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Vorstellung der PSA-Verordnung und Darstellung der Auswirkungen

Hinweise zur neuen Verordnung für Persönliche Schutzausrüstung

Einheitliche Regelungen

Mit dem Rechtsinstrument einer EU-Verordnung wird den EU-Mitgliedsstaaten kein Spielraum bei der Umsetzung gegeben. Die Anforderungen an das Inverkehrbringen und Bereitstellen auf dem Markt, die Konformitätsbewertungsverfahren und die Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen für Produkte gelten unmittelbar und sind so in allen Mitgliedsstaaten identisch. Mit der europäischen PSA-Verordnung wurden die Regelungen zu persönlichen Schutzausrüstungen an den neuen europäischen Rechtsrahmen (New Legislative Framework, NLF; s. „Weitere Infos“) der EU von 2008 angeglichen. Dieser war in Deutschland bereits weitgehend durch das Produktsicherheitsgesetz umgesetzt; nun gelten dessen Grundlagen auf PSA bezogen generell für alle EU-Mitgliedstaaten. Für die jeweiligen Wirtschaftsakteure (Hersteller, Bevollmächtigte, Einführer, Händler) werden klare Anforderungen und Verpflichtungen zur Sicherstellung der Konformität ihrer Produkte mit den Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen nach Anhang II der PSA-Verordnung definiert. Ebenso legt die Verordnung neue Anforderungen an die Konformitätsbewertungsverfahren fest, die vor dem Inverkehrbringen von PSA durchzuführen sind, und gibt einen neuen Rahmen für die Marktüberwachung vor.

Definitionen von PSA und PSA-Kategorien

Im Vergleich zur bisher geltenden PSA-Richtlinie wurde der Anwendungsbereich der PSA-Verordnung erweitert und klarer gefasst.

Auch für maßgefertigte und individuell angepasste PSA (z.B. orthopädischen Fußschutz, Korrekturschutzbrillen, Otoplastiken) sind in der PSA-Verordnung nun Vorgaben enthalten, wie die Einhaltung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen durch Konformitätsbewertungsverfahren nachgewiesen werden kann. Offen sind hier noch teilweise detaillierte Spezifizierungen dazu, welche PSA genau in die Gruppe der „maßgefertigten“ und „individuell angepassten“ PSA fällt.

In der PSA-Verordnung wird der auch schon in der Vergangenheit allgemein verwendete, aber bisher nur im Leitfaden zur PSA-Richtlinie erläuterte Begriff der „Kategorie“ von PSA eingeführt. Die Einteilung der Kategorien erfolgt aufgrund der Risiken, gegen die die PSA schützen soll. Insbesondere für die Kategorie III wurden Erweiterungen vorgenommen: PSA zum Schutz gegen Ertrinken, PSA gegen Schnittverletzungen durch handgeführte Kettensägen, PSA gegen Hochdruckstrahl, PSA gegen Verletzungen durch Projektile oder Messerstiche und PSA zum Schutz gegen schädlichen Lärm (Gehörschutz) sind nun neben einer EU-Baumusterprüfung auch Maßnahmen zur Produktionskontrolle in der Herstellung zu unterziehen.

Aus dieser neuen Zuordnung von PSA in die Kategorie III ergeben sich für Deutschland unmittelbare Auswirkungen für die Anwender von PSA: nach § 31 der DGUV Vorschrift 1 sind für die Unterweisung von Beschäftigen zur Benutzung von PSA der Kategorie III gegen tödliche Gefahren oder bleibende Gesundheitsschäden praktische Übungen erforderlich. Somit gilt die Notwendigkeit der Unterweisung mit praktischen Übungen zusätzlich zu den auch schon bisher in Kategorie III fallenden PSA-Arten, wie beispielsweise PSA gegen Absturz und Atemschutz, auch für die oben genannten PSA-Arten.

Pflichten der Wirtschaftsakteure

In der PSA-Verordnung werden die Pflichten der Wirtschaftsakteure zur Sicherstellung der Einhaltung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen detailliert festgelegt und so in der Vertriebskette eine bessere Rückverfolgbarkeit bei Defiziten in der PSA sichergestellt. Neu ist für den Hersteller dazu, dass er jedem einzelnen Produkt die EU-Konformitätserklärung beifügen oder in den Anleitungen und Informationen des Herstellers die Internetadresse angeben muss, unter der auf die EU-Konformitätserklärung zugegriffen werden kann.

Insbesondere für den Einführer (Importeur) und den Händler ergeben sich neue Pflichten, da diese in der PSA-Richtlinie nicht explizit genannt waren. Einführer und Händler haben Überprüfungen zur Kennzeichnung der PSA, zu den erforderlichen Unterlagen, zu Anleitungen und Informationen des Herstellers usw. vorzunehmen. Einführer müssen zudem ihren Namen oder ihren Handelsnamen sowie ihre Adresse auf dem Produkt oder der Informationsbroschüre angeben, bevor sie eine PSA in Verkehr bringen.

Zudem wird klargestellt, dass Einführer und Händler die Rolle des Herstellers einnehmen, sobald sie PSA unter dem eigenen Namen oder unter eigener Marke in Verkehr bringen, oder bereits in Verkehr gebrachte PSA so verändern, dass die Konformität mit der PSA-Verordnung beeinträchtigt wird.

Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen

Grundlage für die technische Übereinstimmung von PSA mit der PSA-Verordnung sind die Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen in Anhang II. Hier bestehen im Vergleich zwischen der PSA-Verordnung mit der bisher geltenden PSA-Richtlinie keine grundlegenden Änderungen. Somit sind bei den meisten europäisch harmonisierten Normen (EN), die die Anforderungen der PSA-Verordnung näher definieren, keine generellen Änderungen erforderlich. Einige wenige Normen werden an die Änderungen in Anhang II der PSA-Verordnung anzupassen sein.

Für den Benutzer von PSA bedeutet dies, dass PSA, die den Regelungen der PSA-Richtlinie entsprochen haben, grundsätzlich auch weiterhin als sicher gelten können. Sowohl bei der Bereitstellung auf dem Markt (d.h. im Handel) als auch bei der Benutzung von PSA sind keine generellen Einschränkungen erforderlich.

EU-Baumusterprüfbescheinigungen

Für PSA der Kategorien II und III sind vor dem Inverkehrbringen Baumusterprüfungen durchzuführen, bei der die Übereinstimmung der PSA mit den Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der PSA-Verordnung bzw. von europäisch harmonisierten Normen nachgewiesen wird. Obwohl nach Ablauf der Übergangsfrist im April 2019 zum Inverkehrbringen von PSA zwingend die PSA-Verordnung zu Grunde zu legen ist, wurde von der EU-Kommission mitgeteilt, dass EU-Konformitätserklärungen (nach PSA-Verordnung) sich auch auf noch bestehende, gültige EG-Baumusterbescheinigungen (nach PSA-Richtlinie) beziehen können, wenn keine sicherheitstechnischen Einschränkungen durch grundlegende Änderungen bei den Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen oder durch den Stand der Technik bestehen.

Da die PSA-Verordnung für die Gültigkeit von Baumusterprüfbescheinigungen generell einen Zeitraum von maximal fünf Jahren festlegt, gilt diese Regelung ebenfalls für einen Zeitraum von maximal fünf Jahren. Durch die generelle Befristung der Gültigkeit von Baumusterprüfbescheinigungen wird sichergestellt, dass Produktänderungen sowie Änderungen bei den Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen bzw. Normen erkannt und in der Konformitätsbewertung berücksichtigt werden. Bislang unterschiedliche Ansätze der notifizierten Stellen bzw. der Mitgliedsstaaten der EU werden somit vereinheitlicht.

Ausblick

Mit den Festlegungen der PSA-Verordnung verfügen Hersteller, notifizierte Stellen und Behörden über das notwendige Regelwerk zum Inverkehrbringen, zur Konformitätsbewertung und zur Überwachung des Marktes von PSA. Anhand der CE-Kennzeichnung, Konformitätserklärung und Anleitungen sowie Informationen des Herstellers können Benutzer die richtige PSA für sichere Arbeitsplätze auswählen.

Wie bei jeder neuen Gesetzgebung bestehen auch bei der PSA-Verordnung für die Umsetzung einzelne Diskussionspunkte und offene Fragen. Diese werden durch einen „Leitfaden der EU-Kommission zur Anwendung der PSA-Verordnung“ (s. „Weitere Infos“)beantwortet. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Leitfadens ist in einem Anhang auch die Liste der Kategorieneinteilung von PSA, aus der eine einheitliche Position der EU-Mitgliedstaaten dazu entnommen werden kann, welche Produkte unter die PSA-Verordnung fallen und welcher Kategorie sie jeweils zuzuordnen sind. Der im Mai 2018 erstmals veröffentlichte Leitfaden (nur in englischer Sprache verfügbar) ist als ein lebendes Dokument zu verstehen, das anhand weiterer Diskussionen und Klarstellungen zu neuen Entwicklungen fortgeschrieben wird.

Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

Fußnoten

1 Verordnung (EU) 2016/425 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über persönliche Schutzausrüstungen und zur Aufhebung der Richtlinie 89/686/EWG

    Weitere Infos

    Verordnung (EU) 2016/425 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über persönliche Schutzausrüstungen und zur Aufhebung der Richtlinie 89/686/EWG des Rates

    https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32016R0425

    New Legislative Framework (NLF) der EU, 2008

    https://ec.europa.eu/growth/single-market/goods/new-legislative-framework_de

    Leitfaden der EU-Kommission zur Anwendung der PSA-Verordnung

    https://ec.europa.eu/docsroom/documents/29201

    autor

    Prof. h.c. Dipl.-Ing. Karl-Heinz Noetel

    Präsident der IVSS Sektion Bau

    Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau)

    Schwarzer Weg 3

    42117 Wuppertal

    Karl-Heinz.Noetel@bgbau.de

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