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Den demografischen Wandel gestalten!

Wie wollen wir zukünftig arbeiten?

„Am Schmelzofen bis 67 arbeiten? Das ist kaum möglich.“ So lautet eine von vielen ähn-lichen Überschriften der letzten Monate in der öffentlichen Presse als Reaktion auf die stufenweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre.

Die Entscheidung der Politik wird von weiten Teilen der Bevölkerung nicht mitgetragen. Zahlreiche Per-sonen fühlen sich körperlich und seelisch verschlissen und beantragen vorzeitig Erwerbsminderungsrente, anderen fehlt die Motivation, sich weiterhin dem Erwerbsleben zu stellen.

Erwerbsarbeit wird als immer anstren-gender empfunden. 20–30 % der Deutschen fühlen sich häufig bis ständig am Ende ihrer Kräfte, so der Psychiater Dr. Hans-Peter Unger und die Journalistin Carola Kleinschmid in ihrem 2014 erschienenen Buch „Das hält keiner bis zur Rente durch“. Aber nicht die Menge an Arbeit mache krank, so die Autoren. Bedeutsam sei vielmehr, wie wir arbeiten. Als Risikofaktoren nennen sie beispielsweise die Sorge um den Arbeitsplatz, mangelnde Wertschätzung durch Vorgesetzte, Kollegen oder Kunden und das Gefühl, seinen Aufgaben und dem Job im Gesamten nicht mehr gewachsen zu sein.

So ist es nicht verwunderlich, dass Beschäf-tigte jede Gelegenheit nutzen, um vorzeitig das Arbeitsleben zu verlassen, auch unter Inkaufnahme von Abschlägen bei der Rente. „Ich möchte noch reisen“, „Ich wünsche mir Zeit für die Enkel“ oder „Mir ist das Arbeits-leben zu anstrengend geworden, meine jüngeren Kollegen überflügeln mich, ich halte den Stress nicht mehr aus“, so die Aussagen der Betroffenen. Die bisherige Praxis der Be-triebe, Frühberentungen und ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsleben zu fördern, wirken mental fort.

Andererseits stieg die Beschäftigungsquote der 60- bis 65-Jährigen von 14,7 % im Jahr 2005 auf 35 % in 2014 (Statistik der Bundesagentur für Arbeit). Aber die Alters-strukturanalyse in den Betrieben weist oft erschreckende Erkenntnisse auf. Die Leistungsträger sind alle gleich alt, für Nachwuchs wurde nicht gesorgt. Trotz attraktiver Angebote ist es inzwischen schwer, junge Mitarbeiter zu finden. „1300 Lehrstellen noch unbesetzt“ lautete kürzlich die Schlag-zeile im „Hamburger Abendblatt“.

Was macht es Älteren schwer, im Beruf zu bleiben? Ist das Arbeitsleben wirklich an-strengender geworden? Was können wir tun, um der aktuellen Situation am Arbeitsmarkt zu begegnen? Wie können wir Mitarbeitern und Unternehmen wirksam behilflich sein?

Das vorliegende Heft gibt Antworten aus betriebsärztlicher Sicht:

Zunächst gehen Dr. H. Hartmann und Prof. Dr. B. Hartmann auf die Ergonomie älterer Beschäftigter ein und stellen Beispiele ergonomisch gut gestalteter Arbeitsplätze vor. Mit Maßnahmen der betrieblichen und der individuellen Prävention könne die Arbeitsfähigkeit bis ins hohe Alter erhalten werden. Wichtig sei es, die Motivation zum Verbleib im Erwerbsleben zu erhalten.

Handlungsfelder für Betriebsärzte nimmt Dr. H. Wildgans in den Blick. Der Betriebsarzt müsse seine Beratungsfunktion wahrnehmen und dem Unternehmer die Problematik be-wusst machen.

Marianne Giesert zeigt mit dem von ihr entwickelten Arbeitsfähigkeitscoaching eine strukturierte Möglichkeit auf, die Beschäftigungsfähigkeit bei gesundheitlichen Einschränkungen zu erhalten.

Dr. A. Gäßler richtet ihren Blick über Deutschland hinaus und stellt die Leitlinie zur Wiederherstellung der Beschäftigungsfähigkeit der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) vor. Spannend ist, welche Entwicklungen wir zukünftig zu erwarten haben. Weiter geht sie der Frage nach, welche Unterstützung Betriebsärzte für die Ausübung ihrer Tätigkeit benötigen.

Aus Sicht der Unfallversicherungsträger stellt Dr. jur. F. Mehrhoff die Maßnahmen der Prävention und Teilhabe unter dem international verwendeten Begriff „Return to Work“ (RTW) vor.

Prof. Dr. H.-V. Ulmer eröffnet den Blick auf ein nächstes Themenheft der ASU. Was heißt es, wenn vermehrt ältere Mitarbeiter im Betrieb tätig sind? Wann sind sie noch geeignet, ihrer Tätigkeit nachzukommen? Welche Ausnahmeregelungen muss es bei Eignungsuntersuchungen geben?

Mit diesen Beiträgen aus dem bunten und lebendigen Spektrum der Diskussion über den demografischen Wandel wünsche ich allen Lesern eine anregende Lektüre.

Dr. med. Jutta Kindel, Hamburg

P.S.: Hinzuweisen ist noch auf die Beilage des vorliegenden Heftes. Das VDBW-Pilotprojekt „Vom Setting Betrieb zum Netzwerk Versorgung“, das im Juli gestartet ist, findet jetzt mit einer schriftlichen CME-Fortbildung unter dem Titel „Chronisch-entzündliche Darmerkrankung oder Reizdarmsyndrom?“ seine Fortsetzung.

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