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Der besondere (historische) Fall

Die Geschichte des rätselhaften Phänomens “Haffkrankheit“

Die Geschichte des rätselhaften Phänomens „Haffkrankheit“

Die Symptomatik, für die sich die Bezeichnung Haffkrankheit durchsetzte, weil das Phänomen an eine die – ehemals ostpreußische – Küstenregion rund um das Frische Haff gebunden blieb, wurde erstmalig im Sommer 1924 beobachtet. Bei einem Fischer war eine von starken Muskelschmerzen begleitete Lähmungserscheinung aufgetreten. Ebenso rätselvoll wie das Auftreten der Krankheit war ihr Verschwinden. Das Beispiel Haffkrankheit hat heute vor allem historische Bedeutung. Die Haffkrankheit ist ein schönes Beispiel für eine zivilisatorische Schädigung, deren Hintergründe ungeklärt bleiben dürften, weil sie nur von temporärer Bedeutung waren. Die Symptome wurden wahrscheinlich durch einen Giftstoff (Schwermetall oder Arsen) ausgelöst und gingen auf einen direkten Kontakt mit Fischen zurück.

Schlüsselwörter: Haffkrankheit – Vergiftung – Myoglobinurie – Rhabdomyolyse

The history of the mysterious phenomenon of “Haff disease”

The symptoms which came to be known as “Haff disease” were observed for the first time in the summer of 1924. The phenomenon was associated with the formerly East Prussian coastal region around the “Frisches Haff” (the Vistula Lagoon, an inlet of the Baltic Sea). A fisherman had experienced signs of paralysis accompanied by severe muscular pain. The disappearance of the disease was just as mysterious as its occurrence. The example of Haff disease is of mainly historical significance today. Haff disease is a fine example of a disease of civilization whose causes may remain unexplained as they were only of temporary importance. It is likely that the symptoms were triggered by a toxin (heavy metal or arsenic) and were connected to direct contact with fish.

Keywords: Haff disease – poisoning – myoglobinuria – rhabdomyolysis

A. Jüttemann

(eingegangen am 30.08.2017, angenommen am 13.04.2018)

„Es ist ein unvergleichlich tragischer Anblick, wie diese kräftigen Männer hilflos, in völlig steifem Zustande aus den Fischerbooten nach Hause geschafftwerden.“ (Fritz Eichholtz in Eichholtz 1934)

Die Symptomatik, für die sich die Bezeichnung Haffkrankheit durchsetzte, weil das Phänomen an eine bestimmte – ehemals ostpreußische – Küstenregion gebunden blieb, wurde erstmalig im Sommer 1924 in dem Dorf Narmeln (südlich von Pillau (russ. ), heute eine Wüstung an der russisch-polnischen Grenze) beobachtet (Staatliches Haff-Laboratorium Pillau, S. 140 f.). Bei einem Fischer war eine von starken Muskelschmerzen begleitete Lähmungserscheinung aufgetreten.

In einem medizinischen Lexikon wird hierzu auf einen ärztlichen Bericht Bezug genommen. Darin heißt es,

„daß im August 1924 unter der Bevölkerung des nordöstlichen Teils des Küste des Frischen Haffs in Deutschland, eine rätselhafte, bisher gänzlich unbekannte Krankheit, die sogenannte Haffkrankheit, von den Fischern auch Haffpest genannt, aufgetaucht sei, die unter der Fischerbevölkerung sich rasch verbreitete hat, so daß in einzelnen Ortschaften bereits die Hälfte der Fischer nach und nach erkrankt ist.“ (Lawetzky 1924)

Die anfallsartigen Beschwerden breiteten sich in wenigen Minuten über den ganzen Körper aus. Ein weiteres Kennzeichen war ein allgemeines Ermüdungsgefühl. Manchmal konnten sich die Erkrankten nicht mehr aufrecht halten und wurden bettlägerig. Fieber und Erbrechen wurden nicht festgestellt. So plötzlich wie das Leiden in Erscheinung trat, verschwand es in der Regel auch wieder. In den meisten Fällen waren die Patienten nach wenigen Tagen wieder gesund. In seltenen Fällen trat aber eine Verschlimmerung ein und konnte eine lebensbedrohliche Situation entstehen.

Zirr schildert den Krankheitsverlauf wie folgt:

„Die Personen werden anfallsartig, aus scheinbar voller Gesundheit heraus, von unerträglich heftigen Muskelschmerzen befallen. Außer einer Kreatinämie, Myoglobinämie und Hyperkaliämie sind keine blutchemischen Veränderungen beobachtet worden (…). Nach unterschiedlich langer Zeit nach dem Anfall setzte nach einer oligurischen, selten anurischen Phase eine Myoglobinurie und Kreatinurie ein. Durch strenge Bettruhe und symptomatische Therapie erfolgte fast immer eine restitutio ad integrum innerhalb weniger Tage.“ (Zirr 1972, S. 63).

Dornblüth (1927) berichtet über eine Ausscheidung von Methämoglobin oder Hämoglobin im Urin und diagnostiziert eine Albuminurie bzw. Cylindrurie. Hervorgehoben wird auch die Ähnlichkeit mit der veterinären Hämoglobinurie1.

Bis September 1924 erkrankten etwa 350 Personen. Fast alle Patienten waren männlich. Es fiel auf, dass fast alle Betroffenen eine Tätigkeit im Fischereibereich ausübten und sich die Symptome während des Arbeitseinsatzes zeigten, und zwar zumeist in den frühen Morgenstunden (Zirr 1972, S. 13, und von Jeddeloh 1939, S. 158). Mit Ausnahme von zwei Fällen hielten sich die Personen „auf dem Haff oder in seiner Nähe“ auf (Lockemann 1930, S. 148). Beachtlich ist ein Unterschied zwischen zwei verschiedenen Gruppen von Fischern:

„In dem Nehrungsdorf Narmeln, wo die Fischerei sowohl auf dem Haff wie auf der Ostsee betrieben wird, erkrankten 1924 nur die Haffischer, und diese fast ausnahmslos, während die Ostseefischer gesund blieben“ (Jeddeloh 1939, S. 158).

Es drängte sich die Annahme auf, dass es sich bei der Krankheit um Intoxikation handeln müsse und vergiftete Nahrungsmittel, die mit kontaminiertem Wasser in Berührung gekommen waren, die Entstehungsursache bildeten. Eine Infektion wurde wegen des Fehlens von Fieber und positiver Laborbefunde (Urin- und Stuhlproben) ausgeschlossen (Zirr 1972, S. 20).

Einige Forscher vermuteten schon sehr früh einen Zusammenhang mit einer ebenfalls im Jahre 1924 festgestellten Verschlechterung der Wasserqualität des Frischen Haffs durch die Einleitung von Ablaugen aus der Zellstoffabrik in Kosse (Lockemann 1930, S. 137)2. Der Ort lag in der Nähe von Königsberg (russ. ). Die Fabrik leitete ihre Abwässer in den Pregel ein, der in das Haff fließt. Die schlammhaltigen Abwässer wurden „ungerieselt und nur mangelhaft geklärt dem Haff zugeführt“ (Staatliches Haff-Laboratorium Pillau 1927, S. 117). Erst im Sommer 1925 wurden spezielle Filteranlagen installiert. Etwa zur gleichen Zeit richtete das preußische Ministerium für Volkswohlfahrt in einer ehemaligen Präparandenanstalt in Pillau eine Untersuchungsstation für Abwässer ein. Das „Staatliche Haff-Laboratorium“ wurde vor allem gegründet, um zu überprüfen, ob arsenhaltige Abwässer aus den Zellstofffabriken der Stadt Königsberg zum Auftreten der Haffkrankheit geführt hätten (Staatliches Haff-Laboratorium Pillau 1927, S. 103;  Abb. 1–3). In diesem Kontext ging man von der Hypothese aus, dass Arsengase „in den frühen Morgenstunden vor Sonnenaufgang auf dem Wasser lagern und durch die ihre Netze aufnehmenden Fischer eingeatmet“ werden und die Krankheitssymptome hervorgerufen haben könnten (Staatliches Haff-Laboratorium Pillau 1927, S. 104).

Der Aufbau des Laboratoriums erfolgte durch das Robert Koch-Institut in Berlin. Von hier aus kamen die in Pillau tätigen Wissenschaftler. Erster Direktor der Einrichtung wurde der Mediziner Professor Dr. Boecker. Wenig später übernahm der Veterinärmediziner Dr. Fortner die Leitung des Instituts. Als medizinische Sofortmaßnahme ließ er 600 Gasmasken unentgeltlich an die Haff-Fischer verteilen. Dieser Vorgang war insofern zugleich Bestandteil einer wissenschaftlichen Untersuchung, als ein Rückgang der Erkrankungszahl auch eine ursächliche Schlussfolgerung zugelassen hätte.

Das neue Laboratorium arbeitete mit den Schiffen des Reichswasserschutzes zusammen, um regelmäßige Wasserproben aus dem Haff zu entnehmen. Das Untersuchungsmaterial bestand aber nicht nur aus Wasser, sondern auch aus Schlamm, Pflanzen und Fischen (Staatliches Haff-Laboratorium Pillau 1927, S. 95). Insbesondere war abzuklären, ob sich die Vermutung bestätigen lassen könnte, dass mit Industrieabwässern vergiftete Aale als mögliche Ursache für den Ausbruch der Krankheit in Betracht kämen. Es war bekannt, dass der Aal eine besondere Nahrungsquelle für die Fischer darstellte:

„Der Aal ist neben Brot und Kartoffeln (…) das wichtigste Nahrungsmittel der Fischer. Zum Frühstück sauer eingelegt, mittags gekocht, abends gebraten.“ (Lockemann et al. 1930, S. 154).

Der Verdacht fiel auch deshalb auf die Aale, weil bereits 1924 in der fraglichen Region bei diesen Fischen ein erhöhter Arsengehalt festgestellt worden war. Auf 1 kg Aal aus der Gegend um Rosenberg (russ. , ein ehemaliger Ort im Haff, heute eine Wüstung) entfielen 0,013 mg Arsen.

Das Laboratorium ermittelte 1925 tatsächlich einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Aal und dem Auftreten der Krankheit. Es bot sich die Erklärung an, dass gerade der Aal durch die Abwassergifte geschädigt würde, weil er in schlammigen Untergründen lebt (Staatliches Haff-Laboratorium Pillau 1927, S. 127). Nun galt es festzustellen, wie gefährlich vergiftetes Aalfleisch war. Zu diesem Zweck wurden Tierversuche mit Katzen durchgeführt, jedoch mit dem Ergebnis, dass die Aale wahrscheinlich doch nicht für die Entstehung und Verbreitung der Haffkrankheit anzusehen wären (Staatliches Haff-Laboratorium Pillau 1927, S. 135).

In der Nähe des „Königsberger Abwassergrabens“ bei Neplecken (russ. , heute ebenfalls eine Wüstung) war beobachtet worden, dass sich auf dem Wasser Fäulnisgase gebildet hatten, und es wurde auch in dieser Richtung nach einer Erklärung gesucht. Die Überprüfung der „Gastheorie“ erfolgte wieder mithilfe von Tierversuchen. Mäuse, Ratten, Katzen und Enten setzte man für längere Zeit (bis zu sechs Stunden) in Käfige, die über der Wasseroberfläche angebracht worden waren. Die Versuche fanden dort statt, wo es „eine außerordentlich lebhafte Gärung des Bodenschlamms“ gab (Staatliches Haff-Laboratorium Pillau 1927, S. 135). Das war am Ufer der Fischhausener Bucht (russ. ) sowie in der Nähe der Orte Rosenberg, Zimmerbude (heute ), Brandenburg (heute ) und Mövenhaken (heute eine Wüstung bei Pillau). Es konnten jedoch keine brauchbaren Ergebnisse erzielt werden (Staatliches Haff-Laboratorium Pillau 1927, S. 105). Keines der Versuchstiere entwickelte die einschlägigen Symptome. Am Ende der Experimentierphase kamen die Wissenschaftler einhellig zu einer Ablehnung der „Gastheorie“ (Zirr 1972, S. 32).

Im Frühherbst 1925 konnten aber eigentümlicherweise keine Neuerkrankungen mehr festgestellt werden (Staatliches Haff-Laboratorium Pillau 1927, S. 130). Für diese Tatsache gab es zwar keine Erklärung, aber man akzeptierte die neue Situation und schloss das Pillauer Laboratorium bereits im Oktober 1925.

Als jedoch im Frühjahr 1926 doch wieder Krankheitsfälle3 auftraten, wurde das Institut im April 1926 wieder eröffnet. Inzwischen war aufgefallen, dass sich eine Häufung der Fälle auf die nördliche Haffseite bezog, an der die stärkste Verschmutzung mit Abwässern der Stadt Königsberg vorlag (Lockemann et al. 1930, S. 177).

Inzwischen war wieder die „Aaltheorie“ aktuell geworden, da beobachtet wurde, dass einige Betroffene „kurz vor ihrer Erkrankung von Hafffischhändlern Aale gekauft und diese gegessen hatten“ (Staatliches Haff-Laboratorium Pillau 1927, S. 138). Einige Personen hatten Aale „bisweilen in großer Menge gegessen“ (ebd., S. 139), andere, die als Fischer tätig waren, scheinen gar kein Aalfleisch verzehrt zu haben. Ihnen wurde aber nur bedingt geglaubt, da Fischer „im allgemeinen das verständliche Bestreben haben, nichts auf die Aale, die die Haupterwerbsquelle bilden, kommen zu lassen“ (ebd.).

Das Leiden galt als nahezu verschwunden, als es im Jahre 1932 zu einem erneuten Ausbruch – mit 178 Fällen – kam (Lockemann et al. 1930,). Die Situation war vergleichbar mit dem ersten Auftreten im Jahre 1924. Wiederum erkrankten vor allem männliche Erwachsene aus dem Bereich der Fischerei. Da keine amtliche Meldepflicht bestand, liegen keine zuverlässigen Angaben vor. Trotz der nicht exakt geklärten Hintergründe entschloss sich die Seeberufsgenossenschaft, die Haffkrankheit als berufsbedingt anzusehen. Sie sei „eine akute Vergiftung, welche mit der Betriebstätigkeit der Fischer in unmittelbarem Zusammenhang steht“ (Zirr 1972, S. 21). In den späten 1930er Jahren traten nur noch ganz vereinzelt Fälle auf.

In der Geschichtsschreibung wird die Haffkrankheit als ein ungeklärtes Phänomen beschrieben, aber es wird als offenkundig angesehen, dass es sich um eine von Fischen ausgehende Vergiftungserscheinung handelt. Hierfür sprechen auch vergleichbare Befunden aus den folgenden Regionen: am karelischen Onegasee und am Juksowskisee bei St. Petersburg (1934–1949) sowie am sibirischen Sartlansee (1947–1948 und 1984), bei Marnestad/Schweden (1948) sowie zuletzt Nanking/China4 (2010) (Neumann-Redlin von Meding 2010). Genauere Untersuchungen schienen auch zuletzt in China ausgeblieben zu sein.

Nicht nur die Ursache, sondern auch die Pathogenese der Erkrankung blieb ungeklärt. Das Staatliche Haff-Laboratorium äußerte demgemäß:

„Die Ursache der Haffkrankheit ist somit noch nicht festgestellt. Vorläufig scheint uns der Gesamtheit der heute bekannten epidemiologischen Tatsachen die Auffassung am ehesten gerecht zu werden, daß die Haffkrankheit durch den Genuß von Aalen, die sich im Haff mit unbekannten, vermutlich aus dem Schlamm stammenden Giftstoffen beladen haben, hervorgerufen wird (…). Das Auftreten und Wiedererlöschen der Haffkrankheit steht im auffallenden zeitlichen Zusammenhang mit gewissen Änderungen in der Abwasserbeseitigung der Stadt Königsberg“ (Staatliches Haff-Laboratorium Pillau 1927, S. 147).

Ebenso rätselvoll wie das Auftreten der Krankheit war ihr Verschwinden. Als keine Neuerkrankungen mehr auftraten, hörte auch die Suche nach Ursachen und insbesondere nach Vergiftungsquellen auf. Die Haffkrankheit geriet in Vergessenheit. Resümierend fasst Jeddeloh (1939) die Geschichte des Phänomens wie folgt zusammen:

„Die rätselhafte Erkrankung am Frischen Haff, die unter dem Namen ‚Haffkrankheit’ allgemein bekannt wurde, ist seit mehreren Jahren nicht mehr beobachtet worden (…). Niemand weiß, ob nicht die Haffkrankheit eines Tages wieder auftritt. Die bisherigen Haffkrankheitsausbrüche kamen meist sehr plötzlich und ziemlich schnell verschwand die Krankheit wieder“.

Im heutigen Klassifikationssystem ist die Krankheit dennoch erfasst. Sie erscheint im ICD-9 als Folge einer Berührung mit Arsen und im ICD-10 unter der Rubrik Quecksilbervergiftung. Ätiologisch werden auch andere Schwermetalle als ursächlich in Betracht gezogen. Als Entstehungszusammenhang gilt der Verzehr von belasteten Fischen (insbesondere Fischlebern) als wahrscheinlich. Die damit verbundene Verallgemeinerung hat zur Einführung des Begriffs „Rhabdomyelose“ geführt (Pongratz u. Zierz 2003).

Die Haffkrankheit ist ein schönes Beispiel für eine zivilisatorische Schädigung, deren Hintergründe ungeklärt bleiben dürften, weil sie nur von temporärer Bedeutung waren. Da die chemische Forschung nicht weit genug gediehen war, wurden die spezifischen Toxine nie ermittelt. Möglicherweise besaß das Phänomen Haffkrankheit aber auch nur eine begrenzte Bedeutung, weil die Entstehungsursache u.U. nur eine einzige Quelle betraf, nämlich die Abwässer von Zellstofffabriken. In den 1920er Jahren waren derartige gezielte Nachforschungen auch noch nicht üblich, zumal sie von der Bevölkerung nicht nachdrücklich gefordert wurden.

Literatur

Dornblüth O: Klinisches Wörterbuch. Berlin: de Gruyter; 1927.

Eichholtz F: Welt und Heimat im Spiegel der pharmakologischen Forschung. Münchner Med Wschr 1934; 6: 197–199.

Lawetzky: Die Haffkrankheit. Dtsch Med Wschr 1924; 42: 1444.

Lockemann G, Boecker E, von Bülow B: Dritter Bericht über die Erforschung der Haffkrankheit. Veröffentlichungen der Medizinalverwaltung. Berlin 1930; 287: 78–192.

Neumann-Redlin von Meding R: Königsberger Haffkrankheit. Königsberger Bürgerbrief 2010; 76: 57.

Paul F: Zur Frage der Haffkrankheit. Klin Wschr 1925; 4, 166–167.

Pongratz D, Zierz S: Neuromuskuläre Erkrankungen. Köln: Deutscher Ärzte Verlag, 2003.

Staatliches Haff-Laboratorium Pillau: Bericht über die Tätigkeit des Staatlichen Haff-Laboratoriums in Pillau. Berlin: Schoetz, 1927.

Stoeltzner W: Die Ursache der Haffkrankheit. Dtsch Med Wschr 1932; 49: 1929–1932.

von Jeddeloh B: Haffkrankheit. Ergebnisse der Inneren Medizin und Kinderheilkunde 1939; 57; 138–182.

Zirr D: Geschichte der Haffkrankheit. Unveröff. Diss. FU Berlin; 1972.

Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenskonflikt vorliegt.

Verfasser

Dr. Andreas Jüttemann

Charité – Universitätsmedizin Berlin

Institut für Geschichte der Medizin

Thielallee 71

14195 Berlin-Dahlem

andreas.juettemann@charite.de

ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2018; 53: 465–468

Fußnoten

Institut für Geschichte der Medizin (Direktor: Prof. Dr. Volker Hess), Charité – Universitätsmedizin Berlin

1 Paul äußert 1925 erstmals die Vermutung, die Haffkrankheit sei eine „paroxysmale, idiopathische Myoglobinurie“ und den degenerativen Muskelerkrankungen zuzuordnen (Paul 1925, S. 166). Die Haffkrankheit wurde lange Zeit als atraumatisches Myoglobinuriesyndrom verstanden.

2 Der Königsberger Mediziner Stoeltzner stellte die Theorie auf, dass „die in dem Fichtenholz, das die Königsberger Zellstoffabriken verarbeiten, enthaltenen Harzsäuren“ als ursächlich für das Entstehen der Krankheit anzusehen sind (Stoeltzner 1932, S. 1929 f.). Die zunächst als einleuchtend angesehene Theorie musste verworfen werden, da sie von anderen Wissenschaftlern nicht repliziert werden konnte.

3 In den Jahren 1924–1927 waren die Orte Zimmerbude, Groß Heydekrug (heute russ. ) mit zusammen 161 Fällen, Peyse mit 111 Fällen und an der Mündung der Passarge (heute pl. Paska) bei Narmeln mit 90 Fällen am stärksten betroffen. Zwischen Balga und Leysuhnen (heute ) wurden 64 Fälle und an der Küste zwischen der Pillauer Gartenstadt Camstigall (heute ) und Fischhausen 53 Fälle verzeichnet. Im Küstenbereich zwischen Brandenburg und Kahlholz gab es eine Häufung im Mai 1925 mit 30 Fällen, aber ansonsten in den o.g. Berichtsjahren nur sechs Fälle (Lockemann et al. 1930, S. 174 f.)

4 im Chinesischen wird die Intoxikation mit Bezug auf den deutschen Begriff als Haff bezeichnet