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IM BRENNPUNKT

Finanzierung des Tübinger Instituts für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung für weitere zehn Jahre sicher

Arbeitsbedingte Gesundheitsgefährdungen lassen sich trotz besserer Ergonomie und Arbeitsschutz nicht völlig ausmerzen. Die Erforschung der Arbeitswelt ist wichtig, da sie die Erkenntnisse für eine gesundheitsförderliche Gestaltung der Arbeitsabläufe liefert. Am Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung in Tübingen wird dies geleistet. Universitäre Forschung, Lehre und praktische Weiterbildung werden hier miteinander verknüpft.

„Durch die Kombination universitärer und verlässlicher externer Mittel des Arbeitgeberverbandes ist ein langfristiges Planen möglich – dies ist für universitäre Einrichtungen heutzutage längst nicht mehr selbstverständlich“, erläuterte Prof. Dr. Monika A. Rieger, Ärztliche Direktorin des Tübinger Instituts für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung. „Die Unterstützung durch Südwestmetall fördert praxisnahe Forschung, Grundlagenforschung und Entwicklung neuer Konzepte für die Gesundheitsversorgung für Menschen im Erwerbsalter nicht nur finanziell“, so Prof. Rieger weiter. „Ebenso wird die Vernetzung des Institutes mit Betrieben im Rahmen von Forschung, Lehre und Weiterbildung ermöglicht und damit eine solide Basis für die Zukunft des Instituts geschaffen.“

Wichtig für den Metallarbeitgeberverband sind die Forschungsschwerpunkte des Instituts. „Wir nutzen die Erkenntnisse, damit unsere Mitgliedsunternehmen die richtigen und passenden Maßnahmen umsetzen können“, sagte Kai Schweppe, Geschäftsführer für Arbeitspolitik bei Südwestmetall bei der Vertragsverlängerung in Tübingen. „Deshalb unterstützen wir das Institut jährlich mit einem sechsstelligen Betrag seit fast zehn Jahren. Und heute verlängern wir die Kooperation bis 2028.“ Schweppe betonte, dass die Forschung durch die Förderung nicht beeinflusst werde: „Wir wollen keine Gefälligkeitsforschung, sondern objektive, zielgerichtete Ergebnisse.“

Seit 2008 unterstützt Südwestmetall das Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung an der Medizinischen Fakultät Tübingen, das 2015 sein 50. Bestehen feierte, mit demselben Betrag wie die Fakultät selbst. Weitere Partner sind die Eberhard Karls Universität und das Universitätsklinikum Tübingen. Das Kooperationsmodell wird von einem Kuratorium aus Vertretern der Wissenschaft und der betriebsärztlichen Praxis begleitet, welches das Institut berät und den Kooperationspartnern gegenüber Empfehlungen ausspricht.

Auch das Klinikum nutzt die Erkenntnisse der Arbeitsmediziner. „Die Gesundheit unserer Mitarbeiter ist für das Klinikum ein zentrales Thema“, so Prof. Michael Bamberg, Vorstandsvorsitzender des Tübinger Uniklinikums. „Wir profitieren bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen und -abläufen vom Know-how der Arbeitsmedizin.“

Aktuelle Forschungsprojekte

Die Tübinger Wissenschaftler erforschen die Schwerpunkte „Arbeitsbedingte Belastungen – Arbeitsgestaltung“ und „Gesundheitsversorgung für Menschen im Erwerbsalter“. Aktuell befassen sie sich unter anderem mit der Untersuchung der Steharbeit. Sie kommt häufig im Arbeitsleben vor, überraschend wenig ist über ihre Auswirkungen bekannt. Dabei geht mehrstündiges Stehen mit verschiedenen Beschwerden und gesundheitlichen Risiken einher. Betroffene Berufsgruppen sind z.B. Sicherheits- und Wachdienstmitarbeiter, Arbeiter in der industriellen Montage, Personen im Verkauf oder medizinisches Personal wie OP-Assistenzen und Chirurgen. Insbesondere inaktives Stehen gilt als Faktor, der das gesundheitliche Risiko für Rückenschmerzen und venöse Erkrankungen zusätzlich ansteigen lässt. Bislang gibt es kaum wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, wie lange man am Arbeitsplatz stehen kann, ohne das gesundheitliche Risiko zu erhöhen, und ob und in welcher Form eingeschobene Aktivierungsphasen – z.B. durch Gehen – präventiv wirksam sind.

Die Tübinger Wissenschaftler stellen folglich Fragen wie: Was passiert in den Beinen oder im Rücken, wenn Beschäftigte lange stehen? Gibt es Unterschiede zum Gehen? Lassen sich Effekte des Stehens durch Gehen reduzieren? Wie sollten Pausen gestaltet sein? Und wann sollten Wechsel zwischen Stehen und Gehen geplant werden? Das arbeitsphysiologische Labor des Instituts untersucht diese Aspekte und formuliert Handlungsempfehlungen für die Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsabläufen, auf welche die Unternehmen zurückgreifen können.

Mit Verlängerung der Lebensarbeitszeit in Deutschland wirken nicht nur arbeitsbedingte Belastungen, sondern möglicherweise auch degenerative Erkrankungen auf die Beschäftigten ein. Hier setzt die Versorgungsforschung des Tübinger Instituts an. Schnittstellen zwischen betriebsärztlicher Betreuung, Gesundheitsangeboten im Betrieb und der Regelversorgung und die Ausgestaltung des betrieblichen Gesundheitsmanagements werden untersucht: Finden erkrankte Beschäftigte die richtigen Ansprechpartner für eine optimale Gesundheitsversorgung? Können sie auch bei bleibenden gesundheitlichen Einschränkungen an ihren Arbeitsplatz zurückkehren oder dort bleiben?

(Pressemitteilung des Universitätsklinikums Tübingen vom 11. November 2016)