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Neue Erkenntnisse: Infektionskrankheiten im Gesundheitswesen

Neue Erkenntnisse: Infektionskrankheiten im Gesundheitswesen

Den Einstieg in eine stärkere Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis macht die Arbeitsgruppe um Albert Nienhaus. Johanna Stranzinger berichtet im Ressort Praxis der ASU, dass die Prävention von Infektionen oftmals dann schwierig wird, wenn verschiedene Rechtssysteme betroffen sind. Eine Cytomegalie(CMV)-Infektion bei einer schwangeren Beschäftigten im Gesundheitswesen ist zwar auch ein arbeitsmedizinisches Problem, da die mögliche Schädigung der Leibesfrucht aufgrund einer intrauterinen Infektion entsprechend dem Berufskrankheitenrecht mitversichert ist, der Schutz der Schwangeren wird aber primär im Mutterschutzgesetz geregelt. Deshalb gibt es kein einheitliches Vorgehen zum Schutz von Schwangeren vor einer CMV-Infektion. Möglicherweise wird dies verbessert durch die Novelle des Mutterschutzgesetzes, die eine Gefährdungsbeurteilung vom Arbeitgeber fordert. Dass wir an dieser Stelle Regelungen zum Schutz von Schwangeren benötigen, zeigen die Daten, die in dem Aufsatz „Prävalenz der CMV-Infektion bei Beschäftigten in der Kindertagespflege und bei Blutspenderinnen sowie im Kinderkrankenhaus“ dargelegt werden. Danach hat nur jede zweite Erzieherin oder jede zweite Beschäftigte in einer Kinderklinik einen natürlichen Schutz durch eine alte Infektion.

Um möglichst wirksame Maßnahmen zur Infektionsprophylaxe ergreifen zu können, benötigen wir Daten zum Infektionsgeschehen bei Beschäftigten im Gesundheitswesen. Eine mögliche Informationsquelle sind die Berufskrankheiten aufgrund einer Infektion. Im Beitrag „Beruflich bedingte Infektionen im Gesundheitswesen“ im Ressort Wissenschaft werden daher die Infektionsmeldungen bei der BGW von Albert Nienhaus, Madeleine Dulon und Dana Wendeler dargestellt. Noch sind die Daten der Unfallkassen und der Berufsgenossenschaften nicht hinreichend kompatibel, um eine gemeinsame Auswertung zu ermöglichen. Trotzdem ergeben sich interessante Erkenntnisse. Besonders erfreulich ist die Tendenz bei den blutübertragbaren Virusinfektionen. Nicht nur die impfpräventable Hepatitis B, sondern auch die Hepatitis C ist bei Beschäftigten selten geworden. Das ist sicher ein Erfolg der verbesserten Hygiene und der Verwendung von sicheren Instrumenten, wie sie die TRBA 250 fordert.

Dennoch bleibt das Problem der Hepatitis C bei Beschäftigten im Gesundheitswesen virulent, da aufgrund des chronischen Verlaufs und der bisher unbefriedigenden Behandlungsergebnisse für die Träger der Unfallversicherung hohe Kosten für medizinische und berufliche Rehabilitation sowie für Renten anfallen. Die Höhe dieser Kosten wird in dem Beitrag „Hepatitis-C-Infektionen bei Beschäftigten im Gesundheitswesen“ von Claudia Westermann et. al. analysiert. Fazit ist, dass in Zukunft diese Kosten durch die neuen direkt wirkenden antiviralen Medikamente (DAA) wahrscheinlich reduziert werden können, auch wenn zunächst hohe Kosten für die Therapien zu erstatten sind.

In ihrem Beitrag „Tuberkulose bei Beschäftigten im Gesundheitswesen“ weisen Anja Schablon und Albert Nienhaus darauf hin, dass die Tuberkulose eine Infektion ist, die das Handeln der Betriebsärzte seit jeher bestimmt. Es hat einige Zeit gebraucht, bis das Handeln der Betriebsärzte an die neue epidemiologische Situation angepasst wurde. Heute gibt es eine enge Indikation für die arbeitsmedizinische Vorsorge zur Tuberkulose. Die Zahlen zur Prävalenz der latenten Tuberkuloseinfektion sowie die geringe Anzahl der detektierten aktiven Tuberkulosen bei Beschäftigten im Gesundheitswesen scheinen die Zurückhaltung bei der Vorsorge zu bestätigen. Trotz verbesserter Möglichkeiten zur Diagnose der Prävalenz der latenten Tuberkuloseinfektion ist es immer noch problematisch, die Beschäftigten zu identifizieren, die von einer präventiven Chemotherapie profitieren würden, wie der Beitrag „Tuberkulose bei Beschäftigten im Gesundheitswesen“ zeigt.

Derzeit werden nur unzulänglich die richtigen Manahmen zur Infektionsprophylaxe und -bekämpfung zum Schutz der Beschäftigten vor Methicillin-resistentem Staphylococcus aureus (MRSA) getroffen, stellen Claudia Peters, Albert Nienhaus und Anja Schablon fest. Eine Befragung von Betriebsärzten und Hygienikern ergab einen Flickenteppich an Vorgehensweisen und insgesamt nicht den Eindruck, dass in den Einrichtungen ein abgestimmtes, planvolles Vorgehen vorherrscht. Es ist eher die Haltung des „Ausblendens“ zu beobachten. Dabei sind die Rahmenbedingungen gar nicht so schlecht. Die Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge gibt zwanglos die Möglichkeit, Beschäftigten nach ungeschütztem Kontakt zu MRSA-Patienten eine Vorsorge anzubieten und eine Prophylaxe in Form einer antiseptischen Behandlung zu ermöglichen. Um Daten für eine rationale Diskussion zu schaffen, wurden im Rahmen einer Studie Beschäftigten in der Altenpflege ein MRSA-Screening und eine evtl. Sanierung angeboten. Davon machten diese regen Gebrauch, wie in dem Beitrag „MRSA-Besiedlungen in der Altenpflege“ dargelegt wird. Dem schnellen Leser sei verraten, dass die Beschäftigten nur selten mit MRSA besiedelt waren.

Ebola, EHEC, SARS oder Vogelgrippe sind Schlagwörter, die unsere Vulnerabilität gegenüber neuen oder plötzlich endemisch auftretenden Erregern ins Gedächtnis rufen. Fast immer sind es Beschäftigte im Gesundheitswesen, die besonders betroffen sind, da sie sich um die infizierten Patienten kümmern. Das zeigt die Auswertung der Daten zur H1N1-Pandemie, über die in diesem Heft von Janna Lietz et. al. berichtet wird. Im Rahmen des Ebolaausbruchs im Jahr 2014 ist das ohnehin schwache und schlecht ausgestattete Gesundheitswesen der betroffenen Länder zusammengebrochen, da in manchen Gebieten über ein Drittel der dort Beschäftigten an Ebola gestorben ist. Aber der Ebolaausbruch zeigt auch, dass mit den entsprechenden Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko für Beschäftigte im Gesundheitswesen minimiert werden kann. Mit wenigen Ausnahmen gab es keine Folgeinfektionen bei Ebolapatienten, die nach Europa gebracht und in Spezialeinrichtungen behandelt wurden. Beschäftigte im Gesundheitswesen sind aber nicht nur in Ausbruchssituationen, sondern täglich Infektionserregern ausgesetzt und müssen entsprechend geschützt werden. Allerdings muss dieser Schutz dem Risiko angemessen sein und mit vertretbarem Aufwand für die Einrichtungen und die Beschäftigten erfolgen.

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