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Welche Bedeutung hat der Enzym-polymorphismus der N-Acetyltransferase für die Entstehung von Harnblasenkrebs

Background: An association between N-acetyltransferase 2 (NAT2) slow acetylation and bladder cancer has been consistently observed in epidemiologic studies. However, evidence has been mainly derived from case-control studies and was sparse from cohort studies. We evaluated the association between NAT2 slow acetylation and bladder cancer in a case-control study nested in the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition.

Methods: Exposure to aromatic amines and polycyclic aromatic hydrocarbons (PAH) could be assessed for 754 cases and 833 controls for whom occupational information was documented. A semiquantitative job-exposure matrix was applied to at-risk occupations to estimate the exposure as low, medium, or high based on tertiles of the distribution of the exposure score in controls. Using a comprehensive genotyping, NAT2 acetylation status could be categorized from 6-single-nucleotide polymorphism genotypes as slow or fast in 607 cases and 695 controls with DNA from archived blood samples.

Results: Occupational exposure to aromatic amines and PAH was associated with an increased bladder cancer risk [upper tertile of the distribution of the exposure score: OR = 1.37; 95% confidence interval (CI), 1.02-1.84, and OR = 1.50; 95% CI, 1.09-2.05, respectively]. NAT2 slow acetylation did not modify these risk estimates and was not itself associated with bladder cancer risk (OR = 1.02; 95% CI, 0.81-1.29).

Conclusions: These findings confirm established or suspected occupational risk factors but not the anticipated role of NAT2 slow acetylation in bladder cancer. No interaction was detected between NAT2 and any exposure of interest, including smoking.

Impact: Genetic testing for NAT2 would be inappropriate in occupational settings.

Kommentar: Es gehört zum arbeitsmedizinischen Lehrbuchwissen, dass das Risiko nach Exposition gegenüber krebserzeugenden aromatischen Aminen durch die genetisch bestimmte Aktivität der Acetyltransferasen (NAT) beeinflusst wird. Die Verstoffwechslung dieser Chemikalien, z. B. 2-Naphthylamin oder Benzidin, führt in Abhängigkeit der NAT-Aktivitäten zu einer Entgiftung bzw. zu einer Giftung, d. h. zur Bildung des ultimativ karzinogenen Nitrenium-Ions. Die früheren Erfahrungen aus der Farbenproduktion haben gezeigt, dass Beschäftigte mit einem „langsamen“ Acetyliererstatus häufiger an Harnblasenkrebs erkrankten als „schnelle“ Acetylierer.

Diese und weitere Ergebnisse haben letztendlich dazu geführt, dass im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung nach DGUV-Grundsatz 33 (aromatische Nitro- oder Aminoverbindungen) die Bestimmung des Acetyliererstatus empfohlen wird. Die genetischen Testungen – auch die Analyse der Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase wird vorgeschlagen – dürfen nur auf freiwilliger Basis und nach Zustimmung des Beschäftigten durchgeführt werden. In der aktuellen 5. Auflage der „Grundsätze“ (Stand 2010) wird gefolgert, dass bei positivem Befund (langsamer Acetylierer) von einer Tätigkeit mit aromatischen Nitro- oder Aminoverbindungen im Sinne der Primärprävention abgeraten werden sollte.

Die Ergebnisse der EPIC-Studie stellen die bisherige arbeitsmedizinische Praxis allerdings in Frage. Die groß angelegte, bevölkerungsbezogene Kohortenstudie hat nämlich ergeben, dass eine verminderte NAT-2-Aktivität (langsamer Acetylierer) weder das Krebsrisiko beeinflusst noch mit dem Harnblasenkrebsrisiko assoziiert ist.

Die offenkundige Diskrepanz zwischen den älteren arbeitsmedizinischen Erfahrungen und den Befunden dieser Studie lässt sich durch die Unterschiede in den Expositionen erklären. Auf der einen Seite hat es sich um Beschäftigte aus der früheren chemischen Produktion mit intensiven und langjährigen Belastungen und demzufolge mit einer entsprechend hohen Gefährdung gehandelt. Demgegenüber beruhen die Ergebnisse von Pesch et al. letztendlich auf der Analyse einer kleinen Gruppe von rund 100 Personen, die gegenüber aromatischen Aminen exponiert waren. Allerdings sind Qualität und Quantität der Expositionen unbekannt.

Die EPIC-Studie kann auch keine Antwort auf die Frage geben, ob der „Acetyliererstatus“ im Rahmen von Zusammenhangsbegutachtungen der Berufskrankheit 1301 (Krebs der Harnwege durch aromatische Amine) notwendig oder sinnvoll ist. Grundsätzlich gilt, dass der Arbeit-nehmer so unfallversichert ist, wie es seiner genetischen Konstitu-tion entspricht. Somit ist der „Acetyliererstatus“ kein entscheidungs-relevantes Kriterium für die Annahme oder Ablehnung einer BK 1301. Allerdings ist die Kenntnis des NAT-Status des Erkrankten hilfreich für die Argumentation, ob in der Vergangenheit von einem genetisch determinierten, erhöhten Erkrankungsrisiko auszugehen war. 

G. Triebig, Heidelberg

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