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Schwerpunkt | Empfehlungen für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU)

Die BGM-Studie “whatsnext“

Veränderung der Arbeitswelt

Die fortschreitende Digitalisierung verändert die Arbeitswelt zunehmend. Das genaue Ausmaß dieser Veränderungen ist schwer zu greifen. Sicher ist jedoch, dass sie auch kleine und mittlere Unternehmen vor neue Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen stellt ( Abb. 1). So erfordern beispielsweise die steigende Komplexität und Menge der Aufgaben, die höheren Ansprüche an Informationsverarbeitung und auch die permanente Erreichbarkeit innovative Lösungen. Die umfassenden Daten der whatsnext-Studie lassen verschiedene Entwicklungstendenzen im BGM erkennen ( Tabelle 1). Diese seien nachfolgend zunächst erläutert, bevor daraus im zweiten Teil des Beitrags konkrete Handlungsempfehlungen für KMU abgeleitet werden.

Entwicklungstendenzen im BGM

BGM wird zielgruppenspezifischer

Die Entwicklungen in der Arbeitswelt zeigen auf, dass das klassische Gießkannenprinzip nicht ausreicht, um den Großteil der Beschäftigten mit Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) wirklich zu erreichen. Allein die jeweilige Arbeitsweise in verschiedenen Abteilungen bringt unterschiedliche gesundheitliche Schwierigkeiten mit sich, und auch die Erreichbarkeit von Beschäftigten im Außendienst ist nicht vergleichbar mit der von Büroangestellten. Zudem werden Belegschaften immer vielfältiger, was bei der Maßnahmenplanung unbedingt zu berücksichtigen ist.

BGM wird systematischer

Um bei den Beschäftigten wirklich anzukommen, müssen individuelle Bedürfnisse berücksichtigt und spezifische Maßnahmen entwickelt werden. Das Grundgerüst bilden hierbei systematische Bedarfsanalysen mittels Befragungen, Beobachtungsverfahren, Interviews oder Workshops. Ein Vorteil der systematischen Herangehensweise ist, dass am Ende eine genaue Erfolgsmessung steht. Diese Ergebnisse können in einem Kennzahlensystem zusammengeführt werden, was die Nachverfolgung und Überprüfung von Umfang, Art und Erfolg aller Gesundheitsmaßnahmen in der eigenen Organisation möglich macht.

BGM wird digitaler und spielerischer

Den größten Bedeutungszuwachs bei den BGM-Themen hat in den nächsten fünf Jahren die digitale BGF. Das bringt viele Vorteile mit sich, denn mit Gesundheits-Apps, Wearables (tragbare Sensoren) und Gesundheits-Portalen lassen sich zielgruppenspezifische Maßnahmen deutlich leichter umsetzen. Auch der spielerische Aspekt nimmt dabei laut der Studie zukünftig eine wichtigere Rolle ein. So können Schrittzähleraktionen oder persönliche Ranglisten die Motivation fördern und gesundheitsförderliches Verhalten mit Spaß verstärken. Trotz der Vorteile dürfen die Risiken selbstverständlich nicht außer Acht gelassen werden. Durch den zunehmenden Einsatz digitaler Verfahren wird u.a. der Schutz personen- und gesundheitsbezogener Daten noch mehr an Bedeutung gewinnen.

BGM wird aufsuchender

Eine der großen Herausforderungen in der BGF ist es, auch die weniger gesundheitsaffinen Beschäftigten zu erreichen. Für diese Personengruppe sind externe Angebote wie die Laufgruppe nach Feierabend weder interessant noch überzeugend. Für eine nachhaltige Sensibilisierung der gesamten Belegschaft stellen aufsuchende Gesundheitsmaßnahmen deshalb eine vielversprechende Möglichkeit dar. Dabei werden die Beschäftigten direkt am Arbeitsplatz, oft auch während der Arbeitszeit, mit Gesundheitsangeboten und Informationen konfrontiert.

BGM wird mehr inhouse gelöst

Für Gesundheitsmaßnahmen kommen zukünftig verstärkt auch interne Lösungen zum Einsatz. Darunter wird verstanden, dass bereits gesundheitsaffine Beschäftigte zu Multiplikatoren – z. B. „Gesundheitsbotschaftern“ – ausgebildet werden. Sie erhalten den Auftrag, sich für die Gesundheit ihrer Kolleginnen und Kollegen zu engagieren und haben die Möglichkeit, Gesundheitsangebote direkt an den Arbeitsplatz zu bringen. Eine zeitsparende und nachhaltige Methode, die noch weitere Vorteile mit sich bringt. So können beispielsweise Gesundheitsbotschafter mit Migrationshintergrund durch ihre Herkunft und Mehrsprachigkeit auch die Beschäftigten begeistern, die ansonsten aufgrund sprachlicher oder kultureller Barrieren möglicherweise nicht erreicht werden.

BGM wird kommunikativer

Nach der digitalen BGF erlangt die Gesundheitskommunikation den zweitgrößten Bedeutungszuwachs bei den BGM-Themen. Das ist gut nachvollziehbar, denn transparente Kommunikation spielt für Akzeptanz und Verständnis von Veränderungen eine ausschlaggebende Rolle. Bei der Umsetzung von Gesundheitskommunikationsmaßnahmen bietet sich eine Kombination aus verschiedenen Techniken an, die auch im klassischen Marketing Anwendung finden. Besonders wichtig – insbesondere in KMU – ist dabei die persönliche Kommunikation. Durch sie ist direktes Feedback, die Beantwortung konkreter Fragen, aber auch die Vermittlung von emotionalen Botschaften möglich. Auch neuartige Kommunikationswege wie „gesunde“ Betriebsausflüge, Gesundheitstheater oder Gesundheits-Flashmobs werden an Bedeutung zunehmen.

Empfehlungen für KMU

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich BGF und BGM in kleinen und mittleren Unternehmen im Zeitalter von Arbeit 4.0 deutlich verändern werden. Sie sollten sich früh darauf einstellen und Lösungen entwickeln. Basierend auf den Ergebnissen der whatsnext-Studie für die Gruppe der KMU ergeben sich die folgenden Handlungsempfehlungen (s. Infobox). Die Praxistipps helfen dabei, das BGM erfolgreich an die zukünftigen Herausforderungen der digitalen Arbeitswelt und die veränderten Bedürfnisse der Beschäftigten anzupassen.

Literatur

Krapf F et al.: Studienband #whatsnext – Gesund arbeiten in der digitalen Arbeitswelt.Sonderveröffentlichung in: Straub R (Hrsg.): Personalmagazin – Management, Recht und Organisation. Freiburg, 2017.

Krapf F et al.: Gesund arbeiten in der Zukunft. Wie Mitarbeiter und Unternehmen im digitalen Wandel gesund bleiben.Praxisratgeber der Sonderveröffentlichung in: Straub R. (Hrsg.): Personalmagazin – Management, Recht und Organisation. Freiburg, 2017.

Interessenkonflikt: Die Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

    Info

    Praxistipps für KMU

    • Psychische Gefährdungsbeurteilung als Chance sehen: Die gesetzliche Pflicht zur psychischen Gefährdungsbeurteilung beeinflusst das BGM im positiven Sinne. Sie ist zudem eine gute Möglichkeit für KMU, um über eine analytische Herangehensweise ein ganzheitliches BGM zu implementieren. Hier ist zukünftig eine stärkere Einbindung der Betroffenen (Partizipation) wichtig.
    • Die notwendigen Ressourcen bereitstellen: Zur erfolgreichen Implementierung eines zukunftsfähigen BGM sind sowohl ausreichende finanzielle als auch personelle Ressourcen nötig. Geschäftsleitungen sind hier gefordert, mehr zu investieren. Auch bedarf es klarer Verantwortlichkeiten und der Bereitstellung von Personal – weit mehr als bisher.
    • Gesundheitskultur verankern: Durch die Verankerung von Gesundheit in der Betriebskultur lebt das BGM. Das ist bereits ab dem ersten Ausbildungsjahr nachhaltig möglich. Doch auch schon davor lassen sich in Abstimmung mit Berufs- und Verwaltungsschulen Konzepte zur Gesundheitsbildung entwerfen, die eine Stärkung der Gesundheitskompetenz beinhalten.
    • Mehr Unterstützungsangebote für Führungskräfte: Das Engagement der Führungskräfte ist der wichtigste Faktor für die Weiterentwicklung des BGM. Ausreichend Unterstützungsangebote sind notwendig, um sie für diese Schlüsselfunktion zu qualifizieren.
    • Eigene Mitarbeiter einbinden und aufsuchend denken: Die Ausbildung von Beschäftigten zu Gesundheitsbotschaftern ermöglicht die direkte und kontinuierliche Erreichung der Beschäftigten am Arbeitsplatz. Das erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit, ist ressourcenschonend und verbessert das interne Know-how.
    • Innovative Konzepte für Beschäftigungsformen: KMU müssen sich durch flexiblere Arbeitsmodelle auf neue Beschäftigungsmodelle einstellen. Hier sollten die Beschäftigten zunächst selbst zu ihrer favorisierten Arbeitsweise befragt werden. Sind Beruf und Privatleben besser vereinbar, können die zeitliche und emotionale Komplexität der beruflichen Tätigkeit und damit möglicher Stress reduziert werden.
    • Auf ressourcenstärkende Maßnahmen setzen: In Zukunft gewinnen ressourcenstärkende Maßnahmen wie Resilienz (psychische Widerstandsfähigkeit), Stresstoleranz sowie Schlaf und Erholung an Bedeutung. Auch im Sinne der komplexeren und umfangreicheren Anforderungen an die Beschäftigten wird es noch wichtiger werden die eigenen Potenziale der Beschäftigten zu stärken.
    • Lebenslanges Lernen weiter fördern: Als wichtigstes BGF-Thema sollte Lebenslanges Lernen in die Betriebskultur integriert werden und von den Auszubildenden bis hin zu den älteren Beschäftigten reichen. Der Erwerb von Kompetenzen – beispielsweise zum gesundheitsgerechten Umgang mit Arbeit und Privatleben oder mit digitalen Medien – spielt hier eine wichtige Rolle.
    • Gesundheitskommunikation ausbauen: Maßnahmen, Investitionen und Erfolge im BGM müssen bekannt gemacht werden. Zentral ist es dabei, systematisch vorzugehen und BGM-relevante Kommunikationsbereiche zu nutzen. Dazu zählen etwa Öffentlichkeitsarbeit, Mediawerbung, Verkaufsförderungsmaßnahmen oder Eventmarketing. Die persönliche Kommunikation ist im Kontext des BGM jedoch besonders wichtig.
    • Erfolge messen und Fakten schaffen: Nutzen und Kosten der BGM-Maßnahmen müssen kontinuierlich überprüft und mithilfe eines Kennzahlensystems transparent gemacht werden. Das hilft, den Überblick zu bewahren und den Fokus gezielt zu setzen. Zudem liefert es Argumente zur Durchsetzung der wichtigen Maßnahmen.
    • Digitale BGF und Datenschutz: Die Sicherheit von personen- und gesundheitsbezogenen Daten hat mit dem zunehmenden Einsatz von digitalen Lösungen größte Priorität. Eine frühe Einbindung der Datenschutzbeauftragten und des Betriebsrats sowie ein transparenter Umgang den Beschäftigten gegenüber ist ratsam.

    Weitere Infos

    Homepage des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (Download des Studienbandes)

    www.ifbg.eu

    Koautoren

    Mitautoren des Beitrags sind Dr. Utz Niklas Walter, Lotte Sophia Roessler und Prof. Dr. Filip Mess.

    Für die Autoren

    Dr. Fabian Krapf

    Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung

    Blarerstraße 56

    78462 Konstanz

    fabian.krapf@uni-konstanz.de