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Erfahrungsbericht

Prävention psychischer Belastungen in Transformationsprozessen

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Erfahrungsbericht zu einem Change-Projekt im Geschäftsbereich Prävention der BG RCI. Psychische Belastung unter paradoxen Bedingungen

Prevention of Mental Stress in Transformation Processes – A Field Report of a Change Project in the Business Unit of the BG RCI. Mental Stress Under Paradoxical Conditions

Die Berufsgenossenschaften: ­politische Rahmenbedingungen

An Versuchen, die gesetzliche Sozial- und Unfallversicherung in Deutschland zu modernisieren, mangelte es in der langen Geschichte der gesetzlichen Unfallversicherung nicht. Eine politische Zeitenwende erfuhr der Modernisierungsprozess im 21. Jahrhundert (Genaueres hierzu vgl. Taubert u. Wellhäußer 2020). Die gewerblichen Berufsgenossenschaften haben – nicht zuletzt durch politischen Druck aus der Europäischen Union – fusioniert. Normen und Vorschriften waren unter dem europäischen Dach zu vereinheitlichen.

Ausgehend von der Fusion der beiden Spitzenverbände von gewerblichen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen der öffentlichen Hand zur Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) hatten sich Politik und Selbstverwaltung den neuen Herausforderungen zu stellen. Unter dem Gesichtspunkt des rapiden industriellen und sozialen Wandels waren aus fünfunddreißig gewerblichen Berufsgenossenschaften neun funktionsfähige Berufsgenossenschaften zu schaffen. Im Rückblick erscheint die Fusion als geradezu unausweichlicher Impuls zur Modernisierung: Traditionelle Branchen verabschiedeten sich von der wirtschaftlichen Bühne, neue Industrien entstehen – die zögerliche Digitalisierung der europäischen Welt tut ein Übriges und leistet einen Beitrag dazu, dass dieser Prozess sich verlangsamt. Einzelne – von der Globalisierung stärker betroffene Berufsgenossenschaften wie die BG ETEM oder die BG RCI – sahen sich gänzlich neuen Herausforderungen gegenübergestellt. Letzterer gilt in einem kleinen Pilotverfahren unsere Aufmerksamkeit.

Stabile Verhältnisse

Das organisationale und juristische Konstrukt wilhelminischer Provenienz mag als anachronistisch bezeichnet werden, aber es ist relativ stabil und verweist zugleich auf die Schwierigkeiten, Change-Prozesse zu implementieren.

Hinzu kommt, dass die fusionierten Berufsgenossenschaften sich neuen ganzheitlichen Aufgaben gegenübergestellt sahen. Sie wurden verpflichtet, im Rahmen der „Gemeinsamen deutschen Arbeitsschutz Strategie (GdA)“ das Thema gesundheitliche Gefährdung durch psychische Belastungen ins Portfolio ihres Aufgabenspektrums aufzunehmen. Dies natürlich nicht nur im Rahmen des Aufsichts- und Beratungshandels der Berufsgenossenschaften, sondern auch in deren Eigenschaft als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber für die eigenen Beschäftigten.

Mit der Erfassung psychischer Belastungen scheint auch eine andere Perspektive in den Arbeitsschutz hineingeraten zu sein: Während sich die klassische Arbeitssicherheit auf das traditionelle Unfallgeschehen und die damit verbundenen Werte konzentriert (zum Beispiel Achtsamkeit auf den Verkehrswegen, gute Beleuchtung am Arbeitsplatz, Ergonomie etc.), die üblicherweise „top down“ dekretiert und bearbeitet werden können, scheint mit der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen eine andere Herangehensweise in den Arbeitsschutz zu gelangen („bottom up“). Die Erweiterung des Präventionsauftrags um arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren durch das Arbeitsschutzgesetz von 1996 war ein entscheidender Schritt, durch den in den Unternehmen vielfach die Human-Resources-Abteilungen als Beratungs- und Kontroll­instanzen in das Blickfeld der Aufsichtspersonen gelangen (s. auch Badura 2011).

Ein Pilotprojekt

Durch das Nachzeichnen des oben auszugsweise skizzierten Weges der BG RCI unter dem Gesichtspunkt der Integration psychischer Belastungen in ihr Aufgaben–Portfolio, sollte darauf hingewiesen werden, dass dieses Thema in traditionelle Strukturen eingebettet ist, in dem Change-Prozesse auf eine ganze Reihe von Friktionen und Paradoxien stoßen.

Unter Hinzunahme von externer Beratung war in einem kleinen, überschaubaren Feld – einem ausgewählten Pilotverfahren – der Versuch einer Reorganisation im Bereich „Prävention“ vorzunehmen.

Nach der Fusion im Jahre 2010 wurde einerseits eine Organisationseinheit nach Beruf und Branchen beziehungsweise Sparten (Branchen- und Spartenprävention als First Level Support), andererseits eine Linie von Organisationseinheiten geschaffen, die wissenschaftliche Kompetenzen für die Beratung der Unternehmen (Kompetenz-Center, heute Präventionsabteilungen) im Sinne eines Second Level Support branchen- oder gewerbezweigübergreifend bereitzustellen hatte (➥ Abb. 1).

Die Erfahrungen mit dieser Organisationsaufstellung führten im Jahr 2019 zu Überlegungen, partiell eine sachlogischere, tragfähigere und wissenschaftlich basierte Neuorganisation zu versuchen.

Aus diesem Grunde entschied man sich, die zwei damaligen Kompetenz-Center „Arbeitsmedizin“ und „Gesundheit im Betrieb“ zu einer Präventionsabteilung „Gesundheit-Medizin-Psychologie“ zusammenzufassen. Dieser Integrationsprozess hatte das Ziel, den Kunden der BG RCI auf Expertenniveau sozialwissenschaftliche und medizinische Modelle, Produkte und Know-how zur Verfügung zu stellen, um Unfälle und Erkrankungen prophylaktisch zu vermeiden (s. Infokasten vorherige Seite).

Gemeinsam mit ungefähr (wechselnd) fünfunddreißig, zum Teil wissenschaftlich ausgebildeten Mitarbeitenden und Führungskräften wurde ein partizipativer Reorganisationsprozess initiiert, der sowohl begünstigende als auch hinderliche Voraussetzungen mit sich brachte. Begünstigend für den Prozess war zweifellos die Tatsache, dass das akademisch ausgebildete Personal viel Einsicht und zum Teil fachwissenschaft­liche Expertise einbringen konnte. Hinderlich und zum Teil verhindernd waren strukturelle Faktoren beamtenrechtlicher und politischer Provenienz wie die Laufbahnverordnung, das Dienstrecht etc. Dennoch war die Ausgangsmotivation, trotz des existenten Problemdrucks, bei allen Beteiligten erkennbar und in großem Maß vorhanden. Das breit angelegte partizipative Vorgehen der Neugestaltung und Transformation wurde ausdrücklich begrüßt.

Der Prozess wurde durch die externe Beratung bis hin zur Diagnose begleitet, wobei evident war, dass Teile der Intervention durch die Diagnose bereits integriert beziehungsweise präjudiziert waren. Die organisationalen und personalpolitischen Resultate sollen an dieser Stelle nicht von Interesse sein. Hier werden lediglich die Auffälligkeiten eines uns wichtig erscheinenden Themen­aspekts geschildert: die Relevanz psychischer Belastungen in diesem letztlich sechs Monate dauernden Projekt, unsere Erfahrungen und unsere Hinweise auf Möglich­keiten zukünftigen, präventiven Handelns
(➥ Abb. 2).

Der Ausgangspunkt unserer beratenden Initiative war eine methodisch fundierte, differenzierte Diagnostik. Das kritische Bild sozialpsychologischer Befindlichkeit (➥ Abb. 3) in den zu reorganisierenden Organisationseinheiten verweist auf den teilweise vorhandenen Problemdruck, der Anknüpfungspunkte für den folgenden Prozess war.

Allerdings muss der Einfluss externer Beratung auf Diagnose und Prozess beachtet werden: Beratende bringen stets ihre eigenen Denkvoraussetzungen ein, ihre wissenschaftliche Expertise, ihre Erkenntnisse, ihr Erleben und ihre Sprache. So auch hier.

Abb. 2:  Projektziele

Abb. 2: Projektziele

Mitarbeitende beteiligen

Die organisationspolitischen Resultate bleiben an dieser Stelle unerwähnt (vgl. hierzu Taubert u. Wellhäußer 2020). Hier ist vielmehr die Frage relevant, wie sich im Laufe dieser Transformationsbemühungen die psychosoziale Befindlichkeit der Akteure dar­gestellt und verändert hat. Welche Belastungen entstanden und welche Schlussfolgerungen waren für die Beratung von Relevanz? Eine wissenschaftliche Evaluation steht noch aus; Vorläufiges soll jedoch nicht unerwähnt bleiben.

Die Transformation war als gut gemeinter und wohl überlegter „Bottom up“-Prozess angelegt: Partizipation, die sich zum Grundsatz macht, „die Betroffenen zu Beteiligten zu machen.“ Damit ist nicht ein Repräsentationsprinzip im Sinne formaler Mitbestimmung (z. B. Selbstverwaltungsorgane) gemeint. Obschon diese zweifelsohne auch in diesem OE-Prozess (Organisationsentwicklungsprozess) eine bedeutsame Funktion innehatte, wäre unser Verständnis für einen Change-Prozess, der a priori die Mitarbeitenden „mitnehmen“ will, nicht weitgehend genug gewesen.

Dieses Arbeitsprinzip bedeutet, dass die Mitarbeitenden diesen Prozess überwiegend in Gruppen, in Teams gestalten, die häufig in wechselnder Zusammensetzung arbeiteten.

Psychische Belastungen

Es ist bekannt, dass organisationale Change-Prozesse häufig negative Auswirkungen auf die Gesundheit und auf die psychische Befindlichkeit der Beteiligten haben.

Diese Tendenz muss sich nicht unbedingt in „hard facts“ wie zum Beispiel steigenden Fehlzeiten äußern; vielmehr scheint sich, so unsere Beobachtung, eine wenig luzide Zurücknahme eigener Ausdrucksfähigkeit, eigener Möglichkeiten, eigener Kreativität zu realisieren, bedeutsamer zu sein (vgl. hierzu Kriegesmann 2013).

Die Dynamik dieser – auf Gruppen basierenden Transformation – erzeugt zu der allgemeinen Verunsicherung („Was mag dieser Prozess für mich und meine berufliche Zukunft bringen?“) einen verstärkenden Effekt, eine Irritation, die in der sozialen Interaktion gegründet zu sein scheint. Die Kollegin zum Beispiel, auch die, mit der man sich im Arbeitsalltag gut verstanden hat, verfolgt eigene Ziele, eigene Interessen, die sie im Change berücksichtigt beziehungsweise durchgesetzt wissen möchte (z. B. Definition der neuen Arbeitsvolumina). Solidarisierungseffekte, das virtuelle „wir“, das sich in solchen Gruppen konstituiert, ist dem Zeitgeist geschuldet: Sozial erwünschtes Verhalten überlagert die offene Artikulation eigener Interessen, Bedürfnisse und Optio­nen. Der Wettbewerb und das versteckte Schielen auf die Kollegin führen zu Projektionen, die sich in einer für Außenstehende nicht transparenten Spirale eskalieren können. Die Indikation bei einem solchen Phänomen: eine spezifische Art von „Vertrauens-Workshop“, einem Veranstaltungstypus, der sich zum Ziel gesetzt hat, Transparenz und Öffnung des einzelnen Teilnehmenden zu ermöglichen. Anders formuliert: Projektionen zu vergesellschaften, sie anderen Menschen zugänglich zu machen, heißt, sie aufzulösen zugunsten einer realitätsgerechten Akzeptanz der Interessen anderer.

Im zur Debatte stehenden Prozess war dieses beschriebene Phänomen vorhanden; inwieweit es über den Gesamtprozess hin bearbeitet werden konnte, entzieht sich unserer Kenntnis als Beratende und bleibt einer Evaluation vorbehalten.

Selbstverantwortung und Hierarchie

Dem Führer- und Führungsprinzip steht die Selbstverantwortung des Einzelnen, des Beschäftigten gegenüber. Wenn flache oder flachere Hierarchien gewollt sind, dann muss die Selbstverantwortung des Individuums, des Beschäftigten, des Citoyen gestärkt werden. Vor dem historischen Hintergrund – gerade der deutschen Geschichte – sind Sozia­lisationsprozesse gesamtgesellschaftlich, wie auch in Organisationen, tradiert worden, die auf ein sozialpsychologisches Phänomen hinauslaufen: erlernte Unmündigkeit. Ein Phänomen, das sich wie ein roter Faden durch den oben dargestellten Prozess gezogen hat. Den Blick stets nach oben gerichtet: Was darf ich? Was darf ich nicht? Darf ich das? Was meint der/die Vorgesetzte dazu?

Fragen, die auch in dieser Organisation, in der nahezu sanktionsfrei agiert werden konnte, mit großer Hartnäckigkeit immer wieder auftauchten. Aus diesem Grund gilt es – auch sprachlich – die Beschäftigten als Subjekte und Träger dieses Fusions- und Wandlungsprozesses zu sehen und anzusprechen: „Ihr selbst seid Träger des Prozesses.“ „Ihr seid Eigentümer eurer Tätigkeit, eures Arbeitsplatzes: also selbstverantwortlich.“

Das von der Beratung avisierte „Motto“ war als Beifügung gewählt: Selbstorganisation, Selbstverantwortung, Selbstentwicklung … also alles, was mit dem Präfix „selbst“ zusammenhängt, war die „philosophische“ Basis, das mentale Modell, das die Beratenden in den Prozess einzubringen suchten, mit – gefühlt – mäßigem Erfolg.

Das gesellschaftliche Paradox

Das soll selbstverständlich nicht heißen, dass rechtliche, strategische und personalpolitische Vorgaben der Gesamtorganisation außer Kraft gesetzt werden. Die Organisation lebt als bürokratisches Konstrukt in diesem oben formulierten Paradox. Sie ist, als Teil des politischen Gesellschaftmodells „Demokratie“, als Exekutive tätig und unterliegt damit dem politischen Willen der Legislative. Das durch den Volkswillen ausgedrückte Gesetz ist bindend und damit Rahmen exekutiver Tätigkeit. Und genau darum geht es im bürokratischen Change-Prozess: zu realisieren, zu reflektieren und zu probieren, in welchen Spielräumen der Einzelne die Selbstgestaltung verantworten und übernehmen kann. Angesichts erlernter Unmündigkeit ist dies ein individualpsychologischer Paradigmenwechsel, eine Herausforderung, der die Teilnehmenden auch anfänglich unter Stress setzt. Ein erfolgreicher „Switch“ wird durch eine so eingeleitete, jedoch nachhaltige berufliche Sozialisation gewährleistet werden können. Der allgemeine Wunsch nach flacheren Hierarchien, nach Empowerment und nach mehr Arbeitsautonomie kollidiert nicht nur mit den rahmenrechtlichen Bedingungen einer Behörde, sondern auch mit den individuellen Möglichkeiten der einzelnen Mitarbeitenden. Hierüber frühzeitig aufzuklären, hat eine bedeutsame präventive Funktion. Anders formuliert: Beratung und Leitung des Hauses haben frühzeitig darüber zu informieren, bewusst zu machen, was möglich ist und wo die Grenzen eigenen, gruppenspezifischen Changes liegen.

Irrwege und Friktionen

Es gab Themen, die sich als Irrwege herausstellten, die übergeordnet geregelt und durch ihre scheinbare Unveränderbarkeit zu Frustration und Friktionen führten: Der Wunsch nach Aufgabe der Zeiterfassung führte zur Intervention des Personalrats; das Anliegen der einen Gruppe nach „job enlargement“, das heißt Aufgaben ganzheitlicher durchführen zu dürfen, löste bei der anderen Gruppe Irritationen aus und wurde als Übergriff ins eigene „Hoheitsgebiet“ verstanden.

Im Unterschied zu Change-Prozessen, die im privatwirtschaftlichen Unternehmenskontext durchgeführt werden, gibt es bei Behörden elementare Unterschiede. Während dort der Markt den Change triggert und den sozialen Druck erzeugt (Motto: „Stillstand heißt Rückstand“), verfügen Beamte und viele Angestellte im Öffentlichen Dienst über Arbeitsplatzsicherheit. Die größte Befürchtung „Ich kann meinen Arbeitsplatz verlieren“ existiert in Behörden nicht und hat auch in diesem berufsgenossenschaftlichen Prozess keine Rolle gespielt. Umso ausgeprägter waren andere, latentere Phänomene: die Veränderungen der Arbeitsaufgabe, Arbeitsverdichtung, Mehrarbeit, Verdachtsmomente: ein geheimer Rationalisierungsauftrag der Geschäftsführung etc. Häufig genug ging es auch um schmerzhaften Statusverlust, den Verlust der Anerkennung als Fachmann/-frau in diesem oder jenem Sachgebiet, möglicherweise auch die Befürchtung, sich in ein neues Arbeitsgebiet einarbeiten und sich neue fachliche Kenntnisse aneignen zu müssen: „Ich fange wieder ganz von vorn an!“

Unsicherheiten, Ängste und Ambiguitäten prägten auch diesen Prozess, aber das Tückische war, dass diese Phänomene größtenteils nicht deutlich zu Tage traten und nicht offen ausgesprochen wurden. Die Teilnehmenden schützten sich dadurch, dass sie all diese psychischen Irritationen „subkutan“ behandelten; wenig von dem, was sie belastete oder möglicherweise auch beansprucht hatte, wurde preisgegeben.

Dieser niederschwellige Stress will kompensiert werden, häufig genug im Konstrukt eines gemeinschaftlich definierten „Außen-Feindes“ („die da oben“), oder auch die externe Beratung, die vermeintlich etwas falsch gemacht habe.

Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

Literatur

Badura B, Steinke M: Die erschöpfte Arbeitswelt. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung, 2011.

Taubert R, Wellhäußer H: The Dance of Change – Reflexionen zu einem partizipativen Ansatz von Organisationen. Heidelberg: Jedermann-Verlag, 2020.

Kriegesmann B: Vertrauensorientiertes Changemanagement. Bochum: Institut für angewandte Innova­tionsforschung, 2013

Weber M: Wirtschaft und Gesellschaft. Tübingen: Mohr Siebeck, 2009.

doi:10.17147/asu-1-316842

Abb. 3:  Diagnostik

Abb. 3: Diagnostik

Kernaussagen

Welche Erfahrungen, welche Schlüsse sind aus dem OE-Prozess (Organisationsentwicklungsprozess) zu ziehen?

  • Die Stärkung der Vertrauensbeziehungen durch die Workshops ist essenziell.
  • Einzelfallberatungen, die zum Ziel haben, die individuelle, persönliche Resilienz zu stärken und individuelle Handlungssicherheit zu erhöhen, sind bedeutsam.
  • Jedes Thema, und mag es noch so absurd sein, muss aufgegriffen werden: Kommunikation, Kommunikation etc.
  • Damit gehen möglicherweise viele narrative Umwege einher. Auch wenn diese – ex post – als Irrwege verstanden werden könnten: Sie wollen und müssen begangen werden.
  • Die eigene Resilienz jedes und jeder Beteiligten muss im Blick behalten werden und jede Gelegenheit muss genutzt werden, diese zu trainieren.
  • Info

    Bei der 2006 erfolgten Fusion zur BG RCI fanden sich sieben Einzelberufsgenossenschaften zur „Heidelberger Erklärung“ zusammen, die schließlich zur Integration in eine Gesamtorganisation namens BG RCI, „Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie“, führte.

    Bei dem erteilten politischen Auftrag sagte der Gesetzgeber nichts darüber aus, wie eine solche Fusion zu erfolgen hat. Der Gesetzgeber hatte die Art und Weise, den Modus der Umsetzung einer solchen Fusion, an die Selbstverwaltungsorgane der jeweiligen Berufsgenossenschaft delegiert.

    Es bleibt zu vermuten, dass es zwischen den nunmehr neun Berufsgenossenschaften Analogien im Prozedere gab. Jede Berufsgenossenschaft schien jedoch ihren eigenen Weg zu wählen. Wege, die allerdings im Kern ein identisches Element enthielten: Die seit Wilhelminischer Zeit althergebrachten Grundsätze der bürokratischen Organisation (Terminologie in Anlehnung an Weber 2009) und des Berufsbeamtentums wurden übernommen beziehungsweise in historischer Kontinuität perpetuiert. Eine Gelegenheit zur grundsätzlichen Modernisierung wurde verpasst. Insofern ist es nicht erstaunlich, dass die aktive Teilnahme der Mitarbeitenden – sieht man von der formalen Repräsentation in Gremien ab – an Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen nicht gegeben war. Die Gelegenheit zur aktiven Partizipation wurde also versäumt. Wir betonen diesen Gesichtspunkt, weil im vorliegenden Erfahrungsbericht deutlich werden wird, wie nachhaltig dieser „Top down“-Prozess der Fusion die Organisationen geprägt hat. Traditionelle, strukturelle Elemente der Arbeitskultur, Mentalitäten und Arbeitsweisen der „alten“, der 35 nunmehr integrierten Berufsgenossenschaften leben fort und prägen bis heute das Verhalten der Mitarbeitenden. Hinzu kommt, dass man sich mit der Übernahme der bürokratischen Organisationsform und des Berufsbeamtentums weitgehend der System- und Funktionslogik seiner Kunden, der Unternehmen, der Kapitalverwertung entzog.

    Info

    Arbeitsauftrag

    Die Zusammenlegung zweier fachlich verwandter Kompetenz-Center.

    Die Realisierung einer unter arbeitswissenschaftlichen Gesichtspunkten modernen Organisation, die auch für die Kunden der BG (also die Mitgliedsunternehmen) vorbildhaft wäre.

    Kontakt

    Prof. Dr. phil. Dipl. rer. soc. Rolf Taubert
    IMO Institut für Management und Organisation; Am Walzwerk 25; 45527 Hattingen

    Foto: privat

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