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Konsequenzen für die Arbeitssicherheit und die Arbeitsmedizin
Gemeinsame Stellungnahme von DGAUM, VDSI, VDBW, BsAfB

Wegfall des Unterlassungszwangs als Kriterium für die Anerkennung von Berufskrankheiten

Die im Juni vom Deutschen Bundestag beschlossene Novellierung des Berufskrankheitenrechts sieht den Wegfall des Unterlassungszwangs als Kriterium für die Anerkennung von Berufskrankheiten vor. Dies betrifft zwar nur 9 der 80 Positionen der Berufskrankheiten(BK)-Liste, aber nach Statistik der DGUV über das Jahr 2018 sind dies 30 751 (39,4 %) der insgesamt 77 877 angezeigten BKen, 19 685 (51,7 %) der 38 005 in der Kausalität bestätigten Erkrankungsfälle und 1428 (7,2 %) der 19 748 anerkannten BKen. Mit Inkrafttreten der Novellierung am 01. 01. 2021 werden damit viele Beschäftigte mit anerkannter Berufskrankheit im Betrieb tätig sein. Dies kann Anforderungen an die Unternehmen und die Gefährdungsbeurteilung stellen.

Nach dem Arbeitssicherheitsgesetz ist es Aufgabe der Betriebsärzte und der Fachkräfte für Arbeitssicherheit, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen des Gesundheitsschutzes zu unterstützen. Damit soll unter anderem erreicht werden, dass gesicherte arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Erkenntnisse zur Verbesserung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung verwirklicht werden können. Es geht dabei nicht nur darum, arbeitsbedingte Erkrankungen einschließlich Berufskrankheiten zu verhüten, sondern auch um den Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit. Selbstverständlich stehen nicht nur die gesunden Mitarbeiter des Unternehmens, sondern insbesondere auch Beschäftigte mit beruflich (z. B. Berufskrankheiten) und/oder außerberuflich verursachten gesundheitlichen Einschränkungen im Fokus der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Betriebsärzten kommt hierbei eine besondere Rolle zu, da sie auf der Grundlage ihrer ärztlichen Expertise den individuellen Gesundheitszustand und den entsprechenden Arbeitsplatz kennen und beurteilen sowie den bzw. die Betroffene individuell beraten können.

Nach dem Sozialgesetzbuch VII haben auch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung einen eindeutigen Auftrag, der in der Novellierung des Gesetzes betont wird. „Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr … sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken …“.

Die Herausforderung wird es nun sein, die jeweiligen Aufgaben aufeinander abzustimmen und gemeinsam ein harmonisiertes Verfahren zu entwickeln. Im Mittelpunkt muss dabei das Wohl der von einer Berufskrankheit betroffenen Person stehen.

In einem Gespräch in Juni 2020 in Erlangen haben Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V.
und des Verbands für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit e.V. bekräftigt, dass die Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicher­heit auch bei der Begleitung von Beschäftigten mit Berufskrankheiten eng zusammenzuarbeiten und mit den Unfallversicherungsträgern bei allen Maßnahmen der Tertiärprävention kooperieren werden. Ziel ist es, die Unternehmen optimal in dieser geänderten Situation unterstützen zu können und betroffene Personen bestmöglich zu begleiten.

Die Verbände empfehlen folgendes Vorgehen:

  • Im Rahmen der Information der betroffenen Beschäftigten durch die UV-Träger wird ein Einverständnis zur Einbindung des Betriebsarztes ins Verfahren eingeholt.
  • Nach Einwilligung des Beschäftigten wird der zuständige Betriebsarzt informiert.
  • Betrieb, UVT, Beschäftigter, Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit suchen gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten.
  • Unterstützung erfolgt durch die UV-Träger – z. B. ergonomische Gestaltung, Weiterqualifikation von Beschäftigten, berufsfördernde Maßnahmen etc.
  • Der Betriebsarzt begleitet das Verfahren, berichtet an die Berufsgenossenschaft und informiert gegebenenfalls in Absprache mit den Betroffenen, wenn Handlungsbedarf bezüglich weiterer Maßnahmen besteht.
  • Bei Bedarf werden weitere Unterstützungsmöglichkeiten eingebunden (z. B. Rentenversicherung, analog des BEM-Verfahrens).
  • Ziel ist es, die Unternehmen optimal zu unterstützen, betroffene Personen bestmöglich zu begleiten und so auch Prävention und Gesundheitsschutz im Betrieb weiterzuentwickeln.

    Für die DGAUM e. V.

    Prof. Dr. Hans Drexler, Prof. Dr. Thomas Kraus

    Für den VDSI e. V.

    Prof. Dr. Arno Weber, Dr. Klaus Große

    Für den VDBW e. V.

    Dr. Wolfgang Panter

    Für den BsAfB e. V.

    Silke Kretzschmar

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