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Führung und psychische Gesundheit

Führung und psychische Gesundheit

Zielstellung: Auf Basis neuerer Forschungsliteratur wird ein Überblick über den Zusammenhang zwischen Führungsverhalten und psychischer Gesundheit der Beschäftigten gegeben.

Methode: Eine systematische Literaturrecherche (Scoping Review) in den einschlägigen Datenbanken PubMed, PsycINFO, PsycARTICLES, PSYNDEX und WISO wurde durchgeführt. Der Suchstring umfasste die Themenbereiche „Führung“, „Arbeitsplatzkontext“ und „psychische Gesundheit“. Für Führung werden folgende Merkmale betrachtet: 1) transformationale Führung, 2) mitarbeiterorientierte Führung, 3) aufgabenorientierte Führung, 4) ethische/authentische Führung, 5) destruktive Führung sowie 6) interaktionale Führung. Die in den Primärstudien gefundenen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Merkmalen von Führung und verschiedenen Aspekten psychischer Gesundheit wurden extrahiert und aggregiert.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 217 Studien eingeschlossen und 703 Zusammenhangmaße extrahiert. Die Studien stammen überwiegend aus den Forschungsbereichen der Organisationspsychologie und des betrieblichen Managements. Es wurden kleine bis mittlere Effektstärken für den Zusammenhang einzelner Führungsstile mit der psychischen Gesundheit der Beschäftigten gefunden. Führung als Ressource schließt insbesondere positive Ausprägungen transformationaler und mitarbeiterorientierter Führung sowie eine hohe Qualität der Führungskraft-Mitarbeiter-Interaktion ein. Im Gegensatz dazu zeigen negative Auswirkungen destruktiver Führung auf die Gesundheit der Beschäftigten, dass Führung auch als Stressor wirken kann.

Schlussfolgerungen: Trotz kleiner oder mittlerer statistischer Zusammenhänge spielt Führung eine wichtige Rolle für die psychische Gesundheit der Beschäftigten. Insbesondere zeigt sich, dass die gesundheitsgerechte Gestaltung von Führung auch eine Vielzahl weiterer Aspekte der Arbeitsgestaltung (Aufgabengestaltung, Arbeitszeit, Unsicherheitserleben, Gerechtigkeitsempfinden etc.) beeinflussen kann.

Schlüsselwörter: Führung – Management – Gesundheit – Scoping Review

Leadership and psychological health

Objective: Based on recent research literature, the associations between leadership behaviour and the psychological health of employees are reviewed.

Method: A systematic scoping review of the literature was conducted using several databases (PubMed, PsycINFO, PsycARTICLES, PSYNDEX, WISO). The search string combined the issues “leadership”, “workplace context”, and “psychological health”. The following leadership concepts were examined: 1) transformational leadership, 2) employee-oriented leadership, 3) task-oriented leadership, 4) ethical/authentic leadership, 5) destructive leadership, and 6) leader-employee-interaction. The relationships between these leadership styles and several aspects of psychological health, as reported in the primary studies, were extracted and aggregated.

Results: Overall, 217 studies were examined and 703 associations were extracted. The studies were mainly conducted in the fields of organisational psychology or management research. Small to moderate effects were found for the relationship between leadership and psychological health. Leadership as a resource includes high levels of transformational and employee-oriented leadership as well as a high quality of leader-employee interaction. In contrast, the negative effects of destructive leadership on employees’ health imply that leadership can also take the effect of a stressor.

Conclusions: Despite statistical effects being small or moderate, leadership plays a significant role in employees’ psychological health. In particular, it becomes evident that a health-promotive design of leadership affects further aspects of work design (e.g. task design, working time, perceived uncertainty, perceived organisational justice).

Keywords: leadership – management – health – scoping review

F. Pundt1

B. Thomson1

D. Montano2

A. Reeske3

Einleitung

Angesichts zunehmender Arbeitsunfähigkeitstage und Frühverrentungen aufgrund psychischer Beeinträchtigungen wurden die Bemühungen um eine nachhaltige Prävention in den letzten Jahren erhöht. So wurde beispielsweise die Berücksichtigung psychischer Belastungen als Komponente der Gefährdungsbeurteilung in das Arbeitsschutzgesetz (§§ 4–6 ArbSchG) aufgenommen. Dabei rückte auch die Bedeutung der Führungskräfte für eine gesunde und sichere Arbeitsgestaltung in den Mittelpunkt. So wird beispielsweise im Leitfaden Prävention der Gesetzlichen Krankenversicherung GKV (2014) betont, dass Führungskräfte einen erheblichen – positiven wie negativen – Einfluss auf die Gesundheit der Beschäftigten haben. Auch im Kontext von Digitalisierung und Arbeiten 4.0 wird Führung als ein wichtiges Element in der Gestaltung agiler Arbeitsbedingungen gesehen und die Notwendigkeit neuer Führungskulturen betont (BMAS 2017). Insofern haben Führungskräfte eine „zentrale Rolle bei der Prävention (psychischer) Gesundheitsbeeinträchtigungen in der komplexen und dynamischen Arbeitswelt“ (Rothe et al. 2017, S. 86).

Im Rahmen des Projekts „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – Wissenschaftliche Standortbestimmung“ wurde vor dem beschriebenen Hintergrund auch ein Scoping Review zum Zusammenhang von Führung und psychischer Gesundheit angefertigt (Montano et al. 2016), das im vorliegenden Artikel zusammenfassend dargestellt wird. Aus dem Scoping Review resultierte auch eine Metaanalyse mit einem etwas engeren Zuschnitt der Fragestellung (Montano et al. 2017). Führung wird für den Zweck unserer Analysen im Review definiert als die Beeinflussung der Einstellungen und des Verhaltens von Mitarbeitern in Organisationen sowie die Steuerung und Koordination von Mitarbeitern in und zwischen Gruppen zum Zwecke der Erreichung organisationaler Ziele (Felfe 2009; Yukl 2013). Es wird untersucht, inwieweit Führungsverhalten im Zusammenhang mit psychischer Gesundheit steht. Psychische Gesundheit wird dabei sehr breit, mittels positiver und negativer Indikatoren erfasst. Die positiven Indikatoren beinhalten Wohlbefinden und psychische Funktionsfähigkeit. Wohlbefinden beschreibt das Erleben positiver Gefühle wie Glück und Zufriedenheit mit der persönlichen Entwicklung (McDowell 2010; Ryff 1989). Psychische Funktionsfähigkeit („functioning“) beschreibt die positiven Aspekte der Interaktion zwischen psychischen Gesundheitszuständen und den Bedingungen der sozialen Partizipation sowie des Handelns in der Gesellschaft (WHO 2002, 2013) und beinhaltet Aspekte wie Empowerment, Selbstwert, Selbstwirksamkeit und Selbstentfaltung. Die negativen Indikatoren umfassen affektive Symptome, Burnout, arbeitsbezogenen Stress sowie gesundheitliche Beschwerden. Die affektiven Symptome beinhalten Aspekte wie Angst, Ärger, Depression, Frustration und ähnliche Störungen. Arbeitsbezogener Stress ist hier definiert als Zustand neuroendokriner Hyperaktivierung des Organismus, ausgelöst durch das Einwirken von Stressoren, der mit erhöhter Wachsamkeit und affektiven/neurotischen Symptomen einhergeht (Contrada 2010; Dallmann u. Hellhammer 2010). Gesundheitliche Beschwerden beinhalten Aspekte der subjektiven Gesundheit wie beispielsweise psychosomatische Symptome, Vitalität, Müdigkeit bzw. Gesamtbewertungen der eigenen Gesundheit.

Relevante Führungskonzepte

Die Fülle der wissenschaftlichen Literatur zu Führung machte es notwendig, im Scoping Review auf wesentliche Führungskonzepte zu fokussieren. Die Mehrheit der Studien betrachtete einen der folgenden Führungsstile:

  1. transformationale Führung,
  2. mitarbeiterorientierte Führung,
  3. aufgabenorientierte Führung,
  4. ethische/authentische Führung,
  5. destruktive Führung sowie
  6. interaktionale Führung.

Transformationale Führungskräfte können ihren Beschäftigten überzeugend Visionen vermitteln (inspirierende Motivation), werden selbst als glaubwürdig und vorbildlich wahrgenommen (idealisierte Beeinflussung), regen zu unabhängigem Denken an (intellektuelle Inspiration) und unterstützen die persönliche Entwicklung ihrer Beschäftigten (individualisierte Beachtung) (Bass u. Riggio 2005). Sie beeinflussen (transformieren) damit vor allem die Werte und Motive der Beschäftigten, so dass langfristige, übergeordnete Werte und Ideale an Bedeutung gewinnen gegenüber kurzfristigen, materiellen Zielen (Felfe 2015). Während bei transformationaler Führung die Persönlichkeit der Führungskraft (Charisma) besonders hervorgehoben wird, steht bei der mitarbeiterorientierten, aufgabenorientierten, ethischen/authentischen und destruktiven Führung das Verhalten der Führungskraft im Vordergrund. Mitarbeiterorientierte Führung ist gekennzeichnet durch ein freundschaftliches und hilfsbereites Verhalten und eine offene Kommunikation, bei der aufgabenorientierten Führung stehen hingegen die Verteilung und die Strukturierung der Arbeitsaufgaben im Mittelpunkt (Franke et al. 2011). Ethische bzw. authentische Führungsansätze betonen die Humanverantwortung von Führung und beinhalten allgemein das Ausrichten des Führungshandelns an übergeordneten moralischen Werten, die Sorge um andere, die Einhaltung und Förderung ethisch-moralischer Standards, Integrität bzw. die Funktion der Führungskraft als moralisches und authentisches Rollenvorbild (Kehrschreiter u. Eisenbeiss 2015; Peus et al. 2015). Für die bisher beschriebenen Führungsansätze wird angenommen, dass das Führungsverhalten förderlich für die Gesundheit der Beschäftigten ist. Für das Konzept der destruktiven Führung gilt das Gegenteil. Es beschreibt verbales und nonverbales feinseliges und/oder als hinderlich betrachtetes Führungsverhalten, das über einen längeren Zeitraum wiederholt bei der Führungskraft zu beobachten ist (Schyns u. Schilling 2013). Es wird angenommen, dass destruktives Führungsverhalten der Gesundheit der Beschäftigten abträglich ist. Interaktionale Führungsansätze unterscheiden sich von den bisher genannten Führungskonzepten, indem sie die Interaktions-, Austausch- und Kommunikationsprozesse zwischen Führungskraft und Beschäftigten betrachten und nicht die Persönlichkeit oder das Verhalten der Führungskraft im Fokus haben. Die bekannteste Führungstheorie ist hierbei der Leader-Member-Exchange (LMX, Graen u. Uhl-Bien 1995), der die Beziehungsqualität der Führungskraft-Mitarbeiter-Dyade in den Mittelpunkt stellt und betont, dass die Führungskraft zu ihren diversen Beschäftigten je unterschiedliche Beziehungen aufbaut. Für eine hohe Beziehungsqualität zwischen Führungskraft und Beschäftigten wird angenommen, dass sie sich gesundheitsförderlich auswirkt.

Methode/Literaturrecherche

Die Literatursuche erfolgte in den einschlägigen Datenbanken PubMed (PMC), PsycINFO, PsycARTICLES, PSYNDEX (EBSCO Host) und WISO. Die Suchstrings umfassten drei Schlagwortkategorien, die die Themenbereiche „Führung“, „Arbeitsplatzkontext“ und „psychische Gesundheit“ abdeckten. Die wichtigsten Einschlusskriterien waren die explizite Untersuchung von Führung im Arbeitskontext nach obiger Definition, die Fokussierung auf psychische Gesundheit und das Format der gefunden Literatur (Journal-Artikel). Von den insgesamt zu sichtenden 6985 Abstracts verblieben nach Ausschluss von Arbeiten, die den obigen Kriterien nicht genügten, 217 zur weitergehenden Analyse. Aus diesen Studien wurden 703 Zusammenhangsmaße extrahiert. Für eine ausführlichere Beschreibung der Literaturrecherche und -extraktion (inkl. Suchstrings und Flow-Diagramm) sei auf Montano et al. (2016) verwiesen. Die Mehrheit der einbezogenen Studien sind Querschnittsstudien (81%) aus Deutschland (16%), den USA (30%) und anderen europäischen Ländern (29%), die in Fachzeitschriften (87%) veröffentlicht wurden. Am häufigsten wurden transformationale und verhaltensbezogene Theorieansätze von Führung zugrunde gelegt.

Ergebnisse

In  Tabelle 1 sind die Ergebnisse des Scoping Reviews zusammengefasst. Je Führungsmerkmal sind der niedrigste und der höchste Wert der gewichteten Durchschnittskorrelationen angegeben, sowohl für die positiven Gesundheitsindikatoren (Wohlbefinden, psychische Funktionsfähigkeit) als auch für die negativen Gesundheitsindikatoren (affektive Symptome, Burnout, arbeitsbezogener Stress, gesundheitliche Beschwerden). Da die Mehrheit der Studien bivariate Korrelationen berichtete, wurden die gewichteten Durchschnittskorrelationen je Führungsmerkmal und je Gesundheitsindikator (gewichtet für die Stichprobengröße der zugrunde liegenden Studie) nach Viechtbauer (2005) berechnet. Die Stärke des Zusammenhangs kann auf Grundlage der Durchschnittskorrelationen als klein (Korrelationen zwischen 0,10 und 0,30), mittel (Korrelationen zwischen 0,30 und 0,50) oder groß (Korrelationen über 0,50) interpretiert werden (Effektstärke nach Cohen 1992). Die Bewertung der methodologischen Qualität der eingeschlossenen Studien orientiert sich an den Empfehlungen der GRADE-Arbeitsgruppe (Grading of Recommendations Assessment, Development and Evaluation; Atkins et al. 2004; Canfield u. Dahm 2011). Zur Beurteilung der methodologischen Qualität wurden folgende Kriterien herangezogen: Stichprobengröße, Studiendesign (Quer- oder Längsschnitt oder Experiment), Validierung von Prädiktoren und Outcomes sowie Aufnahme wichtiger Kontrollvariablen in die statistischen Analysen. Insgesamt betrachtet, zeigen die gefundenen Zusammenhänge sowohl in den Querschnittsstudien als auch in den Längsschnittstudien für alle Führungsmerkmale ein überwiegend konsistentes Bild. So lassen sich für transformationale, mitarbeiterorientierte und interaktionale Führung – und in einem schwächeren Ausmaß auch für aufgabenorientierte Führung – positive Zusammenhänge mit Wohlbefinden und psychischer Funktionsfähigkeit sowie negative Zusammenhänge mit affektiven Symptomen, Burnout, arbeitsbezogenem Stress und gesundheitlichen Beschwerden zeigen. Das gegenteilige Effektmuster zeigt sich für destruktive Führung. Sie hängt konsistent negativ mit Wohlbefinden und psychischer Funktionsfähigkeit zusammen und positiv mit affektiven Symptomen, Burnout, arbeitsbezogenem Stress und gesundheitlichen Beschwerden. Auch die wenigen Studien, die ausschließlich Regressionskoeffizienten aus multivariaten Regressionen enthalten, berichten vergleichbare Ergebnisse. Insgesamt bewegen sich die Effektgrößen im kleinen bis mittleren Bereich. Da die Mehrzahl der Studien Querschnittsstudien ohne Kontrollgruppen sind, ist die methodologische Qualität eher mittelmäßig bis niedrig einzustufen.

Zusammenfassung

Ziel dieser systematischen Literaturrecherche war es, den Zusammenhang zwischen Führung und psychischer Gesundheit umfassend auf Basis der Forschungsliteratur zu untersuchen. Auch wenn die methodologische Qualität der eingeschlossenen Studien niedrig bis mittelmäßig ausgeprägt ist, wurden statistisch signifikante Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Führungskonzepten und psychischer Gesundheit konsistent bestätigt. Die (wenigen) verfügbaren Längsschnittstudien weisen zudem darauf hin, dass diese Zusammenhänge auch mittelfristig bestehen. Aus der Perspektive des Arbeits- und Gesundheitsschutzes implizieren die gefundenen Zusammenhänge, dass Führung je nach Ausprägung als Ressource oder als Gefährdung wirken kann. Führung als Ressource beinhaltet demnach hohe Ausprägungen transformationaler, mitarbeiterorientierter, ethischer/authentischer und interaktionaler Führung sowie auch eine gewisse Aufgabenorientierung der Führungskraft. Führung als Gefährdung bezieht sich auf die destruktive Führung. Aber auch mangelnde Führungskompetenzen wie passive Führung, niedrige Konfliktlösefähigkeiten oder häufige Unerreichbarkeit haben ein Gefährdungspotenzial.

Gestaltungsempfehlungen und Ausblick

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Führung bei der Gestaltung von Arbeitsbedingungen und mit Blick auf die Gesundheit der Beschäftigten eine zentrale Bedeutung hat. Führungskräfte sind in der Art und Weise, wie sie die Beschäftigten unterstützen, auf sie eingehen, sie respektvoll behandeln oder auch für Anforderungsklarheit sorgen, bedeutsam für die hier untersuchten Wohlbefindens- und Gesundheitsvariablen. Dies haben wir als zentrales Ergebnis des Reviews zu Führung und Gesundheit zeigen können. Aber auch in der Gesamtschau dieser Arbeit mit den Übersichtsarbeiten zu anderen Arbeitsbedingungsfaktoren (etwa atypische Beschäftigung, Arbeitsplatzunsicherheit, organisationale Gerechtigkeit, soziale Unterstützung; siehe Projekt „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“) bezogen sich die Empfehlungen in den eingeschlossenen Studien auf Aspekte, die eng mit dem Führungsverhalten im Zusammenhang stehen (Drössler et al. 2016; Haupt et al. 2016; Hünefeld 2016; Köper u. Gerstenberg 2016). Das zeigte sich etwa in Bezug auf die Art und Weise der Kommunikation, Schaffung von Transparenz der Beteiligung von Beschäftigten, den respektvollen Umgang. Darüber hinaus sind Führungskräfte auch ganz direkt in die Gestaltung von Arbeitsbedingungen – etwa die Aufgabengestaltung und -strukturierung, die Regelung von Arbeitszeiten, von Aspekten zur Work-Life-Balance etc. – involviert (Amlinger-Chatterjee 2016; Bradtke et al. 2016; Ducki u. Nguyen 2016; Rosen 2016; Wöhrmann 2016). Bei all diesen Aspekten sind Führungskräfte vermittelnde Instanzen im Hinblick auf die Erreichung organisationaler Ziele oder in der Umsetzung von Organisationsleitlinien und -prozessen. Dies bedeutet auch, dass sie mit ihrem Verhalten und ihren Gestaltungs- bzw. Handlungsoptionen immer auch im organisationalen Kontext gesehen werden müssen. Die Ressourcen (zeitlich, finanziell, im Hinblick auf Personalausstattung, im Hinblick auf Qualifikation) werden letztlich von der Organisation, den strategischen Entscheidungen und deren Umsetzung determiniert. Dies bedeutet, das Phänomen Führung darf in Forschung und Gestaltung nicht nur als Interaktion zwischen Führungskraft und Beschäftigten gesehen werden. Eher muss es darum gehen, die Bedingungen, unter denen die Führungskraft transformational, mitarbeiterorientiert, ethisch etc. agieren soll, unter Berücksichtigung der organisationalen Rahmenbedingungen zu betrachten und zu optimieren. Was die konkreten Arbeitsbedingungen der Führungskräfte betrifft und wie Organisationsstruktur und -kultur auf diese Arbeitsbedingungen sowie das konkrete Führungsverhalten der Führungskraft wirken – darüber bestehen in der Literatur indes große Lücken.

Vor dem Hintergrund dieser Defizite verfolgt die BAuA das Thema „Führung und Organisation“ weiter. Dabei interessiert insbesondere der Zusammenhang organisationaler Aspekte mit Führungsbedingungen und Führungsverhalten. Darüber hinaus ist auch den Kausalwirkungen von Führungsverhalten und Wohlbefinden bzw. Gesundheit der Beschäftigten nachzugehen. Daneben sollte weiterhin der Gesundheit der Führungskräfte sowie den Wirkungen des Verhaltens der Beschäftigten auf die Führungskraft nachgegangen werden.

Interessenkonflikt: Die Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

Literatur

Amlinger-Chatterjee M: Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt. Atypische Arbeitszeiten. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2016.

ArbSchG: Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG) vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246), zuletzt geändert durch Artikel 427 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474).

Atkins D, Best D, Briss PA, Eccles M, Falck-Ytter Y, Flottorp S, Guyatt GH, Harbour RT, Haugh MC, Henry D, Hill S, Jaeschke R, Leng G, Liberati A, Magrini N, Mason J, Middleton P, Mrukowicz J, O’Connell D, Oxman AD, Phillips B, Schünemann HJ, Edejer T, Varonen H, Vist GE, Williams JW Jr, Zaza S, GRADE Working Group: Grading quality of evidence and strength of recommendations. BMJ 2004; 328: 1490.

Bass BM, Riggio RE: Transformational leadership. New York: Psychology Press, 2005.

BMAS: Weißbuch Arbeiten 4.0. Berlin: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Stand März 2017. www.bmas.de/DE/Service/Medien/Publikationen/a883-weissbuch.html (zuletzt abgerufen am 02.10.2018).

Bradtke E, Melzer M, Röllmann L, Rösler U: Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt. Tätigkeitsspielraum in der Arbeit. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2016.

Canfield SE, Dahm P: Rating the quality of evidence and the strength of recommendations using GRADE. World Journal of Urology 2011; 29: 311–317.

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Drössler S, Steputat A, Schubert M, Euler U, Seidler A: Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt. Soziale Beziehungen. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2016.

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Wöhrmann AM: Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt. Work-Life-Balance. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2016.

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Für die Verfasser

Dr. phil. Franziska Pundt

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

Friedrich-Henkel-Weg 1–25

44149 Dortmund

pundt.franziska@baua.bund.de

ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2018; 53 (Sonderheft): 15–19

Fußnoten

1Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund

2Leadership Personality Center Ulm

3Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen, Bochum