IP 3, Abs. 12; IP 7, Abs. 25). Nach IP 5 würden sich jedoch jegliche Versuche der BGF relativieren, wenn bereits die grundlegenden Arbeitsbedingungen die Erkrankungen verursachen (IP 5, Abs. 24). Dass Beschäftigte im Pflegebereich das Wohlergehen der Bewohner fördern, während aber meist gleichzeitig das Befinden der Belegschaft vernachlässigt bleibt, sei ein großer Ansatzpunkt für Kritik (IP 9, Abs. 32). In Hinblick auf die vorherrschenden Fehlzeiten und den Personalmangel „[…] hätte schon viel früher etwas gemacht werden müssen […]“ (IP 9, Abs. 30).

Veränderung von Einstellungen

Als besonders prägend für die Einstellungen wurde von einem Betroffenen das Abhängigkeitsverhältnis während der Krankheitsphase beschrieben: „Man merkt erst mal, was das bedeutet. […]. Wenn man auf Hilfe angewiesen ist, sogar bei […] Kleinigkeiten“ (IP 4, Abs. 6). Ein Ausscheiden aus dem Berufs- und Erwerbsleben hätte für die Betroffenen jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Möglichkeit dargestellt: „[…] dass ich meine Existenz […] oder meinen Lebensstandard, den ich jetzt mir so aufgebaut habe, weiterführen kann“ (IP 6, Abs. 28); „[…] vom Arbeitslosengeld oder der Arbeitslosenhilfe möchte ich nicht leben wollen“ (IP 2, Abs. 6). In diesem Sinne stecke auch ein gewisser Druck dahinter, dass die Eingliederung positiv verläuft und der Arbeitsplatz bis zur Rente erhalten werden könne (IP 6, Abs. 28). Des Weiteren sei die Eingliederung auch für die Psyche wichtig, da die Arbeit eine Struktur vorgebe und ein Zugehörigkeitsgefühl in die Gesellschaft vermitteln würde: „Ich könnte jetzt nicht sinnlos in den Tag hineinleben“ (IP 7, Abs. 29). In erster Linie mache Arbeit den Betroffenen aber Spaß (IP 4, Abs. 26). In dieser Hinsicht motiviere die Arbeit auch aus dem Inneren heraus, um nach überstandener Arbeitsunfähigkeit schnell zurückzukehren (IP 5, Abs. 36). Als weiterer Motivator wurde Teamarbeit genannt: „Und da muss ich sagen, dass ich in ein gutes Kollektiv reingekommen bin“ (IP 2, Abs. 34). Die Betroffenen geben an, durch die Erkrankung für ihre Gesundheit besser sensibilisiert zu sein: „[…] das ist halt wertvoll, man denkt oft drüber nach, was ich vorher nicht habe“ (IP 3, Abs. 55). Im Berufsalltag gebe es häufig „[…] aufregende Situationen, wenn wir auch mal einen Notfall haben und jemanden retten müssen […]“. Daher werde versucht, unnötigen Stress zu vermeiden und Ruhe zu bewahren (IP 1, Abs. 30). Zudem könne gleichzeitig mehr Verständnis für andere aus dem Kollegenkreis und deren Erkrankungen aufgebracht werden: „Dass da einfach mehr dahinter stecken kann […]“ (IP 3, Absatz 53).

Wissen und Wahrnehmung zum BEM

Fast keinem Betroffenen waren konkrete Informationen zum BEM bekannt. Ein Wissensdefizit wurde durchweg deutlich: „Das ist mir wirklich nicht so bekannt“ (IP 1, Abs. 22); „Davon habe ich noch gar nichts gehört“ (IP 2, Abs. 44); „Eingliederung ist ja quasi, wenn jemand Neues irgendwo anfängt zu arbeiten und die soll ja erst einmal eingearbeitet und eingegliedert werden, wie auch immer. […] gerade ich als junger Mensch quasi. Da wird soweit nie darüber nachgedach.“ (IP 8, Abs. 51 und 77). Unabhängig vom Wissensstand bestand bei den IP grundsätzlich ein Konsens darüber, dass ein BEM wichtig sei und diesem eine hohe Bedeutung zukomme: „Ich finde es erst einmal eine gute Sache“ (IP 1, Abs. 20); „Ich finde es jedenfalls gut“ (IP 4, Abs. 66); „Ja, auf alle Fälle“ (IP 2, Abs. 46). Nach IP 7 habe das BEM in Hinblick auf die demografische Entwicklung besonders in Pflege- und Betreuungseinrichtungen eine hohe Bedeutung: „Pflegeheime werden noch mehr entstehen, Pflegepersonal wird massiv gebraucht, definitiv.“ […] die Anforderungen an das Personal werden ja aufgrund dessen […] immer mehr“ (IP 7, Abs. 49). Also muss ich zusehen, dass ich ein Mittel oder eine Institution schaffe, die dafür sorgt, dass die Leute […] ein bisschen entlastet werden […] (IP 7, Abs. 65). Nach mehreren Betroffenen bestünden bereits jetzt Engpässe und Personalmangel (IP 5, Abs. 24; IP 7, Abs. 35; IP 9, Abs. 83) Besonders Pflegeeinrichtungen sollten nach IP 6 daher bestrebt sein, dass eine Eingliederung positiv verlaufe (IP 6, Abs. 74).

Persönliche Vorbereitung auf die Arbeitsplatzrückkehr

Für die Betroffenen stelle eine Rückkehr vom Krankheitsalltag an den Arbeitsplatz zu Beginn eine gewöhnungsbedürftige Veränderung dar: „[…] es sind ja auch viele neue Sachen nach dem einem Jahr. Neue Bewohner, neues Computerprogramm“ (IP 4, Abs. 50). Nach IP 7 stehen im Eingliederungsprozess nicht nur die betrieblichen Akteure im Fokus, sondern auch die betroffenen Mitarbeiter würden ihre Arbeitsplatzrückkehr entscheidend beeinflussen können: […] dass man selbst konkrete Vorstellungen hat, wie man es macht […] dass man da einfach in der Beziehung ein bestimmtes Maß an Kompetenz zeigt und natürlich auch Offenheit und auch Entgegenkommen. […] das ist mit wichtig, dieses Eigenengagement“ (IP 7, Abs. 59). Dies äußere sich beispielsweise auch dahingehend, dass der Kontakt zum Unternehmen und dem Kollegenkreis während der Krankheitsphase gehalten werde: „Dann habe ich jetzt einmal im Monat immer ein Gespräch mit meinem Chef gehabt […]“ (IP 6, Abs. 68). Dies sei dahingehend vorteilhaft, dass bereits konkrete Vorstellungen und Möglichkeiten zur späteren Eingliederung miteinander ausgetauscht werden können (IP 7, Abs. 59): „Und da hatte ich auch mit meinen Kolleginnen und Frau S. gesprochen und hatte gesagt, wie sieht das aus, nach der Wiedereingliederung“ (IP 2, Abs. 36). Ein ebenso wichtiger Punkt der Vorbereitung werde durch sportliche Aktivität abgebildet. Diese stelle nach IP 6 einen guten Indikator dar, um die Leistungsfähigkeit zu ermitteln: „Ich versuche schon, meinen Körper […] vorzubereiten. […] Ich merke aber auch, dass ich dann zuhause an meine Grenzen stoße. […] Also ich tue mich schon fordern […]. Und wenn ich dann danach Schmerzmittel nehmen muss, dann muss ich sagen: Ich bin da noch nicht soweit, um eine Eingliederung zu machen“ (IP 6, Abs. 44). Zudem würden durch Sport bestehende Schmerzen gelindert sowie Selbstbewusstsein und Wohlergehen gesteigert werden können (IP 1, Abs. 28). Mehrere Personen gaben an, an Angeboten der Physiotherapie und dem Rehasport sowie am Sport- und Fitnessprogramm der intensivierten Rehabilitationsnachsorge (IRENA) der Deutschen Rentenversicherung teilgenommen zu haben (IP 1, Abs. 16; IP 4, Abs. 4; IP 6, Abs. 26). Bei psychischen Störungen werde zusätzlich therapeutische Hilfe aufgesucht: „Man muss sich halt einen Ausgleich suchen“ (IP 5, Abs. 56).

Maßnahmen und Beteiligte der Eingliederung

Die stufenweise Wiedereingliederung wurde von den betroffenen Beschäftigten als häufigste Maßnahme genannt, die als Unterstützungsangebot bei der Arbeitsplatzrückkehr genutzt worden sei. Diese wurde fast durchgehend als positiv und zufriedenstellend beschrieben: „Darum war ich sehr froh […], dass der Körper sich erstmal wieder daran gewöhnen kann“ (IP 2, Abs. 42); „Meinen Körper langsam auf den Arbeitsprozess darauf vorbereiten (IP 6, Abs. 48) […] Um mich langsam zu steigern. Um wieder die hundert Prozent zu erreichen“ (IP 6, Abs. 16). Es wurden dabei verschiedene Stundenmodelle in Anspruch genommen, von zwei Stunden (IP 3) vier Stunden (IP 2, IP 4, IP 5) bis hin zu sechs Stunden (IP 1). Die Entscheidung für ein Modell werde durch die Länge der Arbeitsunfähigkeit und die Schwere der Erkrankung bedingt: […] die Wiedereingliederung nicht so wahrgenommen […]. Aber ich hatte mich eben halt sehr schnell gut erholt“ (IP 1, Abs. 14) Bei langfristigen körperlichen Schwächungen infolge der Krankheitsgeschichte sei es daher „[…] beispielsweise total anstrengend, auch eben nur die zwei Stunden“ (IP 3, Abs. 61). In einem Fall wurden aber auch negative Erfahrungen geäußert: „[…] ich bin trotzdem voll gegangen mit 6 oder 7 Stunden. Also es wurde halt nicht berücksichtigt“ (IP 5, Abs. 42). Grundlegend wurden die Vorgesetzten aber als verständnis- und rücksichtsvoll sowie hilfsbereit beschrieben: „Die sind da echt sehr entgegenkommend, das muss ich echt sagen“ (IP 3, Abs. 69). Beispielsweise wurde von Besuchen am Krankenbett berichtet, die einen nachhaltig positiven Eindruck hinterlassen hätten (IP 1, Abs. 18). Die Interviews zeigten, dass die einbezogenen Akteure im BEM-Prozess in den meisten Fällen durch die zuständige Heim- und Personalleitung abgebildet wurden, wobei je nach Berufsbild beispielsweise noch die Pflegedienstleitung hinzugezogen wurde. Der Betriebsrat nehme nur in seltensten Fällen am Prozess teil, während eine Schwerbehindertenvertretung bisher nicht existent ist. Letztendlich bedarf es nach den Betroffenen aber nicht immer eines großen Verfahrens mit vielen Beteiligten. In vielen Fällen reiche bereits ein zwangloses Vier-Augen-Gespräch aus: „Einfach da, um die Spannung rauszunehmen“ (IP 7, Abs. 41); „Wenn man eine gute Leitung ist […]. Da weiß man genau, mit wem kann man wie sprechen“ (IP 9, Abs. 79). Übereinstimmend positiv äußerten sich die IP zu den ärztlichen Akteuren im BEM, insbesondere zur Rolle der Hausärztin oder des Hausarztes. Diese stellten die ersten Ansprechpartnerinnen und -partner im Falle einer Erkrankung dar (IP 6, Abs. 10), informierten Betroffene und würden durch ihre Expertise sinnvolle Maßnahmen vorschlagen (IP 2, Abs. 58; IP 7, Abs. 59). Zudem würden sie in einer Vermittlerrolle zu weiteren innerbetrieblichen und externen Akteuren agieren (IP 1, Abs. 14; IP 3, Abs. 59; IP 6, Abs. 62).

Diskussion

Ergebnisdiskussion

Die Untersuchung konnte ein erhebliches Wissensdefizit der Betroffenen zum BEM offenbaren. Außer bei IP 7 bestanden bei allen IP, inklusive der Pflegedienstleitung, keine Kenntnisse, worum es sich bei einem BEM handelt. Ein IP verwechselte das BEM mit der Einarbeitung bei der Personaleinstellung. Dies deckt sich auch mit anderen Studien­ergebnissen, nach denen das BEM einem Großteil der Unternehmen noch unbekannt ist und schätzungsweise erst in 25–50 % dieser implementiert wurde (Gebauer et al. 2007; Niehaus et al. 2008). Gerade bei kleineren und mittleren Unternehmen, unter denen sich das Forschungsfeld einordnet, ist das BEM häufig nach wie vor kein bedeutendes Thema (Knoche u. Sochert 2013). Es besteht damit weiterhin ein hoher Informationsbedarf zum BEM. Einerseits liegt das Problem bei den Unternehmen, da diese das BEM auf den ersten Blick mit mehr Bürokratie und Kosten verbinden (Niehaus 2008; Jastrow et al. 2010). Dabei ist die Hebelwirkung zur Kostenreduktion von Langzeiterkrankungen besonders hoch (Prümper et al. 2015). Einer Nutzwertanalyse nach liegt das Return on Investment des BEM bei einem Vielfachen (Fassmann u. Emmert 2010). Darüber hinaus ist eine finanzielle Förderung nach § 167 Abs. 3 SGB IX gesetzlich festgeschrieben. Andererseits muss auf einen Handlungsbedarf seitens der Politik verwiesen werden. Denn die mangelnde Initiative der Unternehmen ist maßgeblich auch auf das beständige Fehlen gesetzlicher Kontroll- und Sanktionierungsmechanismen zurückzuführen. Beschäftigte, die von Krankheit nicht betroffen sind, setzen sich zudem ohne die eigene Betroffenheit kaum mit dem Thema Eingliederung im Vorfeld auseinander (Reusch 2012).

Dennoch nehmen Beschäftigte das BEM als hilfreiche Institution zur erfolgreichen Arbeitsplatzrückkehr und Personalentlastung wahr. Für Betroffene trägt eine gelungene Arbeitsplatzrückkehr nicht nur zu einer verbesserten Selbstwahrnehmung bei, sondern stellt einen essenziellen Prozess zur vollständigen Genesung und Neuaufbau des individuellen Lebens dar (Alaszewski et al. 2007; Gilworth et al. 2009). Für sie wird durch das BEM die wohlwollende Einstellung des Betriebs erkannt und damit die Loyalität gestärkt (Sommer 2016). Unternehmen profitieren zudem durch eine generelle Verbesserung des Arbeitsklimas und ein gesteigertes Engagement der Beschäftigten (Knoche u. Sochert 2013).

Beschäftigte erwarten, dass durch das BEM der Arbeitsplatz erhalten werden kann, da ein Ausscheiden aus dem Berufsleben aus vielfältigsten Gründen keine Option darstellt. Vielen Beschäftigten wird durch die Arbeitsunfähigkeit der Wert der Arbeit erst bewusst (Gilworth et al. 2009). Aus Betroffenensicht erlangt die Arbeitsplatzrückkehr auch eine besondere Bedeutung dahingehend, dass sie als Indikator für eine Rückkehr zum Normalitätszustand vor der Erkrankung verstanden wird (Alaszewski et al. 2007). Eine Überwindung der Arbeitsunfähigkeit steht groben Pauschalisierungen entgegen, da die spezifischen und zum Teil auch niederschwelligen Bedürfnisse der Betroffenen berücksichtigt werden müssen (Greiwe 2012). Dafür sollten alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft und darüber hinaus auch alternative Wege in Betracht gezogen werden. Bereits in einem Review aus dem Jahre 1998 konnte festgestellt werden, dass Betroffene mit Zugang zu modifizierten Arbeitsbedingungen eine etwa doppelt so hohe Chance besitzen, nach einer Erkrankung die Arbeitsplatzrückkehr erfolgreich zu bestehen, als Beschäftigte, denen solche Möglichkeiten nicht offenstehen (Krause et al. 1998).

Die Anzahl der dem Verfahren hinzugezogenen Akteure sowie der Umfang der einzuleitenden Maßnahmen sind grundsätzlich individuell auf den Einzelfall auszurichten. Zusammenfassend sollte der Zielerreichungsprozess während der Eingliederung durch Offenheit, Ehrlichkeit, Vertrauen, Transparenz, Wertschätzung und Rücksicht geprägt sein. Dies zeigt sich beispielsweise darin, auch dauerhafte Leistungseinschränkungen zu berücksichtigen und zu akzeptieren und damit den Betroffenen eine reelle Chance der Arbeitsplatzrückkehr in Aussicht zu stellen (Liebig 2017). Die Rückkehr an die alte Arbeitsstätte sollte als Teilprozess des Rehabilitationsverlaufs verstanden werden (Gilworth et al. 2009).

Im Schwerpunkt der Probleme, die infolge einer Arbeitsunfähigkeit verursacht werden, stehen bei betroffenen Beschäftigten die finanziel­len Einbußen. In den Interviews wurde hier das als unzureichend empfundene Krankengeld angeführt. Die Aufnahme von Schulden oder Verpfändungen stellt für Betroffene keine Seltenheit dar (Sommer 2016). Zudem konnte in Erfahrung gebracht werden, dass durch Geldmangel Abhängigkeitsverhältnisse entstehen können. Ein potenzieller Einkommensverlust motiviert Betroffene daher besonders zu einer raschen Arbeitsplatzrückkehr (Alaszewski et al. 2007). In der Konsequenz ist jedoch auch der Umstand zu diskutieren, dass potenzielle Einkommenseinbußen für betroffene Beschäftigte ein Hinderungsgrund für die Bereitschaft zur Zustimmung und Teilnahme an BEM-Maßnahmen darstellen können (Niehaus et al. 2008). In diesem Fall besteht die Gefahr, dass Betroffene lieber sofort wieder voll in den Beruf einsteigen, mit dem Risiko, schneller erneut arbeitsunfähig zu werden. Dieser Einwand steht jedoch zumindest im Gegensatz zu den eigenen Ergebnissen. Zum einen wurden neben dem Geld vielfältige Motivatoren für die Arbeitsplatzrückkehr beschrieben, wie beispielsweise die Teamarbeit im Kollegenkreis oder der Spaß an der Arbeit. Zum anderen wurde seitens der Betroffenen dargelegt, dass auf eine schrittweise Heranführung an die volle Belastungs- und Leistungsfähigkeit wert gelegt wird. Dies kann anhand der stufenweisen Wiedereingliederung idealtypisch umgesetzt werden. Belegt werden kann dies daran, dass in den verschiedenen Fällen von zwei Stunden (IP 3) vier Stunden (IP 2, IP 4, IP 5) bis hin zu sechs Stunden (IP 1) berichtet werden konnte. Folglich wurde diese Eingliederungsmaßnahme als durchweg positiv von den Betroffenen aufgenommen. Dies deckt sich auch mit den Ergebnissen von Niehaus et al. (2008). Demnach erfährt die stufenweise Wiedereingliederung von Beschäftigten die höchste Zustimmung aller Maßnahmen. Folglich wird diese auch von Unternehmen am häufigsten angeboten. Ein weiterer Grund für den hohen Stellenwert dieser Maßnahme kann darin liegen, dass sie im Rahmen der beruflichen Rehabilitation erfolgt und somit die Krankenkasse die Kosten trägt (Niehaus et al. 2008).

In Hinblick auf die Beteiligten während der Eingliederung äußerten sich die Betroffenen herausragend positiv zu den ärztlichen Akteuren, insbesondere der Hausärztin oder dem Hausarzt. In einer aktuellen Studie konnte gezeigt werden, dass die ärztliche Meinung über die Fähigkeiten („ability“ – „can do“) und die Willenskraft („volition“ – „wanting to do“) der Betroffenen deren Wahrnehmung über die mögliche Arbeitsplatzrückkehr beeinflussen kann. Werden beide Faktoren von den ärztlichen Fachleuten explizit angesprochen und gefördert, dann kann die Rückkehrzeit signifikant verkürzt werden (Claréus
u. Renström 2019). Ärztinnen und Ärzte können positive Erwartungen bei den Betroffenen fördern, indem sie mögliche Barrieren im Rehabilitationsprozess erkennen und ansprechen (Cole et al. 2002).

Als eine zentrale Erkenntnis konnte der Einfluss des Kollegenkreises identifiziert werden. Diesem obliegt nach Meinung der Befragten eine hohe Verantwortung hinsichtlich Einarbeitung, Vorbereitung und Heranführung an die Tätigkeiten. Zusammenfassend wünschen sich Beschäftigte von ihren Kollegenumfeld Akzeptanz, Integration und Nachsicht. Dass ein solches Verständnis nicht immer gegeben ist, konnte durch die Ergebnisse der Untersuchung gezeigt werden. Wurde zum einen häufig von Rücksicht und Unterstützung berichtet, wurde auf der anderen Seite aber auch Unverständnis, Vorurteile und in einem bestimmten Ausmaß sogar Mobbing empfunden. Die Forschung bestätigt, dass die Wahrnehmung von Betroffenen in Bezug auf das Verständnis ihres direkten Arbeitsumfelds, besonders von Kollegenkreis und Vorgesetzten, eine große Rolle bei der Eingliederung spielt. Werden seitens des Arbeitsumfelds Probleme und Schwierigkeiten der Betroffenen verstanden sowie auch aktiv Lösungen gesucht, um diese zu verbessern, dann fällt es den betroffenen Personen leichter, Selbstbewusstsein aufzubauen und sich Widerständen entgegenzusetzen (Alaszewski et al. 2007). Auch das Gefühl, auf der Arbeit willkommen zu sein, ist für Beschäftigte ein signifikanter Prädiktor der Arbeitsplatzrückkehr (Heijbel et al. 2006). Ein unterstützendes, soziales Arbeitsumfeld erhöht die Wahrscheinlichkeit, eine Eingliederung erfolgreich zu gestalten (Wang et al. 2014). Kolleginnen und Kollegen wirken im Eingliederungsprozess somit essenziell auf das emotionale Belastungsgefüge ein. Beschäftigte, die keine Unterstützung verspüren, haben es demnach schwerer bei der Arbeitsplatzrückkehr. Für ein funktionierendes BEM sollte ebenso die Beziehung zwischen Unternehmen und Beschäftigtem durch eine Vertrauenskultur geprägt sein. Misstrauen ist hingegen ein grundlegender Hemmfaktor, der vor allem durch Angst vor Arbeitsplatzverlust, eine angespannte betriebliche Lage und Gleichsetzung von Krankenrückkehrgesprächen mit dem BEM entsteht und verstärkt wird (Zumbeck et al. 2017). Fehlendes Vertrauen mindert die Bereitschaft von Betroffenen zur Betreuung, wodurch Vertrauensschaffung an erster Stelle des BEM stehen sollte (Knoche u. Sochert 2013). Zwei IP brachten diesbezüglich das „Vier-Augen-Prinzip“ als vertrauensbildende Maßnahme ein. Für diese Aufgabe müssen Führungskräfte sensibilisiert werden (Prümper et al. 2015).

Weitere Erwartungen adressierten die BGF, da diese nach Meinung der Betroffenen mit hohen Verbesserungspotenzialen verbunden ist. Nicht nur im Sinne der Prävention, sondern bereits während der Eingliederung könnten so Beschäftigte bei der Arbeitsplatzrückkehr unterstützt werden. Dies wird auch durch Ergebnisse der „EIBE“-Studie gestützt, nach denen Beschäftigte im Rahmen des BEM häufig gesundheitsfördernde Maßnahmen erwarten (Eggerer u. Kaiser 2007). Im Hinblick auf die bereits bestehende Fehlzeitenproblematik und der infolge der demografischen Entwicklung zunehmenden Herausforderungen ist auf langfristige Sicht ebenso die Bündelung der Maßnahmen im Rahmen des BGM anzuraten. Darüber hinaus ist ein bestehendes BGM als grundlegender Förderfaktor des BEM zu verstehen, da auf gleiche Ressourcen und Zielsetzungen zurückgegriffen wird und Synergiefaktoren entstehen (Zumbeck et al. 2017). Um den Zusammenhalt zwischen den Beschäftigten (Kollegialität) und das Betriebsklima zu fördern, rücken in diesem Kontext auch Teambuilding-Maßnahmen in den Fokus.

Methodenkritik

Eine zielgerichtete Auswahl der an der Untersuchung teilnehmenden Personen und die geringe Fallzahl bedingen eine intensive Reflexion des Sampling-Prozesses (Misoch 2015). Unter Anwendung der GTM war vorteilhaft, dass das Sample nicht sofort zu Beginn, sondern im Verlauf der Untersuchung erfolgte und somit bei Bedarf noch weitere Personen befragt werden konnten (Przybowski u. Wohlrab-Sahr 2014). Kritisch anzumerken ist hierbei die Einflussnahme der Schlüsselpersonen der Einrichtung, die den Zugang zu den Befragungspersonen hergestellt haben (Gatekeeper-Funktion), da hier im Sinne einer Verzerrung oder gar Manipulation in Richtung zufriedener oder wenig kritischer IP erfolgt sein könnte. Diese Rekrutierungsmethode ist ebenso für die Wahrung der Anonymität kritisch anzusehen. Trotz des Einflusses konnte im Hinblick auf Berufsgruppe, Alter und Geschlecht eine möglichst heterogene Datenbasis zusammengestellt und damit ein inhaltlich repräsentatives Sample geschaffen werden.

Die Datenauswertung erfolgte nicht anhand der GTM, sondern anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring. Zusätzlich kam die Analysesoftware MAXQDA zum Einsatz, wodurch eine hohe Effizienz bei der Datenorganisation und -verarbeitung erreicht und der Auswertungsprozess systematisch, transparent und regelgeleitet gestaltet werden konnte (Kelle 2015). Dennoch erwies sich eine der in Anzahl und Umfang adäquate Kategorienbildung als schwierig. Es wurde deutlich, dass sowohl eine induktiv als auch deduktiv gewichtete Analyse eine stetige (Rück-)Überprüfung des Materials verlangen, wodurch dieser Schritt der Datenverarbeitung ein besonders intensiver Prozess wurde. Die Zuordnung des Materials zu den jeweiligen Kategorien erfolgte durch lediglich eine Person. In Hinblick auf eine höhere Validität hätte die Zuordnung durch mehrere Personen erfolgen müssen. Dazu hätte auch das Interrater Agreement berechnet werden können.

Im Sinne der GTM wurde zur Beantwortung der Forschungsfrage eine Datensättigung angestrebt und erreicht. Jedoch wäre eine weitere Spezifizierung der Forschungsfrage, Ausweitung des Forschungsfelds und Modifizierung der Samplingstrategie für den Erkenntnisprozess zu diskutieren. Denn neben der Sättigung der Daten in den Kategorien kamen auch immer wieder neue und unerwartete Impulse, wie beispielsweise das Thema der Aussteuerung, auf.

Hinsichtlich der erhaltenen Ergebnisse sind Verzerrungseffekte im Sinne der sozialen Erwünschtheit zu vermuten, da die Interviewinhalte sensible Themen wie Krankheit und Arbeitsunfähigkeit behandelten und diese in Relation zum Unternehmen stellten. Demnach könnten sich die Befragten deutlich positiver zu ihrer Eingliederungssituation geäußert sowie Probleme und Konflikte verschwiegen haben. Um dem möglichst entgegenzuwirken, wurde den Befragten im Vorfeld Ziel und Methodik der Untersuchung erläutert sowie ein verantwortungsvoller und vertraulicher Umgang mit den Daten zugesichert (Misoch 2015).

Fazit und Ausblick

Für Betroffene hat Arbeit eine essenzielle Bedeutung. Beschäftigte erwarten daher, dass durch das BEM der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Die Rückkehr an den Arbeitsplatz sollte schrittweise und individuell erfolgen, sodass Betroffene behutsam an die Arbeitsbelastungen herangeführt werden und sich an diese langsam wieder anpassen können. Im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung kann dies optimal umgesetzt werden, weswegen diese Maßnahme von Betroffenen favorisiert wird. Von den Arbeitskolleginnen und -kollegen wird bei der Arbeitsplatzrückkehr Rück- und Nachsicht erwartet. Weiterhin erwarten Betroffene von ihrem beruflichen Umfeld Akzeptanz und Integration bei der Einarbeitung in den Berufsalltag. Der Kollegenkreis kann somit auch als ein Schlüsselfaktor für den Erfolg von Eingliederungsmaßnahmen angesehen werden. Für die praktische Umsetzung des BEM bedeutet dies, dass der Betrieb die Relevanz des kollegialen Umfelds für die Eingliederung erkennen muss und diese daher aktiv in den Prozess einbeziehen sollte. Weiterhin sind Teambuilding-Maßnahmen vorzuschlagen. Führungskräfte und Vorgesetzte sollten als Vertrauenspersonen fungieren. Auch die ärztlichen Akteure besitzen für Betroffene bei der Eingliederung einen hohen Stellenwert. Darüber hinaus erwarten Beschäftigte verstärkt Maßnahmen im Bereich der BGF. Diese können in einer Eingliederung aufgenommen werden, um bereits vor und während der Rückkehr Betroffene zu unterstützen. Die Untersuchung konnte zeigen, dass das BEM kaum einem Beschäftigten bekannt war. Daher muss zuletzt auch auf die Eigenverantwortung des Einzelnen appelliert werden, die Eingliederung nicht als Selbstläufer zu verstehen, sondern sich aktiv mit seinen Rechten und Möglichkeiten bei Erkrankung und Arbeitsplatzrückkehr auseinanderzusetzen. In Hinblick auf den geringen Verbreitungsgrad des BEM ist auf Handlungsbedarf seitens der Politik zu verweisen, Kontroll- und Sanktionierungsmechanismen zu implementieren.

Interessenkonflikt: Die Autorenschaft gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Ethische Standards: Hiermit erklärt die Autorenschaft, dass die Untersuchung von der Institutsleitung der zugehörigen Untersuchungseinrichtung zugelassen wurde. Alle an der Studie teilnehmenden Personen wurden vor der Teilnahme an der Untersuchung über Zweck und Ziele unterrichtet und gaben ihre informierte Einwilligung zur Teilnahme an der Studie. Einzelheiten, die die Identitäten der Teilnehmenden preisgeben könnten, wurden vollständig entfernt.

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Für die Autorenschaft

Maximilian Opelt

Masterstudent an der Fakultät Gesundheits- und Pflegewissenschaften an der Westsächsische Hochschule Zwickau
Dorfstraße 17
04626 Nöbdenitz
Maximilian.Opelt.ecw@fh-zwickau.de

ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2020; 55: –114-122