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Überlegungen zur praktischen Durchführung im Betrieb – Folge 4 –

Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen

Einleitung

„Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.“ Seit 1996 überträgt das Arbeitsschutzgesetz (s. „Weitere Infos“) dem Arbeitgeber mit §5 (1) die Pflicht zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen und listet in §5 (3) detailliert auf, welche Faktoren oder funktionalen Zusammenhänge („Umgang“, „Zusammenwirken“) eine Gefährdung begründen können. Da diese Gefährdungen gemäß §5 (3) lediglich „insbesondere“ zu beachten sind, war die Berücksichtigung weiterer –und somit auch psychischer – Belastungen naturgemäß niemals ausgeschlossen. Da diese allerdings im Gegensatz zu den konventionellen Gefährdungen im Gesetz zunächst nicht explizit genannt waren, wurde in der Vergangenheit die Notwendigkeit, sie in die Gefährdungsbeurteilung einzuschließen, vielfach in Abrede gestellt. Auch ein Verweis auf §3 der damaligen Bildschirmarbeitsverordnung (s. „Weitere Infos“), in dem es hieß: „Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach §5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber bei Bildschirmarbeitsplätzen die Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen insbesondere hinsichtlich einer möglichen Gefährdung des Sehvermögens sowie körperlicher Probleme und psychischer Belastungen zu ermitteln und zu beurteilen“, konnte die Skeptiker oftmals nicht überzeugen.

Nachdem der Gesetzgeber „psychische Belastungen bei der Arbeit“ als sechsten Punkt in die Liste der Gefährdungen des §5 (3) des Gesetzes aufgenommen hat, besteht nunmehr ein zweifelsfreier und nicht mehr zur Diskussion stehender Auftrag an den Arbeitgeber, diesen Aspekt der Arbeitstätigkeit im Hinblick auf den Gesundheitsschutz zu beurteilen.

Folge 1 legt den den Fokus auf den noch bestehenden Nachholbedarf im Hinblick auf die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastungen (GPB) sowie auf die GPB-Anlässe. Folge 2 geht auf die betrieblichen Akteure ein und stellt die GPB als Projekt vor. Folge 3 beleuchtet Aspekte von Planung und Prozessablauf. Folge 4 befasst sich mit der Kommunikation und der Verfahrensauswahl. In Folge 5 schließlich werden verschiedene Analyseverfahren skizziert und die Maßnahmenumsetzung erläutert.

Strategie der Kommunikation

Ohne Motivation und aktive Unterstützung von Geschäfts- und Abteilungsleitung, Personalabteilung, Arbeitnehmervertretung, Betriebsarzt und ggf. weiteren betrieblichen Funktionen wird eine Gefährdungsbeurteilung nicht zum gewünschten Erfolg führen. Deshalb darf eine professionelle Kommunikation zu diesen betrieblichen Funktionen als zentraler Erfolgsfaktor der Gefährdungsbeurteilung betrachtet werden und hat alle Prozessschritte zu begleiten. Sie gewährleistet einen angemessenen Informationsstand aller Beteiligten und die notwendige Transparenz im Unternehmen. Ein professionelles „Stakeholder- und Erwartungsmanagement“ bereits in der Planungsphase wird sicherstellen, dass die beteiligten Parteien im Betrieb den gesetzlichen Auftrag, die Sinnhaftigkeit, Inhalte, Schwerpunkte und die Zielsetzung der Gefährdungsbeurteilung nachvollziehen können und nicht unbegründete Erwartungen oder Befürchtungen aufkommen.

In einem Kommunikationsplan lässt sich zusammenstellen, welche Personen oder betrieblichen Bereiche bei der Kommunikation zu berücksichtigen sind und welche Informationen sie jeweils benötigen. Denn die Informationen werden hinsichtlich ihrer Detailliertheit sehr unterschiedlich sein müssen. Zeitpunkt und Reihenfolge der einzelnen Kommunikationsschritte sind ebenso zu planen wie die zeitlichen und inhaltlichen Zäsuren innerhalb der Gefährdungsbeurteilung, die eine separate Kommunikation nahelegen, etwa der Projektbeginn, Informationen zum Vorgehen, der Beginn der Analyse, erste Ergebnisse, detaillierte Darstellung der Resultate, Vorgehen zur Maßnahmenumsetzung u.v.a. Das Projektteam muss schließlich festlegen, welche Medien für die verschiedenen Phasen der Kommunikation zu präferieren sind. Es kommen

  • individuelle Präsentationen für die verschiedenen Adressaten,
  • Erläuterungen in Abteilungsbesprechungen,
  • E-Mails an alle Beschäftigten,
  • Rundbriefe,
  • Vorträge auf Betriebsversammlungen,
  • Beiträge in Firmenzeitschriften,
  • Intranet-Meldungen oder auch
  • Kurzvideos

in Betracht. Es mag eine hilfreiche Unterstützung sein, den Erklärfilm zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung der GDA (s. „Weitere Infos“) in die grundlegenden Erläuterungen einzubeziehen.

Inhaltliche Darstellung der Gefährdungsbeurteilung

Herauszustellen ist, dass die Gefährdungsbeurteilung nicht als Kritiksammlung, Mängelkatalog, Beschwerdeforum oder gar Wunschliste fehlinterpretiert werden darf, sondern dem unmissverständlichen Auftrag des §5 ArbSchG folgt und eine sachliche Bestandsaufnahme darstellt. Da der Begriff „Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen“ formal sperrig klingt und inhaltlich eher negativ konnotiert ist, wird auch hierzu einige Aufklärungsarbeit notwendig sein. Es kann durchaus eine Überlegung wert sein, in der betrieblichen Öffentlichkeit stattdessen beispielsweise von der „Analyse der Arbeitsbedingungen“ zu sprechen.

Den Beschäftigten ist zu vermitteln, dass die Gefährdungsbeurteilung kein Instrument ist, mit dem die spezifischen Fragen und Probleme jedes einzelnen Menschen im Betrieb betrachtet werden können, sondern dass sie der Erfassung und Bearbeitung kollektiver Themen des Unternehmens, bestimmter Unternehmensteile oder bestimmter Tätigkeiten dient. Es wird darauf hinzuweisen sein, dass parallel dazu die Klärung individueller Anliegen unverändert dem persönlichen Gespräch mit den Vorgesetzten vorbehalten bleibt.

Erstellung eines Q+A-Dokuments

Im Rahmen der Kommunikationsplanung sollte die Erstellung eines Q+A-Dokuments (Fragen und Antworten) nicht versäumt werden. Zunächst hilft es dem Projektteam selbst, Sachverhalte der Gefährdungsbeurteilung zu verstehen, griffige und laiengerechte Formulierungen zu trainieren und eine einheitliche Kommunikation nach außen vorzubereiten. Zudem kann ein Q+A-Dokument in ein Informationspaket eingebunden werden, das den Beschäftigten rechtzeitig vor Beginn der Analysephase zur Verfügung gestellt wird. Manche Fragen in diesem Dokument dürften sich bereits aus dem initialen, durch Einarbeitung in das Thema noch unberührten Brainstorming der Projektmitglieder ergeben, andere leiten sich aus der weiteren Bearbeitung und den Fortschritten des Projekts sowie Gesprächen im Team und mit betrieblichen Stakeholdern ab. Eine kleine Auswahl von Fragen, auf die Beschäftigte häufig eine Antwort bekommen möchten, zeigt die Infobox.

Motivation zur Teilnahme an der Gefährdungsbeurteilung

Insbesondere die Frage, ob der Mitarbeiter zur Teilnahme verpflichtet ist, stellt Ansprüche an die Kommunikationsstrategie der Projektgruppe. Obwohl die Teilnahme an der Gefährdungsbeurteilung für die Beschäftigten freiwillig ist, muss eine hohe Teilnahmequote erklärtes Ziel sein, damit die Resultate einen repräsentativen Charakter haben. Also wird zu überlegen sein, wie die Beschäftigten zu motivieren sind. Ein Instrument ist die umfassende, zielgruppengerechte Sachinformation, ein anderes die plausible Darstellung von Chancen und Nutzen der Gefährdungsbeurteilung, nämlich die Schaffung von Arbeitsbedingungen, die die psychische Gesundheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigen. Die Kooperation der Beschäftigten als Experten ihrer eigenen Tätigkeit ist dabei essentiell. Zusätzliche Stimuli wie Incentives, Teilnahmewettbewerbe zwischen Abteilungen, latenter Druck z.B. durch wiederkehrende Aufforderungen zur Teilnahme oder gar Abfrage der Teilnahme durch Vorgesetzte sind nicht legitim. Wenn die Teilnahmequote bereits als Indikator für das Interesse der Beschäftigten am Thema gewertet werden soll, sind derartige Beeinflussungen möglicherweise sogar kontraproduktiv.

Kommunikation problematischer Ergebnisse

Die Frage, wie zufrieden ein Unternehmen mit den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung sein kann und wann sich aus Analyseresultaten Handlungsbedarfe ergeben, birgt naturgemäß großen Interpretationsspielraum. Zentrale Bedeutung haben dabei die eigenen Erwartungen und Ziele, vielleicht auch Erfahrungen aus zurückliegenden Analysen oder Berichte vergleichbarer Unternehmen. Deshalb haben die Akteure des Projekts mit den betrieblichen Parteien, insbesondere der Leitungsebene, schon vor dem praktischen Beginn der Analyse eine gemeinsame Sichtweise und Sprachregelung zur Wertung und Einordnung denkbarer Resultate und auch von Worst-case-Szenarien zu entwickeln.

Eine weitsichtige Strategie der Kommunikation muss ein Konzept entwickeln, auch offenkundig negative Ergebnisse betriebsöffentlich fair zu thematisieren. Zudem muss eine professionelle Vorbereitung der Kommunikation berücksichtigen, dass eine Gefährdungsbeurteilung mit großer Wahrscheinlichkeit auch Arbeitsbedingungen aufzeigen wird, deren Veränderung die Beschäftigten zwar wünschen, deren betriebliche oder geschäftliche Rahmenbedingungen jedoch einer Änderung praktisch entgegenstehen.

Anforderungen an ein Verfahren

Rechtlich sind psychische Gefährdungen nach §5 ArbSchG in der gleichen Weise wie konventionelle Gefährdungen zu beurteilen. Allerdings lassen sich chemische, biologische oder physikalische Gefährdungen sowie Anlagen, Maschinen oder Verfahren und andere konventionelle Gefährdungen meist objektiv erfassen, messen, sehen und abbilden, mit Kennzahlen, Regeln und Normen vergleichen, dokumentieren und kontrollieren. Weil psychische Belastungen sich solcher Systematik entziehen, verlangt die Gefährdungsbeurteilung hier in der Praxis ein abweichendes Vorgehen, das nicht zuletzt von der betriebsspezifischen Zielsetzung, der Unternehmensgröße und -struktur und dem beabsichtigten Aufwand abhängt (Albrod 2017).

Wenngleich es folglich keine verbindlichen Vorgaben zur formalen Struktur der Gefährdungsbeurteilung gibt, kann es hilfreich sein, zur selbstkritischen Betrachtung der Prozessqualität der eigenen Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen die Checklisten (Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz 2016, s. auch „Weitere Infos“ – LASI 2009) zu Rate zu ziehen, auf die sich die Aufsichtspersonen in ihrer Beratungstätigkeit stützen. Die Leitlinie Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation der GDA (s. „Weitere Infos“) spricht von angemessener Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung, wenn

  • die betriebliche Gefährdungsbeurteilung im Wesentlichen durchgeführt und zutreffend bewertet wurde,
  • Maßnahmen des Arbeitgebers ausreichend und geeignet sind,
  • die Wirksamkeitskontrollen durchgeführt werden,
  • die Beurteilung aktuell ist und
  • die Dokumentation in Form und Inhalt angemessen vorliegt.

Dass die Leitlinien der GDA von einigen Gewerbeaufsichtsämtern möglicherweise als verbindlich angesehen werden (Luick 2016), dürfte rechtlich allerdings als fragwürdig einzustufen sein.

Vorbereitung zur Verfahrensauswahl

Von den betrieblichen Akteuren verlangt die spezielle Methodik eine gewissenhafte Auswahl und Einarbeitung, die ein beträchtliches zeitliches Kontingent im Projektverlauf beanspruchen. Um einen geordneten Einstieg in die Auswahl eines Analyseverfahrens zu erleichtern, sollten zunächst die betrieblich bereits vorliegenden Informationen zusammengetragen werden, mit denen eine erste, orientierende Betrachtung psychischer Belastungen (Becker 2011) möglich werden kann:

  • Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge
  • Erfahrungen aus der betriebsärztlichen Tätigkeit
  • Ergebnisse von Arbeitsablaufanalysen und Arbeitsplatzbegehungen
  • Beratungsschwerpunkte der Arbeitnehmervertretung
  • Erkenntnisse aus dem betrieblichen Eingliederungsmanagement
  • Krankenstands-Analysen, Erkrankungshäufungen
  • Betriebsklima, Resultate von Unternehmens-Surveys
  • Meinungsäußerungen in Team-Meetings und Mitarbeitergesprächen
  • Unfallgeschehen und unsichere Verhaltensweisen
  • Entwicklung der Personalfluktuation
  • Stellen- und Aufgabenbeschreibungen
  • Kennziffern (Produktion, Qualität, Sicherheit).

Diese Quellen lassen oftmals betriebliche Brennpunkte und Kernthemen erkennen und können dabei helfen, Verfahrensauswahl und Verfahrenstiefe festzulegen.

Themenfelder psychischer Belastungen

Für die Qualität der Gefährdungsbeurteilung ist maßgeblich, ob die vorhandenen psychischen Belastungen vollständig berücksichtigt werden. Ein Analyse-Tool muss die Themenfelder berücksichtigen, zu denen im Gesundheitsschutz allgemeiner Konsens besteht. Die Handlungsanleitung zur Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung LV 59 (LASI 2017) und die Leitlinie Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation der GDA (s. „Weitere Infos“) nennen (nicht abschließend):

  • Ungenügend gestaltete Arbeitsaufgabe (z.B. überwiegende Routineaufgaben, Über-/Unterforderung)
  • Ungenügend gestaltete Arbeitsorganisation (z.B. Arbeiten unter hohem Zeitdruck, wechselnde und/oder lange Arbeitszeiten, häufige Nachtarbeit, kein durchdachter Arbeitsablauf)
  • Ungenügend gestaltete soziale Bedingungen (z.B. fehlende soziale Kontakte, ungünstiges Führungsverhalten, Konflikte)
  • Ungenügend gestaltete Arbeitsplatz- und Arbeitsumgebungsbedingungen (z.B. Lärm, Klima, räumliche Enge, unzureichende Wahrnehmung von Signalen und Prozessmerkmalen, unzureichende Softwaregestaltung)

Der Abschlussbericht zum Forschungsprojekt „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – Wissenschaftliche Standortbestimmung“ (Rothe et al. 2017, s. „Weitere Infos“) der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin betrachtet vier Themenfelder mit jeweils mehreren Arbeitsbedingungsfaktoren (s. Infobox).

Der Bericht erinnert ausdrücklich daran, dass die psychischen Belastungsfaktoren sowohl mit positiven (z.B. Sinnerleben/Meaning of Work, Wirksamkeitserleben/Self-Efficacy) als auch mit negativen (z.B. Erschwerniserleben, Behinderung, Sinnlosigkeit) Konsequenzen verbunden sein kann.

Die Themenfelder, die sich um weitere (Teil-)Aspekte (Kommunale Unfallversicherung Bayern, Bayerische Landesunfallkasse 2016; Schmauder 2016) ergänzen lassen (z.B. Monotonie und repetitive Arbeiten, Kommunikation, Information, Transparenz, Arbeitsmenge, qualitative Angemessenheit der Arbeit, Zeit- und Leistungsdruck, Arbeitsabläufe, Multitasking, Möglichkeit der Kooperation, Mitsprache, Entwicklungsmöglichkeiten, Qualifikationsanforderungen, Verantwortung, Konzentrationsanforderungen), greifen die verfügbaren Analyseinstrumente mit unterschiedlichen Schwerpunkten und in variierender Tiefe und Systematik auf, etwa als Liste oder in hierarchisch organisierter Struktur mit Hauptthemen und zugeordneten Unterkapiteln. Mit einer praxisgerechten Gefährdungsbeurteilung sollte keine Datenflut erzeugt werden, die im betrieblichen Alltag schwer handhabbar ist und insbesondere keinen zusätzlichen Beitrag zur Festlegung von Maßnahmen der Prävention erwarten lässt.

Gütekriterien eines Verfahrens

Die Verfahren zur Erfassung und Beurteilung psychischer Belastungen müssen grundsätzlichen wissenschaftlichen Qualitätskriterien genügen (Bauer 2016; DGAUM 2015). Hier sind Validität (Gültigkeit), Reliabilität (Zuverlässigkeit) und Objektivität (Unabhängigkeit) zu nennen. Daneben wird die Auswahl eines Tools von Aspekten wie Sensitivität, Praktikabilität, Effektivität, Zumutbarkeit, Akzeptanz oder Zeitaufwand beeinflusst werden. Bei kommerziell angebotenen, urheberrechtlich geschützten Lösungen stellen die Kosten, die viele tausend Euro betragen können, einen weiteren Faktor dar (Bauer 2016). Abhängig von der ethnischen Zusammensetzung der Beschäftigtenkollektive sind zusätzlich fremdsprachige, zumindest englische Versionen zu fordern. Ferner können die bisherigen Anwendungen eines Instruments, etwa in vergleichbar strukturierten Unternehmen oder in demselben Wirtschaftszweig, von Interesse sein.

Die Toolbox der Bundesanstalt

Eine große Auswahl gängiger Analyseverfahren findet sich in der „Toolbox Version 1.2 – Instrumente zur Erfassung psychischer Belastungen“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Richter 2010). Die Veröffentlichung entspricht aktuell nicht mehr dem Stand der verfügbaren Tools, so dass sich die Auswahl eines Verfahrens nicht allein darauf stützen lässt. Trotzdem ist die Publikation aufgrund ihrer Systematik und Produktneutralität ein geeigneter Wegweiser. Die übersichtliche Auflistung (Verfahren, Ziele, Methode der Datengewinnung, Erfassung und/oder Bewertung, Merkmalsbereiche, Tätigkeitsklassen, Branchen) der Instrumente in tabellarischer Form wird durch Kurzbeschreibungen ergänzt. Hierin finden sich weitergehende Angaben, etwa zu den wissenschaftlichen Gütekriterien, zur Fragenzahl und Durchführungsdauer, zu Ansprechpartnern und Bezugsquelle u.v.a. Eine Quintessenz fasst die wesentlichen Charakteristika der jeweiligen Tools zusammen.

Sofern nicht vom eigenen Experten bereits ein Instrument vorgeschlagen wurde, ist das Projektteam gut beraten, die Toolbox zunächst zu sichten und die dortigen Verfahren nach definierten Kriterien zu filtern. Die dann verbleibenden Verfahren bedürfen unter Berücksichtigung des spezifischen betrieblichen Anforderungsspektrums einer weitergehenden Betrachtung. Auch der fachliche (z.B. telefonische) Austausch mit den Anbietern kann hilfreich sein. Da sich das eine, ideale Vorgehen zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen in der Regel nicht unmittelbar finden lassen wird, stellt es eine Option dar, die letztendlich in engere Auswahl kommenden Verfahren in einer ausführlichen Synopse einander gegenüberzustellen und darauf basierend im Kreise der Projektmitglieder zu erörtern. Damit lässt sich erreichen, dass der Zuschlag für ein Verfahren auf einem systematisch herbeigeführten Konsens der Projektmitglieder basiert. Vielfach macht auch die Kombination von Methoden Sinn. Beispielsweise erfordern die Interpretation und Gewichtung von Befragungsergebnissen und die Erarbeitung von resultierenden Maßnahmen meist den unmittelbaren Dialog mit den Beschäftigten, der am ehesten in gemeinsamen Workshops erreicht werden kann.

 

Interessenkonflikt

Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

 

Literatur

1 Albrod, M.: Einführung in den betrieblichen Gesundheitsschutz. Rieder, Verlag für Recht und Kommunikation. Münster, 2017

2 Bauer, J.: Psychische Belastungen am Arbeitsplatz. Rechtliche Rahmenbedingungen. Zbl Arbeitsmed 2016, 66, 47

3 Bauer, J.: Screening auf psychische Belastungen. Zbl Arbeitsmed 2016, 66, 43

4 Baumann, Helge, M. Maschke: Betriebsvereinbarungen 2015 – Verbreitung und Themen. Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut in der Hans-Böckler-Stiftung, WSI Mitteilungen, 3/2016, 223

5 Becker, Thomas et al. (Ausschuss für Arbeitsmedizin): Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Referat Information, Publikation, Redaktion (Hrsg.), Psychische Gesundheit im Betrieb, Arbeitsmedizinische Empfehlung, Bonn, 2011

6 Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, Amt für Arbeitsschutz (Hrsg.): Psychische Belastungen. Handlungskonzept zur Gefährdungsbeurteilung, Hamburg, 2016

7 Berufsgenossenschaft Rohstoffe Chemische Industrie: Gefährdungsbeurteilung - Gefährdungskatalog, Merkblatt A 017, Oktober 2016

8 Betriebsverfassungsgesetz. www.gesetze-im-internet.de/betrvg/BetrVG.pdf

9 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. Erfahrungen und Empfehlungen, Erich Schmidt Verlag, Berlin, 2014

10 Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed): Arbeitsmedizinische Regel (AMR) 3.2 „Arbeitsmedizinische Prävention“. www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/AMR/pdf/AMR-3-2.pdf

11 Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA): Die Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz. Besonderer Schwerpunkt: psychische Belastung. Ein Praxisleitfaden für Arbeitgeber, Berlin, 2013

12 Buntenbach, A., zitiert in: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Pressemitteilung Auftakt zum Runden Tisch "Dialog: Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt", Mai 2017. www.baua.de/DE/Services/Presse/Pressemitteilungen/2017/05/pm020-17.html

13 Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin: Positionspapier „Empfehlungen zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung

psychischer Belastungen“. Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2015, 50: 660–665

14 Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung: DGUV V 1, Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“, 2009, Carl Heymanns

Verlag, Köln

15 Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung: IAG Report1/2013 „Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen – Tipps zum Einstieg“. http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/iag-report-2013-01.pdf

16 Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA):  Arbeitsprogramm Psyche: Stress reduzieren - Potenziale entwickeln. www.gda-psyche.de

17 Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA):  Arbeitsprogramm Psyche: Stress reduzieren - Potenziale entwickeln.  Erklärfilm zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung. www.gda-psyche.de/SharedDocs/Videos/DE/erklaerfilm.html

18 Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA): Leitlinie Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation. http://www.gda-portal.de/de/pdf/Leitlinie-Gefaehrdungsbeurteilung.pdf?

19 Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie: „Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung“. http://www.gda-portal.de/de/pdf/Psyche-Umsetzung-GfB.pdf

20 Gerardi, C. et al. in: DGUV (Hrsg.), Fachkonzept Führung und psychische Gesundheit, Berlin 2014

21 Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit. https://www.gesetze-im-internet.de/asig/

22 Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG). www.gesetze-im-internet.de/arbschg

23 IG Metall Vorstand Funktionsbereich Arbeitsgestaltung und Qualifizierungspolitik, Ressort Arbeitsgestaltung und Gesundheitsschutz (Hrsg.): Anti-Stress-Verordnung, Frankfurt, 2012. www.igmetall.de/docs_0188530_Anti_Stress-Verordnung_ab6297762b343f1ce2cf2275345a3e1b648a983d.pdf

24 Joiko, Karin, M. Schmauder, G. Wolff: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Psychische Belastung und Beanspruchung im Berufsleben, Erkennen – Gestalten. www.baua.de/cae/servlet/contentblob/673898/publicationFile

25 Kommunale Unfallversicherung Bayern, Bayerische Landesunfallkasse: Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. Handlungshilfe. www.kuvb.de/fileadmin/daten/dokumente/RFOE/Broschueren/Broschuere_Handlungshilfe.pdf

26 Kommunale Unfallversicherung Bayern, Bayerische Landesunfallkasse: Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. Leitfragen zur Umsetzung. http://www.kuvb.de/fileadmin/daten/dokumente/GBI/Arbeitspsychologie/Gefaehrdungsbeurteilung/Leitfragen_GB_Psyche.pdf

27 Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI): Bußgeldkataloge zur Arbeitsstättenverordnung LV 56. http://lasi-info.com/uploads/media/lv56_01.pdf

28 Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI): Handlungsanleitung zur Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung, LV 59. http://lasi-info.com/uploads/media/LV_59_2017_01_01.pdf

29 Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI): Integration psychischer Belastungen in die Beratungs- und Überwachungspraxis der Arbeitsschutzbehörden der Länder, LV 52. http://lasi-info.com/uploads/media/lv52_01.pdf

30 Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI): Handlungsanleitung für die Arbeitsschutzverwaltungen der Länder zur Ermittlung psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz und zu Möglichkeiten der Prävention, LV 31. Saarbrücken, 2003

31 Leitung des GDA-Arbeitsprogramms Psyche (Hrsg.): Empfehlungen zur Qualifizierung betrieblicher Akteure für die Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung, Berlin, 2017. www.gda-psyche.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Qualifizierungs-Empfehlungen.pdf

32 Luick, R.: Psychische Gefährdungsbeurteilung.  Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 51, 2016, 486

33 Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz. Ein Handlungsleitfaden der Arbeitsschutzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, 2016

34 Nöllenheidt, Christoph, S. Brenscheidt: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Arbeitswelt im Wandel. Zahlen-Daten-Fakten. Ausgabe August 2016. www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Praxis/A95.pdf

35 Paridon, H.: Psychische Belastung in der Arbeitswelt. Eine Literaturanalyse zu Zusammenhängen mit Gesundheit und Leistung. Initiative Gesundheit und Arbeit, iga.Report 32, 2016

36 Richter, G.: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Toolbox Version 1.2 - Instrumente zur Erfassung psychischer Belastungen. Dortmund, 2010. ISBN: 978-3-88261-103-8

37 Rose, U. et al in: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Arbeit und Mentale Gesundheit. Ergebnisse aus einer Repräsentativerhebung der Erwerbstätigen in Deutschland. Dortmund, Berlin, Dresden, 2016

38 Rothe, I. et al: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt. Wissenschaftliche Standortbestimmung.  Dortmund, Berlin, Dresden 2017. www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/Psychische-Gesundheit.pdf

39 Schmauder, M.: Arbeitsbedingte psychische Erkrankungen. Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 51, 2016, 256

40 Sonntag, Karlheinz, E. Feldmann: Erfassung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz. Arbeitsmed Sozialmed Uweltmed 52, 2017, 638

41 Storm, Andreas (DAK-Gesundheit, Hrsg.): Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung (Band 16), Gesundheitsreport 2017. Analyse der Arbeitsunfähigkeitsdaten.  medhochzwei Verlag GmbH, Heidelberg, 2017

42 Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) (Hrsg.), Max-Planck-Institut für Psychiatrie: Der Einfluss von Arbeitsbedingungen auf die psychische Gesundheit. https://www.vbw-bayern.de/Redaktion/Frei-zugaengliche-Medien/Abteilungen-GS/Arbeitswissenschaft/2015/Downloads/151105-vbw-Studie-Der-Einfluss-von-Arbeitsbedingungen-auf-die-psychische-Gesundheit.pdf

43 Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV). www.gesetze-im-internet.de/arbstättv

44 Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten (Bildschirmarbeitsverordnung). www.ukb.uni-bonn.de/42256BC8002B7FC1/vwLookupDownloads/Bildschirmarbeitsverordnung.pdf

45 Wihan, D.: In 13 Schritten zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. ErgoMed/ Prakt. Arb. med. 41, 2017, 20-27

46 Wittig, P., Ch. Nöllenheidt, S. Brenscheidt (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Hrsg.): Grundauswertung der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012.  Dortmund/Berlin/Dresden 2013. www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/Gd73.pdf

47 Wittig-Goetz, Ulla: Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Gefährdungsbeurteilungen. www.boeckler.de/pdf/mbf_as_brmitb_2006.pdf

 

    Info

    BEISPIELFRAGEN EINES Q+A-DOKUMENTS

    • Was ist eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen?
    • Sind psychische Belastungen dasselbe wie psychische Krankheiten?
    • Heißt das, dass die Kollegen psychisch krank sind?
    • Muss ich jetzt mein Seelenleben offenlegen?
    • Wie ist meine Anonymität gewährleistet?
    • Werden unsere Arbeitsbedingungen anschließend auch wirklich verbessert?
    • Wird jeder einzelne Arbeitsplatz beurteilt?
    • Ist der Betriebsrat einverstanden?
    • Kann ich mit meiner Teilnahme etwas bewirken?
    • Bin ich zur Teilnahme verpflichtet?

    Info

    Themenfelder psychischer Belastungen

    Arbeitsaufgabe 

    • Tätigkeitsspielraum mit den Komponenten Handlungs- und Entscheidungsspielraum, Aufgabenvariabilität, Vollständigkeit
    • Arbeitsintensität 
    • Emotionsarbeit 
    • traumatische Belastung 
    • Störungen und Unterbrechungen

    Arbeitszeit

    • Atypische Arbeitszeiten 
    • Arbeitsbezogene erweiterte Erreichbarkeit
    • Arbeitspausen
    • Detachment (mentales Distanzieren von der Arbeit in der Ruhezeit) 
    • Mobilität sowie
    • Work-Life-Balance

    Führung und Organisation 

    • Führung 
    • Soziale Beziehungen 
    • Organisationale Gerechtigkeit 
    • Atypische Beschäftigung 
    • Arbeitsplatzunsicherheit

    Technische Faktoren 

    • Lärm 
    • Klima 
    • Licht 
    • Mensch-Maschine-Interaktion
    • Mensch-Rechner-Interaktion

    Weitere Infos

    Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA): Arbeitsprogramm Psyche: Stress reduzieren – Potenziale entwickeln. Erklärfilm zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung

    www.gda-psyche.de/SharedDocs/Videos/DE/erklaerfilm.html

    Rothe I et al: Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt. Wissenschaftliche Standortbestimmung. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), 2017

    www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/Psychische-Gesundheit.pdf

    Autor

    Dr. med. Manfred Albrod

    Großhansdorf

    m.albrod@gmx.net

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