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Aktuelles aus der STIKO

Die STIKO hat gemäß Infektionsschutzgesetz die Aufgabe, Empfehlungen zur Durchführung von Schutzimpfungen zu geben (§ 20 Infektionsschutzgesetz). Ihre Empfehlungen definieren den medizinischen Standard. Die STIKO bewertet kontinuierlich Daten zu Impfstoffen und zur Epidemiologie impfpräventabler Infektionen. Bei der Bewertung von Impfstoffen und der Erarbeitung von Impfempfehlungen wendet die STIKO die Methodik systematischer Übersichtsarbeiten im Sinne der evidenzbasierten Medizin (EbM) an und bedient sich für die Erstellung der Empfehlungen des Ansatzes der „Grading of Recommendations, Assessment, Development and Evaluation“ (kurz GRADE) Working Group.

In Deutschland werden Schutzimpfungen jedoch nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) „zu selten, zu spät und mit regionalen Unterschieden“ durchgeführt. Eine Folge davon ist, dass nach Schätzungen des RKI im Zeitraum von 2007 bis 2017 insgesamt etwa 190 000 Menschen an Erkrankungen gestorben sind, gegen die geimpft werden kann (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP vom 22. 12. 2017; s. „Weitere Infos“).

Um Impfquoten nachhaltig steigern zu können, bedarf es unterschiedlicher Maßnahmen und Ansätze: Zunächst einmal muss der Zugang zu den Impfungen für das Zielkollektiv so einfach wie möglich gestaltet werden. Im Kontext der Arbeitsmedizin bedeutet das beispielsweise niedrigschwellige, flexible Impfangebote am Arbeitsplatz.

Im Rahmen des Praxismanagements konnte gezeigt werden, das eine Erinnerung an eine anstehende Impfung (zum Beispiel durch eine persönliche Ansprache des Arztes oder des Praxispersonals bzw. schriftlich oder per Telefon) Impfquoten steigern kann (Schulte et al. 2019). Dieser Ansatz lässt sich sicher ebenso auf die Arbeitsmedizin übertragen.

Aktuelle inhaltliche Änderungen und Ergänzungen der STIKO-Empfehlungen

Herpes zoster

In Deutschland sind zwei Impfstoffe gegen Herpes zoster (HZ) für Personen ab 50 Jahren zugelassen und verfügbar: Seit 2013 ein attenuierter Lebendimpfstoff (Zostavax®) und seit 2018 ein adjuvantierter HZ-subunit-Totimpfstoff (Shingrix®).

Zur Verhinderung von Herpes Zoster und postherpetischer Neuralgie (PHN) empfiehlt die STIKO seit Dezember 2018 den adjuvantierten HZ-Totimpfstoff Shingrix® als Standardimpfung (S) für alle Personen ≥60 Jahren. Zusätzlich empfiehlt die STIKO die Impfung als Indikationsimpfung (I) für Personen ≥50 Jahre mit einer erhöhten gesundheitlichen Gefährdung für das Auftreten eines Herpes Zoster infolge einer Grundkrankheit oder für Personen mit angeborener oder erworbener Immundefizienz bzw. Immunsuppression (RKI 2018; s. „Weitere Infos“). Dazu gehören unter anderem Patienten mit HIV-Infektion, rheumatoider Arthritis, systemischem Lupus erythematodes, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen oder Asthma bronchiale, chronischer Niereninsuffizienz und Diabetes mellitus (STIKO-Empfehlung, RKI 2019)

Impfen bei Immundefizienz beziehungsweise Immunsuppression

Aktuell werden durch eine Expertengruppe unter der Federführung der STIKO Anwendungshinweise für Impfungen bei Patienten mit Immundefizienz bzw. Immunsuppression erarbeitet.

Die Anwendungshinweise werden in vier thematisch getrennten Dokumenten publiziert:

  • Das Grundlagenpapier (Papier I),
  • und die Anwendungshinweise zum Impfen bei primären Immundefekt­erkrankungen (inkl. autoinflammatorischer Erkrankungen) und bei HIV-Infektion (Papier II)
  • sowie die Anwendungshinweise zum Impfen bei Autoimmunerkrankungen und unter immunmodulatorischer ­Therapie (Papier IV)
  • sind bereits publiziert und im Internet verfügbar (s. „Weitere Infos“).

    Das Papier III (Impfen bei hämatologischen und onkologischen Grundkrankheiten, solider Organtransplantation, Stammzelltransplantation und Asplenie) wird zeitnah publiziert werden und wird ebenfalls unter dem unten genannten Link abrufbar sein.

    RKI: Im Zeitraum von 2007 bis 2017 sind etwa 190 000 Menschen an Erkrankungen gestorben sind, gegen die geimpft werden kann.

    Aktualisierung der FSME-Risikogebiete

    Die FSME-Risikogebiete wurden aktualisiert (RKI 2019; s. „Weitere Infos“).

    Generell wird ein Kreis als FSME-Risikogebiet definiert,

  • wenn die Anzahl der übermittelten FSME-Erkrankungen in mindestens einem der Fünfjahreszeiträume 2002–2006, 2003–2007 usw. bis 2014–2018 im Kreis
  • oder in der Kreisregion (bestehend aus dem betreffenden Kreis plus allen angrenzenden Kreisen) signifikant (p < 0,05) höher liegt als die bei einer Inzidenz von 1 Erkrankung/100 000 Einwohner erwartete Fallzahl.
  • Da es in den letzten 20 bis 30 Jahren keine Anzeichen für ein Erlöschen von FSME-Naturherden in den bestehenden Risikogebieten gegeben hat und weil die Impfquoten zwischen 2006 und 2009/2010 deutlich angestiegen waren, wurde entschieden, dass ein Kreis mindestens 20 Jahre lang seinen Status als Risikogebiet behalten sollte (RKI 2019).

    Impfen für medizinisches Personal – Masernschutzgesetz

    Von besonderem Interesse für die Arbeitsmedizin ist sicherlich auch, dass eine Arbeitsgruppe der STIKO und der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am RKI aktuell Handlungshinweise für Impfungen von Personal in medizinischen Einrichtungen in Deutschland zur Infektionsprävention erarbeitet. Die Handlungshinweise werden zeitnah publiziert werden.

    Das geplante Masernschutzgesetz und die Stellungnahme des Deutschen Ethikrates zur Impfpflicht nehmen überdies beide Stellung zur Impfung von medizinischen Personal (s. auch „Weitere Infos“).

    Der Deutsche Ethikrat hält eine berufsbezogene Impfpflicht für Personal aus Medizin, Pflege oder Hebammenwesen sowie Lehrpersonal für möglich. Als Begründung wird darauf verwiesen, dass dieses Personal besonderen Infektionsrisiken ausgesetzt ist und das Risiko besteht, die impfpräventable Infektion an andere Menschen weiterzugeben. Überdies führt der Ethikrat aus:

    „Dies gilt umso mehr, als sie mit ihrer Berufswahl freiwillig eine erhöhte Verantwortung übernommen haben.“

    „Der Anspruch Dritter auf Schutz vor Fremdschädigung kann zu einem Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht berechtigen […]“.

    Das geplante Masernschutzgesetz sieht im aktuellen Referentenentwurf eine Masernimpfpflicht für folgende Personengruppen vor:

  • Personen, die in einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Infektionsschutzgesetz betreut werden,
  • Personen, die in einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Infektionsschutzgesetz Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den dort Betreuten haben, und
  • Personen, die in einer Einrichtung nach § 23 Absatz 3 Satz 1 Infektionsschutzgesetz Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den Patienten haben (s. Info­kasten links).
  • Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es einige relevante Neuigkeiten bezüglich Impfungen gibt. Es konnte in der Vergangenheit wiederholt gezeigt werden, dass Ärzte die wichtigsten Ansprechpartner für die Impfentscheidung sind. Wenn aber Impfungen greifen sollen, müssen zuallererst sich auch Ärzte impfen lassen. Denn der Kampf gegen impfpräventable Infektionen und Epidemien kann nur gewonnen werden, wenn möglichst alle mitmachen. Die Arbeitsmedizin kann und sollte hierzu einen Beitrag leisten.

    Interessenkonflikt. Die Autorin ist Mitglied der STIKO.

    Literatur

    Robert Koch-Institut (RKI): Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut – 2019/2020. Epidemiologisches Bulletin 34, 2019 (abrufbar unter www.stiko.de).

    Schulte K et. al.: Strategien für eine bessere Influenzaimpfquote bei chronisch nierenerkrankten Patienten. Ergebnisse zweier randomisiert kontrollierter Interventionsstudien und einer prospektiven Interventionsstudie. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 413–419.

    Info

    § 23 Absatz 3 Satz 1 Infektionsschutzgesetz

    „Die Leiter folgender Einrichtungen haben sicherzustellen, dass die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforder­lichen Maßnahmen getroffen werden, um nosokomiale Infektionen zu verhüten und die Weiterverbreitung von Krankheits­erregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, zu vermeiden:

    1. Krankenhäuser,

    2. Einrichtungen für ambulantes Operieren,

    3. Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Kranken­häusern vergleichbare medizinische ­Versorgung ­erfolgt,

    4. Dialyseeinrichtungen,

    5. Tageskliniken,

    6. Entbindungseinrichtungen,

    7. Behandlungs- oder Versorgungsein­richtungen, die mit einer der in den Nummern 1 bis 6 genannten Einrich­tungen vergleichbar sind,

    8. Arztpraxen, Zahnarztpraxen,

    9. Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe,

    10. Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medi­zinische Untersuchungen, Präventionsmaß­nahmen oder ambulante Be­handlungen durchgeführt werden, und

    11. ambulante Pflegedienste, die ambu­lante Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen.“

    Weitere Infos

    Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Entwurf eines Ge­setzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprä­vention (Masernschutzgesetz)

    https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloa…

    Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP vom 22.12.2017

    http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/003/1900320.pdf

    Deutscher Ethikrat: Impfen als Pflicht? Stellungnahme

    https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Stellung­nahmen/deutsch/stellungnahme-impfen-als-pflicht.pdf

    Robert Koch-Institut (RKI) I­mmundefizienz

    https://www.rki.de/immundefizienz

    Robert Koch-Institut (RKI): FSME: Risikogebiete in Deutschland (Stand: Januar 2019)

    https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2019/Ausgaben/07_1…

    Robert Koch-Institut (RKI): Wissenschaftliche Begründung zur Empfehlung einer Impfung mit dem Herpes-zoster-subunit-Totimpfstoff. Epidemiologisches Bulletin 50, 2018

    https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2018/Ausgaben/50_1…

    Autorin
    Prof. Dr. Dr. med. Sabine Wicker
    Universitätsklinikum Frankfurt
    Betriebsärztlicher Dienst
    Theodor-Stern-Kai 7
    60590 Frankfurt
    Foto: Universitätsklinikum Frankfurt

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