Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
SCHWERPUNKT

UV-Strahlung und Gebäudescheiben

UV-Strahlung – Wirkung und Gefährdung

Fast jeder Mensch verbindet mit der Sonnenstrahlung zunächst etwas Positives. Gerade im Frühling, nach den kurzen, dunklen und kalten Tagen des Winters, erfreut man sich an jedem Sonnenstrahl. Oft halten wir uns dabei dann ganz bewusst in der Sonne auf und unterschätzen gerade in dieser Zeit die möglichen Gesundheitsgefahren: Denn unser eigenes Verhalten ist oft nicht dem „UV“-Sonnenstand angepasst: Dieser entspricht im April und Mai etwa dem der Monate August und September, so dass die Bestrahlung auch in diesen Monaten hoch ist und zu bleibenden Hautschädigungen führen kann.

Der Wellenlängenbereich der UV-Strahlung wird in drei Bereiche unterteilt: UV-C (100–280 nm), UV-B (280–315 nm) und UV-A (315–400 nm). Je kürzer die Wellenlänge, desto höher die Energie und damit auch das Schädigungspotenzial. UV-C wird von der Ozonschicht der Erde vollständig absorbiert, UV-B erreicht zu etwa 10 % die Erdoberfläche und UV-A nahezu ungehindert. Diese Eigenschaft spielt auch bei der Beurteilung der Transmission, sprich der Durchlässigkeit von Scheiben jeglicher Art, eine wichtige Rolle.

Sonnenstrahlung, Hautkrebs und Berufskrankheit

Das Thema „UV-Strahlung“ wird in der Arbeitswelt zurzeit intensiv diskutiert. Grund hierfür ist die Berufskrankheit Nr. 5103 „Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“, die mit Wirkung vom 1. Januar 2015 neu in die so genannte „Berufskrankheitenliste“ aufgenommen wurde. Die „amtliche“ Feststellung, dass arbeitsbedingte UV-Strahlung Hautkrebs auslösen kann, führt bei vielen Menschen zu Unsicherheiten. Bin ich gefährdet? War ich während meiner Tätigkeiten im Beruf übermäßig exponiert? Wie kann ich mich schützen? Zu den verschiedenen „Expositionsszenarien“ gibt es bisher jedoch nur wenig Wissen und damit weiteren Forschungsbedarf.

Schon jetzt ist es möglich, mit Hilfe eines Algorithmus retrospektiv Berechnungen der Exposition von Beschäftigten durchzuführen, um Aussagen über den Anteil der im Arbeitsleben erworbenen Bestrahlung treffen zu können (Wittlich et al. 2016). Diese Ermittlung der arbeitsbedingten Exposition ist eine wichtige Voraussetzung, um über das Vorliegen einer Berufskrankheit zu entscheiden (Wittlich 2015, s. „Weitere Infos“).

Exposition hängt von der Tätigkeit und dem Ort ab

Alle Beschäftigten, die in Deutschland ganz oder teilweise im Freien arbeiten, sind potenziell gefährdet. Entscheidend ist, wann und wie lange Beschäftigte der UV-Strahlung der Sonne – genauer gesagt der gesamten Himmelsphäre – ausgesetzt sind. Hier kommen detaillierte Kenntnisse über die Expositionssituation zum Tragen.

Im Rahmen der DGUV-Messkampagnen werden seit 2014 detaillierte Belastungsdaten für unterschiedliche Tätigkeiten im Außenbereich gesammelt und ausgewertet. Die Zahl der dabei eingesetzten Probanden erreicht in Kürze die 1000 – eine große Anzahl, die in über 100 Berufsbildern, mit insgesamt mehreren hundert Einzeltätigkeiten, für ein hochaufgelöstes Bild der Expositionssituationen sorgen wird. Die DGUV hat im Rahmen einer Pressekonferenz im Juli 2016 erste Ergebnisse der Messkampagnen vorgestellt (s. „Weitere Infos“).

Bei der Klärung von Präventionsbedarf tritt regelmäßig auch die Frage nach der Exposition in Fahrzeugen und Gebäuden mit Glasflächen auf.

Scheibentyp hat Einfluss auf die Transmission

Die Durchlässigkeit von Scheiben für optische Strahlung hängt wesentlich von den Eigenschaften des verwendeten Materials ab. Ein Blick auf den Markt der verfügbaren Materialien zeigt die breite Varianz in den verwendeten Werkstoffen und impliziert damit auch die Unüberschaubarkeit hinsichtlich der optischen Eigenschaften. Ausgehend von den ursprünglich reinen Vollglasscheiben haben sich die heutigen Scheiben zu technischen Spezialentwicklungen verändert, mit Folien, verschiedenen Glasmischungen, Isoliergasfüllungen usw.. Sie erfüllen dabei nicht nur die Aufgabe der Scheibe an sich, sondern sind wichtige statische Bauelemente, die in der Struktur eines Gebäudes eingeplant werden.

Je nach Gebäudekonstruktion werden gleich zwei Hüllen, d.h. Schichten der Außenwand, mit Glasscheiben verbaut: eine Sekundärfassade als äußere Hülle sowie eine Primärfassade als Büroabschluss. Beide Scheiben sind als Verbundsicherheitsglas (VSG) ausgeführt, können aber unterschiedliche Eigenschaften besitzen, die sich auch auf die UV-Absorption auswirken.

Grundsätzlich werden die Nennwerte und optischen Kenngrößen von Gebäudescheiben in der DIN EN 410 (2011) beschrieben. Sie ist sowohl auf übliche Verglasungen als auch auf absorbierende oder reflektierende Sonnenschutzgläser anwendbar, die in senkrechten oder waagerechten Lichtöffnungen eingesetzt werden.

In dieser Studie werden Ergebnisse gezeigt, die exemplarisch die Transmission von Scheiben von Gebäuden verschiedener Epochen zeigen:

  • Zwei-Etagiges Mehrzweckgebäude aus den frühen 1980er Jahren
  • Drei-Etagiges Verwaltungsgebäude aus den 1980er Jahren
  • Drei-Etagiges Verwaltungsgebäude aus den 2010er Jahren
  • Verwaltungshochhaus (>40 Etagen) aus den frühen 2000er Jahren
  • Pförtnergebäude aus den Wirtschaftswunderjahren (1950–1970)

Die daraus gewonnenen Ergebnisse können mit der Transmission von Fahrzeugscheiben verglichen werden, da anzunehmen ist, dass die gleichen Materialien verwendet wurden. Dabei erstreckten sich die Messungen auf Verbundglas- sowie auf Vollglas- und Kunststoffscheiben. Obwohl die konkrete Expositionssituation in Fahrzeugen eine andere sein kann, ist die Fragestellung hinsichtlich der Transmission gleich.

Systematische Messungen zeigen UV-Schutz durch Scheiben

Um die Transmission von Scheiben ermitteln zu können, hat das IFA mit Hilfe eines eigens entwickelten, mobilen Messaufbaus systematische Messungen durchgeführt.

Von Interesse ist die so genannte Transmission der erythemwirksamen UV-Bestrahlung. Das bedeutet, dass die durch die Scheibe transmittierte Strahlung hinsichtlich ihrer Fähigkeit, einen Sonnenbrand („Erythem“) auszulösen, bewertet wird. Die gewonnenen Werte werden zum einen für Zwecke der Prävention in Verbindung mit den Ergebnissen aus GENESIS-UV umgesetzt, und zudem hinsichtlich der Relevanz für die BK-Nr. 5103 geprüft. Die UV-Exposition von Beschäftigten wird grundsätzlich bezüglich der Erythemwirksamkeit bewertet, obwohl dies für das Wirkungsspektrum bei Hautkrebs nur eine Näherung darstellt. Hinsichtlich der Bewertung von natürlicher UV-Strahlung der Sonne handelt es sich hierbei um einen „Common Sense“.

Ein Blick auf die Ergebnisse (s. Infobox) zeigt sich eine gute Schutzwirkung der untersuchten Scheiben vor UV-Strahlung. Führend sind dabei die Scheiben in dem Verwaltungshochhaus aus den frühen 2000er Jahren, die auf den Südseiten der oberen Etagen nur 0,3 % der einfallenden UV-Strahlung durchlassen. Selbst in dem Gebäude aus den Wirtschaftswunderjahren der 1950er und 1960er Jahre sowie den Bauten aus den 1980er Jahren ist die Transmission kleiner als 4 % bzw. 5 %. Interessanterweise wurden bei der Erweiterung des Mehrzweckbaus in den 2010er Jahren Fensterscheiben verbaut, die weniger als 2 % der UV-Strahlung durchlassen und den schon guten Schutz weiter verbessern.

Schaut man auf die transmittierten, spektral gewichteten Anteile der UV-Strahlung ( Abb. 1), so haben alle Scheiben die völlige Blockierung der UV-B-Strahlungsanteile gemein: Keinerlei Strahlungsanteile bei Wellenlängen kürzer als 325 nm konnten detektiert werden. Es werden ausschließlich UV-A-Strahlungsanteile durch die Scheiben hindurch gelassen. Insbesondere im Verwaltungshochhaus besitzen die Scheiben einen hohen UV-Schutz. Dort gelangt erst Strahlung mit Wellenlängen größer als 380 nm hindurch; ein Wellenlängenbereich, der in manchen Definitionen schon dem visuellen Blaulicht zugeordnet wird.

Hieraus kann geschlussfolgert werden, dass keine Strahlungsanteile durch die Scheiben gelangen, die eine direkte Schädigung der DNS im Zellkern verursachen kann.

Scheiben eignen sich zur Prävention von UV-Bestrahlungen

Die gewonnenen Erkenntnisse lassen sich für die Prävention verwenden. Für die Beschäftigten in Gebäuden besteht keine Gefährdung durch solare UV-Strahlung. Es müssen also keine speziellen Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Im Umkehrschluss kann argumentiert werden, dass insbesondere der Schutz durch Scheiben oder ähnliche absorbierende Materialien ausreichend ist. Man sollte also dort – wo möglich – Scheiben als Schutz vor UV-Bestrahlung verwenden.

Diese Erkenntnisse decken sich auch mit Forschungsergebnissen, die in einer Studie zur Transmission von Fahrzeugscheiben gewonnen wurden. Die verschiedenen Fahrzeug-Scheibentypen lassen sich gemäß ihrer Transmissionsfähigkeit für UV-Strahlung in zwei Gruppen einteilen: Vollglasscheiben mit einer Transmission von 5–10 % und einer daraus folgenden Absorptionsrate von 90–95 % der erythemwirksamen UV-Strahlung und Verbundglas- und Kunststoffscheiben, die sogar nur zwischen 1 % und 2 % der einfallenden Strahlung transmittieren.

Für die präventiven Aspekte kann man die Wirkung der Fensterscheiben als „UPF“ („ultraviolet protection factor“, UV-Schutzfaktor; sollte nicht mit dem Lichtschutzfaktor z. B. von Sonnencremes verwechselt werden) angeben, der sich in der Berechnung aus dem Kehrwert des Transmissionsfaktors ergibt. Es folgen daraus UPFs zwischen 20 für das zweistöckige Mehrzweckgebäude aus den 1980er Jahren und von fast 400 für das Verwaltungshochhaus. Der UPF erlaubt eine direkte Aussage darüber, um welchen Faktor sich die Expositionszeit bis zum Erreichen der Sonnenbrandschwelle verlängern würde. Es ist zu erkennen, dass Beschäftige hinter den entsprechenden Scheiben gut vor der UV-Strahlung geschützt sind.

Grundsätzliches zur Exposition in Gebäuden

Bei der Beurteilung von Expositionen muss immer die Gesamtsituation betrachtet werden. Entscheidend sind grundsätzlich die Zeitanteile, in denen eine Körperstelle bestrahlt wird.

Beim Arbeiten in Gebäuden kann nach den Ergebnissen der Messungen im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass ein ausreichender Schutz und damit keine Gefahr für die Gesundheit besteht.

Besondere Präventionsmaßnahmen sind nicht erforderlich. Selbst bei einem Arbeitsplatz in einem Büro in Südlage in unmittelbarer Fensternähe dürften Fensterscheiben ausreichend schützen. Oft wird es aber gerade dort schon Sonnenschutz geben, um z. B. durch Rollos die mit der Sonne verbundene Hitzeentwicklung und Blendung zu reduzieren. Zudem bewegt man sich während der Arbeit am Arbeitsplatz oder innerhalb des Gebäudes, so dass die theoretisch mögliche Bestrahlung ohnehin bei weitem nicht erreicht wird.

Schlussfolgerungen und Fazit

Moderne Fensterscheiben bieten ein hohes Maß an Schutz vor solarer UV-Strahlung. Dies wird oft schon durch den konstruktiven Aufbau der Scheibe erreicht. Viele Hersteller bieten zusätzlich einen integrierten UV-Schutz an. Das verstärkt die Schutzwirkung für den Menschen und kann darüber hinaus z. B. auch das Ausbleichen der Möbelstücke verhindern.

Retrospektiv betrachtet kann geschlossen werden, dass selbst Scheiben in Gebäuden aus der Wirtschaftswunderzeit der 1950er und 1960er Jahre einen guten Schutz vor solarer UV-Strahlung geboten haben. Eine hautschädigende Exposition gegenüber solarer UV-Strahlung kann in Gebäuden daher ausgeschlossen werden.

Bei der Planung von Fensterfläche sollte die natürliche Beleuchtung jedoch eine wesentliche Rolle spielen.

Literatur

DIN EN 410: Glas im Bauwesen – Bestimmung der lichttechnischen und strahlungsphysikalischen Kenngrößen von Verglasungen. Deutsche Fassung EN 410: 2011-04.

Wittlich M, Westerhausen S, Kleinespel P, Rifer G, Stoppelmann W: An approximation of occupational lifetime UVR exposure: algorithm for retrospective assessment and current measurements. J Eur Acad Dermatol Venereol 2016; 30 (Suppl 3): 27–33.

    Info

    Transmissionsfaktoren verschiedener Scheibentypen

    Der technische Aufbau von Scheiben hat großen Einfluss auf die Transmission. Ist beispielsweise Kunststoff verbaut, wie bei Verbundsicherheitsglas zur Vermeidung von Splitterwirkung, dann wird bereits ein großer Anteil der kurzwelligen UV-Strahlungsanteile aus der Sonnenstrahlung absorbiert. Auch aktive UV-Schutzkomponenten, Beschichtungen oder Tönungen können Einfluss auf die Transmission haben.

    In dieser Studie wurden exemplarisch verschiedene Scheibentypen auf ihre Transmissivität hin untersucht.

    Transmissionsfaktoren verschiedener Scheibentypen. Angegeben sind die Transmissionsgrade für erythemgewichtete UV-Strahlung in Prozent:

    Weitere Infos

    Wittlich M: Technische Information zur Ermittlung in Berufskrankheiten (BK-)fällen vor dem Hintergrund der neuen Berufskrankheit mit der BK-Nr. 5103 „Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung. Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Sankt Augustin, 2015

    www.dguv.de/medien/ifa/de/fac/strahl/pdf/bk_natuerliche_strahlung.pdf

    Pressemeldung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)

    www.dguv.de/ifa/fachinfos/strahlung/genesis-uv/index.jsp

    Weitere Informationen zu den Messkampagnen rund um die UV-Strahlung, sowie Details zu den hier präsentierten Messungen

    www.dguv.de/genesis

    www.dguv.de/ifa/fachinfos/strahlung/index.jsp

    Für die Autoren

    Dr. rer. nat. Marc Wittlich

    Institut für Arbeitsschutz der DGUV

    Alte Heerstraße 111

    53757 Sankt Augustin

    marc.wittlich@dguv.de

    Jetzt weiterlesen und profitieren.

    + ASU E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
    + Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
    + Exklusive Webinare zum Vorzugspreis

    Premium Mitgliedschaft

    2 Monate kostenlos testen