Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Personenrettung

Bei der Personenrettung denkt man zunächst an Feuerwehrleute, die Menschen aus brennenden Gebäuden retten. Dieses spielt auch in der Arbeitswelt eine Rolle und beim Bau von Arbeitsstätten muss das einschlägige Baurecht und auch die Arbeitsstättenverordnung eingehalten werden. Auch der Sachversicherer macht in der Regel Vorgaben, damit es gar nicht erst zum Schadensfall kommt. Personenrettung ist jedoch mehr als die Rettung aus brennenden Gebäuden. Arbeit findet an vielen Stellen statt, z. B. in der Höhe auf Dächern, Masten und Windkraftanlagen, in engen Behältern und Röhren, an Fassaden und in weitläufigen Anlagen. Die im Folgenden zusammengestellten Faktoren der Personenrettung sollen die Breite des Handlungsfeldes aufzeigen (s. auch  Abb. 1).

Neben dem Auf- und Abbau von Anlagen und Einrichtungen muss auch die Instandhaltung, insbesondere die Wartung betrachtet werden. Beschäftigte von Firmen müssen regelmäßig an bestimmte Anlagenteile, die sich nicht selten an exponierten Stellen befinden.

Rettungstransportmittel und -geräte

Vorgaben zur Personenrettung ergeben sich aus der Arbeitsstättenverordnung, die durch die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) konkretisiert wird. Hier ist in der ASR A4.3 „Erste-Hilfe-Räume, Mittel und Einrichtungen zur Ersten Hilfe“ (s. „Weitere Infos“) festgelegt, dass der Arbeitgeber zu prüfen hat, ob er den Rettungstransport aufgrund der innerbetrieblichen Entfernungen und Verhältnisse und der damit verbundenen Eintreffzeiten dem öffentlichen Rettungsdienst überlässt oder eigene Rettungstransportkapazitäten erforderlich sind. In Betrieben, in denen der öffentliche Rettungsdienst seine Aufgabe am Ort des Geschehens durchführen kann, sind keine weiteren Transportmittel bereitzustellen. Sofern dieser Ort mit Krankentragen nicht zugänglich ist, müssen entsprechend der Gefährdungsbeurteilung geeignete Transportmittel, z. B. Rettungstücher, Krankentransport-Hängematten oder Schleifkörbe, vorgehalten werden.

Es kommt also auf die jeweiligen Bedingungen an, die entsprechend zu beurteilen sind. Weiterhin wird ausgeführt, dass Rettungsgeräte vorzuhalten sind, wenn in Arbeitsstätten im Falle von Rettungsmaßnahmen besondere Anforderungen bestehen, z. B. bei Rettung von hoch gelegenen Arbeitsplätzen, aus tiefen Schächten oder bei sonstigen schwer zugänglichen Arbeitsplätzen. Geeignete Rettungsgeräte sind z. B. Rettungshubgeräte, Spreizer, Schneidgeräte oder Abseilgeräte.

Fluchtweg

Anforderungen an Fluchtwege nennt die ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan“ (s. „Weitere Infos“). Fluchtwege sind Verkehrswege, an die besondere Anforderungen zu stellen sind und die der Flucht aus einem möglichen Gefährdungsbereich sowie in der Regel zugleich der Rettung von Personen dienen. Fluchtwege führen ins Freie oder in einen gesicherten Bereich. Es wird unterschieden in einen ersten Fluchtweg und einen zweiten Fluchtweg. Den ersten Fluchtweg bilden die für die Flucht und Rettung erforderlichen Verkehrswege und Türen, die nach dem Bauordnungsrecht notwendigen Flure und Treppenräume sowie die Notausgänge. Der zweite gegebenenfalls erforderliche Fluchtweg führt durch einen zweiten Notausgang, der als Notausstieg ausgebildet sein kann. Die Fluchtweglänge ist die kürzeste Wegstrecke in Luftlinie, gemessen vom entferntesten Aufenthaltsort bis zu einem Notausgang. Sie muss möglichst kurz sein. Angaben dazu sind in der ASR A2.3 enthalten. Wichtig ist es, dass z. B. auch eine Sicherheitsbeleuchtung vorhanden ist, so dass bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung ein gefahrloses Verlassen der Arbeitsstätte möglich ist, was natürlich auch für die Personenrettung gilt. Auf und in Baustellen bestehen besondere Gefährdungen, insbesondere im Tunnelbau. Diese Regelungen gelten nicht bei nicht allseits umschlossenen und im Freien liegenden Arbeitsstätten.

Auch in der Betriebssicherheitsverordnung wird die Rettung von Personen behandelt. In § 11 BetrSichV „Besondere Betriebszustände, Betriebsstörungen und Unfälle“ wird in Absatz 2 aufgeführt: „Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Beschäftigte und andere Personen bei einem Unfall oder bei einem Notfall unverzüglich gerettet und ärztlich versorgt werden können. Dies schließt die Bereitstellung geeigneter Zugänge zu den Arbeitsmitteln und in diese sowie die Bereitstellung erforderlicher Befestigungsmöglichkeiten für Rettungseinrichtungen an und in den Arbeitsmitteln ein. Im Notfall müssen Zugangssperren gefahrlos selbsttätig in einen sicheren Bereich öffnen. Ist dies nicht möglich, müssen Zugangssperren über eine Notentriegelung leicht zu öffnen sein, wobei an der Notentriegelung und an der Zugangssperre auf die noch bestehenden Gefahren besonders hingewiesen werden muss. Besteht die Möglichkeit, in ein Arbeitsmittel eingezogen zu werden, muss die Rettung eingezogener Personen möglich sein.“

Arbeit in großer Höhe und Tiefe

Strommasten, Windkraftanlagen und Türme müssen gebaut und in der Regel auch regelmäßig begangen werden. Fassaden und Fensterflächen müssen gereinigt werden. Hier besteht Absturzgefährdung, wobei diese oft durch ungünstige Bedingungen wie Leitern, schmale Gänge usw. und Witterungsbedingungen wie Hitze, Kälte und Wind sowie Dunkelheit erhöht wird. Durch technische Schutzmaßnahmen kann oft nicht die notwendige Sicherheit erreicht werden, so dass persönliche Schutzausrüstungen notwendig sind. In der ASR A2.1 „Schutz vor Absturz und herabfallenden Gegenständen, Betreten von Gefahrenbereichen“ (s. „Weitere Infos“) wird aufgeführt, wann welche Gefährdung besteht und welche Maßnahmen notwendig sind. Bezüglich der Schutzmaßnahmen wird aufgeführt, dass eine Rangfolge einzuhalten ist (Stand der Technik). Wenn aus betriebstechnischen Gründen keine höherwertigen Schutzmaßnahmen möglich sind, so ist persönliche Schutzausrüstung (PSA) zu verwenden. Das ist z. B. bei Arbeiten auf Masten, auf bestimmten Dächern und an Fassaden gegeben. Hinweise dazu gibt die DGUV Regel 112-198 „Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz“ (s. „Weitere Infos“).

Kommt es nun zum Gefahrenfall, dann müssen Personen die sich an schwer zugänglichen Stellen befinden und die sich deshalb selbst durch persönliche Schutzausrüstungen sichern müssen, gerettet werden – das ist keine leichte Aufgabe. Nicht jeder kann in einer Höhle verunglückte Forscher bergen oder in einem Offshore-Windpark Verletzte vom Maschinenhaus einer Windkraftanlage auf dem Weg in den Hubschrauber begleiten.

Arbeit in engen Räumen und Behältern

In Anlagen der Verfahrenstechnik (z. B. Lebensmittelherstellung, Papierherstellung, Chemiefabriken) sind oft große offene und geschlossene Behälter notwendig. In diesen müssen Reinigungs-, Wartungs- und Kontrolltätigkeiten ausgeführt werden. Hierbei handelt es sich um gefährliche Arbeiten, die in der Regel eine zweite Person als Aufsicht erfordern. Es muss aber auch sichergestellt sein, dass im Gefahrenfall, d. h. die Arbeitsperson kann sich nicht mehr aus eigener Kraft in Sicherheit bringen, z. B. aufgrund einer Verletzung oder Ohnmacht, eine Rettung möglich ist. Die Gefährdung der Retter darf hierbei ein akzeptables Maß nicht überschreiten. Oft muss mit Sauerstoffmangel gerechnet werden, so dass spezielle Technik notwendig ist. Bezüglich des Arbeitsschutzes sind in der DGUV Regel 113-004 „Behälter, Silos und enge Räume“ auch Notfall- und Rettungsmaßnahmen aufgeführt (s. „Weitere Infos“). Eine schnelle Rettung ist in der Regel nur dann gewährleistet, wenn die Arbeitsperson einen Rettungsgurt bereits währen der Arbeiten angelegt hat. Für die Rettungskräfte beschreibt die DGUV Regel 112-199 „Retten aus Höhen und Tiefen mit persönlichen Absturzschutzausrüstungen“ geeignete Rettungsgurte, Rettungsschlaufen, Rettungshubgeräte und Abseilgeräte (s. „Weitere Infos“). Weiterhin werden Rettungsverfahren

  • aus einem Schacht,
  • einer Steigschutzeinrichtung
  • einer frei hängenden Person sowie die
  • Bergung aus einer Seilschwebebahn

erläutert.

Von besonderer Bedeutung sind Anschlageinrichtungen nach DIN EN 795. Diese werden umgangssprachlich auch als Anschlagpunkte bezeichnet und es ist sinnvoll, diese bereits beim Bau von Arbeitsstätten und Betriebsmitteln einzuplanen und anzubringen.

Anschlagpunkte gewährleisten eine geprüfte und sichere Verbindung zwischen Anschlagmittel und Last. Persönliche Schutzausrüstungen können hier definiert befestigt werden.

Alleinarbeit

Eine besondere Anforderung an die Personenrettung besteht dann, wenn Beschäftigte in einer Arbeitsstätte alleine arbeiten. Neben Wartungsarbeiten, Kontrollgängen oder Überwachungstätigkeiten kann dieses z. B. auch in Verkaufsräumen oder auch in kleinen Bankfilialen der Fall sein. Hier muss mittels einer Risikobetrachtung der Arbeitsplatz der Kategorie geringe, erhöhte und kritische Gefährdung zugeordnet werden. Neben den Anforderungen an die jeweilige Person, die die Alleinarbeit ausführt, muss die Funktion der Rettungskette sichergestellt sein. Insbesondere die Zeit bis zum Eintreffen von Hilfe ist ein wesentliches Kriterium. Die DGUV Regel 112-139 „Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen“, gibt hier konkrete Hilfestellungen (s. „Weitere Infos“).

Die Rettungskette

Als Rettungskette bezeichnet man den Verfahrensablauf aller Hilfeleistungen nach einem Unfall. Sie soll weiterhin verdeutlichen, wie wichtig es ist, dass schnell Erste Hilfe geleistet werden kann und dass danach auch der Rettungsdienst vor Ort kommt. Deshalb muss die Rettungskette zuverlässig funktionieren ( Abb. 2).

Eignung und Ausbildung von Rettungskräften

Rettungskräfte müssen für die vorgesehenen Einsätze geeignet sein. Sowohl die physische als auch die psychische Eignung ist notwendig. Die mögliche Infektionsgefährdung bei Einsätzen muss berücksichtigt werden. Weiterhin ist eine dem vorgesehenen Einsatz adäquate Ausbildung notwendig. Mit Teil der Fachkunde ist es, eigene Grenzen zu erkennen.

Fazit

Von jedem Arbeitsplatz, sei er noch so hoch oder tief, so eng oder weit, muss im Gefahrenfall die Arbeitsperson gerettet werden können ohne dass sich eine Gefahr für die Retter ergibt. Bei der Einrichtung von Arbeitsplätzen oder der Durchführung von Instandhaltungstätigkeiten muss deshalb immer auch an weitere Personen gedacht werden, die nicht mehr selbst handlungsfähige Personen in Sicherheit bringen.

    Weitere Infos

    Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A4.3

    www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Arbeitsstaetten/ASR/ASR-A4-3.html

    Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A2.3

    www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Arbeitsstaetten/ASR/ASR-A2-3.html

    Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A2.1

    www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Arbeitsstaetten/ASR/ASR-A2-1.html

    DGUV Regel 112-198 „Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz“

    www.bgbau-medien.de/html/pdf/bgr/bgr_198.pdf

    DGUV Regel 113-004 „Behälter, Silos und enge Räume“

    publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/r-117-1.pdf

    DGUV Regel 112-199 „Retten aus Höhen und Tiefen mit persönlichen Absturzschutzausrüstungen“

    publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/r-199.pdf

    DGUV Regel 112-139 „Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen“

    publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/r-139.pdf

    Autor

    Prof. Dr.-Ing. M. Schmauder

    Professur Arbeitswissenschaft

    Institut für Technische Logistik und Arbeitssysteme

    Technische Universität Dresden

    Dürerstraße 26 – 01062 Dresden

    martin.schmauder@tu-dresden.de

    Jetzt weiterlesen und profitieren.

    + ASU E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
    + Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
    + Exklusive Webinare zum Vorzugspreis

    Premium Mitgliedschaft

    2 Monate kostenlos testen