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Die zukunfts- und praxisorientierte Gestaltung der betriebsärztlichen Betreuung — Ein Modellprojekt

Die zukunfts- und praxisorientierte Gestaltung der betriebsärztlichen Betreuung – Ein Modellprojekt

Einleitung: Knappe betriebsärztliche Ressourcen unter Berücksichtigung der zunehmenden Komplexität des Arbeitslebens optimal einzusetzen und den hohen Praxisanforderungen an die betriebsärztliche Betreuung gerecht zu werden, ist ein wesentlicher Aspekt der aktuellen Diskussion zur arbeitsmedizinischen Betreuung nach Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) und DGUVVorschrift 2. Die Delegation betriebsärztlicher Leistungen an nichtärztliche Gesundheitsexperten stellt eine denkbare Lösung dar. Die arbeitsmedizinische Betreuung erfolgt nicht mehr ausschließlich durch den Betriebsarzt als Einzelperson, sondern durch ein Präventionsteam, dem fachlich ergänzende, nichtärztliche Gesundheitsprofessionen angehören. Die Praxiserprobung dieses Konzepts erfolgte als gemeinsames Pilotprojekt der Berufsgenossenschaft für Nahrungsmittel und Gastgewerbe und TÜV Rheinland.

Methode: 121 BGN-Betriebe unterschiedlicher Größe wurden mit Hilfe strukturierter Interviews auf Basis einer Likert-Skala zunächst zur bisherigen Betreuung allein durch den Betriebsarzt und nach erfolgter Betreuung durch das Präventionsteam zur neuen Betreuung hinsichtlich der wahrgenommen Qualität und der Organisation der Betreuung befragt. Die Vorher-Nachher-Interviews ermöglichen eine vergleichende Gegenüberstellung der beiden Betreuungsformen.

Ergebnis: Hinsichtlich der Leistungsqualität bewerten die befragten Unternehmen das neue Konzept im Mittelwert signifikant höher bzw. besser. In der Leistungsorganisation führen die zusätzlich neu eingesetzten Fachexperten zu keiner signifikanten Veränderung der Zufriedenheit. Das Delegationsvolumen und damit die Entlastung des Betriebsarztes lagen bei etwa 25 %.

Schlussfolgerung: Das Zusammenwirken von Betriebsarzt und nichtärztlichen Fachexperten in einem Präventionsteam zeigt einen Weg auf, die aktuell sehr knappen betriebsärztlichen Kapazitäten so einzusetzen, dass einerseits die Rolle des Betriebsarztes aufgewertet und andererseits ein Mehrwert für die betreuten Unternehmen geschaffen wird. Zudem bleibt der Betriebsarzt Prozesseigner, wird aber dennoch hinsichtlich seiner Kapazitäten entlastet.

Keywords: Betriebsarzt – Präventionsteam – Delegation – nichtärztliche Fachexperten

The future- and practice-oriented organisation of occupational medical care – a model project

Introduction: Making the best possible use of scarce occupational health resources with due consideration for the increasing complexity of working life and meeting the many practical requirements of occupational medical care are key aspects of the current debate on occupational medical care under the German Occupational Safety Act (Arbeitssicherheitsgesetz – ASiG) and DGUV Regulation 2. The delegation of occupational medical services to non-medical health experts is a feasible solution. Occupational medical care is no longer the sole responsibility of the individual company medical officer, but is carried out by a prevention team consisting of complementary, non-medical healthcare practitioners This concept has been tested in practice as a pilot project run jointly by the German Trade Association for the Food and Hospitality Industries (Berufsgenossenschaft für Nahrungsmittel und Gast-gewerbe – BGN) and TÜV Rheinland.

Method: With the help of structured interviews based on a Likert scale, 121 BGN businesses of varying sizes were first asked about previous care provided solely by the company medical officer and then about the quality and organisation of new care once it had been provided by the prevention team. The before-and-after interviews allow both forms of care to be compared and contrasted.

Findings: In terms of the quality of services, the companies involved in the survey consider the new concept to be significantly higher/better on average. In terms of the organisation of services, the newly appointed experts do not lead to any significant change in levels of satisfaction. The company medical officer‘s workload was reduced by around 25 % as a result of delegation.

Conclusions: The cooperation between company medical officers and non-medical experts in a prevention team shows that scarce occupational medical resources can be used in such a way as to enhance the role of the company medical officer on the one hand and create value added for the companies concerned on the other. Furthermore, the company medical office is still the process owner but is relieved of some of his workload.

Keywords: company medical officer – prevention team – delegation – non-medical experts

Falko Kirsch

(eingegangen am 14. 07. 2015, angenommen am 23. 09. 2015)

ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2015; 50: 810–817

Einführung

Ausgangslage, Ziele und Forschungsfragen

Das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) und die deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) geben für alle Betriebe mit abhängig Beschäftigten in Deutschland eine arbeitsmedizinische und arbeitssicherheitstechnische Betreuung vor. Zunehmend berichten Unter-nehmen jedoch von Schwierigkeiten, einen Betriebsarzt für ihr Unter-nehmen bestellen zu können. Die von der Bundesärztekammer veröffentlichten Statistiken zeigen, dass mehr Ärzte der Fachrichtung Arbeitsmedizin jährlich altersbedingt ausscheiden als neu in das Berufsleben eintreten. Rund 45 % der laut Statistik der Bundesärzte-kammer für das Jahr 2014 angeführten Ärzte mit arbeitsmedizini-scher Fachkunde haben bereits das 65. Lebensjahr überschritten. Hier ist unklar, ob und in welchem Umfang diese noch betriebsärztlich aktiv sind. Weitere 14 % bilden die Altersgruppe der 60- bis 64-Jährigen und dürften dem Markt damit langfristig ebenfalls nicht mehr in vollem Umfang zur Verfügung stehen. Die Gruppe der unter 40-jährigen Betriebsärzte stellt dagegen gerade einmal etwa 2 % dar (Bundesärztekammer 2015). Die verfügbaren betriebsärztlichen Ressourcen werden demnach knapper.

Diverse Fachgremien und Arbeitskreise suchen nach Lösungen für die Bewältigung der personellen Engpässe. In der Diskussion sind u. a. der Wegfall der Mindesteinsatzzeiten in der Grundbetreuung, der Einsatz von nichtärztlichem Gesundheitspersonal, eine Ausweitung des Unternehmermodells auch auf Betriebe mit größeren Beschäftigtenzahlen (Kunz 2015) oder auch eine stärkere Rolle der Fachkraft für Arbeitssicherheit. Aus Sicht der Betriebsärzteschaft stellt sich die Frage nach der zukünftigen Rolle des Betriebsarztes in deutschen Unternehmen. Bleibt der Betriebsarzt aktiver Gestalter im betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz oder wird er auf Basis einer Bedarfseinschätzung lediglich sporadisch hinzugezogen?

Zur Entwicklung neuer, innovativer Denkansätze sowie deren Praxiserprobung führten die Berufsgenossenschaft für Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) und der TÜV Rheinland ein Pilotprojekt „Moderne Arbeitsmedizin“ durch. Die Evaluationsergebnisse liegen vor und zeigen nachfolgend einen realisierbaren Weg.

Ziel des Pilotprojekts ist es, mit Hilfe eines neuen Konzepts eine Möglichkeit aufzuzeigen, die im Arbeitssicherheitsgesetz vorgeschriebene Betriebsbetreuung zeitgemäß, weiterhin qualitativ hochwertig und den komplexen Anforderungen entsprechend durch-zuführen. Die Knappheit betriebsärztlicher Ressourcen muss dabei ebenso Berücksichtigung finden, wie die stetig zunehmenden Anforderungen an Leistungsfähigkeit und Leistungsqualität der Arbeit-nehmer (Barth et al. 2014).

Das Konzept „Moderne Arbeitsmedizin“ als Chance zur Neugestaltung

Den konzeptionellen Ausgangspunkt bilden im Wesentlichen fünf Erkenntnisse:

  • Mangel an Betriebsärzten und erwartete Verschärfung der Situa-tion,
  • wachsender Bedarf an Arbeits- und Gesundheitsschutz-Beratung,
  • hohe Komplexität der Gesundheitsfragen im Arbeitsprozess,
  • Verfügbarkeit nicht ärztlicher Gesundheitsfachexperten über (neue) universitäre oder Fachhochschulstudiengänge mit gut qualifizierten und hoch motivierten Absolventen,
  • wachsende Beachtung des Themas Betriebliche Gesundheit in Politik und Wirtschaft infolge des demografischen Wandels in Deutschland.

Das neu entwickelte Konzept greift den Gedanken der Delegation ärztlicher Leistungen auf und weist dem Betriebsarzt eine neue, aufgewertete Rolle zu. Dabei werden die Grundlagen und Voraussetzungen zur Delegation (Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung 2008, Bundesärztekammer 2012, Bundesärztekammer 2013), des Deutschen Ärztetages (2011), des VDBW (2012) beachtet.

Das Konzept sieht neu die arbeitsmedizinische Betreuung durch ein „Präventionsteam“ vor, das sich neben dem Betriebsarzt auch aus anderen, nichtärztlichen Fachexperten zusammensetzt. Die betriebsärztliche Betreuung wird im neuen Konzept unter betriebsärztlicher Steuerung und in Abhängigkeit von den konkreten Leistungs-inhalten von mehreren Fachexperten ausgeführt, z. B. durch

  • Arbeits-/Betriebs- und Organisationspsychologen,
  • Gesundheitswirte,
  • Arbeitswissenschaftler,
  • Logopäden, Sprachtherapeuten,
  • Sportwissenschaftler.

Die Teammitglieder ergänzen bzw. erweitern die Leistungen des Betriebsarztes und ermöglichen es, ein deutlich breiteres Spektrum an beratenden und gesundheitsfördernden Inhalten umzusetzen. Der Betriebsarzt fungiert als Koordinator, der gemeinsam mit dem Unternehmer, der Fachkraft für Arbeitssicherheit und der Mitarbeitervertretung Gesundheitsziele und Gesundheitsmaßnahmen definiert und mit Hilfe seines Präventionsteams diese Maßnahmen optimal umsetzt.

Integriert in die gesetzliche Betreuungsverpflichtung erfahren die Beschäftigten tätigkeitsspezifische, praxisbezogene Unterstützung zum Erhalt ihrer Arbeitsfähigkeit und zur Gesundheitsförderung.

Im Rahmen der „Beratung zur Verhältnis- und Verhaltensprävention“ kommt im Pilotprojekt das Team als Besonderheit bereits in der Grundbetreuung nach DGUVVorschrift 2 zum Einsatz. Weiter-gehende Möglichkeiten hinsichtlich ausführlicherer Aktionen und Programme bietet die Betriebsspezifische Betreuung.

Delegierte Leistungen können sein:

  • Beratung zu psychischen Belastungen am Arbeitsplatz,
  • Arbeitstechnik-Training,
  • Rückenschule,
  • Entspannungsübungen,
  • Bewegungsprogramme,
  • Stimmtraining,
  • Supervision/Coaching,
  • Ernährungsberatung.

Voraussetzung für die Delegation von Teilleistungen sind genaue Kenntnisse des Betriebsarztes zu den betrieblichen Gegebenheiten hinsichtlich Gefährdungsbeurteilung, Arbeitsaufgaben und Mitarbeitergesundheit.

Delegiert der Betriebsarzt Teilaufgaben, verbleibt die Gesamtverantwortung bei ihm. Das bedeutet, der Betriebsarzt überzeugt sich zunächst von Qualifikation, Leistungsfähigkeit und aktenkundiger Unterweisung zu Schweigepflicht und Datenschutz seiner Teammitglieder, delegiert dann konkrete Leistungsinhalte und lässt sich über Ausführung und Ergebnisse berichten.

Darüber hinaus können Professionen, die nicht im Präventionsteam vertreten sind, aber benötigt werden, als externe Partner in Form einer Kooperation hinzu gezogen werden. Im ärztlichen Bereich ist dies unter Fachärzten verschiedener Spezialgebiete bereits üblich.

Perspektivisch misst das Konzept auch den Krankenkassen eine wesentliche Rolle bei. Gemeinsam mit Betriebsarzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Unternehmer und Mitarbeitervertretung bilden die Krankenkassen eine wesentliche Säule in der betrieblichen Gesundheitsförderung. Alle beteiligten Akteure stimmen sowohl Auswahl und Durchführung, als auch die Finanzierung verschiedener Maßnahmen ab. Das unlängst verabschiedete Präventionsgesetz kann hierfür die Grundlage bilden.

Sämtliche Ergebnisse und Auswertungen fließen beim Betriebsarzt zusammen und münden in einen Jahresbericht. Je nach Reifegrad der betrieblichen Umsetzung kann ein solcher Jahresbericht auch die Gesundheitsdaten der Krankenkassen einbeziehen und dem Unternehmer die Möglichkeit bieten, gezielt in den Standortfaktor „Gesunde Mitarbeiter“ zu investieren.

Zusammengefasst lassen sich sechs Nutzenargumente für das neue Konzept herausstellen:

  1. 1.ganzheitliche Betrachtung und Steuerung der betrieblichen Gesundheit unter Leitung des Betriebsarztes,
  2. 2.Kompetenzerweiterung in der Betreuung durch weitere Fachexperten,
  3. 3.Schaffung eines Mehrwertes für so betreute Unternehmen und ihre Beschäftigten,
  4. 4.Bündelung aller Gesundheitsaktivitäten auch hinsichtlich der Nachhaltigkeit,
  5. 5.Fokussierung auf die Mitarbeiter, ihre Belastungen und individuellen Beanspruchungen sowie auf den bestmöglichen Erhalt ihrer Arbeitsfähigkeit,
  6. 6.Aufwertung des Betriebsarztes und Lösung der Kapazitätsprobleme.

Für die Erprobung des Konzeptes in der Praxis und die zugehörige Evaluation wurden folgende Forschungsfragen fixiert:

  • Welche Auswirkungen auf die Qualität der betriebsärztlichen Be-treuung ergeben sich aus Sicht der betreuten Unternehmen durch die Anwendung des Konzeptes „Moderne Arbeitsmedizin“?
  • Welche Auswirkungen hat das Konzept „Moderne Arbeitsmedizin“ hinsichtlich der Zufriedenheit mit der Leistungsorganisation in den betreuten Unternehmen?

Material und Methoden

Studiendesign

Die Forschungsfragen beeinflussten die Wahl der angewandten Methoden. Zur ihrer Beantwortung wurden empirisch-quantitative Befragungen, hier in der Sonderform des strukturierten, persönlichen Einzelinterviews über einen selbst entwickelten, standardisierten Fragebogen, durchgeführt. Die Basis bildeten eine Likert-Skala und die Abfrage von Items. Angewandt wurde ein Fünf-Punkte-Maßstab, bei dem die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten so aufgebaut waren, dass zwischen ihnen ein möglichst gleicher „Abstand“ bestand (Äquidistanz).

Die Items waren positiv oder negativ formulierte Aussagen zu einem konkreten Sachverhalt, zu dem die Befragten den Grad ihrer Ablehnung oder Zustimmung in mehreren, vorgegebenen Stufen äußerten. Alle Befragten bekamen die gleichen Fragen in identischer Formulierung und Reihenfolge gestellt. Ziel ist ein Vorher-Nachher-Vergleich, also eine vergleichende Bewertung der alten mit der neuen Betreuungsform.

Stichprobenauswahl und -zusammensetzung

In Abstimmung mit dem Projektpartner BGN wurde als Pilotregion der Bereich Magdeburg-Halberstadt (Sachsen-Anhalt) ausgewählt, mit 463 für den arbeitsmedizinischen Dienst der BGN angemeldeten Mitgliedsbetrieben.

Alle Betriebe gehören der Branche Nahrungsmittel/Gastgewerbe an und umfassen vor allem Hotels, Restaurants, Fleischereibetriebe und Bäckereibetriebe. Hinsichtlich ihrer Größe handelte es sich branchentypisch überwiegend um Klein- und Kleinstbetriebe mit bis zu 50 Beschäftigten. Die Teilnahme am Pilotprojekt war freiwillig.

Methodik (Erhebungsinstrumente)

Für die Datenerhebung wurden zwei Interviews je Betrieb durchgeführt: Das erste („ex ante“) fand vor der Erläuterung des neuen Konzeptes statt und erfasst die Bewertung der bisherigen betriebsärztlichen Betreuung allein durch den Betriebsarzt.

Das zweite Interview erfolgte jeweils nach der Nutzung („ex post“) von Leistungen des neuen Konzepts unter Einbeziehung von nichtärztlichen Experten.

Der konkrete Zeitpunkt des zweiten Interviews lag je nach Betriebsgröße und der daraus abgeleiteten, von der BG zur Verfügung gestellten Einsatzzeit der Grundbetreuung jeweils sehr zeitnah, maximal eine Woche nach der Leistungserbringung, so dass die Ein-drücke und Erfahrungen noch präsent waren.

Befragt wurde jeweils dieselbe Person (Unternehmer/Betriebsleiter) eines Unternehmens, da diese letztlich als Auftraggeber und Entscheider fungiert. Der Unternehmer/Betriebsleiter nutzte die Leistungen jeweils gemeinsam mit seinen Beschäftigten.

Die gewonnen Daten wurden über das Statistik-Programm „IBM SPSS Statistics“ erfasst und ausgewertet.

Betrachtung von Leistungsqualität und Leistungsorganisation

Beide Interviews erfragten Informationen zur wahrgenommenen Leistungsqualität und zur Leistungsorganisation. Um eine korrekte Auswertung zu ermöglichen, wurde darauf geachtet, dass die am Projekt teilnehmenden Betriebe jeweils beide Interviews durchlaufen, so dass der angestrebte Vorher-Nachher-Vergleich (vgl. Forschungsfragen) in denselben Betrieben möglich wurde.

Die Fragen orientierten sich dabei explizit nicht an den einzelnen Aufgabenfeldern nach § 3 ASiG und der Grund- und Betriebsspezifischen Betreuung nach DGUVVorschrift 2, sondern richteten sich auf konkrete inhaltliche und organisatorische Aspekte, da sowohl Praxisnähe, als auch der unmittelbare Bezug zum Betrieb den Unternehmern dieser Branche sehr wichtig sind. Grundlage dieser Entscheidung waren die mehr als zehnjährigen Branchenerfahrungen des TÜV Rheinland in der Region und mit der Kundenklientel.

Das Präventionsteam bestand neben dem Betriebsarzt aus drei nichtärztlichen Fachexperten. Diese drei Personen sind Fachhochschulabsolventen in den Studiengängen Gesundheitsmanagement oder Sportwissenschaft mit Master- oder Bachelor-Abschluss. Zusatzqualifikationen bestehen in einer Ausbildung zum Physiotherapeuten und in der Psychologie (Doktorand). Der Tätigkeitsschwerpunkt der Fachexperten lag vor allem in der Ausführung praktischer Übungen zur Förderung von Bewegung und Entspannung sowie zur Minderung potenzieller Gefährdungen.

Die von der BG zur Verfügung gestellte Einsatzzeit beschränkte sich in der Regel auf die Mindesteinsatzzeit der Grundbetreuung nach DGUVVorschrift 2. Bei begründetem Bedarf durfte im Rahmen des Pilotprojekts dieses Zeitvolumen einvernehmlich auch überschritten werden.

Auswahl und Darstellung der statistischen Parameter

Zur Bewertung der Ergebnisse wurden das arithmetische Mittel, der Median, Minimum und Maximum sowie das obere und das untere Quartil berechnet bzw. herausgestellt und in Boxplots abgebildet. Zur besseren Übersichtlichkeit und zur Vereinfachung konzentriert sich die Darstellung im Folgenden auf das arithmetische Mittel. Die Mittelwerte errechnen sich auf Basis einer Antwortklassifizierung von „0“ schlecht/gering über „1“ eher schlecht/eher gering, „2“ teils/teils, „3“ eher gut/eher hoch bis „4“ gut/hoch. Zur zusätz-lichen Veranschaulichung erfolgt eine farbliche Unterlegung in drei Gruppen, wobei die Bewertungen von 0 bis 1,33 mit rot (negativ), die Bewertungen von 1,34 bis 2,66 mit gelb und Bewertungen von 2,67 bis 4,0 mit grün (positiv) dargestellt werden, so dass im Ampelsystem eine qualitative Bewertung auch optisch deutlich wird.

Für den Vergleich zwischen alter und neuer Betreuungsform hinsichtlich der Zufriedenheit der befragten Unternehmen erfolgte die Signifikanzberechnung mit Hilfe des Wilcoxon-Tests.

Ergebnisse

Ergebnisse der Erhebung

In der Pilotregion waren zum Zeitpunkt des Projektes 463 Betriebe für die arbeitsmedizi-nische Betreuung gemeldet. Davon wünschten 28 Betriebe (6 %) aktuell keine Betreu-ungsleistung und 74 weitere Betriebe (16 %) lehnten eine Teilnahme am Projekt mangels Interesse ab. Somit verblieben für die Anwendung des neuen Konzeptes 361 Betriebe (78 %). 121 davon (n = 121) beteiligten sich als Stichprobengruppe an den strukturierten Interviews, das entspricht einem Anteil von 33,5 %.

Interview-Ergebnisse zur bisherigen Betreuungsform

Ermittelt wurde die vom Unternehmer bisher wahrgenommene Leistungsqualität, ob aufgetretene Fragestellungen eine Lösung erfuhren und wie zufrieden der Unternehmer mit dieser Lösung war. Die Antwortmöglichkeiten entsprachen der o. g. Bewertungsklassifikation in fünf Gruppen (0 bis 4). Die Unternehmer bewerteten die Tatsache einer Lösungsfindung im Mittelwert mit 2,75, was nach der gewählten Skala zwischen „teils/teils“ und „eher ja“ einzuordnen ist. Mit dem Mittelwert 2,72 lag die Zufriedenheit mit der gefundenen Lösung auf einem ähnlichen Niveau, zwischen „teils/teils“ und „eher zufrieden“ ( Abb. 1). Eine Unterteilung der Zufriedenheitsbewertung nach Leistungsinhalten bzw. Themen erschien nicht sinnvoll, da alle Aspekte durch ein und dieselbe Person, den Betriebsarzt, bearbeitet und zudem meist in Kombination durchgeführt wurden. Die Leistungen selbst lagen oft ein Jahr oder länger zurück, so dass retrospektive Betrachtungen schwierig erschienen.

Insgesamt waren 67,9 % der Befragten der Ansicht, dass für ihre arbeitsmedizinischen Fragestellungen in der Vergangenheit überwiegend eine Lösung gefunden werden konnte und 62,1 % der Unternehmer waren mit der gefundenen Lösung überwiegend oder ganz zufrieden.

Neben dem fachlichen Aspekt hinterfragten die Interviewer zu-dem die Zufriedenheitswerte der bisherigen Leistungsorganisation. Dabei wurden 6 Aspekte betrachtet, die Bewertungen lagen jeweils um 3,0 und wiesen auf eine überwiegende Zufriedenheit hin ( Abb. 2).

Mindestens 72,1 % der Befragten waren mit der Leistungsorganisation zufrieden oder sehr zufrieden.

Auf der Basis betriebsärztlich vorausgewählter, klientelspezifi-scher Themengebiete sollten die Befragten darüber hinaus auch ihren künftigen Leistungsbedarf benennen. Als künftige Leistungsschwerpunkte kristallisierten sich nach der Häufigkeit der Nennung (Mehrfachnennung möglich) die Themen Rückengesundheit (76 %), Beratung an Steh- und Sitzarbeitsplätzen (70 %), Hautschutz (60 %), psychische Belastungen (50 %) und Umgang mit kritischen Situatio-nen/Kunden (28 %) heraus.

Im Weiteren gaben die Unternehmer darüber Auskunft, welche Erwartungen sie an ein neues Betreuungskonzept knüpfen und welche Bedeutung sie einzelnen Aspekten beimessen. Die höchste Erwartung liegt in der Praxisorientierung (3,42) des neuen Betreuungskonzeptes. Dieser kommt eine ebenso hohe Bedeutung (3,41) zu ( Abb. 3).

Zusammengefasst wurde die bisherige Betreuung ausschließlich durch den Betriebsarzt sowohl inhaltlich (2,72) als auch organisatorisch (3,28) als „gut“ bewertet.

Interview-Ergebnisse zur neuen Betreuungsform

Der Einführungsworkshop als Grundlage des neuen Konzeptes fand in allen 121 Betrieben der Stichprobengruppe Anwendung (100 %). In diesen Workshops wurden vom Betriebsarzt empfohlene Maßnahmen vorgestellt und erläutert, so dass der Unternehmer das nutzbare Gesamtportfolio kennen lernte und die für sein Unternehmen relevanten Inhalte bzw. die Reihenfolge der Umsetzung mit auswählte. Die Themeninhalte flossen je nach Betriebsgröße und gemäß DGUVVorschrift 2 zur Verfügung stehender Einsatzzeit für die Grundbetreuung in eine Jahres- oder Mehrjahresplanung ein und fanden nachfolgend im Unternehmen Anwendung. Angestrebt wurden im Interesse einer strukturierten und systematischen Vorgehensweise mehrjährige Arbeitspläne.

Nach der Vorstellung und Anwendung der abgestimmten Leistungsinhalte im Rah-men des neu entwickelten Betreuungskonzeptes bewerteten alle 121 Unternehmen der Stichprobengruppe die neu erfahrene Betreuungsform.

70 Betriebe (58 %) nutzten, meist auf-grund der o. g. sehr geringen Einsatzzeiten der Grundbetreuung, im betrachteten Jahres-zeitraum ausschließlich den Einführungsworkshop durch nichtärztliche Fachexperten und planen für die Folgejahre weitere Aktio-nen. In 51 Betrieben (42 %) wurden neben dem Einführungsworkshop insgesamt 100 weitergehende Maßnahmen durchgeführt. Am stärksten frequentiert waren:

  • Beratung zu Gefährdungsbeurteilung und gesetzlichen Regelwerken: 20 Fälle
  • Betriebsärztliche Beratung: 20 Fälle
  • Aktive Tipps und Übungen zur Rückengesundheit: 17 Fälle
  • Praktische Übungen zum Hautschutz: 9 Fälle
  • Beratung zu Ausgleichsbewegung/Sport: 8 Fälle

Die Gesamtzahl der weitergehenden Maßnahmen betrug 100, so dass der absolute Wert (Fallzahl) und der relative Wert (Prozentzahl) hier identisch sind.

Je nach Betriebsgröße und daraus resultierender Einsatzzeit der Grundbetreuung nutzten die Betriebe jeweils mindestens einen und maximal vier der in Abb. 4 aufgeführten Leistungsinhalte.

Die Zufriedenheit der Unternehmen hinsichtlich der wahrge-nommenen Leistungsqualität und der Leistungsorganisation lag im Mittelwert jeweils im positiven, oberen Drittel der Bewertungsskala ( Abb. 4 und 5).

Mindestens 86,4 % der Befragten waren mit der Leistungsorganisation nach neuem Konzept zufrieden oder sehr zufrieden.

Zusammengefasst zeigte sich, dass das neue Betreuungskonzept die hohen Erwartungen im Wesentlichen erfüllen konnte. Die Praxis-orientierung aller Aktionen war/ist aus Sicht der Unternehmer besonders wichtig. Hier konnte die neu organisierte Betreuung gute Bewertungen erzielen.

Delegierte Präventionsmaßnahmen

In Vorbereitung der Umsetzung des neuen Konzepts erarbeitete der Betriebsarzt mit den Mitgliedern seines Präventionsteams ein Angebot praxisbezogener Gesundheitsmaßnahmen, das auf den Ergebnissen und Erfahrungen der zurückliegenden Begehungen beruht. Alle Maßnahmen orientierten sich an den Vorgaben des Arbeitssicherheitsgesetzes und der DGUVVorschrift 2. Neben der persönlichen betriebsärztlichen Beratungsmöglichkeit wurden den Unternehmern weitere inhaltliche Schwerpunkte vorgestellt und empfohlen. Die Unternehmer priorisierten und wählten aus.

Aufgrund vielfältiger nichtärztlicher Fachkompetenzen im Präventionsteam wurden im Pilotprojekt alle Leistungen ohne Arztvorbehalt delegiert.

Im Mittelpunkt standen vor allem theo-retische, organisatorische Tipps zur Gefährdungsbeurteilung sowie zu den gesetzlichen Regelwerken (genutzt von 20 % der Betriebe) und praktische Übungen zur Förderung der Rückengesundheit (genutzt von 17 % der Betriebe). Betriebsarzt und Berufsgenossen-schaft hatten in den Vorjahren bereits über Beratungsgespräche und schriftliche Unterlagen zur Rückengesundheit informiert, so dass die Verknüpfung mit konkreten Übungen logisch erschien. Konkrete Übungsinhalte zur Förderung der Rückengesundheit waren z. B.

  • Arbeitstechnik-Training mit körperlicher Belastungsanalyse und tätigkeitsbezoge-nen Bewegungsübungen,
  • Rückenschule,
  • Beratung zur Körperhaltung im täglichen Arbeitsprozess unter Verwendung von ErgoMouse® oder MediMouse®.

Weitere delegierte Themen bildeten Erläuterungen und Übungen zum Hautschutz einschließlich Reinigung und Desinfektion sowie die Beratung zu psychischen Belas-tungen und Beanspruchungen. Beim Hautschutz ging es explizit nicht um eine medizinische Beratung zu Hautproblemen, sondern um Übungen des richtigen Händewaschens, der richtigen Händedesinfektion sowie um das richtige Eincremen.

Konzeptbewertung durch die Unternehmer

Während der Leistungserbringung und auch beim Führen der strukturierten Interviews war seitens der Unternehmer ein hohes Maß an Zustimmung zum neuen Konzept erkennbar. Die Möglichkeit der aktiven Mitwirkung bei der inhaltlichen Gestaltung der betriebsärztlichen Betreuung sorgte für hohe Akzeptanz. Häufig war der gemeinsam ausgearbeitete Bedarf höher als die zur Verfügung stehende Einsatzzeit der Grundbetreu-ung, weshalb Aktionen auf die Folgejahre verschoben wurden. Der zusätzliche Einkauf betriebsspezifischer Leistungen stellte für die Unternehmer keine Option dar.

Die Interviewergebnisse ermöglichen eine vergleichende Bewertung des alten und des neuen Betreuungskonzepts aus Sicht der befragten Unternehmen. Betrachtet wurden dabei vor allem die unmittelbar vom Unternehmer wahrgenommene Leistungsqualität und die Leistungsorganisation ( Abb. 6 und 7).

In beiden Kategorien bewerteten die befragten Unternehmer das neue Konzept im Mittelwert höher. Die Abweichungen sind in der Leistungsqualität signifikant (p = 0,009 hoch signifikant). In der Leis-tungsorganisation führten die zusätzlich eingesetzten Fachexperten zu keiner signifikanten Veränderung der Zufriedenheit (p = 0,495).

In der Leistungsqualität konnte mit Umsetzung des neuen Kon-zeptes der Mittelwert der Zufriedenheit um 21,3 % gesteigert werden, in der Leistungsorganisation lag der Mittelwert der Zufriedenheit um 3,6 % höher als bei der alten Betreuungsform.

Konzeptbewertung durch den Betriebsarzt

Der beteiligte Betriebsarzt arbeitete eng mit seinen nichtärztlichen Präventionsteammitgliedern zusammen und sah darin einerseits eine qualitativ höherwertige Betreuung für die Vertragsbetriebe und andererseits eine Weiterentwicklung des Know-hows für alle Teammitglieder. Unter Berücksichtigung des Koordinationsaufwandes war eine kapazitive Entlastung von ca. 25 % zu verzeichnen. Dennoch blieb er Prozessführer der betriebsärztlichen Betreuung.

Diskussion

Ein neues Konzept muss sich an der Bewertung des alten Konzepts messen lassen. Hier konnte das Pilotprojekt aus Sicht der befragten Unternehmer eine Verbesserung erzielen. Inwiefern die vorliegenden Ergebnisse auf alle Branchen verallgemeinerungswürdig sind, bedarf der Diskussion und der praktischen Erprobung.

Die Bereitschaft der Unternehmer sowohl zur Beteiligung am Pilotprojekt und auch zu den Interviews lässt darauf schließen, dass die Stichprobengruppe vor allem am Thema Gesundheit interessierte Unternehmen einschloss und weniger interessierte Unternehmer die Teilnahme eher ablehnten. Ebenso liegt die Vermutung nahe, dass die im Rahmen der Grundbetreuungszeiten erbrachten, delegierten Leistungen eine höhere Akzeptanz erfuhren, da sie bis-her meist mit Zusatzkosten verbunden waren. Dies beeinträchtigt jedoch nicht zwingend die Ergebnisbetrachtung. In jedem Fall werden die Betreuungserfahrungen nach altem und neuem Konzept vergleichend durch die Unternehmer bewertet.

Die Hochschulqualifikationen der nichtärztlichen Akteure dürften einen nicht unerheblichen Beitrag für die Akzeptanz der Leistung bei gleichem Honorar sowohl in den betreuten Unternehmen als auch beim Betriebsarzt geleistet haben. Der Betriebsarzt war aus einer bereits bestehenden, gemeinsamen Arbeit im Präventionsteam mit den Delegationsempfängern vertraut und kannte deren fachliche und soziale Kompetenzen. Auch darin dürfte ein Erfolgsfaktor liegen.

Die Zufriedenheitsbefragung erfolgte durch die Akteure selbst und wirft ggf. die Frage der Neutralität auf. Die Nutzung standardi-sierter Fragebögen mit fest formulierten Fragen und Antwortmöglichkeiten, soll subjektive Einflüsse minimieren. Darüber hinaus gilt die Kundenklientel als sehr kritisch hinsichtlich der Betreuungsleistung, da diese seitens der Berufsgenossenschaft an das Unternehmen berechnet wird. Von „Gefälligkeitsbewertungen“ ist daher nicht auszugehen.

Die Koordination des gemeinsam arbeitenden Präventionsteams stellte den Betriebsarzt vor neue Herausforderungen. In der Praxis wird vermutlich nicht jeder Betriebsarzt willens und in der Lage sein, die teamkoordinierende Rolle mit ihren Anforderungen an Sozial-, Methoden- und Medienkompetenz zu übernehmen. Dies erscheint jedoch nicht problematisch, da nicht jeder Betriebsarzt zwingend einem Präventionsteam vorstehen muss. Bei der Betreuung größerer Betriebe ist ebenso eine Mitarbeit im Team unter Leitung eines Betriebsarztkollegen denkbar.

ASiG und DGUVVorschrift 2 geben u. a. die Bestellung eines Betriebsarztes und seine Aufgaben vor. Sie schließen eine Delegation von Teilleistungen weder ein noch aus.

Eine Änderung des ASiG ist aus Projektsicht nicht erforderlich. Im Sinne einer klaren Regelung wäre die Aufnahme einer Formulierung in eine novellierte DGUVVorschrift 2 hilfreich, die es dem Betriebsarzt explizit gestattet, nach seiner fachlichen Maßgabe und unter Berücksichtigung der Delegierbarkeit spezifischer Teilleistungen andere, nichtärztliche Gesundheitsberufe in die arbeitsmedizinische Betreuung einzubeziehen. Um Missbrauch vorzubeugen, erscheint es empfehlenswert, die Zielgruppe der Delegationsempfänger einzugrenzen auf Gesundheitsprofessionen mit fachspezifischem Hoch-schul- bzw. Fachhochschulabschluss. Die bisherige Unterstützung des Betriebsarztes durch Medizinische Fachangestellte bleibt hiervon unberührt, ebenso die enge Zusammenarbeit zwischen Betriebs-arzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit.

Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Forschungsfragen

Mit Hilfe der vorliegenden Ergebnisse aus den strukturierten Interviews lassen sich die gestellten Forschungsfragen beantworten.

  • Auswirkungen des neuen Konzepts auf die Qualität der Betreuung (Leistungsqualität)
  • Die durchgeführten Interviews zeigten, dass das neue Betreuungskonzept einen signifikant höheren Zufriedenheitsgrad in der Leistungsqualität erzielte. Die Möglichkeit des Zugriffes auf andere, nicht ärztliche Gesundheitsexperten, neben der betriebs-ärztlichen Standardbetreuung, wurde positiv besonders hinsichtlich des Praxisbezugs empfunden.
  • Auswirkungen des neuen Konzepts auf die Zufriedenheit mit der Leistungsorganisation in den betreuten Betrieben
  • Im Ergebnis der Interviews lag die Zufriedenheit mit der Leistungs-organisation nach neuem Konzept höher als zuvor. Signifikante Verbesserungen wurden nicht nachgewiesen. Gegenüber dem Unternehmer traten zusätzliche Experten in Erscheinung (zusätzliche Schnittstellen), es wurden jedoch keine Informationsverluste festgestellt.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das Konzept „Mo-derne Arbeitsmedizin“ eine neue Möglichkeit zur Gestaltung einer zukunftsorientierten arbeitsmedizinischen Betreuung unter Berücksichtigung knapper betriebsärztlicher Ressourcen bietet. Das in der Praxis realistische Delegationsvolumen lässt sich aktuell nur abschätzen. Es dürfte stark abhängig von der Betriebsgröße und der Tätigkeitsbranche sein und kann durchaus jährlich schwanken. Insbesondere in der Betreuung kleiner Betriebe bietet das Konzept Chancen, das Thema der betrieblichen Gesundheit im Rahmen von ASiG und DGUVVorschrift 2 zu fördern.

Interessenskonflikt: Alle Autoren erklären, dass sie keinerlei Interessen-konflikte haben.

Literatur

Barth CH, Harmacher W, Eickholt C: Arbeitsmedizinischer Betreuungsbedarf in Deutschland. Forschungsprojekt F 2326 im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Dortmund, Berlin, Dresden, 2014. www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/F2326.pdf?__blob=publi-cationFile&v=6 (Zugriff: 12.07.2015).

Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung (2008). Persön-liche Leistungserbringung – Möglichkeiten und Grenzen der Delegation ärzt-licher Leistungen. Stellungnahme der Bundesärztekammer und der Kassen-ärztlichen Bundesvereinigung vom 29.08.2008, Deutsches Ärzteblatt 2008; 105: A 2173–A 2177.

Bundesärztekammer: Resolution zur Delegation. Resolution der ärztlichen Spitzenverbände. 2012. www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/24022012_-_Resolution_Verbaendegespraech.pdf (Zugriff: 30.04.2015).

Bundesärztekammer: Statement der Bundesärztekammer zum Expertenwork-shop Möglichkeiten und Grenzen der Delegation betriebsärztlicher Leistungen“. unveröffentlichtes Handmaterial für Teilnehmer, Berlin, 26.08.2013.

Bundesärztekammer: Arbeitsmedizinische Fachkunde, Statistiken 2001–2014. 2015. www.bundesaerztekammer.de/aerzte/versorgung/arbeitsmedizin/statistik (Zugriff: 17.09.2015).

Deutscher Ärztetag: Entschließung des Deutschen Ärztetages 2011: Delegation versus Substitution im betriebsärztlichen Bereich. 2011. www.bundesaerztekammer.de/downloads/114, Beschlussprotokoll20110704.pdf (Zugriff: 18.08.2014).

Kunz T: Integration weiterer Professionen. DGUV Forum 4/2015. Wiesbaden: Universum, 2015, S. 20.

VDBW: Delegation ärztlicher Leistungen. Karlsruhe: VDBW, 2012.

Verfasser

Dipl.-Kfm. FH Falko Kirsch, M.A.

AMD TÜV Arbeitsmedizinische Dienste GmbH

TÜV Rheinland Group

Alboinstraße 56 – 12103 Berlin

falko.kirsch@de.tuv.com

Fußnoten

AMD TÜV Arbeitsmedizinische Dienste GmbH, Berlin und

Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Bereich Arbeitsmedizin (Leiterin: Prof. Dr. med. Irina Böckelmann) (Auszug aus der Promotionsarbeit)