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Arbeitszeiten in Krisenzeiten

Die letzten Monate waren geprägt von der Sorge um unsere Gesundheit, Inzidenzzahlen, Diskussionen um Freiheiten und Beschränkungen und für viele Beschäftigte ein Balanceakt zwischen Beruf und Familie sowie beruflicher Über- oder Unterforderung. Auch Arbeitszeitaspekte wurden im vergangenen Jahr häufig diskutiert. Zwei Themen standen dabei besonders im Vordergrund: die Überlastung von Beschäftigten in systemrelevanten Branchen und die Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsorten.

Unter dem Titel „Arbeit überall = Arbeit immerzu?“ fand im Oktober 2020 das 8. Symposium der Arbeitszeitgesellschaft als virtuelle Tagung statt. Die deutschsprachige Fachgesellschaft mit Mitgliedern vor allem aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hat sich den interdisziplinären Austausch zu Themen um gesunde und gerechte Arbeitszeitgestaltungen zum Ziel gemacht. Sowohl in den Diskussionen zu den Vorträgen als auch in den Workshops wurde deutlich, wie aktuell das Thema Arbeitszeitgestaltung in der Pandemie ist. Die kritische Diskussion der Arbeitszeitgestaltung ist – das wurde in den letzten Monaten deutlich – weiterhin notwendig. Die Kenntnisse aus der Arbeitszeitforschung nach außen zu tragen, ist ein Anliegen der Arbeitszeitgesellschaft. Vier Beiträge aus der Veranstaltung werden in dieser Ausgabe der ASU vorgestellt.

So lieferte das Symposium spannende Einsichten in das Thema COVID-19-Krise und Arbeitszeit. Die Arbeitszeitbedingungen von Beschäftigten in versorgungsrelevanten Berufen aus der Arbeitszeitbefragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) werden in einem wissenschaftlichen Beitrag von Nils Backhaus, Swantje Robelski, Sabine Sommer, Corinna Steidelmüller und Anita Tisch vorgestellt. Der Beitrag zeigt, dass sich das arbeitszeitliche Belastungsprofil in versorgungsrelevanten Berufen deutlich von nichtversorgungsrelevanten Berufen unterscheidet. Dies kann Anlass geben, die Arbeitszeitbedingungen gerade an diesen wichtigen Stellschrauben der Gesellschaft auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels neu zu überdenken.

Alexandra Michel, Sarah Elena Althammer und Anne Marit Wöhrmann stellen in ihrem Praxisbeitrag ein Online-Training namens FlexAbility vor. In dem Training lernen Berufstätige, für sie passende Selbststeuerungsstrategien zu entwickeln und anzuwenden, um ihre orts- und zeitflexible Arbeit gesund und effektiv zu gestalten. Unter anderem geht es dabei um die Gestaltung der Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben, die Selbstorganisation des Arbeitsalltags sowie die Erholung in Pausen und in der Freizeit.

Der Praxisbeitrag „Dynamische Pausen im Arbeits- und Gesundheitsschutz“ stellt einen Ansatz vor, der individuelle Pausenempfehlungen mittels künstlicher Intelligenz unterstützen soll. Veronika Kretschmer, Michael Fiolka, Norman Grünewald, Susanne Klöcker und Alexander Krooß zeigen darin, wie anhand von Vitalparametern Empfehlungen für die Prävention von Stress im Arbeitsalltag möglich wären.

Die Rolle der Lockerungen des Arbeitszeitgesetzes im Rahmen der COVID-19-Arbeitszeitverordnung in 2020 wird in einem weiteren wissenschaftlichen Beitrag von Nils Backhaus thematisiert. Dabei werden mögliche Auswirkungen der Lockerungen und Risiken für Sicherheit und Gesundheit von Beschäftigten vorgestellt und kritisch diskutiert. Darüber hinaus wird das Potenzial entlastender Arbeitszeitmodelle aufgezeigt.

Im Rahmen des Symposiums wurde eine Reihe von weiteren Themen diskutiert. Hierunter fielen flexible Ansätze zur Gestaltung der betrieblichen Mitbestimmung und orts- sowie zeitflexiblem Arbeiten. Auch das Thema Erholung stand im Fokus. Aus unterschiedlichen Perspektiven wurden die Möglichkeiten und Grenzen sowie die Lernfelder im Hinblick auf Erholung und Arbeitszeit verdeutlicht. Visionen für eine gute Arbeitszeitgestaltung der Zukunft wurden vorgestellt und aktuelle Forschungsergebnisse zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Schichtsystemen auf Schlaf, Chronobiologie und chronische Erkrankungen diskutiert. In drei Workshops wurden relevante Aspekte zur Gestaltung von „Home-Office“, „Mobiler Arbeit“ und „Dienstreisen“ mit Expertinnen und Experten erarbeitet und Konsensthemen abgeleitet, die für die zukünftige Auseinandersetzung mit diesen Aspekten bedeutsam sind.

Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen der Vorstand der Arbeitszeitgesellschaft

Anna Arlinghaus, Johannes Gärtner, Sebastian Schief, Sylvia Rabstein, Anne Marit Wöhrmann