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Arbeitsmedizin und Sozialmedizin in der ASU sowie in der arbeitsmedizinischen Praxis

Im Heft 2/2014 der ASU erschien ein Inter-view zum Thema „Die Bundesagentur für Arbeit – ein straff geführter Ärztlicher Dienst“ (S. 116–118). Darin ging es weniger um die straffe Führung als in erster Linie um die verschiedenen Perspektiven eines Arbeitsmediziners und eines Sozialmediziners. Als Leiter des Ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit und als Arbeitsmediziner mit universitärer Weiterbildung konnte ich darlegen, dass die Begutachtung und Beratung zur Leistungsfähigkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt und zu vielen anderen auch leistungsrechtlichen Aspekten im Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit (BA) in erster Linie umfassende sozial-medizinische Kenntnisse und Erfahrungen fordert. In der Ärztinnen- und Ärzteschaft gibt es offensichtlich allgemein eine inten-sivere Wahrnehmung der Arbeitsmedizin als der Sozialmedizin; das gilt – völlig zurecht – für die Zeitschrift ASU und aktuell sicherlich auch bei den Schwerpunkten der Mehrzahl der Universitätsinstitute, die beide Themen in Forschung und Lehre vertreten. Vor die-sem Hintergrund erschien Anfang des Jahres ein Artikel im Deutschen Ärzteblatt (Nüchtern E, von Mittelstaedt G: Dtsch Ärztebl 2015; 112: C20–22). Darin konnte unter dem Titel „Unabhängig und fair in der Beurtei-lung“ mit Bezug auf die gutachtliche Tätig-keit im Auftrag von Sozialleistungsträgern und in Rehabilitationseinrichtungen deutlich gemacht werden, dass sich sozialmedizinische Gutachter vor allem damit befassen, welche Sozialleistungen die individuellen Krankheitsauswirkungen erfordern. Bei der BA sprechen wir dazu von „integrationsrelevanten Funktionseinschränkungen“.

In der Arbeitsmedizin gibt es bei der klassischen betriebsärztlichen wie auch bei der wissenschaftlichen Tätigkeit zahlreiche und intensive Berührungspunkte zur Gesetzlichen Unfallversicherung, nicht zuletzt natürlich zu Fragen im Zusammenhang mit Arbeits- und Wegeunfällen sowie Berufskrankheiten. Im vorliegenden Heft gibt es nun einen besonderen sozialmedizinischen Schwerpunkt.

Der Ärztliche Dienst in den Agenturen für Arbeit (Sozialgesetzbuch (SGB) III) berät und unterstützt die Auftraggeber auch in den Jobcentern als gemeinsame Einrichtungen (SGBII; „Hartz IV“) insbesondere, um Integrationen nachhaltig zu gestalten, und wir beraten und begutachten zu Fragen der beruflichen Rehabilitation (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben), wie auch zu zahlreichen leistungsrechtlichen Aspekten. Unverzichtbar ist dabei die gute Zusammen-arbeit nicht nur mit behandelnden Ärztinnen und Ärzten, sondern auch mit den Betriebsärztinnen und -ärzten. Wenn mit dem Auftrag bei uns ausreichend aussagefähige ärztliche Befunde o. a. eingehen – natürlich unter Wahrung von Sozialdatenschutz und ärztlicher Schweigepflicht –, kann im besten Fall nach „Aktenlage“ gearbeitet werden. Ansonsten werden ggf. Unterlagen angefordert, die Kundin oder der Kunde eingeladen zum Gespräch, zur Untersuchung etc. Die Betroffenen profitieren natürlich von guter Kooperation und zügiger Beantwortung von Anfragen, Anforderungen etc. auf der Basis des Sozialgesetzbuches, indem sie betreffende Entscheidungen über Leistungen etc. bei zügigem Abschluss im Ärztlichen Dienst von unseren Auftraggebern anschließend schneller getroffen werden können.

Umfassender aufgegriffen wird das The-ma in diesem Heft mit je einem Beitrag aus der Gesetzlichen Rentenversicherung (SGBVI) und aus einem großen MDK mit dem Hintergrund vorrangig bei der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (SGBV und XI).

Ulrich Theißen, heute Fachbereichsleiter Reha-Management bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland, war einer der Ersten, der – ohne selbst Mediziner zu sein – ganz maßgeblich die Bedeutung der Einbeziehung der Betriebs- und Werksärz-tinnen und -ärzte in den Reha-Prozess erkannt und befördert hat. Er schildert – mit seinem Ko-Autor Detlef Koch – prägnant aus der Perspektive bei einem Träger der Gesetzlichen Rentenversicherung die seiner-zeitige Ausgangslage, die Grundlagen und Inhalte der Zusammenarbeit wie auch die gewonnenen Erfahrungen. Zwischenzeitlich haben mehrere andere Rentensicherungsträger, zum Teil auf vertraglicher Basis mit dem Verband Deutscher Betriebs- und Werks-ärzte (VDBW), die Kooperation erfolgreich intensiviert.

Dr. Michael Röder, Leiter Region Ost (in Landshut) des MDK Bayern betont mit seiner Ko-Autorin Frau Prof. Dr. Astrid Zo-bel präzise und überzeugend die Verbesserung der Versorgung bei guter Gestaltung der „Schnittstellen zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und betriebsärztlichen Diensten“. Ein besonderer Schwerpunkt des Beitrags liegt bei den psychischen Erkrankun-gen. Unabhängig davon, ob diese nun zuletzt immer häufiger auftreten oder nur verstärkt wahrgenommen und diagnostisch benannt werden, ist oft gerade bei diesem „Problemfeld“ die Notwendigkeit zu guter und vorurteilsfreier Kooperation besonders groß.

Ganz entscheidend ist allgemein der rich-tige Blick auf anzustrebende übergreifende ärztlich-kollegiale Kooperation zum Nutzen der Betroffenen, unabhängig davon, ob es aus der jeweiligen Perspektive Patienten, Versicherte, Antragsteller, Beschäftigte, Probanden, Kunden etc. sind. Am Beispiel des Ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit gesprochen: Gleichgültig, ob es sich um eine Frage zur Integration in Arbeit handelt, zur Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme, zur „Umschulung“ im Rahmen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben oder zu wichtigen gesundheit-lichen Gründen für deren Abbruch oder für die Aufgabe einer Arbeit durch Eigenkündigung: Wann immer behandelnde oder betriebsärztlich tätige Ärztinnen und Ärzte angeschrieben werden mit Bitte um Mitteilung von Befunden, Erstellung von Befundberichten oder auch Zusatzgutachten etc. geht es nie darum, die Kolleginnen und Kollegen in der Agentur für Arbeit, beim MDK, der Rentenversicherung oder anderswo zufrieden zu stellen. Immer steht im Mittelpunkt das Bemühen, dass wir optimal sozialmedizinisch unterstützen können bei der Integration in Arbeit etc. Für diese Sicht-weise ist im Sinne aller Betroffenen weiter zu „werben“. Damit beschäftigen wir uns intensiv u. a. in verschiedenen Arbeitsgruppen der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (www.dgsmp.de), der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (www.bar-frankfurt.de) und auch im Berufsverband der Sozialversicherungsärztinnen und -ärzte Deutschlands (www.bsdonline.de). Zum Thema „Psychische Gesundheit bei der Arbeit“ gibt es eine intensive Kooperation in der gleichnamigen Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (www.dgaum.de).

Dr. med. Andreas Bahemann

Leiter des Ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg

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