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Reduzierung von Belastungen am Arbeitsplatz

Technische Absaugung

Die Umsetzung der technischen Maßnahmen, hier die Absaugung, ist in der Hierarchiestufe der arbeitsschutztechnischen Maßnahmenrangfolge nach der Substitution die zweite Maßnahmenstufe, um Gefährdungen zu reduzieren und zu verhindern. Absaugungen werden eingesetzt, wenn eine Messung ergibt, dass Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) sowie weitere Beurteilungsmaßstäbe für Gefahrstoffe von flüchtigen Substanzen, Gasen, Dämpfen und Aerosolen in der Atemluft überschritten sind oder gefährliche explosionsfähige Atmosphären verhindert werden müssen. Hier ist es äußerst wichtig, dass die richtige Absaugung für die entsprechenden Gefahren ausgesucht, nach Anforderung errichtet und gewartet werden. In der Praxis kommt es hierbei häufig zu Fehlern, wodurch das Absaugsystem nicht effektiv wirkt oder sogar unwirksam ist bzw. mit der Zeit unwirksam wird.

Technische Grundlagen einer Absaugung

Das Grundprinzip jeder Absaugung besteht darin, dass unter Verwendung eines definiert ausgerichteten Volumenstroms Absauggeschwindigkeiten erzeugt werden, die ausreichen, um Stäube, Dämpfe oder gasförmige Stoffe aus der Atemluft am Arbeitsplatz zu entfernen. Die kontaminierte Atemluft muss von dem Erfassungselement über ein geeignetes Rohrsystem sicher in eine Abscheideeinheit abgeführt werden.

Einsatzgebiete einer Absaugung

Technische Absaugungen werden entsprechend ihrer Anwendung in drei Gruppen unterteilt. Zur ersten Gruppe gehören Absaugungen, die an der Entstehungsstelle von Gefährdungen wirken. Diese fest installierten Anlagen reduzieren das vorhandene Gefährdungspotenzial direkt an der Entstehungsstelle bzw. im Entstehungsbereich. Dadurch wird der unmittelbare Kontakt mit dem Beschäftigten verhindert. Da diese Variante jedoch nicht immer möglich ist, können auch Absaugtechniken innerhalb eines Raumes oder Teilbereichs durchgeführt werden. Dies kommt dann zum Einsatz, wenn das Gefährdungspotenzial innerhalb einer Anlage oder eines definierten abgegrenzten Raumes entsteht und ein größerer Bereich abgesaugt werden muss. Bei Prozessen, bei denen aufgrund des Verfahrens, der bautechnischen Gegebenheiten oder der Anlage selbst die beiden erstgenannten Absaugvarianten nicht realisierbar sind, gibt es noch eine weitere Lösung: mobile Arbeitsplatzabsaugungen. Diese bieten oftmals eine hohe Effizienz und sind flexibel einsetzbar.

Bei der Auswahl einer Absaugung sind verschiedene Anforderungen zu berücksichtigen, die sich aus den örtlichen Gegebenheiten und den identifizierten Gefahrenpotenzialen der eingesetzten Verfahren oder Substanzen ableiten.

Gefahrenpotenziale

Bei der Auswahl von Absaugsystemen ist darauf zu achten, wo und zu welchem Zweck die Absaugung eingesetzt werden soll und welche Voraussetzungen vorliegen, um eine möglichst hohe Effizienz und ein hohes Wirkungspotenzial zu erreichen. Bei der Auswahl muss daher unter anderem auf folgende Punkte geachtet werden:

  • Welche Eigenschaften hat der Stoff (Flüchtigkeit, Toxizität etc.)?
  • Welche Thermik kann durch den Stoff entstehen (Dampfdruck, Verwirbelung etc.)?
  • Wie ist die Emissionsquelle angeordnet?
  • Welche Freisetzungsgeschwindigkeiten, Luftgeschwindigkeiten oder Verwirbelungen sind im Ansaugfeld der Absaugung?

Die Auflistung zeigt, dass eine wirksame und effiziente Absaugung von verschiedenen Faktoren abhängig ist. Die Umsetzung ist im Regelfall komplex und bedarf einer sorgfältigen Planung. Für eine möglichst effektive Absaugung sollten zunächst die Absauggeschwindigkeit und die Gefahrstoffkonzentration und/oder -menge in dem definierten Bereich erfasst werden. Darüber hinaus muss geklärt werden, zu welchem Zweck die Absaugungen im Unternehmen benötigt werden.

In Unternehmen der chemischen Industrie ist der Umgang mit Chemikalien und Gefahrstoffen üblich. In metallverarbeitenden Betrieben wird häufig geschweißt und Metall erhitzt/geglüht. Hier werden Absaugungen benötigt, die die entstehenden Gefahrstoffe aus der Atemluft möglichst umfassend entfernen und das Gefährdungs- und Erkrankungspotenzial durch die Stofffreisetzung minimieren.

In Gewerbebetrieben, bei denen in der Produktion häufig Stäube entstehen, ist ein weiterer wichtiger Aspekt zu berücksichtigen. Hier muss neben der Gesundheit der Beschäftigten, die durch die Schadstoffbelastung in der Luft beeinträchtigt wird, auch der Aspekt der Explosionsgefahr durch die Staubbildung betrachtet werden. Das bedeutet:

  • Holzstaub von Harthölzern (Buchenholz-/Eichenholzstaub), der etwa bei Schleifarbeiten entsteht, ist als am Menschen krebserzeugender Gefahrstoff eingestuft und entsprechend zu behandeln (vgl. beispielsweise TRGS 553, s. „Weitere Infos“). Gleiches gilt für Metallstäube von Kobalt und Nickel, die bei Schleifarbeiten häufig freigesetzt werden; sie sind ebenfalls hoch potente Karzinogene. Auch Mehlstaub ist kein toxikologisch „harmloser“ Staub, sondern ein sehr starkes Atemwegsallergen (verantwortlich für das sog. „Bäckerasthma“). Ausführliche Hinweise zur allergenen Wirkung von Mehlstaub finden sich bei Sohn u. Au (2012).
  • Reduzierung des Explosionsrisikos: Hier müssen die Absaugsysteme explosionsfähige Luftgemische verhindern, die durch Staubbildung entstehen können. Neben der Gesundheit der Beschäftigten werden so auch materielle Betriebsgüter und die Umwelt geschützt. Bei Absaugsystemen für den Einsatz in explosionsfähiger Atmosphäre sind außer den bereits aufgeführten Anforderungen der Absaugspezifikation insbesondere sicherheitstechnische Anforderungen zu beachten. Konstruktive Maßnahmen zur antistatischen Ausrüstung und Vermeidung von Zündquellen führen zu einer hohen Betriebssicherheit. Dazu gehören neben der optimierten Absauggeschwindigkeit und einem hinreichend großen Absaugluftvolumen an der Entstehungsstelle und im Rohrsystem insbesondere die regelmäßige Reinigung, Wartung und Instandhaltung des Gesamtsystems.

Da der Einsatz von Absaugungssystemen vielfältig und von verschiedenen Faktoren abhängig ist, gibt zum Beispiel der Unfallversicherungsträger Hilfestellung zur Ausführung und Errichtung von Absaugsystemen und lüftungstechnischen Anlagen in Form von DGUV-Regeln und Informationen (s. „Weitere Infos“).

Was passiert mit den Schadstoffen nach der Absaugung?

Die abgesaugten Stoffe sind im Regelfall gasförmig oder bestehen aus Mikropartikeln unterschiedlicher Größe und Form. Das Absaugsystem muss zunächst gewährleisten, dass die gasförmigen oder partikulären Stoffe effizient abgesaugt werden. Darüber hinaus müssen diese Stoffe über ein geschlossenes System wirksam und gefahrfrei zu einem Abscheider geführt werden.

Um nicht weitere Gefährdungen durch das System und durch Wechselwirkungen mit dem System zu erhalten, muss bei der Auswahl und Auslegung der Absaugung insbesondere die Verschiedenartigkeit der abzusaugenden Gefahrstoffe (Staub, Gas, Aerosole etc.) berücksichtigt werden. Für eine hohe Effizienz werden verschiedene Filtersysteme und Abscheider eingesetzt. Darüber hinaus sind bei der Planung und Auslegung einer Absaugung und der Freisetzung der abgesaugten Luft in die Außenatmosphäre das Bundesimmissionsschutzgesetz und die Verordnungen zum Bundesimmissionsschutzgesetz zu beachten.

Literatur

Sohn D, Au M: Handbücher zum Betriebssicherheitsmanagement. Band 1: Betriebliches Gefahrstoffmanagement“. Berlin: Erich Schmitt Verlag, 2012.

    Weitere Infos

    Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 553)

    www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/TRGS/pdf/TRGS-553.pdf;jsessionid=A717C56567F16B381064C5972BF723FA.s2t2?__blob=publicationFile&v=4

    DGUV Regel 109-002: Arbeitsplatzlüftung – Lufttechnische Maßnahmen

    www.bgbau-medien.de/html/pdf/bgr/bgr_121.pdf

    Fachinformation Gefahrstoffe und biologische Arbeitsstoffe der BGHM

    https://www.bghm.de/arbeitsschuetzer/fachinformationen/gefahrstoffe-und-biologische-arbeitsstoffe/

    Für die Autoren

    Prof. Dr.-Ing. Dirk S. Sohn

    Lehrstuhl für Betriebssicherheitsmanagement

    Technische Hochschule Georg Agricola

    Herner Straße 45

    44787 Bochum

    Dirk.Sohn@thga.de

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