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Eine Zusammenfassung von Trends und Kosten

Hepatitis-C-Infektionen bei Beschäftigten im Gesundheitswesen

Claudia Westermann1

Madeleine Dulon2

Dana Wendeler2

Albert Nienhaus1,2

Zusammenfassung Hepatitis C ist eine blutübertragbare Erkrankung, die überwiegend chronisch verläuft und unbehandelt mit einer hohen Morbidität einhergeht. Ziel dieser Arbeit ist es, die Kosten für beruflich bedingte Hepatitis-C-Infektionen anhand der Daten der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege zu beschreiben. Grundlage für diese Sekundärdatenanalyse ist die Berufskrankheiten-Dokumentationsdatenbank. Für die Hepatitis-C-Infektion als Berufskrankheit ist in den vergangenen Jahren ein erheblicher Kostenanstieg bei deutlich rückläufiger Anzahl der Meldungen zu beobachten. Dieser Kostenanstieg wird durch die Steigerung der Leistungen für Renten und seit 2012 durch einen Anstieg der Kosten für Medikamente erklärt. Den hohen Kosten der antiviralen Therapien steht ein potenziell hoher Nutzen durch die Behandlungserfolge gegenüber.

Einleitung

Die blutübertragbare virale Hepatitis C (HCV) ist eine der häufigsten Infektionskrankheiten weltweit. Der Infektionsverlauf ist häufig unspezifisch, die Infektion bleibt deshalb oft unerkannt. Bis zu 85 % der Infektionen nehmen einen chronischen Verlauf (HCV-RNA Nachweis länger als 6 Monate). Die chronische Hepatitis C (CHC) ist mit einer hohen Morbidität, im Speziellen mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose und eines Leberzellkarzinoms assoziiert (Sarrazin et al. 2015). Darüber hinaus können vielfältige extrahepatische Manifestationen auftreten. Aufgrund des potenziell schweren Krankheitsverlaufs und der hohen Kosten, die damit verbunden sind, ist die erfolgreiche Behandlung der CHC wichtig (Gordon et al. 2012; Younossi et al. 2014). Mit den direkt antiviral wirksamen Medikamenten („direct antiviral agents“, DAAs) der zweiten Generation stehen den HCV-Infizierten heute vielversprechende orale Therapiekombinationen zur Verfügung.

Ziel dieser Studie ist es, die Kosten für beruflich bedingte HCV-Infektionen anhand der Daten der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) für den Zeitraum von 2000 bis 2014 zu beschreiben.

Methoden

Diese Sekundärdatenanalyse ist gemäß der „STandardisierten BerichtsROutine für Sekundärdaten Analysen“ (STROSA) durchgeführt worden (Swart et al. 2016). Die Analyse basiert auf der Berufskrankheiten-Dokumentation (BK-DOK) der BGW. Die Auswertung beruht auf einer Stichprobe von Versicherten, deren HCV-Infektion als BK zwischen 1996 und 2013 anerkannt wurde. Die personenbezogenen Stammdaten wurden aus der Datenbank „Versicherungsfälle“ gezogen. Aus anderen Datenquellen wurden Angaben zu Entschädigungsleistungen (Kosten für Medikamente und Leistungen im Rahmen der medizinischen und beruflichen Rehabilitation sowie für Renten) und zum Grad der Minderung der Erwerbstätigkeit (MdE) zugespielt. Für die vorliegende Auswertung wurden Buchungen berücksichtigt, die zwischen dem 01.01.2000 und dem 31.12.2014 getätigt wurden. Verschlechterungen bzw. Verbesserungen im Krankheitsverlauf einer CHC machen gegebenenfalls entsprechende Anpassungen der MdE erforderlich. Für die Höhe der jeweiligen MdE werden der Beginn und das Ende dokumentiert.

Die Datensätze wurden zum Stichtag 31.12.2014 zusammengestellt und über das Merkmal „Aktenzeichen des Versicherten“ zusammengeführt. Die angefallenen Kosten wurden über die Beobachtungszeit von 15 Jahre aufsummiert. Die Ergebnisse wurden deskriptiv dargestellt (absolute und relative Häufigkeiten).

Die Daten zu den Versicherten wurden innerhalb der BGW von der Abteilung Reha-Koordination zur Verfügung gestellt und wurden in anonymisierter Form ausgewertet. Die Auswertung der Daten erfolgte mit dem Statistikprogramm SPSS Version 21.

Ergebnisse

In den Jahren 1996 bis 2013 wurden insgesamt 3230 Anzeigen auf Verdacht einer beruflich bedingten HCV-Infektion bei der BGW erfasst. Im selben Zeitraum sind 1121 Verdachtsanzeigen als BK anerkannt worden. Über die Zeit betrachtet, ging die Zahl der gemeldeten und anerkannten Fälle zwischen 1996 und 2013 um 73 % bzw. 86 % zurück ( Abb. 1). Zum Zeitpunkt der Erfassung der BK-Anzeige waren von den 1121 Versicherten (BK-Fälle) 75 % weiblich, knapp 70 % waren älter als 40 Jahre. Der größte Anteil der Versicherten war in Krankenhäusern (46 %) beschäftigt, 30 % in Arztpraxen und 19 % in der stationären Altenpflege und den ambulanten Diensten. Über 90 % der Versicherten übten zur Zeit der Erkrankung einen medizinisch-pflegerischen Beruf aus. Im untersuchten Zeitraum betrugen die Kosten für beruflich bedingte HCV bezogen auf die Stichprobe insgesamt 87,9 Millionen Euro. Davon entfielen knapp 60 % (51 570 830 €) auf Rentenzahlungen, ca. 15 % (12 978 318 €) auf Ausgaben für Arznei- und Heilmittel, knapp 12 % (10 272 671 €) auf stationäre und ambulante Heilbehandlung sowie knapp 10 % auf Verletzten- bzw. Pflegegeld (8 461 788). Zur Darstellung der Entwicklung der Entschädigungsleistungen ist für die untersuchte Stichprobe eine jährliche Zuordnung der Kosten zu medizinischer Reha (Heil- und Arzneimittel, ambulant und stationär), beruflicher Reha (Wiedereingliederung, Umschulungen u.a.) und Renten vorgenommen (Abb. 2). In allen Jahren bis auf das Jahr 2014 machten die Leistungen für medizinische Reha etwa ein Drittel der Gesamtaufwendungen aus und die Aufwendungen für Renten und Beihilfen etwa zwei Drittel. 2014 machten die Ausgaben für medizinische Reha etwa die Hälfte der Ausgaben aus. Während die Leistungen für Renten über den gesamten Zeitraum stetig gestiegen sind, wiesen die Aufwendungen für Medikamente vor allem 2012 (von ca. 500 000–800 000 € auf 1,7 Mio. €) und 2014 (auf 2,5 Mio. €) hohe Steigerungsraten auf. Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Reha) lagen in all den Jahren unter 1 %.

Diskussion

Für die HCV-Infektion als BK ist ein anhaltend rückläufiger Trend bei der Anzahl der gemeldeten Verdachtsfälle zu beobachten. Allerdings sind die Kosten für beruflich bedingte HCV-Infektionen aktuell so hoch wie nie zuvor. Dieser Anstieg wird zum einen durch die Kostenentwicklung für die medizinische Reha, vermutlich durch die Kosten für antivirale Medikamente, und zum anderen durch die Entschädigungsleistungen für Renten erklärt. Die BK-Renten für die von beruflich bedingten HCV-Infektionen Betroffenen erklären 60 % der Kosten, die in den Jahren 2000 bis 2014 in der untersuchten Stichprobe bei der BGW verbucht wurden. Wie in einer belgischen Studie beobachtet, reduzierten sich die Kosten für die Versorgung von CHC-Erkrankten (Genotyp 1) mit kompensierter Leberzirrhose nach erfolgreicher Therapie um 45 % bereits im Beobachtungszeitraum von 3 Jahren (Nevens et al. 2012). Die Behandlung von Patienten in weniger schweren Krankheitsstadien mit einer antiviralen Therapie ist kostspielig, aber wichtig für die Verhinderung zukünftiger fortgeschrittener Lebererkrankungen, die ihrerseits mit hohen Kosten verbunden sind (Gordon et al. 2012).

Die hier vorgelegten Fallzahlen geben nicht vollständig das Bild der Kosten für beruflich erworbene HCV-Infektionen wieder. In der BGW werden nur die BK-Meldungen der Beschäftigten aus nichtstaatlichen Einrichtungen erfasst. Die vorliegende Auswertung basiert auf Registerdaten (BK-DOK), es gelten die Einschränkungen für Sekundärdaten im Allgemeinen.

Ausblick

Für die HCV-Infektion als BK ist in den vergangenen Jahren ein erheblicher Kostenanstieg bei deutlich rückläufiger Anzahl der Meldungen zu beobachten. Trotz der noch hohen Kosten für die medikamentöse Behandlung der HCV-Infektionen sind durch die Heilung der HCV langfristig Kosteneinsparungen für die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sowie für die sozialen Sicherungssysteme zu erwarten.

Literatur

Gordon SC, Pockros PJ, Terrault NA et al.: Impact of disease severity on healthcare costs in patients with chronic hepatitis C (CHC) virus infection. Hepatology (Baltimore, Md) 2012; 56: 1651–1660.

Nevens F, Colle I, Michielsen P et al.: Resource use and cost of hepatitis C-related care. Eur J Gastroenterol Hepatol 2012; 24: 1191–1198.

Sarrazin C, Berg T, Buggisch P et al.: Aktuelle Empfehlung zur Therapie der chronischen Hepatitis C S3 guideline hepatitis C addendum. Z Gastroenterol 2015; 53: 320–334.

Swart E, Bitzer EM, Gothe H et al.: STROSA-STandardisierte BerichtsROutine fur SekundardatenAnalysen. Gesundheitswesen 2016; 78(SO1): e145–e60.

Younossi ZM, Singer ME, Mir HM, Henry L, Hunt S: Impact of interferon free regimens on clinical and cost outcomes for chronic hepatitis C genotype 1 patients. J Hepatol 2014; 60: 530–537.

Für die Verfasser

Claudia Westermann

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

Competenzzentrum Epidemiologie und Versorgungsforschung bei Pflegeberufen (CVcare)

Martinistraße 52 – 20246 Hamburg

c.westermann@uke.de

Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2017; 52: 41–42

Fußnoten

1 Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Competenzzentrum Epidemiologie und Versorgungsforschung bei Pflegeberufen – CVcare

2 Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), Abteilung Grundlagen der Prävention und Rehabilitation (GPR), Hamburg