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Auswirkungen eines 12-wöchigen präventiv-medizinisch orientierten Minimalprogramms auf Gewicht, Blutdruck und die gesundheitsbezogene Lebensqualität

Auswirkungen eines 12-wöchigen präventiv-medizinisch orientierten Minimalprogramms auf Gewicht, Blutdruck und die gesundheitsbezogene Lebensqualität

Hintergrund und Ziel: Mit dem demografischen Wandel steigt die Lebenserwartung bei gleichzeitiger Zunahme der chronischen Erkrankungen. Es ist eine große gesellschaftliche Herausforderung, die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen bis ins hohe Alter zu herhalten. Ein gesunder Lebensstil kann dazu beitragen, setzt jedoch Verhaltensänderungen voraus. Das 2015 in Kraft getretene Präventionsgesetz unterstützt die Gesundheitsförderung im beruflichen Umfeld. In Betrieben erreicht man weite Teile der erwerbstätigen Bevölkerung mit unterschiedlichen Sozialstatus und Bildungsniveau. In der vorliegenden Studie wurde die Wirksamkeit eines präventivmedizinisch-orientierten Kompaktseminars mit anschließender Trainingsphase auf gesundheitliche Parameter sowie die gesundheitsbezogene Lebensqualität untersucht.

Methode: 47 gesunde männliche und weibliche Probanden (31 Männer, Alter 50,9 ± 7,2 Jahre und 16 Frauen, Alter 42,2 ± 8,9 Jahre) nahmen an einem initialen viertägigen Gesundheitsseminar außerhalb ihres Unternehmens teil, dem sich eine 12-wöchige, autonome Trainingsphase anschloss. Neben den Parametern Körpergewicht, Bauchumfang, Blutdruck, Ruhepuls sowie allgemeiner Gesundheitszustand wurde zur Bestimmung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität ein standardisierter Fragebogen eingesetzt. Nach 12 Wochen wurden die Parameter in einem Re-Test erneut erhoben.

Ergebnisse: Zwischen Messzeitpunkt 1 (T1) und Messzeitpunkt 2 (T2) kam es zu einer signifikanten Reduktion des Körpergewichts (–5,9 %) und des Bauchumfangs (–5,3 %). Weiterhin reduzierten sich signifikant die Ruheherzfrequenz (–4,4 %), der systolische Blutdruck (–9,2 %) sowie der diastolische Blutdruck (–8,4 %). Der Fragebogen zur Lebensqualität zeigte für die verwendeten Variablen körperliche (+0,49), soziale (+0,26) und psychische (+0,61) Aspekte der gesundheitsbezogenen Lebensqualität jeweils signifikante Veränderungen (p<0,05).

Schlussfolgerung: Verhaltensänderungen lassen sich erfolgreich durch intensive Schulung und freie Trainingsphasen bereits innerhalb von 12 Wochen erreichen. Idealerweise setzen sich diese Impulse in betrieblichen Angeboten zur Gesundheitsförderung und Prävention fort.

Schlüsselwörter: Gesundheitsverhalten – Risikofaktoren – Präventionsseminare

Impact of a 12-week minimal programme of preventive medicine on weight, blood pressure and health-related quality of life

Background and Aim: In times of demographic change, rising life expectancy is accompanied by an increase in chronic diseases. A major challenge for society is to enable those affected to stay fit for work into old age. A healthy lifestyle can help but it requires changes in behaviour. The German Prevention Act (Präventionsgesetz), which came into force in 2015, supports health promotion in the workplace. Large sections of the working population with varying social backgrounds and levels of education can be reached in businesses. This study examined the effectiveness of a compact seminar on preventive medicine with a subsequent training programme in terms of health parameters and health-related quality of life.

Method: Forty-seven healthy male and female volunteers (31 men, age 50.9 ± 7.2 years and 16 women, age 42.2 ± 8.9 years) participated in an initial four-day health seminar outside their company, followed by a 12-week autonomous training phase. In addition to the parameters of body weight, abdominal circumference, blood pressure, resting heart rate and general health, a standardised questionnaire was used to determine the health-related quality of life. After 12 weeks, the parameters were re-tested in a follow-up.

Results: Between time of measurement 1 (T1) and time of measurement 2 (T2) there was a significant reduction in body weight (–5.9%) and abdominal circumference (–5.3%). There were also significant reductions in resting heart rate (–4.4%), systolic blood pressure (–9.2%) and diastolic blood pressure (–8.4%). The questionnaire on quality of life showed that physical (+0.49), social (+0.26) and mental (+0.61) aspects of health-related quality of life changed significantly (p<0.05).

Conclusion: Changes in behaviour can be achieved by intensive coaching and autonomous training programmes in just 12 weeks. Ideally, these incentives will continue in workplace health promotion and prevention schemes.

Keywords: health behavior – risk factors – prevention seminars

M. Despeghel1

K. Krüger2

U. Hein-Rusinek3

(eingegangen am 13.02.2018, angenommen am 25.04.2018)

Einleitung

Die demografische Entwicklung zeigt die Tendenz, dass das Lebensalter immer weiter zunimmt, die Menschen aber nicht gesünder werden. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse der weltweit größten Bestandsaufnahme zur globalen Gesundheit aus 195 Ländern (GBD 2015). Ein gesundheitsbewusster Lebensstil kann die Lebenserwartung und besonders die Lebensqualität der gewonnenen Jahre erhöhen. In einer Studie des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung, gemeinsam durchgeführt mit der Universität Michigan, wurden die Daten von mehr als 14 000 US-Bürgern ausgewertet. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass die individuellen Gewinne eines gesunden Lebensstils in einer erhöhten Lebenserwartung bei gleichzeitig langanhaltender Gesundheit liegen (Garner 2017). Einen bedeutsamen Einfluss auf Lebenserwartung und Lebensqualität scheinen dabei die Faktoren Sozialstatus und Bildungsniveau zu haben. Abhängig von diesen Variablen zeigt sich eine überproportionale Verbreitung von kardiovaskulären und metabolischen Risikofaktoren wie Bewegungsmangel, Übergewicht und Rauchen in sozial schwächeren und bildungsfernen Bevölkerungsschichten (Sütterlin 2017).

Für die Zukunft der Gesundheitsversorgung bedeutet dies, dass sich die Schere zwischen Lebensquantität und Lebensqualität öffnet (Hanssen-Doose 2009). Die Zahl chronisch-erkrankter und damit therapiebedürftiger Menschen nimmt stetig weiter zu. Diese Progredienz kann nicht allein mit medizinischen Maßnahmen reduziert werden, sondern erfordert ergänzend durchdachte und wissenschaftlich validierte Präventionsangebote. Diese müssen nicht nur verstärkt implementiert, sondern auch für alle Bevölkerungskreise zugänglich sein. Dieses Ziel unterstreicht ebenso die Forderung der Weltgesundheitsorganisation „Add years to life – but add further life to years“ (Janssen et al. 2013).

Zur langfristigen Gesunderhaltung ist somit eine hohe gesundheitsbezogene Lebensqualität zielführend. Hierunter ist ein multidimensionales Konstrukt zu verstehen, das mindestens eine psychische, eine körperliche und eine soziale Komponente der Lebensqualität im Erleben und Verhalten eines Menschen einbezieht (Cella u. Tulsky 1990). Da eine schlechte gesundheitsbezogene Lebensqualität umgekehrt mit einem erhöhten Risiko für Erkrankungen verbunden ist, hat das Thema einen starken Bezug zur Beschäftigungsfähigkeit (Employability) von Arbeitnehmern in der Berufswelt. Diesen stehen zunehmend vor der Aufgabe, mit einer beständig älter werdenden Belegschaft ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern (Thelen et al. 2012). Betriebe stellen als Setting zur Gesundheitsförderung gleichzeitig die Orte dar, in denen man weite Teile der erwerbstätigen Bevölkerung mit unterschiedlichen Sozialstatus und Bildungsniveau erreicht. Das 2015 in Kraft getretene Präventionsgesetz unterstützt die Gesundheitsförderung im direkten Lebensumfeld der Menschen, also auch an deren Arbeitsplätzen. Für die nachhaltige Beeinflussung des Gesundheitsverhaltens scheint daher das Setting „Betrieb“ vielversprechend. Individuelle Belastungen und gesundheitliche Risikofaktoren können bei betriebsärztlichen Vorsorgeuntersuchungen erkannt und entsprechend abgestimmte Präventionsmaßnahmen eingeführt werden. Dazu gehören zum Beispiel der gesundheitlich-orientierte Betriebssport, gesunde Kantinenkost oder Seminare, die alle Beschäftigten erreichen können. Besonders wirksam zeigten sich in den vergangenen Jahren mehrtägige Kompaktseminare, die Verhaltensimpulse geben und durch anschließende, niedrigschwellige Angebote im Betrieb verstetigt wurden (Despeghel u. Krüger 2016).

Daher wurde in der vorliegenden Studie die Wirksamkeit eines präventivmedizinisch orientierten Vier-Tage-Kompaktseminars auf anthropometrischer, psychologischer, sozialer und körperlicher Ebene untersucht, das sich in ein initiales viertägiges Gesundheitsseminar und eine sich anschließende 12-wöchige, autonome Trainingsphase gliederte.

Methodik

Studiendesign und Probanden

Im Rahmen eines 4-tägigen Kompaktseminars wurden Mitarbeiter eines Energiekonzerns rekrutiert und in die Studie eingeschlossen. Für die Untersuchungen stellten sich 47 gesunde männliche und weibliche Probanden zur Verfügung (31 Männer, Alter 50,9 ± 7,2 Jahre und 16 Frauen, Alter 42,2 ± 8,9 Jahre), die im Arbeitsalltag vorwiegend sitzende Tätigkeiten durchführen.

Struktur des Kompaktseminar

Das Seminarangebot unterteilte sich in eine Standortbestimmung, eine Maßnahmenplanung und damit verbundener Zielsetzung der Teilnehmer. Das Angebot bestand zunächst aus theoretischen Unterweisungen in Vortragsform mit anschließenden Diskussionen. Dazu gab es Vorträge zu den Themen Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Risikofaktoren (Bewegungsmangel, Fehlernährung und Stress). Darüber hinaus wurden die Teilnehmer in die Möglichkeiten einer leitliniengerechten (S3-Leitlinie Adipositas) Gewichtsreduktion eingewiesen. Dazu gehörten auch Supermarktexkursionen, um Lebensmittel anschaulich bewerten zu lernen. Im sportpraktischen Teil sollten die Teilnehmer anhand praktischer und selbsterlebter Beispiele erkennen, wie motorischen Hauptbeanspruchungsformen durch gezieltes Training individuell verbessert werden können. Dazu wurde die Durchführung von Ausdauer- und Krafttrainingsmaßnahmen geschult. Jeder Teilnehmer erhielt bis zum Ende des Seminars eine individuelle Anleitung zu herzfrequenzkontrolliertem Ausdauertraining (Walking, Laufen, Fahrrad oder Schwimmen). Diese wurden durch Programme zu effektiven Kräftigungs- und Dehnübungen für zu Hause ergänzt. Auch Entspannungsmaßnahmen wie Achtsamkeitsübungen wurden eingeführt, um Strategien zur Stressreduktion zu erlernen.

Trainingsphase

Dem Kompaktseminar folgte eine freie Trainingsphase über einen Zeitraum von 12 Wochen. Diese Phase folgt der Empfehlung nach dem Schema 2+2+4: zweimal wöchentliches Ausdauertraining von jeweils 20 min, unterstützt durch viermal kurze und hochintensive Belastungsspitzen von je einer Minute Dauer (HIT = High-Intensity-Training), idealerweise ergänzt durch ein Krafttraining mit einem Umfang von zwei Einheiten von 20 min pro Woche. Folgende Sportarten und Bewegungsformen konnten von den Teilnehmern gewählt werden: Laufen/Jogging, Gehen/Walking/Nordic-Walking, Fahrradfahren. Die Steuerung der Belastungsintensität wurde auf Basis der Eingangsuntersuchungen vorgenommen, die später beschrieben wird.

Bezüglich der Ernährung sollten die Probanden darauf achten, an mindestens vier Tagen in der Woche einer mediterranen Ernährung zu folgen, Fleisch durch Fisch zu ersetzen, zwei Portionen Obst und mindestens 500 Gramm Gemüse am Tag zu essen sowie wie auf eine tägliche Zufuhr von Nüssen zu achten. Bei der Auswahl von Ölen und Fetten sollten Sie auf Olivenöl, Rapsöl und Leinöl zurückgreifen und zum Braten Kokosöl verwenden.

Eingangsuntersuchung, Messverfahren und Intensitätssteuerung

Das Kompaktseminar wurde ebenfalls dazu genutzt, eine Eingangsuntersuchung durchzuführen. Bei allen eingeschlossenen Probanden wurden zu Beginn des Gesundheitsseminars Körpergewicht, Bauchumfang, Blutdruck, Ruhepuls sowie der allgemeine Gesundheitszustand anhand einer Anamnese erhoben. Das Körpergewicht wurde durch eine digitale Personenwaage ermittelt (TANITA Body Fat Monitor/Scale, Modell TBF-538). Die Messung des Bauchumfangs erfolgte nach den Richtlinien der Diabetes Federation mit einem Gummimaßband. Die Messung des Blutdrucks wurde mit einem halbautomatischen Messgerät der Firma Boso (TM 2430) durchgeführt.

Die Trainingsintensität (Ausdauertraining) wurde über die Laktatbestimmung mit dem Dr. Lange Miniphotometer LP 20 (Dr. Lange Küvetten-Test LKM 40) sichergestellt.

Die Ausdauer ist eine der zentralen konditionellen Fähigkeiten. Sie ermöglicht, eine Belastung physisch und psychisch lange aufrechtzuerhalten (Ermudungswiderstandsfahigkeit) und sich nach Abbruch der Belastung rasch zu erholen (Regenerationsfahigkeit). Die Grundlagenausdauer kann auch als allgemeine, aerobe, dynamische Ausdauer bezeichnet werden. Sie wird demnach vorrangig beim dynamischen Einsatz größerer Skelettmuskelanteile im submaximalen Intensitatsbereich gefordert bzw. trainiert.

Trainingsmethode der ersten Wahl zur Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit der Teilnehmer, sollte ein Mix aus Grundlagenausdauertraining in Form von extensivem Dauertraining in Verbindung mit High-Intensive-Intervallen. Der Trainingsumfang sollte dann später zweimal pro Woche 20 min Training nach der Dauermethode (Laktat 3,0 mmol/L) betragen. Dabei sollten vier Intensitätsspitzen von je 1 min mit deutlich anaeroben Energiebereitstellungsmerkmalen (Laktat

Die Vorgaben fur die Trainingsintensitäten wurden mit Hilfe eines Stufentests mit Laktat- und Herzfrequenzmessung ermittelt. Dabei wurden in verschiedenen Tempi (progressive Geschwindigkeitszunahme, 0,25 m/sec pro Stufe im Feldtest und auf definierten Teilstrecken (2000 m – Feldtest) betont gleichmäßig von den Probanden gelaufen. Nach jeder Stufe erfolgte eine kleine Blutabnahme am Ohrlappchen zur spateren Blutlaktatbestimmung und die Messung der Herzfrequenz mittels Pulsmesser. Zur Überprüfung der aus dem Stufentest ermittelten Intensitätsvorgaben wurde das Laktat der Teilnehmer zwei Tage nach dem Feldtest noch einmal nach einer Dauerbelastung von 20 min bestimmt. Die so ermittelte Herzfrequenz diente dann als Anhaltspunkt für die Intensität des Heimtrainings.

Nach der 12-wöchigen Untersuchungszeit wurden die Probanden per E-Mail aufgefordert, die Gesundheitsparameter (ausgenommen der Laktatmessung) aus der Eingangsuntersuchung in einem Re-Test erneut zu erheben.

Ermittlung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität

Zur Bestimmung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität wurde ein standardisierter Fragebogen eingesetzt. Der Fragebogen „Lebensqualitätsfeedback“, entwickelt von Hanssen-Doose (2009), ist ein standardisiertes Testinstrument zur Erhebung der allgemeinen Lebensqualität.

Ermittelt wird hierbei die subjektive Einschätzung und Zufriedenheit der Befragten in Bezug auf körperliche, soziale, psychische sowie Kontextfaktoren der Lebensqualität. Folgende Items sind den vier Dimensionen zugeordnet:

  1. Körperlich: körperliche Beweglichkeit, körperliche Belastbarkeit, Schlaf, Ernährung und Schmerzen.
  2. Sozial: Arbeit, Freizeit, Sport und Bewegung, Familie, finanzielle Lage, Freunde und Partnerschaft.
  3. Psychisch: Krankheitsbewältigung, Energie und Tatendrang, Entspannungsfähigkeit, Genussfähigkeit/Freude und Selbstbewusstsein
  4. Kontext: Gesundheitsversorgung, Arzt-Therapeuten-Verhalten, Freizeitmöglichkeiten, Natur, Wohnung, Bewegung und Sport.

Anhand von insgesamt 25 Fragen wurden diese Aspekte jeweils für die vergangenen vier Wochen erhoben. Beruhend auf einer intervallskalierten Likert-Skala, die fünf bis acht Möglichkeiten aufweist, wurden die Antworten auf eine Fünferskala rekodiert. Die Mittelwerte der Subskalen wurden in Form eines Summenscores ausgewertet. Je größer der Wert zwischen 1,0 und 5,0 ausfällt, desto besser ist die Lebensqualität in dem jeweiligen Bereich.

Statistik

Die Rohdaten wurden mit den Programmen Excel 2000 für Windows bearbeitet. Unterschiede im Prä-post-Vergleich wurden mittels des Wilcoxon-Tests für verbundene Stichproben (nichtparametrischer Test) auf statistische Signifikanz geprüft. Ein p  0,05 wurde als statistisch signifikant betrachtet. Die Datenauswertung erfolgte mit dem Statistikprogramm SPSS 9.0.

Ergebnisse

Körpergewicht

Das Körpergewicht betrug zu Beginn der Untersuchung bei den Teilnehmern 89,7 ± 17,6 kg. Nach 12 Wochen hat sich das Gewicht der Probanden signifikant auf 85,2 ± 16,5 kg (–5,9 %) reduziert ( Abb. 1).

Bauchumfang

Der Bauchumfang der Teilnehmer konnte zwischen T1 und T2 von 102,5 ± 12,0 cm auf 97,1 ±11,5 cm (–5,3 %) signifikant reduziert werden ( Abb. 2).

Ruheherzfrequenz

Zwischen T1 und T2 haben die Teilnehmer ihre Ruheherzfrequenz (Puls) von 73 ± 10 Schläge/min auf 70 ± 10 Schläge/min reduzieren können. Das entsprach einer Reduktion der Ruheherzfrequenz von 4,4 %.

Blutdruck systolisch

Zwischen der ersten und zweiten Messung konnte der systolische Blutdruck der Studienteilnehmer signifikant von 132,9 mm/Hg ±18,3 auf 123,1 ± 11,2 mm/Hg gesenkt werden.

Die mittlere Reduktion betrug dabei 9,8 mm/Hg und entsprach einer signifikanten Reduktion um 9,2 % ( Abb. 3).

Blutdruck diastolisch

Während des Untersuchungszeitraums konnte der diastolische Blutdruck der Studienteilnehmer signifikant von 84,0 mm/Hg ± 10,2 mm/Hg auf 77,3 mm/Hg ±7,9 mm/Hg gesenkt werden. Die mittlere Reduktion betrug dabei 6,6 mm/Hg und entsprach einer signifikanten Senkung des diastolischen Blutdrucks um 8,4 % (s. Abb. 3).

Fragebogen zur Lebensqualität

Im Folgenden werden die Ergebnisse zu den untersuchten Aspekten der Lebensqualität beschrieben.

Für die verwendeten Variablen körperliche (+0,49), soziale (+26) und psychische (+0,61) Aspekte der Lebensqualität ist nach der Intervention eine signifikante Verbesserung festzustellen. Dabei verbesserte sich die körperliche Lebensqualität der Teilnehmer um 13,2 %. Die psychischen Parameter wiesen eine Verbesserung um 23,1 % auf, wobei die sozialen Faktoren ein um 7,3 % verbessertes Ergebnis zeigten. Der Kontext der Lebensqualität stieg im Untersuchungszeitraum um 8,3 % an ( Tabelle 1).

Diskussion

Die vorliegende Studie untersuchte den Einfluss des 12-wöchigen Präventionsprogramms auf selektive Gesundheitsparameter und Lebensstilfaktoren sowie die Einschätzung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Hier zeigte sich, dass ein präventivmedizinisch orientiertes Vier-Tage-Kompaktseminar und eine sich anschließende 12-wöchige, autonome Interventionsphase zu einer signifikanten Reduktion des Körpergewichts, des Bauchumfangs, des Blutdrucks sowie zu einer Verbesserung der körperlichen, sozialen und psychischen Aspekte der Lebensqualität führte.

Die Ergebnisse der anthropometrischen Eingangserhebung deuten die Notwendigkeit einer Primärpräventionsmaßnahme an. So waren die Teilnehmer mit einem mittleren Alter von 50,9 Jahren anhand des Bauchumfangs oberhalb der Normwerte der Weltgesundheitsorganisation. Ähnliches gilt für den mittleren Blutdruck, der mit 132/86 mm/Hg tendenziell als hoch-normale Hypertonie zu kategorisieren ist (Cornelissen u. Fagard 2005). Hierbei ist eine verhältnismäßig hohe Streuung zu berücksichtigen. Diese ist mit der relativ großen Variabilität in den Untersuchungsgruppen zu begründen. Die überwiegend sitzende Tätigkeit und der allgemein vorliegende Bewegungsmangel ergänzen die erhobenen Parameter und machen deutlich, dass von einem beginnenden gesundheitlichen Risiko auszugehen ist (Lee et al. 1999; Blair et al. 2001). Die ermittelten Parameter und deren Ausprägungsgrad können entscheidend die Entstehung kardiovaskulärer und metabolischer Erkrankungen fördern (Bjarnason-Wehrens et al. 2009.). Vor dem Hintergrund, dass ein erhöhter Bluthochdruck und ein erhöhter Bauchumfang entscheidende Risikofaktoren für die Entstehung von Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems sind, haben die Ausgangsmessungen Aufforderungscharakter für die Implementierung präventiver Maßnahmen (World Health Organization 2009).

Nach der Durchführung des Kompaktseminars starteten die Teilnehmer der Studie mit dem weitestgehend in Eigenregie durchgeführten Präventionsprogramm. Dies wurde sehr gut angenommen und von fast allen Teilnehmern in der erforderlichen Regelmäßigkeit durchgeführt. Die hohe Wirksamkeit des Eingangsworkshops spiegelt sich in der hohen Adhärenz an das Gesamtprogramm, im dessen Rahmen es keinen Dropout gegeben hat.

Die signifikante Reduktion des Körpergewichts sowie des Bauchumfangs der Untersuchungsteilnehmer deutet auf eine Reduktion des Körperfetts hin. Dies scheint ein Ergebnis der Ernährungsumstellung in Kombination mit dem Bewegungsprogramm zu sein. Indirekt kann sich eine Veränderung in diesen Größen bereits günstig auf das kardiovaskuläre Risiko auswirken (Yusuf et al. 2008; Lee et al. 1999). Die ebenfalls signifikante Verbesserung der Blutdruckwerte bestätigt erneut einen positiven Einfluss des Programms auf die kardiovaskuläre Funktion und das Risikoprofil (Fagard 2011). Da es sich hierbei jedoch um einmalige Messungen jeweils vor und nach der Intervention handelt, ist der Einfluss von situationsabhängigen Schwankungen nicht auszuschließen (Cornelissen u. Fagard 2005). Eine Blutdruckverlaufsmessung innerhalb der 12 Wochen, beispielsweise durch eine Messung vor jeder Trainingseinheit, wäre wünschenswert gewesen. So könnten eindeutigere Rückschlüsse des Trainingseinflusses auf den durchschnittlichen Blutdruck gezogen werden (Lee et al. 1999). Der Einsatz der umfassenden Lebensstilintervention hat höchstwahrscheinlich den Erfolg mitbestimmt (Thompsen et al. 2003). In diesem Zusammenhangt beschreiben Clifton und Koegh (2018), dass kombinierte Bewegungs- und Ernährungsinterventionen eine Reduktion des systolischen und diastolischen Blutdrucks sowie des kardiovaskulären Risikoprofils bewirken.

Mithilfe des Fragebogens zum Lebensqualitätsfeedback (Hanssen-Doose 2009) wurde die subjektive Lebensqualität der Teilnehmer ermittelt. Innerhalb des Interventionszeitraums veränderten sich alle Summenscores der Untersuchungsgruppe hin zu einer positiven Lebensqualität. Somit reflektierten die objektiven Veränderungen des kardiovaskulären Risikos die subjektive empfundene gesundheitsbezogene Lebensqualität. Bei den signifikanten Vorher-Nachher-Unterschieden der körperlichen, sozialen und psychischen Lebensqualität weist die psychische Komponente den größten Anstieg auf. Es wird angenommen, dass die Teilnehmer nach der Intervention eine erhöhte Selbstwirksamkeit auf ihre Gesundheit erfahren haben. Gleichzeitig könnte die Kontinuität der Aktivitäten über den Interventionszeitraum hinweg den Beteiligten ein optimistisches Gefühl der Kompetenz vermittelt (McAuley et al. 2003). McAuley et al. (2003) beschreiben und bestätigen im Rahmen eines Bewegungsprogramms mit älteren Personen derartige Veränderungen durch Verhaltensumstellungen. Hier spielt das Gefühl einer erhöhten Selbstwirksamkeit eine entscheidende Rolle. Hollmann und Strüder (2000) führen unter anderem durch körperliche Aktivität ausgelöste metabolische und hormonale Veränderungen an, die die Gemütslage anheben können. Beruhend auf den vorangestellten Erläuterungen bietet die Auswertung der Kontextfaktoren ein anschauliches Gesamtbild. Auch hier zeigte sich eine gestiegene Zufriedenheit, zu denen auch Faktoren wie die Gesundheitsversorgung, das Naturerleben oder die Wohnungssituation gehören. Diese Daten bestätigen die multidimensionale Wirksamkeit einer gesünderen Lebensweise auf das Mensch-Umwelt-System.

Zusammenfassend zeigt die Studie, dass die Intervention „2+2 und 4“, beginnend mit dem Vier-Tage-Kompaktseminar, messbare Präventionserfolge innerhalb eines Zeitraums von 12 Wochen erreichen konnte. Die erreichten Veränderungen des Körpergewichts, des Blutdrucks, des Bauchumfangs sowie des subjektiven Empfindens zahlreicher Faktoren der Lebensqualität stellen wichtige Faktoren zur Reduktion des kardiovaskulären Risikos dar. Das initiale Kompaktseminar konnte die Untersuchungsteilnehmer befähigen und vor allem motivieren, die Empfehlungen und erlernten Verhaltensänderungen in den folgenden 12 Wochen fortzuführen. Die vier Tage intensive Vorarbeit scheint notwendig, um neben einer motivierenden und qualifizierten Betreuung auch ein genügendes Zeitpotenzial zu haben, damit die Schwerpunkte des Konzepts hinreichend vermittelt und die Verhaltensänderung erfolgreich gebahnt werden kann. Idealerweise setzen sich diese Impulse in betrieblichen Angeboten zur Gesundheitsförderung und Prävention fort. Limitierend muss ergänzt werden, dass sich durch solche Angebote nur erwerbstätige Menschen erreichen lassen.

Als Ausblick auf zukünftige Studien wäre es interessant, die Nachhaltigkeit derartiger Interventionen zu untersuchen. Dazu wären so genannte Follow-up-Datenerfassungen zum Gesundheitsstatus nach einigen Monaten und Jahren wünschenswert. Daraus würden sich auch Erkenntnisse dazu ergeben, inwieweit regelmäßige Workshop-Angebote eine langfristige Adhärenz an einen gesunden Lebensstil unterstützen.

Literatur

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Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

Für die Verfasser

Dr. Dr. Michael Despeghel

Seestraße 11

78464 Konstanz

despeghel@despeghel-partner.de

ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2018; 53: 723–728

Fußnoten

1Despeghel & Partner Gesundheitsconsulting, Konstanz

2Abteilung Sport und Gesundheit, Institut für Sportwissenschaft (Leiter: Prof. Dr. Karsten Krüger), Leibniz Universität Hannover

3Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, Arbeitsmedizinisches Zentrum, Biberach an der Riß