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Strahlenschutz bei Durchleuchtungsuntersuchungen

Minimierung der Strahlenexposition, die drei großen „A“

Mitarbeiter in der Durchleuchtung können ihre Strahlenexposition durch Verkürzung der Aufenthaltsdauer bzw. der Durchleuchtungszeit, den Abstand zur Strahlenquelle und durch Abschirmung minimieren.

„A“ wie Aufenthaltsdauer bzw. Durchleuchtungszeit

Strahlung soll so selten und kurz wie möglich ausgelöst werden. Die lineare Abhängigkeit von Strahlendosis und Zeit bedeutet bei Halbierung der Zeit eine Reduktion der Strahlendosis auf die Hälfte. Zusätzlich führt die Pulsung der Strahlung zu einer weiteren deutlichen Erniedrigung, weil dadurch die Strahlzeit drastisch reduziert wird. Sie beträgt bei 7,5 P/s noch ca. 10%, bei 3 P/s nur noch ca. 4% der bei kontinuierlichem Betrieb gemessenen Strahlung.

Es ist außerdem wichtig, sich dort zu positionieren, wo die Dosisleistung der Streustrahlung möglichst gering ist. Sie ist an der Austrittsseite des Patienten am niedrigsten, also beim Bildempfänger. Deshalb ist aus Strahlenschutzgründen eine Anordnung mit Untertischröhre besser. Das Arbeiten mit Übertischröhre ist jedoch nicht verboten – bei manchen Röntgeneinrichtungen ist der Röntgenstrahler sogar fest über dem Tisch montiert. In solchen Fällen muss die Augenlinse geschützt werden. Durchleuchtet man den Patienten lateral, ist wiederum die Position an der Bildempfängerseite vorzuziehen. Die Strahlenexposition ist für Mitarbeiter auf der Seite der Röntgenröhren am höchsten, weil dort die Strahlung in den Patienten eintritt und am meisten Streustrahlung zu erwarten ist.

„A“ wie Abschirmung

Die Intensität der Röntgenstrahlung sinkt exponentiell mit der Abschirmungsdicke. Die mittlere Energie der Röntgenstrahlung, der die hier betrachteten Mitarbeiter ausgesetzt sind, liegt bei ca. 70 bis 80 keV. Je höher die Energie der Strahlung ist – man spricht auch von „Härte“ der Strahlung –, umso größer ist die Durchdringungsfähigkeit. Eine Strahlenschutzschürze mit 0,35 mm Bleichgleichwert (mmPb) schwächt die Intensität der Röntgenstrahlung bei 70 keV um ca. 98%. Für die Mitarbeiter in der Durchleuchtung sollten Bleischürzen mit einem Bleigleichwert von 0,35 mm daher ausreichen. Wenn man lange mit Strahlungsenergien von über 90 keV arbeitet, könnte man auf eine dickere Schürze (0,5 mmPb) ausweichen. Noch dickere Schürzen (0,7 mmPb) sind aufgrund des extrem hohen Gewichts und der exponentiellen Abhängigkeit der Schutzwirkung nicht angezeigt (➥ Abb. 1).

Strahlenschutzschürzen müssen gemäß DIN 6857-2 regelmäßig geprüft werden. Arbeitstäglich ist eine äußere Sichtprüfung auf äußere Beschädigungen sowie das Absacken von Bleigummi innerhalb der Schürze vorzunehmen, was großflächig zu einer erhöhten Strahlenexposition führen würde. Jährlich ist eine gründliche Tastprüfung vorgeschrieben. Besser ist eine Prüfung mit Röntgenstrahlung, weil hier auch kleinste Haarrisse entdeckt werden. Das ideale Verfahren ist die Prüfung mittels Computertomografie (CT). Die Möglichkeiten der Prüfung sind in der Norm beschrieben.

Zur Abschirmung dienen weiter Strahlenschutzbrillen, Strahlenschutzvisiere, Strahlenschutzhandschuhe, Strahlenschutzhauben und mobile Strahlenschutzwände (➥ Abb. 2).

Zum Thema „Abschirmung“ gehört auch die richtige Einblendung, die mehrere Vorteile bietet. Durch Verkleinerung des bestrahlten Durchmessers am Patienten um 1,5 cm lässt sich die resultierende Streustrahlung um 35% absenken. Das bedeutet nicht nur eine geringere Dosis für den Patienten, sondern zusätzlich eine verbesserte Bildqualität, weil Streustrahlung die Bildqualität verschlechtert.

Abb. 2:  Mobile Strahlenschutzwände
Foto: privat
Abb. 2: Mobile Strahlenschutzwände

„A“ wie Abstand halten

Das berühmte „Abstands-Quadrat-Gesetz“ wird in jedem Strahlenschutzkurs gelehrt. Es besagt, dass sich die Dosisleistung, ausgehend von einer nahezu punktförmigen Strahlenquelle, bei Verdoppelung des Abstandes zu dieser Strahlenquelle bereits auf ein Viertel reduziert. Für das Personal in der Durchleuchtung stellt der Patient die Strahlenquelle dar, da von ihm die Streustrahlung ausgeht. Speziell die ersten 20 bis 50 cm Abstand vom Tisch sind extrem wirkungsvoll. Danach verringert sich die Dosisleistung aufgrund der exponentiellen Abhängigkeit nicht mehr so stark. Das hat umgekehrt folgende Konsequenz: Auch bei einigen Metern Abstand zum Patienten liegt die Dosisleistung unter Umständen noch bei einigen Hundert µSv/h. Aus diesem Grunde sollten Türen von Untersuchungsräumen geschlossen oder Bleischürzen getragen bzw. eine Position hinter einem Bleiglasfenster eingenommen werden. Dort liegt die Dosisleistung im Bereich der natürlichen Strahlung (➥ Abb. 3).

Abb.3:  Darstellung der hohen Dosisleistung vor der offenen Tür
Abb.3: Darstellung der hohen Dosisleistung vor der offenen Tür

Welche Personen müssen nach dem „neuen“ Strahlenschutzrecht Personendosimeter tragen (§64 StrSchV)?

Die Grenzwerte für beruflich exponierte Personen liegen bei 20 mSv/Jahr (effektive Dosis), 500 mSv/Jahr (Haut/Hände) und 20 mSv/Jahr (Augenlinse). Für Personen der übrigen Bevölkerung, also für Personen, die nicht beruflich exponiert sind, beträgt der Grenzwert der effektiven Dosis 1 mSv/Jahr, die Haut/Hände dürfen 50 mSv/Jahr, die Augenlinse 15 mSv/Jahr erhalten. Der §64 StrlSchV besagt in Satz 1, dass an Personen, die sich in Strahlenschutzbereichen aufhalten, die Personendosis ermittelt werden muss. Ist im Überwachungsbereich zu erwarten, dass im Kalenderjahr eine effektive Dosis von 1 mSv nicht überschritten wird, kann dort auf die Ermittlung der Personendosis verzichtet werden. Das stellt eine Änderung gegenüber dem „alten“ Strahlenschutzrecht dar. Dieses schrieb vor, dass nur an Personen, die sich im Kontrollbereich aufhalten, die Personendosis zu ermitteln ist, nicht aber im Überwachungsbereich, es sein denn, die Behörde ordnet es an. Das neue Strahlenschutzrecht stellt damit klar, dass Personen, die während ihrer Tätigkeit mehr als 1 mSv/a erreichen können, als beruflich exponiert gelten. Für sie gilt der Grenzwert von 20 mSv/Jahr. Er muss eingehalten werden – unabhängig davon, wo sich der Mitarbeiter aufhält. Strahlenschutzbeauftragte müssen nun abschätzen, ob für die Mitarbeiter in Überwachungsbereichen der Wert von 1 mSv/Jahr überschritten wird. Nach Erfahrung des Autors wird sich in der Praxis nicht viel ändern. Die Röntgenräume sind in der Regel so gut abgeschirmt, dass außerhalb keinerlei Dosisleistung messbar ist. Dagegen tragen in Bereichen wie der Nuklearmedizin, in denen eventuell der Wert von 1 mSv/Jahr überschritten wird, sowieso alle Mitarbeiter ein amtliches Dosimeter.

Die Personendosimetrie und ihre Fehlerquellen

Für Mitarbeiter wird die Personendosis mit Hilfe eines amtlichen Dosimeters ermittelt, das bei der zuständigen Messstelle anzufordern ist. Dieses sind in den meisten Fällen Filmdosimeter oder OSL-Dosimeter (OSL = optisch stimulierte Lumineszenz).

Die Dosimeter sind unter der Bleischürze an einer für die Strahlenexposition repräsentativen Stelle der Körperoberfläche, in der Regel an der Vorderseite des Rumpfes zu tragen. Um zu prüfen, ob die Bleichschürzen nicht zu groß sind, ist es empfehlenswert, das Dosimeter in Brusthöhe zu tragen. Wenn die Schürze passt, sollte der Dosiswert unter 0,3 mSv pro Monat, in der Regel sogar bei „0“ liegen. Wenn ständig mehr als 0,3 mSv auf dem Dosimeter ausgewertet werden, sollte die Schürzengröße geprüft werden.

Dosimeter müssen richtig getragen werden; die Auswertestellen können allerdings eine rückwärtige Bestrahlung erkennen. Filmdosimeter müssen mit der gefärbten Seite am Körper liegen (Rückseite); beim OSL-Dosimeter muss das Etikett lesbar sein.

Gleichzeitig verlangt die Strahlenschutzverordnung im §66 von Personen, die eine jährliche Augenlinsendosis von über 15 mSv erhalten können, eine weitere Dosimetrie an der Augenlinse. Diese Abschätzung ist Aufgabe der Strahlenschutzbeauftragten. Bei der Expositionsermittlung darf das Augendosimeter auf keinen Fall von einer Strahlenschutzbrille geschützt getragen werden. Wenn die Abschätzung ergibt, dass zukünftig eine amtliche Augendosimetrie erforderlich ist, muss dieses amtliche Augendosimeter von der Strahlenschutzbrille geschützt getragen werden. Die ersten Strahlenschutzbrillen mit integrierbarem Dosimeter sind bereits auf dem Markt.

Amtliche Dosimeter werden in der Regel monatlich ausgewertet. Die zuständige Behörde kann einen vierteljährlichen Rhythmus gestatten. Bei Arbeitsplätzen in der Durchleuchtung ist eine monatliche Auswertung die Regel.

Die ermittelten amtlichen Dosiswerte der Mitarbeiter sind vom Strahlenschutzverantwortlichen so lange aufzubewahren, bis die überwachte Person das 75. Lebensjahr vollendet hat bzw. vollendet hätte, mindestens aber auch bis 30 Jahre nach Ende der Beschäftigung.

Gemäß §66 Abs. 5 StrlSchV haben Personen, die der amtlichen Überwachung unterliegen, ein Recht auf ein zusätzliches so genanntes betriebliches Dosimeter. In der Regel handelt es sich hier um ein digitales elektronisches Personendosimeter (EPD), das jederzeit abgelesen werden kann. Da sie das amtliche Dosimeter nicht ersetzen, dürfen sie zum Beispiel auch über der Bleischürze eingesetzt werden, um ein Maß für die Dosis der Augenlinse zu erhalten. Allerdings ist hier ein geeignetes Dosimeter zu wählen. In der Durchleuchtung sollte es in der Lage sein, niederenergetische, eventuell gepulste Röntgenstrahlung zu messen.

Im Kontrollbereich unterliegen außer Patienten alle Personengruppen der Pflicht, die Personendosis zu ermitteln. Das betrifft auch Studenten, die im Rahmen ihrer Ausbildung Zutritt zum OP oder Herzkatheterlabor bekommen, oder Mitarbeiter, die von Zeitarbeitsfirmen als OP-Pfleger oder Schwestern in Krankenhäuser geschickt werden und so genannte „Helfende Personen“, wie z.B. der Vater, der im Röntgenraum während der Röntgenuntersuchung sein kleines Kind festhält. Speziell im letztgenannten Fall werden die zu erwartenden Dosiswerte abgeschätzt, da sie so klein sind, dass sie mit einfachen Dosimetern nicht messbar sind.

Fazit

Zusammenfassend kann in der Durchleuchtung die Strahlenexposition der Mitarbeiter durch die aufgezeigten Maßnahmen bis unterhalb der Grenzwerte für die „übrige Bevölkerung“ minimiert werden. Besonders wichtig ist der Strahlenschutz bei hohen Beschleunigungsspannungen (kV-Zahl) und während Angioserien, weil hier die Dosisleistung der Streustrahlung nochmals deutlich erhöht wird.

Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

Weitere Infos

Strahlenschutzverordnung vom 29. November 2018 (BGBL. I S. 2034, 2036)
http://www.gesetze-im-internet.de/strlschv_2018/StrlSchV.pdf

autor

Dr. rer. nat. Jens Dischinger
Norddeutsches Seminar für Strahlenschutz an der Universität Kiel
Olshausenstraße 40
24098 Kiel
privat

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