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Betriebliche Gesundheitsförderung

Umsetzung des Präventionsgesetzes: Sicht der BARMER

Fokus Betriebliche Gesundheitsförderung

Das PrävG trat nach mehreren Anläufen und drei gescheiterten Novellierungs-Entwürfen in seinen wesentlichen Teilen am 25. Juli 2015 in Kraft. Nach Intention des Gesetzgebers soll das PrävG dort greifen, wo Menschen leben, lernen und arbeiten: in der Kita, der Schule, am Arbeitsplatz und im Pflegeheim. Der Aufbau einer Kooperations- und Koordinierungsstruktur gilt dafür als Voraussetzung für eine intensive Zusammenarbeit der Sozialversicherungsträger, Länder und Kommunen in den Bereichen Prävention und Gesundheitsförderung. Das Gesetz stützt sich dabei im Wesentlichen auf die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und bezieht die anderen Sozialversicherungsträger und den Arbeitsschutz ein. Zudem wird den Betriebsärzten die Option eingeräumt, auch nicht beruflich induzierte Impfungen durchzuführen und sie mit den Krankenkassen abzurechnen.

Nach § 20b SGB V sollen die Krankenkassen die BGF maßgeblich umsetzen und mit den Unfallversicherungsträgern sowie mit den für Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörden zusammenarbeiten – unter besonderer Berücksichtigung von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Gemeinsame digitale regionale Koordinierungsstellen erbringen Beratungs- und Unterstützungsleistungen für die Betriebe. Dabei regeln die Krankenkassen auf Landesebene die Aufgaben, die Arbeitsweise, die Finanzierung sowie die mögliche Beteiligung von örtlichen Unternehmensorganisationen. Für die Umsetzung der BGF wurden die Ausgaben der GKV ab 2015 mehr als verdoppelt. Ab 2019 sind in der BGF 3,15 Euro pro Versichertem zu verausgaben. Mit Einführung des Pflegepersonalstärkungsgesetzes (PpSG) muss von diesem Betrag ein Euro pro Versichertem in die BGF von Pflegekräften in Krankenhäusern und in Pflegeeinrichtungen fließen.

Antworten auf die aktuellen Herausforderungen in der Arbeitswelt

Mit dem Präventionsgesetz verfolgt der Gesetzgeber u.a. das Ziel, Antworten im Umgang mit dem stetig wachsenden Anforderungsdruck in den Unternehmen sowie den veränderten Arbeits- und Lebensbedingungen zu entwickeln. In diesem Zusammenhang sind der Fachkräftemangel, internationaler Wettbewerbsdruck sowie die zunehmende Komplexität von Arbeits- und Abstimmungsprozessen zu nennen. Vor dem Hintergrund des technologischen Wandels und der demografischen Entwicklung stehen zunehmende Arbeitsverdichtung sowie gestiegene Anforderungen hinsichtlich der Selbstorganisationsfähigkeiten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stetig alternden Belegschaften gegenüber. So werden zum Anfang des nächsten Jahrzehnts ca. 40 % aller Menschen im erwerbsfähigen Alter älter als 50 Jahre sein (BMAS 2013, s. „Weitere Infos“). In diesem Zusammenhang wird es für Unternehmen einerseits immer schwieriger, geeignete Nachwuchsfachkräfte zu finden. Andererseits ist es entscheidend, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch im fortgeschrittenen Alter leistungsfähig zu halten. Auf den Umgang mit diesen beiden Herausforderungen zahlt die betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) ein. So kann sich die Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) als ein Merkmal für attraktive Sozialleistungen sowohl positiv auf die Gewinnung neuer Fachkräfte auswirken als auch einen kurz-, mittel- und langfristigen Einfluss auf die körperliche und psychische Gesundheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben.

Im Rahmen eines BGM werden dabei mit dem Prozess der Gesundheitsförderung unterschiedliche Ziele verfolgt. So zielen verhältnispräventive Maßnahmen auf die Gestaltung struktureller und gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen ab, während verhaltenspräventive Maßnahmen der Motivation und Anleitung zu gesundheitsbewussteren Verhaltensweisen der Beschäftigten dienen. Mittel- bis langfristig wirken sich diese Maßnahmen unter der Maßgabe nachhaltiger Gestaltungsprinzipien auf die Senkung des Krankenstands und der Fehlzeitenquote sowie auf den Erhalt einer gesunden, motivierten und leistungsfähigen Belegschaft aus. So kommen Metaanalysen zu dem Ergebnis, dass durch BGM eine Senkung der krankheitsbedingten Fehlzeiten um bis zu 25 % erreicht werden können (Chapman 2012). Außerdem zahlt ein wirkungsvolles BGM auf die Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit ein, wodurch vor dem Hintergrund der Fachkräftegewinnung zudem eine Imageverbesserung erreicht werden kann.

Für die Umsetzung dieser BGM-Maßnahmen können Unternehmen auf externe Unterstützung von Krankenkassen oder BGM-Dienstleister zurückgreifen. Dabei haben Krankenkassen wie die BARMER den Vorteil, dass sie aufgrund ihres gesetzlichen Auftrags nach § 20b SGB V KMU bei der Umsetzung von BGF-Maßnahmen nicht nur personell, sondern auch finanziell unterstützen können. Während Kassen angehalten sind, die bereitgestellten Mittel für Gesundheitsförderung und Prävention im laufenden Jahr auszugeben und die Anreizsystematik zur schnelleren Verausgabung der Mittel daher die Durchführung von Projekten mit geringer Komplexität und schneller Umsetzbarkeit begünstigt, verfolgt die BARMER hingegen einen nachhaltigen Weg, der auf zwei Säulen fußt. Einerseits erreicht die BARMER mit BGM-Maßnahmen die breite Masse, dabei vor allem KMU, wie anhand der in 2018 umgesetzten 8000 Maßnahmen in ca. 4000 Unternehmen deutlich wird, wodurch in diesem Jahr bereits über 230.000 Beschäftigte erreicht werden konnten. Hier arbeitet die BARMER auf regionaler Ebene mit KMU sowie größeren Unternehmen zusammen, wobei die Zusammenarbeit mit diesen Unternehmen meist bereits seit Jahren besteht. Die zweite Säule der BGM-Aktivitäten der BARMER fokussiert andererseits auf die Zusammenarbeit mit 11 namhaften Großunternehmen, in denen in 2018 ca. 630 Maßnahmen durchgeführt werden. Da die Kooperation zwischen BARMER und diesen Partnerunternehmen auf eine langfristige Zusammenarbeit ausgerichtet und vertraglich geregelt ist, können aufbauend auf umfassenden Bedarfsanalysen Maßnahmen des BGM mit einem längeren Planungshorizont konzipiert und umgesetzt werden, wodurch noch nachhaltigere Wirkungen erzielt werden. Zudem eignen sich derartige Kooperationen zur Durchführung von Pilotvorhaben, insbesondere an der Schnittstelle von Gesundheit und Digitalisierung.

Mit ihren Aktivitäten im Bereich BGM verfolgt die BARMER unterschiedliche Ziele. Dabei steht v.a. der Ausbau gesundheitsfördernder Strukturen im Betrieb mit der Absicht, die gesundheitliche Situation der Beschäftigten zu verbessern, im Vordergrund. Darüber hinaus zielt die BARMER darauf ab, die individuellen Ressourcen der Beschäftigten zu stärken und zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit deren körperliche und psychische Gesundheit zu schützen. Außerdem wird die Senkung von Risikofaktoren für die Entstehung lebensstilbedingter Krankheiten angestrebt. Einen Schwerpunkt legt die BARMER bei ihren Aktivitäten insbesondere auf KMU, für die durch unterschiedliche Maßnahmen die Rahmenbedingungen und Zugänge zur BGF verbessert werden sollen. Außerdem strebt die BARMER eine stärkere Verknüpfung von BGF und Arbeits- und Gesundheitsschutz an, was u.a. durch die enge Kooperation mit der DGAUM unterstrichen wird.

Digitalisierung birgt Chancen und Gefahren

Die genannten aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen in der Arbeitswelt, dabei insbesondere die fortschreitende Digitalisierung, führen zu neuen Chancen im Bereich der Arbeit, haben jedoch auch Auswirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten, die die Digitalisierung bisher überwiegend als Stressor erleben. Die BARMER hat den Forschungsbedarf in diesem Bereich erkannt und gemeinsam mit der Universität St. Gallen, der Deutsche Telekom AG sowie der BILD am SONNTAG eine dreijährige Längsschnittstudie zur Digitalisierung der Arbeitswelt durchgeführt. Neben einer Reihe von Kernthesen zum Zusammenhang von Digitalisierung und der Gesundheit von Beschäftigten förderte die Studie u.a. zu Tage, dass große Unterschiede im Ausmaß betrieblicher Gesundheitsförderung zum Management der Digitalisierung bestehen, z.B. bezüglich Kursen zur Stressprävention und psychischen Gesundheit (Böhm 2016, s. „Weitere Infos“). Vor dem Hintergrund der Entwicklung von einer Reihe an Beschwerden, die mit der zunehmenden Digitalisierung in Verbindung gebracht werden können, wie beispielsweise der deutlichen Zunahme an Kopfschmerzdiagnosen unter 18- bis 27-Jährigen im Zeitraum von 2005 bis 2015 um 42 % (BARMER 2017, S. „Weitere Infos“) oder der Zunahme des Bevölkerungsanteils mit Diagnosen im Bereich psychischer und Verhaltensstörungen von 28,6 % auf 36,3 % innerhalb der letzten 10 Jahre (BARMER 2018, s. „Weitere Infos“) stellen diese Entwicklungen Herausforderungen für die Unternehmen dar.

Gleichzeitig bietet die Digitalisierung jedoch auch Möglichkeiten, die Beschäftigten im Hinblick auf BGM über neue Kanäle zu erreichen. Dabei kann der Einsatz onlinebasierter Gesundheitsinterventionen oder Gesundheits-Apps die Motivation insbesondere bei weniger gesundheitsaffinen Beschäftigten erhöhen, an gesundheitsfördernden Maßnahmen teilzunehmen (Walter u. Maes 2015). Auch aus diesem Grund hat die BARMER gemeinsam mit der Deutschen Telekom im Januar 2018 das Modellvorhaben „Digitalisierung und Gesundheit – Analyse von Auswirkungen der Digitalisierung am Arbeitsplatz auf die Gesundheit von Beschäftigten und Ableitung von Interventionen für das BGM“ gestartet. Im Rahmen des Modellvorhabens nach § 20 g Abs. 1 Satz 2 SGB V wird erprobt, inwieweit die Qualität und Effizienz einer Versorgung mit digitalen und analogen Leistungen zur BGF im Zuge einer zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt verbessert werden können. Dabei werden am Beispiel der Deutschen Telekom wissenschaftlich fundierte Aussagen dazu getroffen, welche Strategien und Konzepte sich für eine im Rahmen der BGF stattfindenden Zusammenarbeit zum Umgang mit Herausforderungen und Belastungen durch eine zunehmende Digitalisierung zwischen der BARMER und Betrieben eignen. Der im Rahmen des Vorhabens sich in Entwicklung befindende Digital Health Guide soll dabei über eine intelligente Vernetzung von digitalen Programmen, firmenspezifischen Angeboten sowie BGF-Maßnahmen der BARMER Beschäftigte ganz individuell zu mehr Gesundheitsbewusstsein motivieren.

Über dieses Modellvorhaben hinaus ist die BARMER bereits mit einer Reihe an digitalen Produkten insbesondere bei ihren 11 Partnerunternehmen aktiv und konnte mit Blick auf den Einsatz dieser Lösungen bisher positive Erfahrungen hinsichtlich Nutzerzufriedenheit sowie Reichweite sammeln. Das Produktportfolio enthält dabei digitale Lösungen für Beschäftige sämtlicher Altersgruppen und adressiert zielgruppengerecht die spezifisch relevanten Themenfelder. Im Rahmen des modularen, auf Auszubildende ausgerichteten Programms „Gesunder Start“ findet z.B. eine Begleitung von analogen Maßnahmen auf dem Smartphone über die moove APP mit individuellem Content zu Fitness, Ernährung und Stressmanagement statt, wobei individueller und regelmäßiger Input begleitend auf Social Media Plattformen eine zielgruppengerechte und standortübergreifende Vernetzung ermöglichen. Zum digitalen BGM-Portfolio der BARMER gehören darüber hinaus u.a. die GET.ON Trainings. Dabei handelt es sich um evaluierte, präventive 6-wöchige Online-Trainings zur Förderung der psychischen Gesundheit mit Schwerpunkten auf den Themen Stress, Regeneration, Stimmung und Alkoholkonsum. Außerdem werden mit den „Fit am Arbeitsplatz“ Online-Trainings für Beschäftigte wertvolle Informationen rund um gesundheitsrelevante Themen kompakt vermittelt, wobei die Wissensvermittlung über Informationseinheiten sowie zu einem großen Teil über videogestützte Übungseinheiten erfolgt. Die Trainings behandeln dabei Themen wie Achtsamkeit, Augentraining, Resilienz bis hin zu Rückengesundheit und Ernährung. Auch im Bereich der Suchtentwöhnung ist die BARMER mit dem Produkt SQUIN – Smoke, Quit, Win – online aktiv. Dabei handelt es sich um ein dreiphasiges Online-Gruppentraining, das umfangreiche Hilfestellungen in der Entwöhnungsphase sowie ein interaktives Vorfall- und Rückfallmanagement bietet und aufgrund der bis zu 9-monatigen Betreuung nachhaltige Erfolge ermöglicht.

Anhand der vorgestellten Produkte wird deutlich, dass durch den Einsatz von digitalen Angeboten für Unternehmen neue Möglichkeiten im BGM entstehen. Die Zusammenarbeit mit Kassen mit ihrer Fachexpertise im Bereich BGM und den in diesem Zusammenhang bereits gesammelten Erfahrungen mit digitalen Lösungen kann dabei evaluierte und erfolgsversprechende Optionen zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation der Beschäftigten bieten.

Regionale physische BGF-Koordinierungsstelle im Land Thüringen

Perspektivisch eingebettet in die Struktur der Landesgesundheitskonferenz Thüringen (LGK) sowie die Thüringer Landesrahmenvereinbarung (LRV) hat die BARMER mit weiteren Partnern die Kooperationsvereinbarung „Regionale Physische Koordinierungsstelle/Netzwerkkoordination Thüringen (RK-Thüringen/NWK)“ abgeschlossen. Sie zielt insbesondere auf die Sensibilisierung der kleinsten und kleinen sowie mittleren Unternehmen (KKMU) für die Themen Gesunde Arbeit, BGF und BGM ab ( Abb. 1).

Zur Umsetzung des Präventionsgesetzes wurde am 7. April 2016 in Thüringen gemäß § 20f SGB V eine Landesrahmenvereinbarung durch die Ministerin des Thüringer Ministeriums für Arbeit Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (TMASGFF), Vertreter der GKV sowie der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung unterzeichnet. Ziel ist es, durch stärkere Kooperation die Nachhaltigkeit gesundheitsförderlicher Maßnahmen zu erhöhen, Menschen besser in ihren Lebenswelten zu erreichen sowie den Auf- und Ausbau gesundheitsförderlicher Strukturen in Thüringen zu fördern.

Thüringen ist besonders durch eine kleinteilige Unternehmensstruktur geprägt. So liegt der Anteil an KKMU bei ca. 97 % der Unternehmen. Insbesondere KKMU sind darauf angewiesen, mit den verfügbaren personellen und materiellen Ressourcen die Auftragslage und das Kerngeschäft abzusichern. Dabei mangelt es häufig an internen Ressourcen, die Arbeitsbedingungen, auch mit Blick auf die Fachkräftesicherung, gesundheitsförderlich zu gestalten. Insbesondere die Logistik, z.B. Beschaffung von Informationen, bedarfsbezogene Herangehensweise, Auswahl qualitätsgesicherter Anbieter, Beratung und Maßnahmen etc., kann für KKMU sehr komplex sein.

In Thüringen gibt es eine Vielzahl an Angeboten, Maßnahmen und Trägern rund um das Handlungsfeld „Gesundes Arbeiten“. Ein wesentliches Anliegen ist es, landesweit bestehende Strukturen sinnvoll miteinander zu verbinden und Doppelstrukturen und -prozesse möglichst zu vermeiden. Der Wunsch nach einer niedrigschwelligen Beratung insbesondere für KKMU ist ausreichend dokumentiert. Eine digitale BGF-Koordinierungsstelle kann dabei nicht allein alle Bedarfe decken. Laut aktueller Statistiken des GKV-Spitzenverbandes hat die digitale BGF-Koordinierungsstelle seit Start der Online-Plattform am 08.05.2017 bis 20.08.2018 bundesweit 70.425 Aufrufe gezählt, davon thüringenweit 1555. Im Ergebnis wurden deutschlandweit in diesem Zeitraum insgesamt 450 Kontaktformulare von Unternehmen ausgefüllt, davon 10 im Freistaat Thüringen.

Vor diesem Hintergrund haben die Kooperationspartner AOK Plus, BARMER, Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (TMASGFF), Ernst-Abbe-Hochschule Jena (EAH) und DGAUM eine Vereinbarung zur „Regionalen Physischen Koordinierungsstelle/Netzwerkkoordination Thüringen (RK-Thüringen/NWK)“ abgeschlossen. Die Vereinbarung ist eingebettet in den Prozess der Landesgesundheitskonferenz/Landesrahmenvereinbarung (LGK/LRV) und ist Ausdruck des gemeinsamen Willens, im Interesse der Thüringer KKMU den Aufbau eines landesweiten Kooperations- und Koordinierungssystems zu unterstützen sowie ferner eine institutionenübergreifende Kooperationspartnerschaft auf Landesebene zu implementieren, die sowohl SV-Träger (GKV/UVT/RVT), Sozialpartner (Verband der Wirtschaft Thüringens - VWT/DGB) als auch die zuständigen Ministerien (TMASGFF, ggf. Wirtschaftsministerium) einschließt.

Die RK-Thüringen/NWK in Thüringen kann dabei ergänzend zur digitalen BGF-Koordinierungsstelle die GKV unterstützen, mit persönlichen Ansprechpartnern auf die spezifischen Bedarfe der Unternehmen besser einzugehen und Lösungen zu finden. Der zugrunde liegende konzeptionelle Ansatz beinhaltet gleichzeitig eine Ausdifferenzierung der bestehenden Netzwerkstruktur auf die Bedarfe der KKMU. Damit wird eine neue Stufe der Qualität sowohl für die Netzwerkarbeit in Thüringen als auch für die Arbeit innerhalb der Thüringer Unternehmen geschaffen (s. Infobox).

Abbildung 1 verdeutlicht die Struktur der Regionalen Physischen RK-Thüringen/NWK im Prozess der Landesgesundheitskonferenz/Landesrahmenvereinbarung (LGK/LRV) Thüringen und der strategischen Einbettung der Projekte Gesunde Arbeit in Thüringen (GAIT) und Netzwerk Gesunde Arbeit (NGA).

Die Kooperationsvereinbarung zur RK-Thüringen/NWK ist ausdrücklich offen gestaltet für den Beitritt weiterer Partner. Krankenkassen, andere Sozialversicherungsträger sowie weitere Sozialpartner sind aufgerufen, KKMU zu Fragen der Gesunden Arbeit, BGF und BGM im Land Thüringen gezielt mit zu unterstützen.

Fazit und Ausblick

Das Präventionsgesetz bezieht mehrere Sozialversicherungszweige in eine gemeinsame Strategie ein und ist daher ein guter Ansatz, um die Zusammenarbeit der Sozialversicherungsträger in der Prävention und Gesundheitsförderung zu stärken. Dies birgt gute Chancen für eine zielgerichtete Prävention in Deutschland und damit für eine Bündelung von Synergien und Ressourcen. Damit betriebliche Gesundheitsförderung und Arbeitsschutz besser verzahnt werden können, sind grundlegende Elemente implementiert. Allerdings wird die Finanzierung der Leistungen zur Prävention und Gesundheitsförderung bedauerlicherweise nicht als gesamtgesellschaftliche Aufgabe gelebt, sondern die GKV steht allein in der finanziellen Verantwortung.

Dies zeigt sich in gleicher Weise im Pflegepersonalstärkungsgesetz (PpSG). So soll ab 2019 ein Euro pro Versichertem in die BGF von Pflegekräften in Krankenhäusern und in Pflegeeinrichtungen fließen. Die derzeitige Formulierung zur alleinigen Verpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen zeigt einmal mehr, dass die Gesundheitsförderung nicht als gesamtgesellschaftliche Aufgabe festgelegt wird. Die Neuregelung stellt zudem eine Ungleichbehandlung zwischen den verschiedenen Branchen und Berufsgruppen in Bezug auf die Versorgung mit BGF dar. Bei einem derartigen Einstieg in eine Quotierung der BGF-Ausgaben zugunsten der Pflegebranche sind sicherlich bald Rufe nach der Einführung von BGF-Mindestquoten auch aus anderen Branchen und Berufsgruppen zu erwarten.

Es bedarf einer Sensibilisierung der Gesellschaft, insbesondere der Arbeitswelt für das Themenfeld gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen und der für das Thema Gesundheit in der Arbeitswelt verantwortlichen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Gleichzeitig gilt es, eine Sensibilisierung und Stärkung der Verantwortungsbereitschaft auch auf der Seite der Beschäftigten für das Thema Gesundheit in der Arbeitswelt, insbesondere für die BGF und das weiterführende BGM zu fördern. Die zunehmende Digitalisierung ist dabei einerseits Ursache für die Zunahme von psychischen Beschwerden, bietet anderseits auch die Chance, die Beschäftigten über neue digitale Kanäle zu erreichen. So kann der Einsatz onlinebasierter Interventionen und Apps die Motivation nachweislich erhöhen, an gesundheitsfördernden Maßnahmen teilzunehmen.

Die Gestaltung gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen ist ein wesentlicher Beitrag zur Stärkung der Gesundheit sowie Arbeits- und Lebensqualität der Beschäftigten und nimmt darüber hinaus Einfluss mit Blick auf Fachkräftesicherung und Wirtschaftsförderung – insbesondere in KMU.

Interessenkonflikt: Alle Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

Literatur

Chapman L: Meta-evaluation of worksite health promotion economic return studies: 2012 Update. Am J Health Prom 2012; 26: 1–12.

Nesseler T: Ein Kooperationsprojekt von DGAUM und BARMER. ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2017; 52: 162–165.

Sayed M, Brandes I: Das neue Präventionsgesetz – Weiterentwicklung des BGM? In: Matusiewicz D, Nürnber V, Nobis S (Hrsg.: Gesundheit und Arbeit 4.0. Heidelberg: medhochzwei Verlag, 2018 S. 335–348.

Walter UN, Maes F: Virtuelle Gesundheitshelfer. Personalmagazin 2015 (9): 48–50.

    Info

    Regionale physische Koordinierungsstelle/Netzwerkkoordination Thüringen (RK-Thüringen/NWK)

    Ziele

    • Erhöhung der Anzahl der Thüringer kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen (KKMU), die erfolgreich und nachhaltig Maßnahmen zum Thema Gesunde Arbeit sowie zu den gesetzlichen Anforderungen des Arbeitsschutzes eingeführt und umgesetzt haben.
    • Sensibilisierung der KKMU für die Themen Gesunde Arbeit, BGF und BGM an der Schnittstelle zum klassischen Arbeitsschutz.

    Hauptaufgabe

    • Unter Einbeziehung der beiden Projekte Netzwerk Gesunde Arbeit (NGA) der Ernst-Abbe-Hochschule Jena und Gesund arbeiten in Thüringen (GAIT) der DGAUM und BARMER (Nesseler 2017) soll eine fachkompetente und persönliche Beratung sowie Unterstützung der KKMU in Thüringen zu den Themen Arbeitsschutz, arbeitsmedizinische Betreuung, BGF und BGM („Alles aus einer Hand“)koordiniert und gewährleistet werden.

    Koautoren

    Mitautoren des Beitrags sind Christian Graf, Leiter der Abteilung Produktentwicklung, Versorgungsmanagement und Prävention der BARMER Hauptverwaltung, sowieMustapha Sayed, Leiter der Abteilung Partnerunternehmen/BGM der Hauptverwaltung.

    Weitere Infos

    Für die Autoren

    Birgit Dziuk

    Landesgeschäftsführerin

    BARMER Landesvertretung Thüringen

    Johannesstraße 164

    99084 Erfurt

    birgit.dziuk@barmer.de

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