Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Messtechnische Ermittlung der inhalativen Belastungen gegenüber krebserzeugenden Stoffen am Arbeitsplatz

Arbeitsplatzmessungen

Einleitung

Bei vielen Tätigkeiten sind die Beschäftigten Belastungen durch Gefahrstoffe ausgesetzt. Dies kann durch den direkten Umgang mit den Gefahrstoffen erfolgen, zum Beispiel beim Abfüllen in Gebinde oder bei Reinigungsarbeiten, aber ebenso auf indirekte Weise, wenn die Gefahrstoffe erst verfahrensbedingt gebildet und in die Arbeitsplatzluft freigesetzt werden. Verfahrensbedingt ist das beispielsweise der Fall bei der Holzbearbeitung oder beim Betrieb von Verbrennungsmotoren, wobei Holzstaub beziehungsweise diverse Abgaskomponenten (u.a. Kohlenmonoxid, Stickoxide, Dieselrußpartikel) in den Arbeitsbereich der Beschäftigten freigesetzt werden. Die Gefahrstoffe können sowohl als Gase oder Dämpfe als auch partikulär in Form von Stäuben und Rauchen sowie Tröpfchen auftreten.

Rechtliche Grundlagen

Die Pflicht zur Ermittlung und Beurteilung der inhalativen Belastungen der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen obliegt entsprechend der Gefahrstoffverordnung grundsätzlich dem Betrieb. Dieser muss jedoch nicht zwingend die Ermittlung und Beurteilung selbst durchführen, sondern kann externe Stellen damit beauftragen, die über die entsprechende Sachkunde und die erforderlichen technischen und personellen Möglichkeiten verfügen. Wenn die Ermittlung durch eine Messstelle erfolgt, so muss diese nicht akkreditiert sein. Eine Akkreditierung kann jedoch als qualitätssichernde Maßnahme dahingehend angesehen werden, dass die ermittelten Messergebnisse zutreffend sind.

Vom Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) wurde die Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 402 (s. „Weitere Infos“) verabschiedet, die beschreibt, wie die Ermittlung und Beurteilung der inhalativen Belastungen erfolgen soll. Bei der in dieser TRGS beschriebenen Vorgehensweise werden keine Unterschiede dahingehend gemacht, ob ein Stoff krebserzeugend ist oder nicht.1 Allerdings gibt es bezüglich der Beurteilung und des resultierenden Befunds durchaus Unterschiede, worauf später noch eingegangen wird.

Die letzte umfangreiche Überarbeitung der TRGS 402 im Jahre 2008 war mit einem Paradigmenwechsel verbunden. War es früher ausreichend, den Befund der (dauerhaft sicheren) Einhaltung eines Luftgrenzwerts abzuleiten, so ist es nun erforderlich, die Schutzmaßnahmen mit dem Ziel eines Befunds „Schutzmaßnahmen ausreichend“ zu beurteilen. Um diesen Befund zu erreichen, müssen einerseits Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) oder andere Beurteilungsmaßstäbe eingehalten werden; andererseits muss aber auch die Wirksamkeit der entsprechenden Schutzmaßnahmen beurteilt werden.

Die TRGS 402 ermöglicht auch die Ableitung des Befunds „Schutzmaßnahmen ausreichend“ für Tätigkeiten mit Stoffen, die keinen AGW oder einen anderen Beurteilungsmaßstab besitzen. Hier können dann beispielsweise der Stand der Technik oder branchen- und tätigkeitsspezifische Hilfestellungen (Beschreibung einer sicheren Arbeitsweise) sowie auch arbeitsmedizinische Erkenntnisse herangezogen werden.

Für krebserzeugende Stoffe mit Akzeptanz- und Toleranzkonzentration gemäß TRGS 910 (s. „Weitere Infos“) kann dagegen nur ein Befund „Toleranzkonzentration eingehalten“ oder „Akzeptanzkonzentration eingehalten“ abgeleitet werden. Solange bei krebserzeugenden Stoffen die Akzeptanzkonzentration nicht eingehalten wird, ist ein entsprechendes Maßnahmenkonzept nach TRGS 910 mit dem Ziel der Einhaltung der Akzeptanzkonzentration zu erstellen. Beispielhaft ist die diesbezügliche Vorgehensweise für Benzo[a]pyren beim Bahnschwellenrecycling und der thermischen Bodensanie­rung dargestellt (Hagmann et al. 2017). Eine Ausnahme bei den krebserzeugenden Stoffen stellen gegenwärtig Formaldehyd und Dieselmotoremissionen dar, für die ein AGW abgeleitet wurde, so dass bei dessen Einhaltung ebenso ein Befund „Schutzmaßnahmen ausreichend“ resultieren kann.

Die einheitliche Vorgehensweise bei der Ermittlung und Beurteilung der inhalativen Exposition soll sicherstellen, dass unabhängig davon, wer dies durchführt, vergleichbare Ergebnisse erzielt werden.

Ermittlung der inhalativen Exposition

Die inhalative Exposition kann durch messtechnische und nichtmesstechnische Verfahren ermittelt werden. Gemäß TRGS 402 sollte dabei nichtmesstechnischen Verfahren der Vorrang gegeben werden. Dazu gehören etwa die Übertragung von Ergebnissen vergleichbarer Arbeitsplätze oder die Anwendung geeigneter Rechenmodelle. Neben den verfahrens- und stoffspezifischen Kriterien (VSK) nach TRGS 420 sind Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und den damit einhergehenden Expositionen und erforderlichen Schutzmaßnahmen zum Beispiel in den Empfehlungen zur Gefährdungsbeurteilung der Unfallversicherungsträger (EGU) und in Handlungsanleitungen zur guten Arbeitspraxis beschrieben.

Neben den Arbeitsplatzmessungen zählen Übersichts- und Worst-case-Messungen, die Dauerüberwachung mittels direkt anzeigender Messgeräte, Messungen an der Emissionsquelle sowie Kontrollmessungen und Messungen technischer Parameter zur Befundsicherung zu den messtechnischen Ermittlungsmethoden.

Ziel all dieser Verfahren ist die Ermittlung von Art, Ausmaß und Dauer der inhalativen Exposition.

Arbeitsplatzmessungen

Arbeitsplatzmessungen können mit unterschiedlichen Zielstellungen durchgeführt werden. So dienen sie einer messtechnischen Ermittlung der inhalativen Exposition im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung, können aber genauso zur Charakterisierung der Exposition und der Wirksamkeitsprüfung von Schutzmaßnahmen bei einer speziellen Tätigkeit oder in einer Branche zum Einsatz kommen. Des Weiteren sind auch Sondermessungen beispielsweise im Rahmen von Berufskrankheitenverfahren üblich.

Die grundsätzliche Vorgehensweise bei Arbeitsplatzmessungen ist unabhängig davon, ob Gase oder Dämpfe, Stäube oder Rauche oder Partikel/Dampfgemische am Arbeitsplatz gemessen werden sollen. Bei allen Arbeitsplatzmessungen soll repräsentativ die Exposition der Beschäftigten bei ihren Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ermittelt werden. Dabei ist bevorzugt eine personengetragene Messung an den Beschäftigten durchzuführen (➥ Abb. 1). Sofern dies nicht möglich ist, können auch ortsfeste Messungen erfolgen (➥ Abb. 2). Der Ort dieser Messung ist möglichst so zu wählen, dass die Exposition der Beschäftigten in ihrem unmittelbaren Tätigkeitsbereich beschrieben werden kann, so dass die Messung als personenbezogen beurteilbar ist. Sollen mögliche Gefahrstoffkonzentra­tionen in Arbeitsbereichen ermittelt werden, in denen sich die Beschäftigten nicht dauerhaft aufhalten, weil dort keine ständigen Arbeitsplätze sind, so liefern hier ortsfeste Messungen wertvolle Hinweise. Dies ist zum Beispiel bei Rundgängen in Müllverbrennungsanlagen der Fall. Eine personengetragene Probenahme kann dabei infolge der sehr kurzen Probenahmedauer ganz schnell an die Grenzen ihres Leistungsvermögens stoßen. Die ortsfeste Probenahme liefert dagegen eine Aussage zur möglichen Expositionshöhe während der Tätigkeit in diesem Arbeitsbereich.

Arbeitsplatzmessungen umfassen immer die Probenahme bei den zu beurteilenden Tätigkeiten, die analytische Bestimmung der relevanten Stoffe und die Ableitung eines Befunds mit der zugehörigen Beurteilung der Wirksamkeit der vorhandenen Schutzmaßnahmen und der Empfehlung erforderlichenfalls notwendiger weiterer Schutzmaßnahmen. Bevor Arbeitsplatzmessungen durchgeführt werden, empfiehlt sich immer eine Prüfung dahingehend, ob bereits vorab Defizite bei den vorhandenen Schutzmaßnahmen bestehen. In diesem Fall sollte erst auf die Umsetzung der erforderlichen Schutzmaßnahmen gedrungen werden und dann eine Messung zu deren Wirksamkeitsprüfung erfolgen. So werden gegebenenfalls die Kosten einer Messung eingespart, die sowieso nur Handlungsbedarf anzeigen würde.

Zur Vorbereitung der Arbeitsplatzmessungen wird vorab eine Begehung des Betriebs und der zu beurteilenden Arbeitsbereiche empfohlen. Dabei können die Gegebenheiten der Arbeitsplätze, Informationen zu den Beschäftigten, die Übersicht über technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen sowie aus dem Gefahrstoffverzeichnis die Informa­tionen zu voraussichtlich relevanten Stoffen bei der Messung zusammengestellt werden. Weiterhin unterstützt dies die Festlegung der durchzuführenden Probenahmen hinsichtlich Ort, Dauer und an welchen Beschäftigten bei welchen Tätigkeiten diese erfolgen sollen. Bereits bei dieser Vorabbegehung wird eine fotografische Dokumentation empfohlen.

Von Vorteil ist es, wenn Probenahme, analytische Bestimmung und die Ableitung des Befunds in einer Hand liegen. Da dies nicht immer möglich ist, sollte die Beurteilung der Messergebnisse durch dieselbe Person erfolgen, die auch die Probenahme im Betrieb durchgeführt hat. Für die Probenahme setzt das voraus, dass diese verantwortliche Person sich während der gesamten Probenahmedauer vor Ort aufhält, um beurteilungsrelevante Parameter zu erfassen. Die analytische Bestimmung kann dann durch eine innerbetriebliche Messstelle oder ein geeignetes Auftragslabor erfolgen.

Abb. 2:  Stationäre Probenahme bei der Materialaufgabe in einem Papierrecyclingbetrieb

Foto: BAuA

Abb. 2: Stationäre Probenahme bei der Materialaufgabe in einem Papierrecyclingbetrieb

Auswahl der Messverfahren für Arbeitsplatzmessungen

Für Arbeitsplatzmessungen sind bevorzugt geeignete Messverfahren einzusetzen, die die Anforderungen der europäischen Norm DIN EN 482 erfüllen. Eine Zusammenstellung dieser Messverfahren liefert der AGS unter www.baua.de/dok/8592142 (➥ Tabelle 1). Dort wird für alle Stoffe, die in Deutschland einen Beurteilungsmaßstab aufweisen, aufgeführt, ob es geeignete oder bedingt geeignete Messverfahren für Arbeitsplatzmessungen gibt. Im Gegensatz zu den geeigneten Messverfahren, erfüllen bedingt geeignete Messverfahren nicht alle normativen Anforderungen. Auch bei diesen ist jedoch sichergestellt, dass die Bestimmungsgrenze unterhalb des Beurteilungsmaßstabs des zu messenden Stoffes liegt. Es gibt in dieser Übersicht jedoch noch viele weiße Flecken, das heißt, es existiert in Deutschland kein publiziertes validiertes Messverfahren für Arbeitsplatzmessungen. Wer für solche Stoffe Arbeitsplatzmessungen durchführen will, muss daher gegebenenfalls ein eigenes Messverfahren entwickeln. Alternativ besteht natürlich die Möglichkeit, anstelle der Arbeitsplatzmessungen auf nichtmesstechnische Verfahren zurückzugreifen.

Tabelle 1:  Übersicht über Messverfahren für Arbeitsplatzmessungen (Auszug)

Tabelle 1: Übersicht über Messverfahren für Arbeitsplatzmessungen (Auszug)

Probenahme

Auf der Grundlage der Festlegung der bei der Probenahme zu sammelnden Stoffe werden die Sammelvorrichtungen ausgewählt, die für die – bevorzugt personengetragenen – Probenahmen zum Einsatz kommen sollen. Bei deren Auswahl ist gleichzeitig zu berücksichtigen, mit welchem Bestimmungsverfahren anschließend im analytischen Labor die Quantifizierung erfolgen soll. Probenahme- und Bestimmungsverfahren müssen einander entsprechen; insbesondere muss sichergestellt sein, dass die Bestimmungsgrenze des Messverfahrens unterhalb des Beurteilungsmaßstabes liegt. Gegebenenfalls ist bereits vorab sicherzustellen, dass die Probenahmedauer auch entsprechend lange gewählt werden kann, um diese Bedingung zu erfüllen (Breuer et al. 2017).

Bei der Probenahme von Stäuben und Rauchen (Hebisch et al. 2005) ist zu klären, ob diese als alveolengängige oder einatembare Staubfraktion (A-Staub bzw. E-Staub) zu erfassen sind. Als personentragbare Sammelpumpen für die Staubfraktionen werden solche mit einem Volumenstrom von 10 l/min empfohlen. Diese ermöglichen auch bei beispielsweise zweistündiger Probenahme die gravimetrische Bestimmung von alveolengängigen Staubkonzentrationen unterhalb des allgemeinen Staubgrenzwerts von 1,25 mg/m³.
Ebenso sind mit solchen Pumpen gravimetrische Bestimmungen der Kurzzeitwerte
als 15-Minuten-Messwerte für beide Staubfraktionen möglich. Bei der Auswahl geeigneter Filtermaterialien für die Staubprobenahme ist gleichzeitig zu berücksichtigen, dass erforderlichenfalls auch relevante Inhaltsstoffe zu bestimmen sind, die über stoffspezifische Beurteilungsmaßstäbe verfügen. In der Praxis kann es bei Staubmessungen durchaus vorkommen, dass trotz gravimetrisch nicht bestimmbarer Konzentrationen beider Staubfraktionen aufgrund des Leistungsvermögens zum Beispiel atomspektrometrischer Verfahren dennoch Inhaltsstoffe in den Staubfraktionen bestimmbar sein können.

Für die Bestimmung von Gasen an Arbeitsplätzen kommen mittlerweile immer häufiger direkt anzeigende Messgeräte zum Einsatz (z.B. mit elektrochemischen Sensoren für Kohlenmonoxid). Derartige Messgeräte sind vor der Durchführung der Messungen zu kalibrieren und bezüglich der Querempfindlichkeiten gegenüber anderen Stoffen zu prüfen, die an den zu untersuchenden Arbeitsplätzen auftreten können.

Bei der Probenahme von Lösemitteldämpfen (Hebisch et al. 2007) sind ebenfalls geeignete Sammelphasen einzusetzen. Dazu sollte geprüft werden, ob möglicherweise anstelle der Sammelröhrchen, die im analytischen Labor mittels Lösemitteldesorption aufgearbeitet werden (z. B. bei Aktivkohle oder Silicagel als Sammelphase), so genannte Thermodesorptionsröhrchen eingesetzt werden können. Diese tragen insbesondere auch zum Arbeitsschutz im analytischen Labor bei, da dadurch Tätigkeiten mit Lösemitteln entfallen können. Neben dieser Sammlung durch Adsorption kann es auch erforderlich sein, etwa bei der Sammlung von Aldehyden, dass ein Derivatisierungsreagenz auf der Sammelphase erforderlich ist, um eine quantitative Erfassung der zu bestimmenden Stoffe zu gewährleisten.

Bei einer Reihe von Stoffen wird in der TRGS 900 und in der TRGS 910 mittlerweile darauf hingewiesen, dass diese als Partikel/Dampf-Gemische am Arbeitsplatz auftreten können. Dies erfordert den Einsatz von Sammelsystemen, die eine gleichzeitige Erfassung der Partikel- und der Dampfphase ermöglichen, um eine korrekte Beurteilung der Exposition bei den durchgeführten Tätigkeiten vorzunehmen (Breuer et al. 2018). Schwierigkeiten bestehen gegenwärtig bei der simultanen Sammlung solcher Stoffe, für die ein Beurteilungsmaßstab für die Dampfphase und die alveolengängige Staubfraktion aufgestellt wurde. Derartige Sammelsysteme sind bisher nicht verfügbar. Hier muss ein Kompromiss eingegangen und auf Sammelsysteme zurückgegriffen werden, die neben der Dampfphase die einatembare Staubfraktion erfassen. Dies führt zwar im Regelfall zu höheren Expositionsergebnissen, ist aber konform mit der TRGS 402.

Probentransport und -lagerung

Zwischen der Probenahme und der analytischen Bestimmung können oftmals Tage oder auch Wochen liegen. Daher muss gewährleistet werden, dass sowohl beim Transport der gesammelten Proben vom Betrieb ins analytische Labor als auch bei der Probenlagerung keine Kontaminationen, Probenverluste, Beschädigungen usw. auftreten. Je nach Probenart können unterschiedliche Transport- und Lagerbedingungen notwendig sein. So sollte stets sichergestellt sein, dass erforderlichenfalls ein gekühlter oder abgedunkelter Transport oder eine entsprechende Lagerung erfolgt. Ebenso kann es notwendig sein, die gesammelten Proben bereits vor dem Transport ins Labor zu bearbeiten, um Verluste zu vermeiden.

Analytische Bestimmung

Für die analytische Bestimmung der am Arbeitsplatz gesammelten Stoffe kommen unterschiedliche Analysenverfahren zum Einsatz. Wichtig ist, dass die konkrete Auswahl des Analysenverfahrens bereits vor der Probenahme erfolgte, um sicherzustellen, dass die Quantifizierung zur Expositionsbeurteilung möglich ist.

Die Proben von Partikelprobenahmen werden üblicherweise entweder als alveolengängige oder einatembare Staubfraktion gravimetrisch bestimmt. Erforderlichenfalls werden dann noch Inhaltsstoffe bestimmt, die einen stoffspezifischen Beurteilungsmaßstab besitzen. Dies ist in zunehmendem Maße für einige Metalle relevant, die aufgrund ihrer krebserzeugenden Wirkung mittlerweile sehr niedrige Beurteilungsmaßstäbe gemäß TRGS 910 oder TRGS 561 besitzen.

Proben mit gesammelten Lösemitteldämpfen oder von Partikel/Dampf-Gemi­schen werden am häufigsten mit chromatographischen Trennverfahren in ihre Einzelkomponenten zerlegt und dann stoffspezifisch mit einem nachgeschalteten Detektor quantifiziert.

Sollen Stoffe analytisch bestimmt werden, die sowohl in der Partikel- als auch der Dampfphase am Arbeitsplatz auftreten, so ist immer zu klären, ob eine gemeinsame Bestimmung beider Phasen als Summe oder aber der Einzelphasen erforderlich ist. Bei der Bestimmung der Einzelphase ist der Arbeitsaufwand deutlich größer infolge der doppelten Probenanzahl, aber auch aufgrund der oftmals in einer dieser Phasen deutlich niedrigeren Konzentration. Sollen konkrete Schutzmaßnahmen anhand derartiger Messungen abgeleitet werden, so kann die getrennte Bestimmung von Partikel- und Dampfphase bei einer Tätigkeit sehr detaillierte Aussagen zur Art der erforderlichen Schutzmaßnahmen ermöglichen.

Alle hier aufgeführten Bestimmungsverfahren bedürfen einer Kalibrierung. Ebenso sind Blindproben zu untersuchen, die möglichst eine vergleichbare Behandlung erfahren haben wie die gesammelten Arbeitsplatzproben. Diese Blindproben – ob als Sammelröhrchen oder Filter – sollten daher stets bei der Planung berücksichtigt und zur Probenahme in die Betriebe mitgenommen werden.

Personengetragene Arbeitsplatzmessungen bei Reinigungsarbeiten im Textilrecycling

Foto: BAuA

Personengetragene Arbeitsplatzmessungen bei Reinigungsarbeiten im Textilrecycling

Beurteilung der Messergebnisse

Die durch die analytische Bestimmung ermittelten Stoffe werden unter Berücksichtigung der bei der Probenahme im Betrieb dokumentierten Probenahmedauer und des Volumenstroms der Probenahme in Luftkonzentrationen umgerechnet. Im Gegensatz zu partikulär auftretenden Stoffen müssen für Gase und Dämpfe die Konzentrationen erforderlichenfalls auf Standardbedingungen umgerechnet werden (20 °C, 1013 hPa; AK Messtechnik 2019), wenn die Arbeitsplatzmessungen zum Beispiel in Kühlhäusern, an Heißarbeitsplätzen oder in Orten mit Höhenlagen über 500 m durchgeführt werden. Diese Luftkonzentrationen sind dann mit den entsprechenden Beurteilungsmaßstäben zu vergleichen.

Wurden bei den Arbeitsplatzmessungen mehrere Stoffe messtechnisch bestimmt, so sind für diese die Stoffindices als Quotient aus dem Messergebnis und dem AGW zu berechnen. Diese Stoffindices sind anschließend zum Bewertungsindex zu addieren. Als AGW für Stoffgemische gilt ein Bewertungsindex 1. Von dieser Addition kann abgewichen werden, wenn dies arbeitsmedizinisch oder toxikologisch begründbar ist. Aus diesem Grunde ist bei der Gefährdungsbeurteilung die Einbeziehung eines Arbeitsmediziners sehr zu empfehlen.

Krebserzeugende Stoffe werden nicht in den Bewertungsindex einbezogen. Diese werden ausschließlich einzeln beurteilt. Der Befund lautet hier „Toleranzkonzentration eingehalten“ oder „Akzeptanzkonzentration eingehalten“. Bei einem Messergebnis oberhalb der Akzeptanzkonzentration ist entsprechend TRGS 910 ein Maßnahmenplan zu erstellen, der dem Ziel dient, perspektivisch die Akzeptanzkonzentration einzuhalten.

Messergebnisse für die alveolengängige und die einatembare Staubfraktion werden ebenfalls nicht in den Bewertungsindex eingerechnet. Inhaltsstoffe in diesen Staubfraktionen mit einem stoffspezifischen AGW sind dagegen im Bewertungsindex zu berücksichtigen. Eine weitere Ausnahme stellen partikuläre Dieselmotoremissionen sowie Stickstoffmonoxid und ‑dioxid dar, insofern sie ursächlich auf den Betrieb von Dieselmotoren zurückzuführen sind. Sie werden ebenfalls nicht im Bewertungsindex für die Stoffgemische berücksichtigt. Sind andere Tätigkeiten, wie zum Beispiel Schweißarbeiten, Quelle der Stickoxide, so sind die darauf zurückführbaren Expositionen nach TRGS 900 im Bewertungsindex zu erfassen.

Wenn bei den Arbeitsplatzmessungen kurzzeitig höhere Expositionen gemessen wurden, sind diese anhand der Kurzzeitwerte nach TRGS 900 zu beurteilen. Bei Kurzzeitwerten werden ausschließlich Einzelstoffe betrachtet; einen Bewertungsindex für Kurzzeitwerte gibt es nicht.

Bei Einhaltung der Beurteilungsmaßstäbe – sowohl als Schichtmittel- als auch als Kurzzeitwerte – ist zusätzlich die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen zu beurteilen. Werden diese als wirksam beurteilt, kann entsprechend TRGS 402 der Befund „Schutzmaßnahmen ausreichend“ abgeleitet werden.

Fazit

Zur Durchführung von Arbeitsplatzmessungen sind Kenntnisse über die erforderlichen Messverfahren, die betrieblichen Gegebenheiten und die ausgeführten Tätigkeiten sowie das technische Regelwerk erforderlich. Letzteres gibt eine klare Linie vor, wie die inhalative Exposition bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen zu ermitteln und zu beurteilen ist. Durch diese einheitliche Vorgehensweise soll erreicht werden, dass Messergebnisse keine Zufallsprodukte und vergleichbar sind.

Arbeitsplatzmessungen krebserzeugender Gefahrstoffe unterscheiden sich in der Vorgehensweise nicht von den Arbeitsplatzmessungen der anderen Gefahrstoffe. Aufgrund der als Toleranz- und Akzeptanzkonzentration abgeleiteten oftmals sehr niedrigen Beurteilungsmaßstäbe stellen sie jedoch in der Regel deutlich höhere Anforderungen an die Messverfahren.

Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

Literatur

Breuer D, Hebisch R: Möglichkeiten zur Verbesserung der Bestimmungsgrenze und des Arbeitsbereiches eines Messverfahrens – Mitteilungen aus dem Arbeitskreis „Messtechnik/Messstrategie“ des Unterausschusses I beim Ausschuss für Gefahrstoffe. Gefahrst Reinhalt Luft 2017; 77: 11–13.

Breuer D, Dragan C, Hebisch R, Bartsch R, Giesen Y, Krämer W, Nitschke L, Nitz G, Pannwitz K-H, Tschickardt M, Hartwig A, MAK Commission: Probenahme und Analyse von Stoffen und Stoffgemischen, die gleichzeitig als Dampf und Partikel in der Luft am Arbeitsplatz vorkommen können [Air Monitoring Methods in German language, 2018]. The MAK Collection for Occupational Health and Safety 2018; 3: 319–355.

DIN EN 482: „Exposition am Arbeitsplatz – Allgemeine Anforderungen an die Leistungsfähigkeit von Verfahren zur Messung chemischer Arbeitsstoffe (Deutsche Fassung)“. Berlin: Beuth, 2015.

Hagmann M, Hebisch R, Baumgärtel A, Beelte S,
Karmann J, Krug M, Prott U, Sondermann J, Weßeler S, Wilms L, Wolf T, Weiß T: Die betriebliche Umsetzung des Risikokonzepts für krebserzeugende Gefahrstoffe – Belastung durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe beim Recycling von Bahnschwellen und der Aufarbeitung kontaminierter Böden. Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2017; 52: 670-681.

Hebisch R, Fricke H-H, Hahn J-U, Lahaniatis M, Maschmeier C-P, Mattenklott M: Probenahme und Bestimmung von Aerosolen und deren Inhaltsstoffen. In: Greim H (Hrsg.): Deutsche Forschungsgemeinschaft – Analytische Methoden zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe, Luftanalysen. Weinheim: Wiley-VCH, 14. Lieferung, 2005, S. 1–40.

Hebisch R, Breuer D, Krämer W, Maschmeier C-P, Tschickardt M: Probenahme und analytische Bestimmung von Gasen und Dämpfen. In: Greim H (Hrsg.): Deutsche Forschungsgemeinschaft - Analytische Methoden zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe, Luftanalysen. Weinheim: Wiley-VCH, 15. Lieferung, 2007, S. 1–37.

Mitteilung aus dem Arbeitskreis „Messtechnik/Messstrategie“ des Unterausschusses I beim Ausschuss für Gefahrstoffe: Empfehlung für die Berücksichtigung klimatischer Bedingungen bei Arbeitsplatzmessungen. Gefahrst Reinhalt Luft 2019; 79: 34.

Weitere Infos

Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS): Technische Regel für Gefahrstoffe 402 „Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition“: TRGS 402. GMBl 2010, S. 231–253 [Nr. 12](v. 25.02.2010, zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2016, S. 843–846 v. 21.10.2016 [Nr. 43]
https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regel…

Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS): Technische Regel für Gefahrstoffe 420 „Verfahrens- und stoffspezifische Kriterien (VSK) für die Ermittlung und Beurteilung der inhalativen Exposition“: TRGS 420. GMBl 2014, S. 997–1002 [Nr. 48] v. 11.09.2014, zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2019, S. 6 [Nr. 1] v. 25.01.2019
https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regel…

Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS): Technische Regel für Gefahrstoffe 561 „Tätigkeiten mit krebserzeugenden Metallen und ihren Verbindungen“: TRGS 561. GMBl 2017, S. 786–812 [Nr. 43] v. 17.10.2017
https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regel…

Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS): Technische Regel für Gefahrstoffe 900 „Arbeitsplatzgrenzwerte“: TRGS 900. BArBl. Heft 1/2006, S. 41–55, zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2019, S. 117–119 [Nr. 7] v. 29.03.2019
https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regel…

Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS): Technische Regel für Gefahrstoffe 910 „Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen“: TRGS 910. GMBl 2014, S. 258–270 [Nr. 12] v. 2.4.2014, zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2019, S. 120 [Nr. 7] v. 29.03.2019
https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regel…

Autor

Dr. rer. nat. Ralph Hebisch
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
Friedrich-Henkel-Weg 1–25
44149 Dortmund

Foto: BAuA

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ ASU E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Exklusive Webinare zum Vorzugspreis

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen