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Verkehrsmedizinische Qualifikation gemäß Fahrerlaubnisverordnung (FeV) über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr

Curriculum “Verkehrsmedizinische Begutachtung“ der Bundesärztekammer

Einleitung

Die Bundesärztekammer hat die 2. Auflage des Curriculums „Verkehrsmedizinische Begutachtung“ – Verkehrsmedizinische Qualifikation gemäß Fahrerlaubnisverordnung (FeV) über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr – unter Mitarbeit ausgewiesener Experten mit Stand 4. November 2016 herausgegeben. Die Durchführung des Curriculums muss auf Grundlage der geltenden Fortbildungsordnung und der Empfehlungen zur Fortbildung der Bundesärztekammer erfolgen.

Im Curriculum wird festgestellt, dass in der Verkehrsmedizin die ärztliche Kompetenz aus nahezu allen Disziplinen zum individuellen Nutzen der Verkehrsteilnehmer und allgemein zur Erhöhung der Verkehrssicherheit eingebracht wird. Die verkehrsmedizinische Tätigkeit fordert die Ärzte in Diagnostik und Therapie, Beratung und Aufklärung, Begutachtung und Forschung. Im Fokus steht dabei neben der

  • Fahrsicherheit (dies bedeutet: „eine momentane psychische und physische Fähigkeit zum Führen eines Fahrzeugs“)
  • die Fahreignung (dies bedeutet „die generelle psychische und physische Fähigkeit zum Führen eines Fahrzeugs“),

die jeweils durch Krankheiten und/oder medikamentöse Therapie eingeschränkt sein können.

Ziel des Curriculums Verkehrsmedizin

Es wird in den Vorbemerkungen des Curriculums klargestellt, dass das Ziel dieses Curriculums die Steigerung der verkehrsmedizinischen Kompetenz bei Ärzten ist, damit sie einerseits die Patienten verantwortungsvoll in Krankheit und Alter im Hinblick auf die Mobilität begleiten und andererseits qualitativ hochstehende Gutachten im Rahmen der gesamtgesellschaftlichen Ansprüche erstatten können.

Neue medizinische Erkenntnisse und/oder Technologien sind hierbei ebenso zu berücksichtigen wie die juristischen Anforderungen. Ziel sollte bei allen Tätigkeiten sein, die Mobilität der Verkehrsteilnehmer möglichst zu erhalten, ohne dabei die Frage nach den Grenzen der Fahreignung aus den Augen zu verlieren.

Pflicht der Ärzte zur Beratung

Im Rahmen des Behandlungsvertrags sind Ärzte verpflichtet, ihre Patienten zu beraten und aufzuklären, wenn Fahrsicherheit oder Fahreignung gefährdet sind. Die Module I und II des Curriculums Verkehrsmedizin sollen Ärzte auf der Basis grundlegender Kenntnisse in die Lage versetzen, Patienten in rechtlicher und fachlicher Hinsicht verkehrsmedizinisch aufzuklären und zu beraten.

Gutachterliche verkehrsmedizinischeTätigkeit

Die gutachterliche Tätigkeit in diesem Bereich hat dagegen die Aufgabe, der Fahrerlaubnisbehörde im Gutachten die Informationen zur Verfügung zu stellen, die sie braucht, um über die Fahreignung eines Fahrerlaubnisinhabers oder -antragstellers zu entscheiden.

Bescheinigung der Ärztekammer zur verkehrsmedizinischen Qualifikation

In den Vorbemerkungen des Curriculums wird darauf hingewiesen, dass Fachärzte die verkehrsmedizinische Qualifikation im Sinne des § 11 der FeV von der zuständigen Ärztekammer bescheinigt bekommen, wenn sie die Module I–IV des vorliegenden Curriculums absolviert haben. In der Verkehrsmedizin wird die ärztliche Kompetenz aus nahezu allen Disziplinen zum individuellen Nutzen der Verkehrsteilnehmer und allgemein zur Erhöhung der Verkehrssicherheit eingebracht.

Die verkehrsmedizinische Tätigkeit fordert die Ärzte in Diagnostik und Therapie, Beratung und Aufklärung, Begutachtung und Forschung. Im Fokus steht dabei neben der Fahrsicherheit (= momentane psychische und physische Fähigkeit zum Führen eines Fahrzeugs) die Fahreignung (= die generelle psychische und physische Fähigkeit zum Führen eines Fahrzeugs), die jeweils durch Krankheiten und/oder medikamentöse Therapie eingeschränkt sein können.

Der Aufbau und die Gliederung des Curriculums (nach Curriculum Verkehrsmedizin)

Der Wissenserwerb teilt sich in fünf Module mit den in  Tabelle 1 genannten Vermittlungsinhalten und -zeiten auf.

Patientenaufklärung und Beratung: Modul I und bei Interesse Modul II

Im Rahmen des Behandlungsvertrags sind Ärzte verpflichtet, ihre Patienten zu beraten und aufzuklären, wenn Fahrsicherheit oder Fahreignung gefährdet sind. Die Module I und II des vorliegenden Curriculums sollen Ärzte auf der Basis grundlegender Kenntnisse in die Lage versetzen, Patienten in rechtlicher und fachlicher Hinsicht verkehrsmedizinisch aufzuklären und zu beraten.

Modul I: Basiswissen – 4 Stunden

Das Modul I vermittelt Basiswissen, dabei ist das Kompetenzziel: Der Teilnehmer kennt die wesentlichen Inhalte, mit denen sich die Verkehrsmedizin befasst, im Überblick und kann daraus ableiten, dass Erkrankungen und Mängel zu einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit bzw. Fahreignung führen können. Auf Grundlage dieser Kenntnisse ist er in der Lage, verkehrsmedizinische Aspekte bei der Patientenaufklärung und -beratung zu berücksichtigen.

Inhalt:

  • Grundlagen der Verkehrsmedizin, u.a. Fahrsicherheit, Fahreignung
  • Rechtlicher Hintergrund, Fahrerlaubnisverordnung, Leitlinien
  • Anlage 4 FeV (Erkrankungen, Mängel)
  • Orientierende ärztliche Untersuchung nach Anlage 5 FeV (Screening)
  • Grundlagen von Screening
  • Relevante Krankheitsbilder, Medikamente, Alkohol, Drogen, Multimorbidität, Besonderheiten bei der Probenentnahme im forensischen Bereich (CTU)
  • Arztrechtlicher Hintergrund (Schweigepflicht, § 34 Strafgesetzbuch (StGB), berufsrechtliche Aspekte, Arzthaftung)
  • Einführung in die Problematik der verkehrsmedizinischen Begutachtung

Modul II: Regelwerke für die verkehrsmedizinische Begutachtung – 2 Stunden

Kompetenzziel: Der Teilnehmer kennt die für die verkehrsmedizinische Begutachtung relevanten Regelwerke, kann deren Stellung im juristischen Kontexteinordnen und versteht, welche Handlungsanweisungen sich daraus für die gutachterliche Tätigkeit ableiten.

Inhalt:

  • FeV (§§ 11–14, Anlage 4, 5, 6)
  • Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung
  • Fachspezifische Grundlagen (z. B. Beurteilungskriterien, Positionspapiere)

Gutachtenerstellung: Modul I und II sowie III und IV

Die gutachterliche Tätigkeit in diesem Bereich hat dagegen die Aufgabe, der Fahrerlaubnisbehörde im Gutachten die Informationen zur Verfügung zu stellen, die sie braucht, um über die Fahreignung eines Fahrerlaubnisinhabers oder -antragstellers zu entscheiden.

Modul III: Verkehrsmedizinische Begutachtung – 6 Stunden

Kompetenzziel: Der Teilnehmer beherrscht die gutachterliche Tätigkeit im Rahmen der Fahreignungsprüfung formal.

Inhalt:

  • Grundlagen der gutachterlichen Tätigkeit
  • Rolle des Gutachters, Definition Gutachten, Arbeitsschritte der Begutachtung: Fragestellung der Behörde, Hinzuziehen von Vorbefunden, Wiedergabe der Aktenlage, eigene Angaben, zielführende Untersuchungsbefunde, objektive und apparative Untersuchungsbefunde, Curriculum „Verkehrsmedizinische Begutachtung“
  • Umgang mit anerkannten Bewertungsskalen und Messverfahren, Beurteilung, Zusammenfassung und Beantwortung der gestellten Fragen
  • Anforderungsprofil an ein Gutachten: Form, Sprache, Nachvollziehbarkeit und Plausibilität
  • Besonderheiten zielorientierter, gutachterlicher Gesprächsführung
  • Qualitätssicherung in der Begutachtung
  • Allgemeine sowie spezielle rechtliche Grundlagen
  • Anlage 4a FeV, rechtliche Stellung des Gutachters, Pflicht zur Gutachtenerstattung, Schweigepflicht, Befangenheit, Datenschutz, Duldungspflicht von Untersuchungen, Einsichtsrechte, Zusammenarbeit des Gutachters mit weiteren Institutionen, Haftung und Vergütung
  • Praktische Übungen: Sichten und Analysieren von beispielhaften Gutachten

Modul IV: Spezielle Erkrankungen und Mängel sowie Kompensationsmöglichkeiten – 12 Stunden

Kompetenzziel: Der Teilnehmer beherrscht die gutachterliche Tätigkeit im Rahmen der Fahreignungsprüfung inhaltlich.

Inhalt:

  • Wesentliche Einzelaspekte:
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Psychiatrische Erkrankungen
  • Erkrankungen des Nervensystems einschl. Anfallsleiden (bei besonderer Berücksichtigung der Folgen von Schädel-Hirn-Verletzungen und Hirnoperationen)
  • Diabetes mellitus
  • Alkohol, Drogen, Arzneimittel: Missbrauch und Abhängigkeit, Dauerhandlung mit Arzneimittel, problematische Wirkstoffe
  • Geriatrische Aspekte, Multimorbidität
  • Tagesschläfrigkeit
  • Sehvermögen
  • Störungen des Gleichgewichtssinnes
  • Bewegungsbehinderungen
  • Praktische Übungen: eigenständige Erstellung von Gutachten vorzugsweise im Fachgebiet des Teilnehmers (4 h, ggf. in Gruppenarbeit)

Fachärzte erhalten die verkehrsmedizinische Qualifikation im Sinne des § 11 der FeV von der zuständigen Ärztekammer bescheinigt, wenn sie die Module I–IV des vorliegenden Curriculums absolviert haben.

Unabhängig von dieser gutachterlichen Tätigkeit übernehmen entsprechend qualifizierte Ärzte die Aufgabe der Entnahme von Urin- oder Haarproben, die im Rahmen von Abstinenzkontrollprogrammen erforderlich sind.

Nur Proben, die unter Beachtung aller Vorgaben für Terminierung, Entnahme, Lagerung und Versand entnommen wurden, sind forensisch verwertbar und können bei der Begutachtung der Fahreignung als Abstinenzbeleg Verwendung finden.

Gutachtenerstellung plus Probenentnahme nach CTU-Kriterien: Modul I bis V

In Modul V werden die Inhalte vermittelt, die über das in den Modulen I–IV hierzu erworbene Wissen hinaus erforderlich sind. Das Modul V wird fakultativ angeboten. Wird darüber hinaus auch das fakultative Modul V „CTU-Kriterien, chemisch-toxikologische Analytik, Probenentnahme“ absolviert, ist das Curriculum der Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) gemäß CTU „Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung – Beurteilungskriterien“ (2013) zusätzlich erfüllt und wird entsprechend bescheinigt.

Modul V: CTU-Kriterien, chemisch-toxikologische Analytik, Probennahme – 4 Stunden

Kompetenzziel: Der Teilnehmer kann den Probanden vor der Probennahme im speziellen Kontext beraten. Er kennt und beherrscht die verlässliche Probennahmen und hat Grundkenntnisse über die analytischen Methoden des Nachweises.

  • Allgemeine Anforderungen an forensisch-toxikologische Laboratorien und Analysen
  • CTU-Kriterien
  • Probennahme für verschiedene Fragestellungen unter besonderer Berücksichtigung der CTU-Kriterien
  • Diskussion von Fallbeispielen und Fehlermöglichkeiten

Fazit

Das von der Bundesärztekammer herausgegebene Curriculum „Verkehrsmedizinische Begutachtung“ dient der Steigerung der verkehrsmedizinischen Kompetenz bei Ärztinnen und Ärzten. Sie sollen so in die Lage versetzt werden, die Patienten verantwortungsvoll im Hinblick auf die Mobilität begleiten und qualitativ hochstehende Gutachten im Rahmen der gesamtgesellschaftlichen Ansprüche erstatten können. Damit stellt die Vermittlung der Inhalte des Curriculums eine wertvolle Hilfestellung für Ärztinnen und Ärzte dar.

    Info

    Gemäß § 11 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) ordnet die Behörde gegebenenfalls ein ärztliches Gutachten an.

    Sie bestimmt in der Anordnung (§ 11, Absatz 2, Satz 3) auch, ob das Gutachten von einem

    1. für die Fragestellung (…) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,

    2. Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,

    3. Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,

    4. Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder

    5. Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,

    erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

    Weitere Infos

    Autorin

    Dr. med. Annegret Schoeller

    Bereichsleiterin im Dezernat 1

    – Bevölkerungsmedizin –

    Bundesärztekammer

    Herbert-Lewin-Platz 1

    10623 Berlin

    annegret.schoeller@baek.de

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