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„Männer kriegen ´nen Herzinfarkt“

Männergesundheit als Thema des Gesundheitsportals der BG RCI

Men Have Heart Attacks – Men’s Health as a Topic in the BG RCI Health Portal

Screenshot aus dem Beitrag „Männer als Zielgruppe im BGM“ mit BGM-Experte Prof. Dr. Volker Nürnberg (Quelle: Gesundheitsmagazin Fit für Job und Leben)

Foto: BG RCI

Screenshot aus dem Beitrag „Männer als Zielgruppe im BGM“ mit BGM-Experte Prof. Dr. Volker Nürnberg (Quelle: Gesundheitsmagazin Fit für Job und Leben)
Sportwissenschaftler Prof. Dr. Ingo Froböse zum Thema Bewegung (Quelle: Gesundheitsmagazin Fit für Job und Leben)

Foto: BG RCI

Sportwissenschaftler Prof. Dr. Ingo Froböse zum Thema Bewegung (Quelle: Gesundheitsmagazin Fit für Job und Leben)

Viele Unternehmen haben mittlerweile erkannt, dass gesunde und leistungsfähige Beschäftigte ihr wichtigstes Kapital sind. Sie investieren daher in gesundheitsfördernde Maßnahmen oder führen ein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ein, bieten Informationsveranstaltungen zu gesunder Ernährung, organisieren Laufgruppen, Rückenschulen und Stressbewältigungstrainings oder bezuschussen Mitgliedschaften für das Fitnessstudio. Resultat dieser Bemühungen ist häufig, dass die auch schon zuvor gesundheitsbewussten, fitten Beschäftigten solche Angebote gern annehmen, aber jene, die es eigentlich nötiger hätten, diesen fernbleiben.

Hierzu zählen häufig Schichtarbeiter, Beschäftigte aus der Produktion oder Montage, Berufskraftfahrer, und – wie die absichtlich nicht gegenderten Berufsbezeichnungen nahelegen – dabei vor allem die Männer, die in diesen Berufen noch immer stärker vertreten sind als Frauen.

Männer können Kursangebote oft nicht wahrnehmen, wenn sie mit Schichtplänen oder berufsbedingten Abwesenheiten kollidieren, oder sie fühlen sich erst gar nicht angesprochen, wenn die Angebote eher auf weibliche Verwaltungsangestellte zugeschnitten sind oder es zumindest durch ein entsprechendes Wording nahelegen.

Die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) beschäftigt sich daher in ihrem Gesundheits­portal (s. „Weitere Infos) mit der Männergesundheit und Fragestellungen wie: Wie kann, besonders im BGM, die Zielgruppe Männer besser erreicht werden? Wie kann die Prävention psychischer Erkrankungen bei Männern besser gelingen? Brauchen Männer spezifische auf sie zugeschnittene Gesundheitsangebote? In Form kurzer Videobeiträge und Interviews geben der BGM-Experte Prof. Volker Nürnberg, der Sportwissenschaftler Prof. Ingo Froböse und Klemens Wüstefeld, Arbeitsmediziner der BG RCI, Antworten auf diese Fragen, Tipps und Hintergrundinformationen. Darüber hinaus werden Institutionen und Organisationen vorgestellt, die Männergesundheit fördern. Begleitet werden die Informationen von Anleitungen zu kurzen Übungseinheiten.

Das Gesundheitsportal soll Unternehmen, Multiplikatoren und betriebliche Akteure im Bereich betriebliches Gesundheitsmanagement und betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) in ihrer Arbeit unterstützen, indem Expertinnen und Experten befragt sowie Praxisbeispiele und einfach umzusetzende Tipps vorgestellt werden, um Ideen für das Wirken im eigenen Betrieb zu erhalten.

Männer als Zielgruppe im BGM

Für Prof. Froböse ist im Präventionssetting – neben Verhalten und Verhältnis – das Verständnis essenziell, also die Sensibilisierung für Prävention, besonders auf Seiten der oft noch wenig vorsorgeaffinen Männer. Das bedeutet das Erlangen von Gesundheitskompetenz und das Begreifen, dass man(n) es in der Hand hat, etwas zu ändern und zu beeinflussen, wie leistungs- und belastungsfähig der Einzelne ist und mit zunehmendem Alter auch bleiben kann. Soll die Lebensqualität positiv beeinflusst werden, ist es zwar nie zu spät anzufangen, besser ist aber, frühzeitig aktiv zu werden, anstatt den Status quo schicksalsergeben hinzunehmen.

Diese Anschubmotivation kann auch unternehmensseitig gefördert werden, indem eine Führungskraft als Vorbild vorangeht und Lauf- oder Trainingsgruppen initiiert oder sich an Schrittzähler-Wettbewerben oder Treppensteig-Challenges beteiligt. Aufgrund auch heute noch mehrheitlich existierender und durch soziale Normen vorgegebener Verhaltenstendenzen sprechen dabei Aktionen mit Wettbewerbscharakter oder Gamification-Ansätze insbesondere Männer an, während Frauen oftmals aus dem Leitmotiv des gemeinsamen Tuns in Form von Gruppenaktivitäten Motivation ziehen.

Prof. Dr. Volker Nürnberg fasst die Strategie für zielgruppengerechte Angebote im Beitrag „Männer als Zielgruppe im BGM“ wie folgt zusammen:

„Ich denke, wir müssen die Gesundheitsförderungsangebote modernisieren. Wir müssen neue Medien einsetzen und wir müssen mit neuen Tricks arbeiten, um die Männer hervorzulocken. Gamification ist ein Trend, dass man über Quiz, über Wettbewerbe versucht, Inhalte an den Mann zu bringen im wörtlichen Sinne, gerade Wettbewerbe, weil die Männer messen sich gerne untereinander. Wenn es darum geht, zehn Quizfragen zur Gesundheit zu beantworten, dann ist das viel besser, als wenn man einen frontalen Input macht. Weitere moderne Ansätze sind zum Beispiel das sogenannte Nudging. Nudging heißt wörtlich übersetzt Anstupsen, das heißt, man beeinflusst die Männer unterbewusst hin zu einem gesundheitsgerechteren Verhalten. Beispiel: In der Kantine stellen wir das gesunde Essen genau auf Augenhöhe und das Ungesunde verstecken wir unten, so dass man nicht rankommt. Das ist Nudging, denn der Mann ist bequem, der greift dann auf Augenhöhe eher zum gesunden Essen. Und vielleicht noch ein Letztes: Womit ich gute Erfahrungen gemacht habe, ist die sogenannte Incentivierung, das heißt, wir belohnen den Mann dafür, wenn er etwas Gesundes getan hat, wenn er Verhalten nachhaltig geändert hat, mit materiellen oder immateriellen Gadgets, so dass er sich gewertschätzt
fühlt.“

Bei der Konstruktion geschlechtsspezifischer Angebote sollten zudem das Wording und die Form der Ansprache beachtet werden. Auch dazu ein Zitat von Prof. Dr. Volker Nürnberg:

„Ich bin ein großer Freund davon, rein männerspezifische Angebote zu machen, wo man ihre Sprache spricht, das Wording ist schon wichtig. Wenn ich in einem Unternehmen einen Vortrag halte, z.B. psychische Krankheiten oder so, da kommt kein einziger. Wenn ich es aber mentale Stärke nenne, dann ist es ein positives Wording. Stärke verbinden Männer mit etwas Positivem und dann kommen sie auch. Hier müssen wir also darauf achten, dass wir zeitgemäße Angebote haben. Es kann zum Teil von Vorteil sein, wenn man Männer auch mit Männern anspricht, also der Therapeut, der Kommunikator etc. Das sollte bevorzugt ein Mann auch für die Männer sein, weil eine Vertrautheit da ist, weil die gleiche Sprache gesprochen wird, weil die gleichen Themen angesprochen werden.“

Neurowissenschaftler und Psychiater Prof. Dr. Manfred Spitzer spricht über die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen (Quelle: Gesundheitsmagazin Fit für Job und Leben)

Foto: BG RCI

Neurowissenschaftler und Psychiater Prof. Dr. Manfred Spitzer spricht über die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen (Quelle: Gesundheitsmagazin Fit für Job und Leben)

Fünf Faktoren für ein gesundes ­Leben

Unter der Überschrift „Wie gesund lebt Deutschland?“ untersucht der Report der Deutschen Krankenversicherung (DKV-Report) alle zwei Jahre die Parameter Bewegung, Ernährung, Rauchen, Suchtmittelkonsum, Stress und Schlaf (Froböse u. Wallmann-Sperlich 2021, s. „Weitere Infos“). Im Jahr 2021 wurde dabei festgestellt, dass der Anteil von Raucherinnen und Rauchern im Vergleich zu den Vorjahren stabil geblieben ist. Der Alkoholkonsum ist leicht zurückgegangen, mittlerweile durch den Einfluss der Corona-Pandemie aber wieder angestiegen. Der Schlaf der Deutschen ist laut Prof. Froböse deutlich schlechter geworden in den letzten Jahren, vermutlich dadurch bedingt, dass die Menschen viele Sorgen, Ängste und Probleme haben, wodurch die Nachtruhe leidet. Zudem würden sich viele Menschen durch das Homeoffice selbst häufig Probleme machen, weil sie den Arbeitsalltag ausdehnen und den strukturierten Tagesablauf dadurch durcheinanderbringen, dass sie kurz vor dem Schlafengehen noch einmal ihre E-Mails sichten, was die Nachtruhe zusätzlich beeinträchtigt.

Auch das Ernährungsverhalten der Deutschen ist laut der DKV-Studie seit vielen Jahren wirklich schlecht, trotz aller
Aufklärung. „Der Zuckerkonsum geht deutlich weiter in die Höhe und insbesondere auch die Fast-Food-Industrie profitiert sehr, sehr stark von den aktuellen Entwicklungen. Die Kühltruhen in den Supermärkten werden immer länger. 67 Prozent der Männer sind in Deutschland übergewichtig [...] und nur jede zweite Frau. Das heißt, die Frauen sind gesundheitsbewusster, gehen viel besser eben doch mit sich um“, so Prof. Froböse im Beitrag „Fünf Faktoren für ein gesundes
Leben“.

Beim Faktor Bewegung sieht es nicht besser aus: „10,5 Stunden sitzen Menschen im Schnitt. Insbesondere die Zielgruppe der 20- bis 30-Jährigen sitzt wegen ihrer beruflichen Computertätigkeit besonders viel. In der Freizeit benutzen sie zusätzlich den Computer zum Gamen. 85% der Menschen bewegen sich zu wenig in Deutschland. Und wenn man jetzt mal über alle Parameter blickt, wer erfüllt eigentlich alle fünf Parameter so, dass man von einem präventiven positiven Effekt sprechen kann? Aktuell sind es im Durchschnitt nur noch 9 % der Bevölkerung, wobei die Männer bei 6 % und die Frauen bei 12 % liegen. Das heißt also, die Männer sind noch schlechter als die Frauen.

Wenn wir mal in die Zahlen hineinschauen, dann geht der deutsche Mann nicht mehr sehr weit. Ungefähr 400 bis 600 Meter. Warum? Weil natürlich alles automatisiert stattfinden kann. Man fährt mit dem Auto bis vor die Tür, fährt mit dem Fahrstuhl hoch ins Büro, setzt sich dann hin und selbst der Bürostuhl hat noch Rollen, so dass man sich auch da kaum bewegen muss. Abends fährt man nach Hause und schaut Sport, statt ihn selber zu machen, weil rund um die Uhr sportliche Aktivität im Fernsehen stattfindet“ (Froböse 2022, s. oben).

Das ist vor allem für Männer ein Problem, die im Beruf zunehmend weniger körperlich belastet werden. Gleichzeitig sind Männer durch ihren höheren Anteil an Muskelmasse darauf angewiesen, Bewegungsreize zu erhalten, um die Muskelmasse und Stoffwechselprozesse aufrecht zu erhalten.

Im Beitrag „Bewegung als Schlüsselfaktor“ führt Prof. Froböse diese Thematik weiter aus und zeigt auf, wie Bewegung positiv einwirkt auf

  • Herz-Kreislauf-System,
  • Immunsystem,
  • Knochen und Gelenke,
  • Muskeln,
  • Psyche und Nervensystem.
  • Körperliche Aktivität ist somit nicht nur für den Körper gut, sondern beeinflusst positiv Stresssituationen, indem Stresshormone abgebaut werden, die Aktivität entspannt und Depressionen entgegenwirkt.

    Bewegung im Alltag

    Häufig wird Zeitmangel als Grund für mangelnde sportliche Aktivität angegeben. Dagegen hält Prof. Froböse, dass es schon ausreicht, den gesamten Körper mit allen großen Muskelgruppen über etwa 20–30 Minuten alle zwei Tage zu trainieren, um bereits eine Wirkung zu erzielen. Ein wichtiger erster Schritt ist ein konkreter Plan mit eindeutiger Terminierung, nicht der übliche Silvestervorsatz „Ich müsste mal
    wieder …“.

    Dabei hilft das Setzen realistischer und erreichbarer Ziele. Im Beitrag „Bewegung im Alltag“ wird darauf eingegangen, wie kleine körperliche Aktivitäten wie Treppensteigen in den Tagesablauf eingebunden werden können, und der Beitrag „Übungen mit Prof. Froböse“ zeigt kurze Trainingseinheiten, die in einer 10-minütigen Pause am Arbeitsplatz ausgeübt werden können.

    Immer alles im Griff? Männer und psychische Probleme

    „Wir beobachten jetzt im betrieblichen Setting, dass über zwei Drittel der Krankschreibungen psychischer Art bei Frauen verzeichnet werden. Ich persönlich glaube aber, dass wir Männer mindestens genauso viele psychische Erkrankungen haben. Es ist aber so, dass das Thema stigmatisiert ist, dass es bei Männern tabuisiert ist, dass es mit Schwäche verbunden wird. Und dadurch, dass wir Männer eben erst gar nicht zum Arzt gehen, bekommen wir es auch nicht diagnostiziert“, bemerkt BGM-Experte Volker Nürnberg im Beitrag „Immer alles im Griff? Männer und psychische Probleme“. Psychische Erkrankungen verstecken sich bei Männern häufig hinter anderen Diagnosen wie Rücken-, Haut- oder Magen-Darm-Erkrankungen sowie unspezifischen Symptomen.

    „Früher gab es keine depressiven Männer, die haben gesoffen und sich irgendwann erhängt oder erschossen, aber depressiv waren die nicht. Heute wissen wir, die gibt es genauso wie es depressive Frauen gibt …“, sagt der Neurowissenschaftler und Psychiater Prof. Dr. Manfred Spitzer, der sich für die Enttabuisierung psychischer Erkrankungen einsetzt.

    Da sich das Rollenbild des modernen Mannes mittlerweile ändert, ihr Gesundheitsbewusstsein steigt und die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen zurückgeht, sind sich die beiden Experten gemeinsam mit dem Facharzt für Arbeitsmedizin der BG RCI, Klemens Wüstefeld (s. Beitrag „Erfahrungen eines Arbeitsmediziners“ im Gesundheitsmagazin), darin einig, dass Licht am Horizont zu sehen ist und sich positive Entwicklungen ihren Weg bahnen.

    Dazu bedarf es allerdings weiterhin gemeinsamer Anstrengungen hinsichtlich der Geschlechtersensibilität bei allen Gesundheitsförderungs-, Präventions- und Vorsorgeangeboten – sowie der richtigen Ansprache.

    Interessenkonflikt: Die Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

    doi:10.17147/asu-1-250957

    Weitere Infos

    Froböse, I, Wallmann-Sperlich, B: DKV-Report 2021 – Wie ­gesund lebt Deutschland?
    https://www.ergo.com/de/Newsroom/Reports-Studien/DKV-Report

    Fit für Job und Leben: Das Gesundheitsmagazin der BG RCI
    https://gesundheitsmagazin-bgrci.de

    Prof. Dr. Volker Nürnberg: Zielgruppen im BGM: Männer – die große Unbekannte?! (YouTube)
    https://www.youtube.com/watch?v=Bq18Z-Aa4Zo

    Techniker Krankenkasse: ­Männer sind weniger gesundheitsbewusst
    https://www.tk.de/presse/themen/praevention/gesund-leben/maennergesundh…

    Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e.V., Hannover: Gesundheit beginnt im Kopf. Für Männer. Mit Männern
    www.mann-was-geht.de

    Kontakt

    Nicole Jansen
    Präventionsabteilung Gesundheit-Medizin-Psychologie; Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie; 69004 Heidelberg

    Foto: BG RCI

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