Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Menschen mit einer Schädel-Hirn-Verletzung

Einleitung

Am 14. September 2017 haben neun Menschen, die mit den Folgen einer Schädel-Hirn-Verletzung leben, an einer Zukunftswerkstatt teilgenommen, die vom schädelhirnverletzten Verfasser moderiert wurde. Die Zukunftswerkstatt war ein Workshopangebot auf dem bundesweiten Treffen für Menschen mit einer Schädel-Hirn-Verletzung. Veranstalter waren die ZNS-Hannelore Kohl Stiftung und die Hochschule der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (HGU), Veranstaltungsort war das barrierearm ausgestattete Ferienparadies Pferdeberg in Duderstadt.

Thematisch befasste sich die Zukunftswerkstatt mir der Entdeckung der eigenen Fähigkeiten, um Perspektiven für die Zukunft mit Behinderung zu entwickeln. An der Zukunftswerkstatt nahmen sechs hirnverletzte Personen teil.

Für die sozialmedizinische Praxis stellt die Kenntnis der Kritiken und Problemlagen, phantasiereiche Problemlösung und die darauf folgende realisierbare Problemlösung eine Herausforderung bei der Begutachtung von Menschen dar, die mit den Folgen einer Hirnverletzung leben.

Definition „Zukunftswerkstatt“

Eine Zukunftswerkstatt ist eine soziale Problemlösemethode, die sich kreativ der Lösung von gesellschaftlichen Problemen widmet. Hierfür werden in nacheinander ablaufenden Phasen – Problem- und Kritikphase, Phantasie- und Utopiephase, Projekt- und Realitätsphase – zu realisierende Zukunftsvisionen und -projekte entwickelt.

Themenwahl

Bei der Abfrage der Motivation zur Teilnahme an dieser Zukunftswerkstatt kristallisierten sich Themen heraus, die in der Zukunftswerkstatt bearbeitet werden können. Genannt wurden: Perspektiven für die Zukunft, erfülltes Leben trotz Rente, angstfrei leben ohne Angehörige, eigene Fähigkeiten entdecken, Akzeptanz der Behinderung.

Da alle genannten Themen eine hohe Relevanz im Leben von Menschen mit einer Hirnverletzung haben, musste aus Zeitgründen eine Auswahl getroffen werden. Die Themen „Perspektiven für die Zukunft“, „eigene Fähigkeiten entdecken“, „Akzeptanz der Behinderung“ wurden zur Bearbeitung und Diskussion ausgewählt, um Perspektiven für die Zukunft mit Behinderung zu entwickeln. Das Thema lautet: „Eigene Fähigkeiten entdecken, um Perspektiven für die Zukunft mit Behinderung zu entwickeln.“

Ergebnisse der Zukunftswerkstatt

In den einzelnen Phasen der Zukunftswerkstatt werden die Problemlagen der Menschen mit einer Hirnverletzung deutlich. Sie wurden schrittweise einer Lösung zugeführt.

Nach Martin Hörnig werden „unter dem Begriff Sozialmedizin alle Wechselbeziehungen zwischen gesellschaftlichen Faktoren sowie gesundheitlichen Risiko- und Schutzfaktoren, Gesundheit und Krankheit“ (Hörnig 2016) verstanden. Diesem sozialmedizinischen Verständnis folgend, müssen die angeführten Kritiken der Teilnehmenden die Sozialmedizin, v.a. in der Gutachtertätigkeit, nachdenklich stimmen: Die Teilnehmenden befürchten, dass langfristig die sozialen Systeme nicht stabil bleiben. Dies könnte dazu führen, dass die Menschen, insbesondere die Menschen mit Behinderung nicht mehr unterstützt werden. Eine solche Schwächung des Sozialsystems kann zu einer großen Schere zwischen Armen und Reichen führen, dabei können die Schwachen worunter auch die mit einer lebenslangen Behinderung lebenden Hirnverletzten gemeint sind, eine gesellschaftliche Ablehnung erfahren. „Survival of the Fittest“ gewinnt gesellschaftlich an Bedeutung und wertet hirntraumatisch bedingte eingeschränkte Minderleistungen ab. Von gesellschaftlicher Teilhabe von Menschen mit Behinderung, so die Befürchtung, kann dann keine Rede mehr sein.

Ein konstruktiver Vorschlag der Zukunftswerkstatt ist die Zusammenfassung der vereinzelt in der Bundesrepublik Deutschland und weltweit existierenden Vereinigungen für Menschen mit Behinderung zu einem großen Dachverband. Die Teilnehmenden erhoffen sich dadurch eine stärkere behinderten- und sozialpolitische Einflussnahme, die der Sozialmedizin nützlich sein kann und für die dann auch die sozialmedizinische Expertise gefragt ist.

Literatur

Hörnig M: Medizinische Grundbegriffe für Soziale Berufe – Sozialmedizin, Gesundheit, Krankheit, Behinderung, Public Health. In: Schwarzer W (Hrsg.): Medizinische Grundlagen für soziale Berufe. Dortmund: verlag modernes lernen, 2016, S. 11–35.

Rensinghoff C: Betroffene beraten Betroffene. In: ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2017; 52: 265–267.

Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

    Autor

    Dr. phil. Carsten Rensinghoff

    Sprockhöveler Str. 144

    58455 Witten

    rensinghoffc@gmail.com

    Jetzt weiterlesen und profitieren.

    + ASU E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
    + Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
    + Exklusive Webinare zum Vorzugspreis

    Premium Mitgliedschaft

    2 Monate kostenlos testen

    Tags