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HPV-Impfung: Geringe Impfraten trotz bestätigter Sicherheit

Eine aktuelle Studie bestätigt erneut das gute Sicherheitsprofil der HPV-Impfung: Es besteht kein Zusammenhang zwischen der Impfung mit dem tetravalenten HPV-Impfstoff und dem Auftreten multipler Sklerose (MS) oder anderer demyelinisierenden Krankheiten [1]. Aber trotz nachgewiesener Wirksamkeit und Sicherheit sind die HPV-Impfraten in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern niedrig [2]. „Unser Ziel sollte es daher sein, alle Frauenärzte ins ‚Impfboot‘ zu holen, um mehr Mädchen frühzeitig zu schützen“, appellierte Dr. med. Michael Wojcinski, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft „Impfen in der Gynäkologie“ des Berufsverbandes der Frauenärzte e.V., anlässlich des Fortbildungskongresses (FOKO) der Frauenärztlichen Bundes-Akademie (FBA) am 5. März 2015 in Düsseldorf. „Denn nur so kann ein effektiver Bevölkerungsschutz erreicht werden.“

Wie Scheller et al. berichten, besteht kein Zusammenhang zwischen der Impfung mit dem tetravalenten HPV-Impfstoff und dem Auftreten multipler Sklerose (MS) oder anderen demyelinisierenden Krankheiten [1]. Hierzu werteten sie die nationalen Registerdaten von knapp 4 Mio. dänischen und schwedischen Mädchen und Frauen im Alter zwischen 10 und 44 Jahren aus. Bei Mädchen und Frauen, die mindestens eine Dosis des tetravalenten HPV-Impfstoffs im Zeitraum zwischen 2006 und 2013 erhalten hatten (n = 789 082), betrug die Inzidenz von MS bzw. anderen demyelinisierenden Krankheiten 2 Jahre nach Impfung 6,12 [95 % KI: 4,86–7,69] bzw. 7,54 pro 100 000 Personenjahre [95 % KI: 6,13–9,27]. In der Gruppe der nicht geimpften Mädchen lag die Inzidenz im selben Zeitraum bei 21,54 [95 % KI: 20,90–22,20] bzw. 16,14 pro 100 000 Personenjahre [95 % KI: 15,58–16,71].1 Trotz guter Wirksamkeits- und Sicherheitsdaten sind in Deutschland lediglich etwa 40 % aller 14- bis 17-jährigen Mädchen vollständig gegen HPV geimpft [2].

Die gynäkologische Praxis als Kompetenzzentrum Impfen

Auf diese niedrige Impfrate hat die Ständige Impfkommission (STIKO) bereits mit der Senkung des empfohlenen Impfalters reagiert. Seit August 2014 empfiehlt sie die Impfung gegen die onkogenen HPV-Typen 16 und 18 für Mädchen im Alter zwischen 9 und 14 Jahren [3]. Versäumte Impfungen sollen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr (d. h. bis zum Tag vor dem 18. Geburtstag) nachgeholt werden. Die Herabsetzung des Impfalters soll dazu beitragen, dass mehr Mädchen frühzeitig – vor einem möglichen Kontakt mit HPV – geschützt werden. „Nehmen wir unsere Verantwortung ernst und impfen wir unsere Patientinnen so früh wie möglich gegen HPV“, forderte Dr. Wojcinski. Um diesen darüber hinaus einen umfassenden Impfschutz zu garantieren, empfahl er, gynäkologische Praxen zu „Impfkompetenzzentren“ weiterzuentwickeln. „Insbesondere beim ersten Frauenarztbesuch und spätestens bei der präkonzeptionellen Beratung liegt es an uns, den Impfausweis zu kontrollieren und fehlende Impfungen zu ergänzen“, resümierte Dr. Wojcinski.

Genitalwarzen – ein belastendes und unterschätztes Krankheitsbild

Die HPV-Typen 16 und 18 können zu malignen Läsionen an Zervix (CIN), Vulva (VIN), Vagina (VaIN) und Anus (AIIN) führen. Sie verursachen zudem rund 70 % aller Fälle des Zervixkarzinoms und rund 75 bis 80 % des Analkarzinoms [4]. „Nicht zu unterschätzen ist aber auch das Krankheitsbild der Genitalwarzen (Condylomata acuminata), die zu 90 % HPV-6/11-assoziiert sind“, betonte Prof. Dr. med. Alexander Kreuter, Chefarzt der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie an der Helios St. Elisabeth Klinik Oberhausen. Sie zählen zu den häufigsten viralen sexuell übertragbaren Krankheiten und verursachen bei den Betroffenen einen hohen emotionalen Leidensdruck [5]. Jährlich erkranken etwa 288 000 Frauen und 286 000 Männer in Europa [6]. Die anfangs zumeist nur stecknadelgroßen Hautveränderungen sind sehr infektiös: Die Übertragungswahrscheinlichkeit beträgt 70 % [7]. Zur Behandlung stehen verschiedene topische (z. B. Kryotherapie, Behandlung mit Trichloressigsäure oder Imiquimod) und ablative Verfahren (z. B. Lasertherapie, Exzision oder elektroakustische Abtragung) zur Verfügung. Häufig kommt es jedoch zu Rezidiven. „Besser wäre es daher, Kondylome durch gezielte Prophylaxe zu verhindern“, ergänzte Prof. Kreuter.

Die HPV-Impfung mit dem tetravalenten Impfstoff bietet eine wirksame Primärprävention HPV-6/11/16/18-assoziierter Erkrankungen [4].

Referenzen

[1] Scheller NM et al.: Quadrivalent HPV vaccination and risk of multiple sclerosis and other demyelinating diseases of the central nervous system. JAMA 2015; 313: 54–61.

[2] Poethko-Müller C et al.: Impfstatus und Determinanten der Impfung gegen humane Papillomviren (HPV) bei Mädchen in Deutschland. Ergebnisse der KiGGS-Studie – Erste Folgebefragung (KiGGsWelle 1). Bundesgesundheitsbl 2014; 57: 869–877.

[3] Ständige Impfkommission (STIKO): Epidemiologisches Bulletin 2014; 34: 305–340.

[4] Sanofi Pasteur MSD: Fachinformation Gardasil®. Stand: Oktober 2014.

[5] Gross G et al.: S3-Leitlinie zur Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien. 12.2013; AWMF Register Nr. 082/002. www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/082-002l_Impfprävention_HPV_assoziierter_Neoplasien_2013-12.pdf.

[6 Hartwig S et al.: BMC Cancer 2012; 12: 30.

[7] Gille G et al.: HPV-induzierte Kondylome, Karzinome und Vorläuferläsionen – eine interdisziplinäre Herausforderung. Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 2405–2410.

  www.spmsd.de

Fußnoten

1  Die Unterschiede der Inzidenzraten zwischen beiden Gruppen lassen sich dadurch erklären, dass die Gruppe der Geimpften im Durchschnitt jünger war, demyelinisierende Erkrankungen aber erst in höherem Lebensalter vermehrt auftreten. Deswegen wurde eine Korrektur-berechnung durchgeführt. Hierzu wurden die Daten der Kohortenanalyse für Kalenderjahr, Alter (2-Jahres-Intervalle) und Herkunftsland korrigiert, um einen Einfluss dieser Variablen auf die Ergebnisse auszuschließen. Das korrigierte Verhältnis der Inzidenzraten (rate ratio) für MS betrug 0,90 [95 % KI: 0,70–1,15] bzw. 1,00 [95 % KI: 0,80–1,26] für demyelinisierende Krankheiten (nach [2])

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