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Arbeitsunfall und Berufskrankheit im Fall von COVID-19

Allgemeines

Die Fragestellung, ob eine Berufskrankheit oder ein Arbeitsunfall (einschließlich Wegeunfall) vorliegt, ist für alle Personen relevant, die als „Versicherte“ im Sinne des (i.S.d.) §2 Sozialgesetzbuch VII (SGB VII) gelten. Somit schützt das SGB VII zum Beispiel sowohl alle Beschäftigungsgruppen als auch Kinder in Kindertageseinrichtungen oder in der Tagespflege, Schülerinnen/Schüler, Studierende und ehrenamtlich tätige sowie bürgerschaftlich engagierte Menschen. Auch Leiharbeitskräfte sind Beschäftigte nach §2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Zuständig ist hier der für das überlassene Unternehmen zuständige Unfallversicherungsträger (§ 133 Abs. 2 SGB VII).

Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle sind jeweils gleichwertige Versicherungsfälle in der gesetzlichen Unfallversicherung, die Ansprüche auf das volle Leistungsspektrum auslösen.

Ob bei entsprechenden Schadensereignissen tatsächlich auch immer ein Versicherungsfall i.S.d. § 7 SGB VII (folglich ein Arbeitsunfall nach §8 SGB VII oder eine Berufskrankheit nach §9 SGB VII) vorliegt, muss der zuständige Unfallversicherungsträger ermitteln (Untersuchungsgrundsatz nach §20 SGB X). Auf Anforderung müssen die Versicherten entsprechend bei der Sachverhaltsermittlung mitwirken (vgl. §§60ff. SGB I).

Berufskrankheiten

Allgemeines

Bei Berufskrankheiten handelt es sich um arbeitsbedingte Erkrankungen, die in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) in Anlage 1 benannt werden und die eine nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) versicherte Person infolge einer den Versicherungsschutz begründende Tätigkeiten erleidet (vgl. §1 BKV, §9 SGB VII). Folglich sind nicht alle arbeitsbedingten Erkrankungen Berufskrankheiten, nämlich dann nicht, wenn sie von der BKV nicht erfasst werden. Hier lohnt es sich aber dann auf alle Fälle immer, die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls i.S.v. §8 SGB VII zu prüfen (siehe hierzu auch unten).

Das Arbeitsschutzrecht umfasst den Schutz vor allen arbeitsbedingten Erkrankungen, wie sich beispielsweise aus §1 Absatz (Abs.) 1 Satz (S.) 1 Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) ergibt. Die Anerkennung als Berufskrankheit stellt allerdings einen Versicherungsfall nach dem SGB VII dar (vgl. §7 Abs. 1 SGB VII) und kann somit zu weitreichenden Versicherungsleistungen seitens der gesetzlichen Unfallversicherungsträger führen (z.B. Heilbehandlungen gem. §§27ff. SGB VII, Geldleistungen während der Heilbehandlung gem. §§45ff. SGB VII, Renten gem. §56ff. SGB VII oder auch Leistungen an Hinterbliebene gem. §§63ff. SGB VII).

Arbeitsbedingte Erkrankungen, die dagegen nicht als Berufskrankheit einzustufen sind, unterfallen im Wesentlichen (bei gesetzlich krankenversicherten Personen) dem Anwendungsbereich des Sozialgesetzbuch Fünftes Buch („Gesetzliche Krankenversicherung“; SGB V).

Erkrankungen durch Infektionserreger

Arbeitsbedingte Erkrankungen, die durch Infektionserreger hervorgerufen werden, können unter bestimmten Voraussetzungen auch als Berufskrankheiten anerkannt werden. Dies ist gem. Anlage 1 Nr. 3101 BKV dann der Fall, wenn es sich um Infektionskrankheiten handelt und Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt waren.

Dies kann, gerade im Gesundheitsdienst (z.B. Krankenhaus, Teststation etc.) auch in Bezug auf die durch SARS-CoV-2 verursachte Erkrankung COVID-19 vorliegen. Allerdings ist auch hier immer eine beruflich bedingte Verursachung erforderlich. Regelmäßig sind somit folgende Aspekte wesentlich (s. auch „Weitere Infos, DGUV 2020“):

  • Kontakt mit SARS-CoV-2-infizierten Personen im Rahmen der (beruflichen) Tätigkeit,
  • relevante Krankheitserscheinungen wie zum Beispiel Fieber, Husten und
  • positiver Nachweis des Virus durch PCR-Test.
  • Zum Gesundheitsdienst i.S.d. Anlage 1 Nr. 3101 BKV zählen aber nicht nur Krankenhäuser. Auch Arztpraxen, Physiotherapieeinrichtungen, Rettungsdienste, Pflegedienste (z.B. Altenheime) gehören hierzu. Aber auch Apotheken und die Tätigkeiten an SARS-CoV-2-Teststationen zählt zum Gesundheitsdienst.

    Zur Wohlfahrtspflege zählen Einrichtungen der Kinder-, Jugend-, Familien- und Altenhilfe und Einrichtungen, in denen behinderte oder psychisch erkrankte Personen betreut werden. Gleiches gilt für die Hilfe von Personen in besonderen sozialen Situationen (Suchthilfe, Hilfe für Wohnungslose etc.).

    In Laboratorien ist selbstverständlich der unmittelbare Kontakt zu infizierten Personen nicht erforderlich. Hier ist es ausreichend, dass die Versicherten mit entsprechenden Proben (z.B. Auswertung von PCR-Tests) tätigkeitsbedingt in Kontakt kommen.

    Anlage 1 Nr. 3101 erfasst aber neben dem Gesundheitsdienst und der Wohlfahrtspflege auch andere Tätigkeiten, wenn Versicherte der entsprechenden Infektionsgefahr in ähnlichem Maße wie im Gesundheitsdienst oder der Wohlfahrtspflege ausgesetzt sind. In Bezug auf diese Tätigkeiten sind die konkreten Umstände von Relevanz, um eine Vergleichbarkeit ziehen zu können. Regelmäßig setzt dies voraus, dass körperunmittelbare Tätigkeiten (z.B. im Friseurhandwerk, bei Massagen oder im kosmetischen Bereich) vorliegen oder aber Kontakt mit potenziell infizierten Materialien besteht. Für diese Alternative (folglich außerhalb des Gesundheitsdienstes, der Wohlfahrtspflege oder Laboratorien) ist allerdings Voraussetzung, dass eine konkrete Risikoerhöhung in einer weiteren gesamten Branche besteht (und nicht z.B. nur in einem Betrieb; Bundestagsdrucksache [BT-Drs.] 19/24982, S. 6). Hintergrund hierfür ist, dass Berufskrankheiten nur solche Krankheiten sein können, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (vgl. §9 Abs. 1 S. 2 SGB VII).

    Arbeitsunfall

    Im Falle einer COVID-19-Erkrankung ist auch immer das Vorliegen eines Arbeitsunfalls zu prüfen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nicht vorliegen. Es kann aber auch zwei verschiedene Anerkennungsverfahren für dieselbe Erkrankung (hier: COVID-19 als Berufskrankheit und Arbeitsunfall) geben. Arbeitsunfälle sind gemäß §8 Abs. 1 S. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründeten Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle wiederum sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§8 Abs. 1 S. 2 SGB VII).

    Ein Arbeitsunfall setzt weiterhin voraus, dass die Verrichtung der entsprechenden Tätigkeit zum Zeitpunkt des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zum dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (Unfallereignis) geführt und dass das Unfallereignis einem Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität)1.

    Insofern kann eine Erkrankung an COVID-19 einen Arbeitsunfall darstellen, sofern die Infektion auf die jeweilige Tätigkeit (z.B. im Krankenhaus, in der Schule oder bei der Ausübung bestimmter Ehrenämter) zurückzuführen ist (Aligbe 2021).

    Arbeitsunfälle i.S.d. §8 SGB VII weisen (im Gegensatz zu Berufskrankheiten) auch immer eine zeitliche Komponente auf, es muss sich folglich um Ereignisse handeln, die „zeitlich begrenzt“ auftreten. Auch wenn ein „plötzliches“ Geschehen hier nicht gefordert ist, so darf sich das eigentliche Unfallereignis regelmäßig nicht über einen längeren Zeitraum als eine Arbeitsschicht erstrecken. Liegt eine Schadensverursachung mit längerer Einwirkungszeit vor, so ist dies gegebenenfalls unter dem Aspekt der Berufskrankheit zu prüfen (siehe hierzu auch oben).

    Der tätigkeitsbedingte Kontext ist auch hier von wesentlicher Bedeutung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls. Die Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und die anschließende Erkrankung COVID-19 müssen aus der konkreten versicherten Tätigkeit folgen. Gerade bei einem dynamischen diffusen Infektionsgeschehen, aus dem sich allgemein klare Ansteckungsherde nicht ableiten lassen, kann es aber teilweise schwierig sein, einen tätigkeitsbedingten Bezug zwischen der Tätigkeit und der Erkrankung zu erkennen. Dies gilt umso mehr, wenn sich die Tätigkeit selbst nicht auf kranke Menschen bezieht beziehungsweise nicht darauf ausgerichtet ist, mit infektiösem Material zu arbeiten.

    Hier ist es dann zum Beispiel wesentlich, dass enge Kontakte zu anderen Personen bestanden haben, wobei die Intensität der Kontakte nach Dauer und Nähe weiterhin eine Rolle spielt.

    Während Kurzzeitkontakte nach derzeitigem Kenntnisstand nur als geringe Infektionsgefährdung angesehen werden (vgl. Nr. 2.9 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel, s. „Weitere Infos“), so sind Kontakte von Angesicht zu Angesicht (Face-to-face) von mehr als 15 Minuten Dauer ein Hinweis auf eine erhöhte Gefährdung, sich mit SARS-CoV-2 anzustecken und in der Folge dann auch an COVID-19 zu erkranken. Dies gilt insbesondere dann, wenn der obligatorische Mindestabstand von 1,5 m zu anderen Personen tätigkeitsbedingt nicht eingehalten werden kann (vgl. z.B. Nr. 2.8 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel, s. „Weitere Infos“).

    Allerdings können auch Kurzzeitkontakte von weniger als 15 Minuten zu einem Arbeitsunfall führen, nämlich beispielsweise dann, wenn es sich um intensive Kontakte oder eine Vielzahl von Kontakten zu anderen Personen handelt.

    Im Wesentlichen wird folglich ein Unfallversicherungsträger vor Anerkennung eines Arbeitsunfalls in Bezug auf COVID-19 immer prüfen, ob entsprechende Kontakte zu infektiösen Personen (sog. „Indexpersonen“) bestanden haben beziehungsweise, ob im Rahmen der Tätigkeit (z.B. in Laboratorien) Kontakt zu infektiösem Material bestanden haben. Außerhalb von Bereichen des Gesundheitswesens und von Laboratorien kann es aber im Einzelfall schwierig sein, im Rahmen der Unfallverursachung eine konkrete Indexperson ausfindig zu machen. Hier muss es dann als ausreichend angesehen werden, wenn im unmittelbaren Tätigkeitsumfeld nachgewiesen eine hohe Anzahl an infektiösen Personen vorhanden waren (z.B. Ausbruch von SARS-CoV-2-Infektionen in einer Schule oder bestimmten Teilen eines Unternehmens) und im Arbeitsumfeld infektionsbegünstigende Umstände vorgelegen haben (z.B. enge Kontakte zu einer Vielzahl von Personen). Auch werden hier dann Faktoren wie Abstände zu anderen Personen, Lüftungsgegebenheiten, räumliche Gegebenheiten etc. eine Rolle in der Gesamtbewertung spielen.

    In rechtlicher Betrachtung kann in Bezug auf COVID-19 auch ein so genannter Wegeunfall (ein Unterfall des Arbeitsunfalls, vgl. §8 Abs. 2 SGB VII) vorliegen, nämlich dann, wenn ein Kontakt zu einer Indexperson auf dem Weg zur Arbeit oder auf dem Heimweg stattgefunden hat, hier eine Infektion mit SARS-CoV-2 erfolgte und daraus eine COVID-19-Erkrankung resultierte. Gerade aber bei Wegeunfällen wird (aufgrund der sehr eingeschränkten Möglichkeiten der Kontaktnachverfolgung) die große Schwierigkeit bestehen, die Ursachenzusammenhänge klar zu erkennen. Allerdings ist auch dies nicht unmöglich, da ja auch Fälle der organisierten Gruppenbeförderung oder Fahrgemeinschaften von Versicherten denkbar sind.

    Auch in Gemeinschaftsunterkünften ist es durchaus lohnenswert, bei einer dort erfolgten Infektion und daraus folgender Erkrankung an COVID-19 das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S.vd.§8 Abs. 1 SGB VII zu prüfen. Vom Grundsatz her wird das Verweilen dort (z.B. zum Essen und Schlafen) zwar als eigenwirtschaftliche Tätigkeit zu sehen sein, so dass es sich um keine „versicherten“ Tätigkeiten handelt. Es kann aber auch eine andere Betrachtungsweise geboten sein, und zwar dann, wenn es sich um Gemeinschaftsunterkünfte i.S.vd.§2 Abs. 8 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) handelt. Hierunter fallen Unterkünfte innerhalb oder außerhalb des Geländes eines Betriebs oder einer Baustelle, die den Beschäftigten durch das Unternehmen oder auf dessen Veranlassung durch Dritte unentgeltlich oder entgeltlich zur Verfügung gestellt werden und von mehreren Beschäftigten und insgesamt von mindestens vier Personen gemeinschaftlich benutzt werden.

    Derartige Unterkünfte muss ein Unternehmen zum Beispiel immer dann bereitstellen, wenn den Beschäftigten im Zusammenhang mit der Anwerbung oder Entsendung zur zeitlich befristeten Erbringung einer vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung die Bereitstellung oder Vermittlung einer Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften in Aussicht gestellt wird und zu erwarten ist, dass die oder der Beschäftigte die Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung anderenfalls nicht eingehen würde (Nr. 4.4 Abs. 1 S. 3 Anhang ArbStättV).

    Hier besteht ein enger Zusammenhang zwischen Arbeit und Unterkunft, so dass die Unterbringung Teil des unternehmerischen wirtschaftlichen Konzepts ist und sich genau daraus dann eine besondere Infektionsgefahr durch SARS-CoV-2 und somit auch die Gefahr einer Erkrankung an COVID-19 ergibt.

    Generell wird ein Unfallversicherungsträger bei jedem Arbeitsunfall aber immer auch prüfen, ob im maßgeblichen Infektionszeitraum Kontakt zu anderen Indexpersonen außerhalb der versicherten Tätigkeit bestand und ob dies einer Anerkennung als Arbeitsunfall entgegensteht (BT-Drs. 19/24982, S. 2.).

    Meldepflichten bei Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen

    Die Anerkennung eines Versicherungsfalles und die Einleitung der entsprechenden Leistungen nach dem SGB VII setzen regelmäßig voraus, dass die zuständigen Unfallversicherungsträger über das dem Versicherungsfall zugrunde liegende Ereignis auch Bescheid wissen. Um hier den Schutz umfassend zu gestalten und es nicht allein den Versicherten zu überlassen, ob ein Unfallereignis dem Unfallversicherungsträger bekannt wird, hat das SGB VII hier entsprechende Meldepflichten etabliert. Diese Meldepflichten versetzen die Unfallversicherungsträger (und evtl. auch die Arbeitsschutzbehörden) in die Lage, entsprechenden Schadensereignissen auf den Grund zu gehen, hier weitere Ermittlungen anzustellen und dann gegebenenfalls (als Unfallversicherungsträger) bestimmte Leistungen zu erbringen.

    Meldungen von Berufskrankheiten

    Haben Ärztinnen/Ärzte oder Zahnärztinnen/-ärzte den begründeten Verdacht, dass bei Versicherten (gemeint sind hier die Versicherten nach dem SGB VII) eine Berufskrankheit besteht, so müssen sie dies dem zuständigen Unfallversicherungsträger unverzüglich anzeigen (§202 S. 1 SGB VII).

    Alternativ kann die entsprechende Anzeige auch der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stelle gegenüber gemacht werden (§202 S. 1 SGB VII).

    „Unverzüglich“ bedeutet, dass die Anzeige ohne schuldhaftes Zögern (vgl. §121 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) erstattet werden muss. Der Ärztin oder dem Arzt ist es hier folglich möglich, die üblichen Bürozeiten der entsprechenden Stellen zu nutzen. Allerdings darf es hier zu keinen Verzögerungen kommen, die sich sachlich nicht mehr rechtfertigen lassen.

    Die Anzeige selbst ist formbedürftig und muss folglich auch in einer bestimmten Form erfolgen (vgl. §202 S. 2 i.V.m. § 193 Abs. 8 SGB VII). Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat diesbezüglich aufgrund von §193 bs. 8 SGB VII die so genannte „Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung“ (UVAV) erlassen. In der Anlage 1 der UVAV findet sich eine Formularform, mit der der Verdacht auf eine Berufskrankheit gemeldet werden muss. Auf den Internetseiten der Unfallversicherungsträger und auch auf der Internetpräsenz der DGUV finden sich regelmäßig entsprechende Vordrucke, die dann (als PDF oder Word) ausgefüllt werden können.

    Da der Verdacht einer Berufskrankheit ärztlicherseits entweder dem zuständigen Unfallversicherungsträger oder alternativ der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stelle („Arbeitsschutzbehörde“) gemacht werden kann (hier gibt es gewissermaßen ein Wahlrecht), bestehen zwischen diesen beiden zuständigen Stellen entsprechende Benachrichtigungsverpflichtungen. So hat der Unfallversicherungsträger (wenn die Anzeige bei ihm eingeht) unverzüglich die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Landesbehörde eine Durchschrift der Anzeige zu übersenden (§202 S. 2 i.V.m. §193 Abs. 7 S. 3 SGB VII). Geht dagegen die Anzeige bei der zuständigen Arbeitsschutzbehörde ein, so muss diese dem zuständigen Unfallversicherungsträger unverzüglich eine Durchschrift der Anzeige übersenden (§202 S. 2 i.V.m. §193 Abs. 7 S. 4 SGB VII).

    Sofern das Unternehmen im Einzelfall Anhaltspunkte dafür hat, dass bei seinen Versicherten eine Berufskrankheit vorliegen könnte, so muss auch dies dem zuständigen Unfallversicherungsträger angezeigt werden (§193 Abs. 2 SGB VII). Eine alternative Anzeige bei der Arbeitsschutzbehörde ist in diesen Fällen nicht vorgesehen. Aber auch hier bleibt der Unfallversicherungsträger gemäß §193 Abs. 7 S. 3 SGB VII verpflichtet, eine Durchschrift der Anzeige der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörde unverzüglich zu übersenden. Das Unternehmen muss die Anzeige binnen drei Tagen erstatten, nachdem es von den Anhaltspunkten für eine Berufskrankheit Kenntnis erlangt hat (§193 Abs. 4 S. 1 SGB VII). Versicherte können vom Unternehmen ferner verlangen, dass ihnen eine Kopie der Anzeige zu überlassen ist (§193 Abs. 4 S. 2 SGB VII). Die Anzeige muss ferner vom Betriebs- beziehungsweise Personalrat unterzeichnet werden, sofern ein solcher im Unternehmen vorhanden ist (§193 Abs. 5 S. 1 SGB VII). Letztendlich ist der Betrieb auch verpflichtet, die Sicherheitsfachkraft und den betriebsärztlichen Dienst über jede Berufskrankheitenanzeige in Kenntnis zu setzen (§ 193 Abs. 5 S. 2 SGB VII).

    Meldung von Arbeitsunfällen

    Auch Arbeitsunfälle sind dem Unfallversicherungsträger anzuzeigen. Diese Verpflichtung obliegt hier im Wesentlichen aber dem Unternehmen. Der Betrieb ist immer dann verpflichtet, dem Unfallversicherungsträger einen Arbeitsunfall anzuzeigen, wenn die oder der Versicherte getötet oder so verletzt wird, dass sie oder er mehr als drei Tage arbeitsunfähig ist (§ 193 Abs. 1 S. 1 SGB VII). Verletzungen, die zu keiner Arbeitsunfähigkeit führen, sind folglich seitens des Unternehmens nicht anzeigepflichtig. Das Gleiche gilt für das Vorliegen einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit, die die Dauer von drei Tagen aber nicht überschreitet.

    Im Ergebnis sind somit nicht alle Arbeitsunfälle i.S.d. §8 SGB VII anzeigenpflichtig. Eine nicht vorhandene Anzeigenpflicht ändert aber nichts daran, dass bei einem Unfallereignis ein Arbeitsunfall nach §8 Abs. 1 SGB VII vorliegt, der zu entsprechenden Leistungen berechtigt. Es empfiehlt sich aber auf alle Fälle, auch die nichtmeldepflichtigen Arbeitsunfälle entsprechend zu dokumentieren. Eine entsprechende Dokumentation kann zum Beispiel im Verbandbuch i.S.v. § 24 Abs. 6 DGUV-V1 erfolgen.

    Anzeigepflichtig sind seitens des Unternehmens allerdings nur die Unfälle an sich. Ob ein Arbeitsunfall i.S.d. § 8 SGB VII vorliegt, fällt in die Ermittlungszuständigkeit des Unfallversicherungsträgers.

    Die Anzeige selbst aber muss seitens des Unternehmens binnen drei Tagen erstattet werden, nachdem es von dem Unfall Kenntnis erlangt hat (§ 193 Abs. 4 S. 1 SGB VII). Die versicherte Person kann im Falle der Anzeige verlangen, dass ihr seitens des Unternehmens eine Kopie der Anzeige überlassen wird (§193 Abs. 4 S. 2 SGB VII). Auch bei einer Unfallanzeige in diesem Sinne muss der Betriebs- oder Personalrat unterzeichnen, sofern ein solcher im Unternehmen vorhanden ist (§193 Abs. 5 S. 1 SGB VIII). Ebenfalls muss der Betrieb die Sicherheitsfachkraft und die Betriebsärztin/den Betriebsarzt über jede Unfallanzeige in Kenntnis setzen.

    Letztendlich ist das Unternehmen verpflichtet, eine Durchschrift der Anzeige der für den Arbeitsschutz zuständigen Behörde zu übersenden (§ 193 Abs. 7 S. 1 SGB VII).

    Auch bei der Unfallanzeige ist die Form der Anzeige vorgegeben. Die Formvorschriften ergeben sich ebenfalls aus der Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV; vgl. § 193 Abs. 8 SGB VII). Anlage 1 der UVAV enthält ein entsprechendes Musterformular, das regelmäßig auch auf der Internetpräsenz der zuständigen Unfallversicherungsträger heruntergeladen werden kann.

    Fazit

    Auch wenn viele Erkrankungsfälle in Bezug auf COVID-19 einen eher milden Verlauf einnehmen, so ist es doch lohnenswert, konsequent den Verdacht einer Berufskrankheit oder eines Arbeitsunfalls dem zuständigen Unfallversicherungsträger anzuzeigen. Dies kann gerade vor dem Hintergrund des „Post-Covid-Syndroms“ für die Versicherten von großer Bedeutung sein. Auch ist damit abgesichert, dass gegebenenfalls heute noch nicht bekannte Spätschäden entsprechend anerkannt werden.▪

    Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

    Literatur

    Aligbe P: Die arbeitsmedizinische Vorsorge und die gesetzliche Unfallversicherung in Zeiten von Corona. COVuR 2021; 77

    Weitere Infos

    DGUV: COVID-19 als Berufskrankheit – Informationen für Beschäftigte im Gesundheits­wesen. 2020
    https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/3854

    SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel
    https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regel…

    Kontakt

    Patrick Aligbe
    LL. M. (Medizinrecht) ; Sauerbruchstr. 10 ; 81377 München

    Foto: privat