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Die gesundheitliche Situation von Pflegekräften mit Migrationshintergrund

Die gesundheitliche Situation von Pflegekräften mit Migrationshintergrund: ein systematisches Review

Zielstellung: Weltweit steigen die Lebenserwartung der Menschen und damit die Anzahl und das Ausmaß multimorbider und chronischer Erkrankungen. Die dadurch erhöhte Nachfrage nach Gesundheitspersonal wird auch durch Anwerbung ausländischer Pflegekräften gedeckt. Der Wissenstand über Pflegekräfte mit Migrationshintergrund ist bislang nicht systematisch erfasst und evaluiert. Das vorliegende Review identifiziert internationale Studien, die explizit die Gesundheit von Pflegekräften mit Migrationshintergrund im Vergleich zur Gesundheit der autochthonen Berufsgruppe untersuchen.

Methoden: Eine systematische Suche publizierter Studien in deutscher und englischer Sprache wurde vorgenommen. Das Review erfolgte nach Vorgabe des PRISMA-Statements (Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analysis) und die methodische Qualität der eingeschlossenen Studien wurde anhand des Mixed Method Appraisal Tool bewertet.

Ergebnisse: Von 11.599 identifizierten Studien wurden 14 final eingeschlossen; die methodische Qualität dieser Studien ist sehr heterogen. Der Großteil wurde in den USA mit Pflegekräften aus den Philippinen, Indien, Europa und Afrika durchgeführt. Dabei wurde ein positiver Zusammenhang zwischen der Länge des Aufenthalts im Zielland und erhöhtem Blutdruck herausgefunden, während anfänglich leichte Formen der Depression nach einiger Zeit nachließen. Diskriminierung erfahren Pflegekräfte unter anderem in Form von Nicht-Berücksichtigung von Erfahrung und Fachwissen. Immigrierte Pflegehelfer melden seltener gesundheitliche Beschwerden als ihre einheimischen Kollegen und Kolleginnen.

Schlussfolgerungen: Pflegekräfte mit Migrationshintergrund sind einem höheren Risiko ausgesetzt, arbeitsbedingte Gesundheitsgefährdungen und Diskriminierung zu erleiden als ihre einheimischen Kollegen. Während sich die Gesundheit von Pflegekräften durch Anpassung an die lokalen Lebensgewohnheiten im Zielland verbessern kann, zeigen Studienergebnisse auch, dass migrierte Pflegekräfte durch ihre täglichen arbeitsbezogenen Belastungen langfristig gesundheitliche Beeinträchtigungen erleiden. Diskriminierungserfahrungen stellen einen wesentlichen Grund für eine beeinträchtigte Gesundheit bei migrierten Pflegekräften dar.

Schlüsselwörter: Pflegekräfte mit Migrationshintergrund – arbeitsbedingte Gesundheitsgefährdungen – Diskriminierung

Health situation of migrant and minority nurses: a systematic review

Objectives: Globally, life expectancy together with multimorbidity and chronic diseases are increasing. Nurses from abroad are increasingly hired to meet the growing demand for healthcare workers. The present knowledge about migrant nurses’ health is neither systematically ordered nor evaluated yet. Thus, this review systematically identifies and synthesize international publications that explicitly focus on migrant nurses’ health in comparison with that of autochthonous nurses.

Methods: A systematic review of relevant studies in English and German language was undertaken in accordance with the Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses (PRISMA) guidelines. The methodological quality assessment of the included papers was performed with the Mixed Method Appraisal Tool.

Results: Out of 11,599 studies initially identified, 14 were finally included whose methodological quality is very heterogeneous. Most of the studies were carried out in the USA with nurses born on the Philippines, in India, Europe and Africa. Length of stay in the target country and elevated blood pressure correlate positively, while mild forms of depression initially subsided after some time. Ignoring their expertise was one form of discrimination that minority nurses are experiencing. Migrant nursing aides report work-related discomforts less frequently than their native colleagues.

Conclusions: Migrant and minority nurses are at a higher risk of suffering occupational health hazards and experiencing discrimination than their local colleagues. While migrant nurses’ health can improve by adapting to local lifestyles in the host country, they also suffer health impairments in the long-term resulting from their daily workload. Discrimination is a major cause for impaired health of minority nurses.

Keywords: migrant nurses – occupational health hazards – discrimination

B. Schilgen1

A. Nienhaus2,3

O. Handtke1

H. Schulz1

M. Mösko1

(eingegangen am 13.10.207, angenommen am 12.12.2017)

ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2018; 53: 54–57

doi: 10.17147/ASU.2018-01-04-05

Einleitung

Weltweit gibt es 150,3 Millionen Arbeitsmigranten, von denen nahezu ein Viertel in Nordamerika und Nord- und Westeuropa beschäftigt sind. Zehn Prozent der Arbeitsmigranten arbeiten als Hausangestellte (z. B. Live-in-caregiver oder Haushaltshilfe; ILO 2015). Länder mit hoher Arbeitslosigkeit (z. B. Angola, Äthiopien, Haiti, Pakistan, Kambodscha oder Indonesien) sind von der internationalen Abwanderung im Besonderen betroffen; so stieg zwischen 2000 und 2010 die Zahl der Pflegekräfte und Ärzte mit Migrationshintergrund, die aus Entwicklungs- und Schwellenländern in OECD-Länder wanderten, um 80 % (Campbell et al. 2013; WHO 2006).

Die globale Zunahme von Lebenserwartung, Multimorbidität und chronischen Erkrankungen bei Menschen führt zu einer Nachfrage nach pflegerischer Versorgung und damit nach Pflegekräften und Mitarbeitern im Gesundheitswesen (Mathers et al. 2015; Prince et al. 2015; Taylor 2011). So werben Industrieländer neben der Ausbildung von einheimischen Pflegekräften auch ausgebildete Pflegekräfte aus anderen Herkunftsländern an, um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden (Li et al. 2014; Kline 2003).

Der Arbeitsplatz von Pflegekräften ist gekennzeichnet durch physisch und psychisch beanspruchende Aufgaben, die gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorrufen können wie z. B. Stress, Muskel-Skelett-Beschwerden oder Schlafstörungen (Horrigan et al. 2013; Ribeiro et al. 2012). Pflegende sind täglich organisatorisch bedingten Stressoren wie Unterbrechungen des Arbeitsablaufs, sozialen Stressoren wie Rollenkonflikten und mangelnder Gratifikation, aber auch zeitlichen Stressoren wie Schichtarbeit und Überstunden ausgesetzt; diese können bei ihnen zu körperlichen Symptomen wie Schmerzen in den oberen und unteren Extremitäten oder Schlafstörungen, aber auch zu psychosozialen Belastungen führen (Janssens et al. 2013; Han et al. 2016).

Pflegekräfte mit Migrationshintergrund berichten darüber hinaus über Diskriminierung und Rassismus am Arbeitsplatz (Allan et al. 2009; Likupe 2015; Pittman et al. 2014) in Form von inadäquateren Beschäftigungsmöglichkeiten (Shutes u. Walsh 2012), geringeren Aufstiegsmöglichkeiten (Henry 2007) oder einem schlechten Lernumfeld im Kontext von Fort- und Weiterbildungen (Wang et al. 2008; Xu et al. 2008). Ethnische Diskriminierungen erfahren diese Pflegende im Kontakt mit Klienten und deren Familien aber auch mit Ärzten und pflegerischen Kollegen (Neiterman et al. 2015). Diskriminierungserfahrungen am Arbeitsplatz führen bei Betroffenen zu erhöhtem Tabakkonsum, aber auch häufigere Abwesenheit am Arbeitsplatz. Schließlich kann die psychische Gesundheit durch Diskriminierungserfahrungen beeinträchtigt werden (Okechukwu et al. 2014).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es vereinzelte Evidenzen über spezifische Gesundheitsrisiken von Pflegenden gibt. Bietet man Pflegenden ein „gesundes“ Arbeitsumfeld, so erhöht man die Retentionsrate, also die Chance, diese langfristig im Beruf zu halten.

Das vorliegende Review fasst erstmals systematisch internationale Publikationen zusammen, um ein Verständnis von arbeitsbedingten Gesundheitsrisiken und deren Zusammenhang mit der Gesundheit von Pflegekräften mit Migrationshintergrund zu erhalten.

Darüber hinaus dient es der Erarbeitung von Erhebungsinstrumenten, die innerhalb eines Forschungsprojektes über die Arbeitsbedingungen von Pflegekräften mit Migrationsintergrund im Kontext der Interkulturellen Öffnung ( www.ikoe-pflege.de ) angewendet werden sollen. Das Projekt wird in der Arbeitsgruppe Psychosoziale Migrationsforschung am Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt und für drei Jahre von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) finanziell gefördert.

Dieses systematische Review wurde unter dem Titel „Health situation of migrant and minority nurses: A systematic review (Die gesundheitliche Situation von Pflegekräften mit Migrationshintergrund: ein systematisches Review)“ von den Autoren Schilgen B, Nienhaus A, Handtke O, Schulz H, Moesko M in der Zeitschrift PLoS ONE [12(6): e0179183. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0179183] 2017 veröffentlicht.

Methoden

Die Forschungsfrage lautete: „Was wissen wir über die Gesundheit von Pflegekräften mit Migrationshintergrund?” Dazu wurde eine systematische Suche in internationalen Datenbanken durchgeführt. Da der Begriff „Pflegekraft mit Migrationshintergrund“ in der gesundheitswissenschaftlichen Literatur uneinheitlich verwendet wird und der Begriff „Gesundheit“ für dieses Review einen sehr globalen Kontext abbildet, wurde eine spezifische und umfangreiche Beschreibung der beiden Suchbegriffe bei der Konstruktion der Suchterminologie berücksichtigt. Die daraus resultierende Suchlogik wurde schließlich in die Suchdatenbanken Medline, PsycINFO, CINAHL und Web of Science übertragen. Die Suche wurde zwischen April und Mai 2016 durchgeführt. Der Auswahlprozess wurde in zwei Phasen unterteilt: Im ersten Suchlauf wurden Artikel identifiziert, die den Kontext „Migration”, „Pflegekräfte” und „Gesundheit” thematisieren. In der zweiten Phase, dem Volltext-Screening wurden die gefundenen Artikel dann weiter eingeschlossen, wenn sie entweder als empirische Studien oder Reviews identifiziert werden konnten. Pflegekräfte mit Migrationshintergrund wurden unter anderem als diejenigen identifiziert, die im entsprechenden Artikel als „Minderheit“ oder „ethnische Minderheit“ oder „racial minority“ oder eben als „Pflegekräfte mit Migrationshintergrund“ bezeichnet wurden. Der Kontext Gesundheit wurde aufgeteilt in Gesundheit allgemein (mental, psychosozial und physisch) sowie in Determinanten der Gesundheit (z. B. Zufriedenheit mit dem Beruf, Akkulturation, Stress, Muskel-Skelett-Beschwerden). Die methodische Qualitätsprüfung der final eingeschlossenen Artikel basierte auf dem Mixed Method Appraisal Tool (MMAT) (Pace et al. 2010). Der Auswahl- und Bewertungsprozess der Artikel wurde durch zwei Rater vorgenommen, um ein hohes Maß der Auswahlgenauigkeit zu erreichen. Die qualitativen Studienergebnisse wurden anhand einer thematischen Analyse zusammengestellt, während quantitative Studienergebnisse deskriptiv zusammengefasst wurden.

Ergebnisse

In den Datenbanken wurden 11.599 Zitate gefunden. Nach den beschriebenen Screening-Stufen reduzierte sich diese Anzahl schließlich auf relevante 15 Studien, von denen zwei Studien Literaturübersichtsarbeiten waren. Nach Prüfung der darin ausgewerteten Studien wurden schließlich 14 Studien in das vorliegende Review eingeschlossen (Pittman et al. 2014; Brown u. James 2000; Hener et al. 1997; Hayne et al. 2009; Hogh et al. 2011; Likupe et al. 2013; Brown et al. 1998, 2003; Ghilan et al. 2013; Hurtado et al. 2012; Simpson u. Severson 2000; Tak et al. 2010; Diggs 2013; Beechinor u. Fitzpatrick 2008). Diese Artikel wurden zwischen 1997 und 2013 in Englisch publiziert und überwiegend in den USA durchgeführt. Die Studienpopulation bestand vorwiegend aus weiblichen Pflegefachkräften, darunter auch Pflegehelfer und Pflegeschüler, die durchschnittlich zwischen 21 und 51 Jahre alt waren. Diese migrierten aus Europa und anderen Herkunftsländern wie Afrika, den Philippinen, Indien, der ehemaligen Sowjetunion, Israel oder Mexiko. Als methodisch-qualitativ robust wurden acht Studien bewertet. Methodisch schwächere Studien zeigten eine willkürliche Stichprobenbildung, niedrige Response-Rate und den Einsatz selbst entwickelter und nicht psychometrisch geprüfter Messinstrumente.

Die inhaltlichen Ergebnisse der Studien wurden in drei Themenbereiche eingeteilt. Der erste Bereich „Akkulturation und Gesundheit“ umfasst die Ergebnisse von Studien, in denen gefunden wurde, dass die Anpassung an fremde Lebensweisen in einem fremden Land und eine fremde Sprache Stress unter Pflegenden mit Migrationshintergrund erzeugen und somit auch ihre Gesundheit beeinträchtigen kann (Brown u. James 2000; Hener et al. 1997; Hayne et al. 2009). Brown und James (2000) untersuchten die physiologischen Reaktionen von weiblichen philippinischen Pflegekräften, die in die USA migrierten und fanden dabei heraus, dass die Länge des Aufenthalts mit dem Noradrenalin-Spiegel und einem erhöhten diastolischen Blutdruck positiv korreliert, was langfristig zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt, wie die Autoren schließen (Brown u. James 2000).

Den Zusammenhang von Akkulturation und Depression beschrieben Hener et al. (1997) bei aus der ehemaligen Sowjetunion nach Israel migrierten Pflegekräften. Leichte Formen einer Depression nach Ankunft in Israel ließen nach sechs Monaten auf Normalniveau nach, was mit zunehmender sozialer Unterstützung durch Freunde und Kollegen begründet wurde (Hener et al. 1997). Unklare Rollen und eine hohe Arbeitslast wurden von Hayne et al. (2009) bei philippinischen Pflegekräften als Stressoren identifiziert, die in die USA migrierten (Hayne et al. 2009).

Im zweiten Themenblock wird der Zusammenhang zwischen Diskriminierung und Gesundheit von Pflegekräften mit Migrationshintergrund aufgezeigt. In Dänemark tätige Pflegekäfte mit Migrationshintergrund, die aus Osteuropa, dem Iran, Pakistan, Afrika oder Asien migriert sind, hatten ein höheres Mobbing-Risiko als ihre einheimischen Kollegen und waren gegenüber migrierten KollegInnen aus Island, Norwegen, den 25 EU-Ländern und Nordamerika doppelt so häufig Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz (Hogh et al. 2011). Philippinische und Pflegekräfte aus anderen Ländern mit geringen Pro-Kopf-Einkommen wie Kolumbien, Nepal, Gambia, die von einer Arbeitsagentur für eine Tätigkeit in den USA rekrutiert wurden, erhielten signifikant niedrigere Löhne als solche, die sich direkt bei ihrem Arbeitgeber beworben haben (Pittman et al. 2014). Likupe und Archibong (2013) beschrieben die Nicht-Berücksichtigung oder Ignorierung von Erfahrung und Fachwissen durch Vorgesetzte, Kollegen und Patienten, das Übergangenwerden bei Beförderungen oder auch das Ignorieren von Anfragen nach freien Tagen als Formen von Rassismus, Diskriminierung und Mobbing bei Pflegekräften aus Subsahara-Afrika, die in Großbritannien tätig sind. Diese Erfahrungen empfanden die Pflegekräfte als gesundheitliche Beeinträchtigung (Likupe et al. 2013).

Der dritte Themenbereich „Gesundheit im Kontext von Migrationshintergrund und Herkunft“ weist Ergebnisse auf, die gesundheitsrelevante Unterschiede zwischen Pflegekräften mit Migrationshintergrund zeigen. In der Studie von Brown et al. (1998) berichteten philippinisch-amerikanische Pflegekräfte häufiger negative Stimmungen wie Ängstlichkeit, Ärger und Traurigkeit als ihrer kaukasischen Kolleginnen und Kollegen in den USA, die häufiger Zufriedenheit äußerten (Brown et al. 1998). Jedoch unterschieden sich beide Gruppen nicht signifikant voneinander in ihrer physiologischen Reaktion auf Stress (z. B. Katecholamine-Ausschüttung; Brown et al. 2003). Indische Pflegende im Jemen berichteten innerhalb eines Jahres seltener von Rückenschmerzen als ihre jemenitischen Kollegen (Ghilan et al. 2013). Zertifizierte schwarze Pflegehelfer in den USA haben nach Hurtado et al. (2012) ein dreifach höheres Risiko, psychosoziale Belastungen wie einen geringen Entscheidungsspielraum bei zugleich hohen Anforderungen zu erleiden als weiße Hilfskräfte. Jedoch konnten diese Unterschiede bei höher qualifizierten registrierten oder lizensierten Pflegekräften nicht gezeigt werden (Hurtado et al. 2012). Simpson und Sevenson (2000) fanden heraus, dass sich innerhalb der Berufsgruppen mit erhöhtem Verletzungsrisiko in Krankenhäusern afroamerikanische und weiße Pflegekräfte nicht in ihrem Verletzungsrisiko voneinander unterscheiden (Simpson u. Severson 2000). Nichthispanische weiße Pflegehelfer in den USA meldeten eher berufsbedingte Verletzungen, während nichthispanische schwarze Pflegehelfer selten über Rückenverletzungen berichteten wie Tak et al. (2010) zeigten.

Diskussion und Schlussfolgerungen

Pflegekräfte mit Migrationshintergrund sind einem erhöhten Risiko für Diskriminierung und Mobbing am Arbeitsplatz ausgesetzt. Dies kann zu erhöhtem Stressempfinden und einer beeinträchtigten psychischen wie auch körperlichen Gesundheit führen (Paradies et al. 2015). Den Betroffenen selbst fehlt häufig das Vertrauen, solche Vorfälle aus Angst vor möglicher Isolation und Vergeltung zu melden (Pung u. Goh 2017). Pflegekräfte mit Migrationshintergrund unterscheiden sich darin voneinander, ob sie ihren Vorgesetzten, berufsbedingte Verletzungen oder Arbeitsbelastungen melden (Brown et al. 1998; Ghilan et al. 2013; Simpson u. Severson 2000; Tak et al. 2010). Dies kann durch unterschiedliche kulturgeprägte Verhaltensweisen begründet sein (Stevens et al. 2003). Pflegehilfskräfte mit Migrationshintergrund berichten häufiger gesundheitliche Beschwerden und arbeitsbedingte Verletzungen als Pflegefachkräfte. Dieser Befund wird zum einen durch ihre anstrengendere Hilfstätigkeit in der Grundpflege (Körperpflege, Mobilisieren von Patienten) aber auch durch ihre geringere Bezahlung und im Vergleich erhöhter Anzahl von Überstunden begründet.

Um die wenigen bisherigen Ergebnisse auch im europäischen und deutschen Kontext zu überprüfen und spezifische Akkulturationsbarrieren und förderliche Bedingungen zu identifizieren, besteht ein deutlicher Forschungsbedarf. Vorwiegend wurde in den USA über die Gesundheit von philippinischen Pflegekräften geforscht. Um zu überprüfen, ob auch Pflegekräfte aus anderen Herkunftsländern vergleichbare gesundheitliche Einschränkungen berichten, sind andere Migrantengruppen zu untersuchen. Die Rekrutierung von Migranten als Mitarbeiter im Gesundheitswesen ist ein zentrales Thema der internationalen politischen Agenda (Amani u. Dal Poz 2014; WHO 2010).

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Für die Verfasser

Benjamin Schilgen

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie

Arbeitsgruppe Psychosoziale Migrationsforschung

Martinistraße 52, Gebäude West 26

20246 Hamburg

b.schilgen@uke.de

Fußnoten

1 Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie (Direktor: Prof. Dr. med. Dr. phil. Dipl.-Psych. Martin Härter), Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf

2 Competenzzentrum Epidemiologie und Versorgungsforschung bei Pflegeberufen, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (Direktor: Prof. Dr. med. Matthias Augustin), Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf

3 Abteilung Arbeitsmedizin, Gefahrstoffe und Gesundheitswissenschaften (AGG), Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Hamburg