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Personen-Notsignal-Anlagen im praktischen Einsatz

Alleinarbeit

Alleinarbeit liegt gemäß der DGUV-Regel 100‑001 „Grundsätze der Prävention“, Abschnitt 7.2, vor, wenn eine Person allein, außerhalb von Ruf- und Sichtweite zu anderen Personen, Arbeiten ausführt. Dies kommt im Arbeitsalltag durchaus häufig vor und ist grundsätzlich auch zulässig, sofern nicht staatliche Regelungen oder Vorschriften der Unfallversicherungsträger die Einrichtung von konkreten Einzelarbeitsplätzen untersagen.

Eine „gefährliche Arbeit“ sollte im Allgemeinen nicht von einer Person allein ausgeführt werden. In Ausnahmefällen kann es aus betrieblichen Gründen jedoch notwendig sein, eine Person allein mit einer „gefährlichen Arbeit“ zu beauftragen. Dem Arbeitgeber obliegt im Rahmen der Fürsorge und des Arbeitsschutzes u.a. die Organisation der Ersten Hilfe. Nach einem Unfall muss unverzüglich Erste Hilfe geleistet und eine erforderliche ärztliche Versorgung veranlasst werden. Ein Glied in der Rettungskette ist der Notruf. Um im Notfall einen Notruf absetzen zu können, sind am Ort der Alleinarbeit Notrufmöglichkeiten (siehe DGUV-Information 212-139 „Notrufmöglichkeiten für allein arbeitende Personen“) vorzusehen. Notrufmöglichkeiten in diesem Sinne sind u.a. Personen-Notsignal-Anlagen (PNA).

PNA sind technische Einrichtungen, mit denen die Rettungskette willensunabhängig in Gang gesetzt werden kann. Sie bestehen aus einem oder mehreren Personen-Notsignalgeräten (PNG), die von den zu überwachenden Personen getragen werden. Hinzu kommen die Funkinfrastruktur zur Signalübertragung und eine besetzte Stelle, an der die Alarme angezeigt und bearbeitet werden, die so genannte Personen-Notsignal-Empfangszentrale (PNEZ).

Personen-Notsignal-Anlagen unter Verwendung einer WLAN-Infrastruktur

Eine Personen-Notsignal-Anlage soll allein arbeitenden Personen in Notsituationen helfen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird eine Lösung benötigt, die sich einfach in den Tagesablauf des Beschäftigten integriert und ohne großen Aufwand installiert werden kann.

Für den Aufbau einer PNA musste in den vergangen Jahren häufig eine separate Funknetz-Infrastruktur errichtet werden. Für die Kommunikation zwischen PNG und PNEZ wurden dafür überwiegend VHF-/UHF-Funk-, DECT- oder TETRA-Systeme installiert oder mitunter auch das Mobilfunknetz verwendet. Das öffentliche Mobilfunknetz hat häufig den Nachteil, dass nicht alle Bereiche abgedeckt sind, in denen es zu Alleinarbeit kommt, z. B. in Kellerräumen oder Versorgungsschächten. Der Einsatz von speziellen Funklösungen, z. B. DECT, führt auf großen Industriegeländen wiederum zu erheblichen Investitionskosten.

Fast alle neuen Industriegebäude werden durch die aktuelle Digitalisierung mit flächendeckendem WLAN für mobile Anwendungen und Industrie‑4.0‑Lösungen ausgestattet. Diese WLAN-Infrastruktur kann auch zur Übermittlung von Alarmen einer PNA verwendet werden. Auch Problembereiche wie Kellerräume und Schächte lassen sich mit geringem Aufwand mit dem WLAN-Netz verbinden. Hierdurch ist eine flächendeckende Alarmübermittlung auf einem Industriegelände möglich.

Um den Alleinarbeiter im Notfall schnell auffinden zu können, ist eine Ortung des Endgeräts notwendig. In der Vergangenheit wurde die Ortsbestimmung durch GPS, Ortungsbaken oder eine Funk-Zonen-Ortung realisiert. Mit einer GPS-Positionsbestimmung kann ein Alleinarbeiter innerhalb eines mehrstöckigen Gebäudes nicht lokalisiert werden. Andere Lösungen benötigen für die geforderte Genauigkeit weitere Investitionen in die Infrastruktur.

Ein Personen-Notsignal-Gerät auf Basis eines Smartphones, kann die Notsituation eines Alleinarbeiters mittels der Sensoren im Telefon erkennen und dann einen Alarm übermitteln. Die Position des Telefons in einem Gebäude kann per WLAN-Ortung ermittelt werden. Das Telefon erhält von allen umliegenden WLAN-Access Points Signale und wertet die Feldstärke dieser Signale aus. Hierdurch kann das Gerät in einem Triangulationsverfahren die Position im Gebäude bestimmen. Eine erhöhte Genauigkeit wird durch das „Fingerprint“-Verfahren erreicht. In einer Einmessung lernt und speichert das Telefon den WLAN-Signal-Teppich im Gebäude. Im Einsatz vergleicht es die aktuellen Signale mit den gelernten Signalen und kann dadurch noch genauer seine Position bestimmen. Eine raumgenaue Ortung ist durch diese Technologie auf WLAN-Basis ohne den Aufbau einer zusätzlichen Infrastruktur möglich. WLAN bietet dadurch eine ideale Basis zum Aufbau einer Personen-Notsignal-Anlage.

Die DGUV-Regel 112-139 „Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen“ beschreibt Maßnahmen zur Sicherstellung einer Hilfeleistung bei gefährlichen Alleinarbeiten durch den Einsatz von PNA. Grundlegend dafür sind die Gefährdungsermittlung und die Beurteilung der Arbeitsbedingungen am jeweiligen Arbeitsplatz. Die Risikobeurteilung umfasst dabei

  • das Maß der Gefährdung bei der zu verrichtenden Arbeit,
  • die Wahrscheinlichkeit eines Notfalls (bezogen auf die auszuübende Tätigkeit) und
  • den Zeitraum bis zum Beginn der Erstversorgung.

In der DGUV-Regel 112-139 werden Gefährdungsstufen und eine Berechnungsvorschrift zur Risikobeurteilung festgelegt. Bereits durch die Einteilung in die Gefährdungsstufen können sich Konsequenzen für eine Überwachung des Einzelarbeitsplatzes ergeben. Für ein akzeptables Risiko darf R einen Wert von 30 nicht überschreiten. Bei Überschreitung dieses Wertes (nicht akzeptables Risiko) sind zusätzliche technische und organisatorische Maßnahmen zur Risikominimierung zu treffen, so dass sich die Gefährdungsziffer oder die Notfallwahrscheinlichkeit zuverlässig verringern. Sind Maßnahmen zur Risikominimierung nicht möglich und ist R > 30, ist die Alleinarbeit auch unter Verwendung einer PNA nicht zulässig!

Sowohl die DGUV-Regel 112-139 als auch die Produktnormen DIN VDE V 0825-1 bzw. DIN VDE V 0825‑11 legen keine Übertragungstechnologie fest. Insofern ist zur Sicherstellung der Notrufübertragung und Alarmauslösung grundsätzlich auch eine PNA auf Basis einer WLAN-Infrastruktur möglich.

Ein Hersteller von Personen-Notsignal-Anlagen hat bereits ein Gerät mit der beschriebenen Funktionalität erfolgreich auf den Markt gebracht Es ist die erste PNA auf Basis einer WLAN-Infrastruktur, die erfolgreich die Baumusterprüfung nach DIN VDE V 0825‑11 durchlaufen und ein GS‑Zertifikat erhalten hat (DGUV-Test, Zertifikatsnummer ET 18039). Das verwendete Personen-Notsignalgerät (PNG) ist ein modernes und robustes Industrie-Smartphone, das alle Anforderungen der Produktnorm erfüllt und weiterhin moderne Funktionen eines Smartphones mitbringt. Dieses Endgerät ist für den Mitarbeiter neben PNG auch Telefon und es können weitere Funktionen in das Gerät integriert werden. Der überwachte PNA-Betrieb kann entweder vom Mitarbeiter selbst gestartet und beendet werden oder in Gefahrenbereichen automatisch aktiviert werden. Hierdurch ist die PNA kein umständliches Zusatztool, sondern die PNA‑Funktion wird Bestandteil des Kommunikationsmittels, das der Mitarbeiter bei seiner Arbeit bei sich trägt. Dies stärkt sowohl die Akzeptanz der Lösung als auch den Schutz der Mitarbeiter.

Interessenkonflikt: Die Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

    Info

    PNA können ein Unfallereignis oder eine Notsituation nicht vermeiden. Deshalb sind vorrangig alle Möglichkeiten der Risikominimierung nach dem STOP-Prinzip auszuschöpfen. Erst wenn nicht mehr zu minimierende Restgefährdungen verbleiben, ist die Verwendung einer PNA in Betracht zu ziehen.

    Info

    Speziell an Unternehmer und deren Sicherheitsfachkräfte oder Betriebsärzte richten sich folgende Publikationen:

    • DGUV Regel 112-139 „Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen“
    • DGUV Information 212-139 „Notrufmöglichkeiten für allein arbeitende Personen“

    Vorrangig an die Hersteller der Personen-Notsignal-Anlagen richten sich die Produktnormen

    • DIN VDE V 0825‑1:2013‑09 „Überwachungsanlagen – Drahtlose Personen-Notsignal-Anlagen für gefährliche Alleinarbeiten - Teil 1: Geräte- und Prüfanforderungen
    • DIN V VDE 0825‑11:2016‑08 „Überwachungsanlagen – Drahtlose Personen-Notsignal-Anlagen für gefährliche Alleinarbeiten - Teil 11: Geräte- und Prüfanforderungen für Personen-Notsignal-Anlagen unter Nutzung öffentlicher Telekommunikationsnetze

    Weiterführende Informationen finden Sie auf der Homepage des Sachgebiets „Personen-Notsignal-Anlagen“ (www.dguv.de – Webcode: d35669).

    Für die Autoren

    Tilo Tiegs

    Sachgebietsleiter

    Sachgebiet „Personen-Notsignal-Anlagen“ im Fachbereich Persönliche Schutzausrüstungen

    Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) BG ETEM

    Stübelallee 49c – 01309 Dresden

    tiegs.tilo@bgetem.de

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