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HEUTE — flüchtende Menschen, die der psychosozialen und medizinischen Versorgung bedürfen. MORGEN — qualifizierte Fachkräfte in Deutschland?

Angesichts des demografischen Wandels und des steigenden Bedarfs an Fachkräften, kann es eine große Chance für Deutschland sein, zugewanderte Menschen zu unterstützen, zu integrieren und zu qualifizieren – auch um dem drohenden Fachkräftemangel begegnen zu können.

Die Bundesagentur für Arbeit hat im Oktober 2016 eine interessante Statistik zu „Auswirkungen der Migration auf den deutschen Arbeitsmarkt“ herausgebracht. In dieser Expertise wird dargelegt, dass derzeit eine positive Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes zu verzeichnen ist, die auch zunehmend von Migration beeinflusst wird. Denn in den letzten Jahren, insbesondere seit Anfang 2015 hat die Zuwanderung von Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen deutlich zugenommen. Aufgrund der Zuwanderung nimmt insgesamt das Arbeitskräfteangebot in Deutschland zu, was isoliert betrachtet zu mehr Beschäftigung, aber auch zu einer höheren Arbeitslosigkeit führen kann. Die Höhe der Arbeitslosigkeit hängt davon ab, wie schnell die zugewanderten Menschen eine Beschäftigung finden und wie hoch das Arbeitslosigkeitsrisiko in den aufgenommenen Jobs ist.

Es wird ferner von der BA darauf hingewiesen, dass darüber hinaus zu berücksichtigen ist, dass die Integration der Zuwanderungsgruppen in den Arbeitsmarkt unterschiedlich gut gelingt. Vor allem die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen wird nach den Erfahrungen der Vergangenheit mehrere Jahre brauchen. Ihre Arbeitslosmeldung ist ein erster Schritt in einem Integrationsprozess, der aufgrund der fehlenden Sprachkenntnisse und formalen Qualifikationen längere Zeit in Anspruch nehmen wird.

Weil geflüchtete Menschen bis Mai 2016 in den Arbeitsmarktstatistiken der BA nicht direkt erkannt werden konnten, wurde für die Analyse der Auswirkungen der Fluchtmigration auf den Arbeitsmarkt das Aggregat „Personen mit einer Staatsangehörigkeit aus einem der zugangsstärksten Herkunftsländern von Asylbewerbern“ oder kurz „Asylherkunftsländer“ gebildet. Im August 2016 wurden von der BA insgesamt 153 000 Beschäftigte aus den nichteuropäischen Asylherkunftsländern registriert, das waren 41 000 oder 36 Prozent mehr als vor einem Jahr. Dabei fiel der Anstieg von Personen mit einer Staatsangehörigkeit aus Syrien, Eritrea und Somalia mit zum Teil deutlich über 50 Prozent relativ am stärksten aus.

Nach Angaben aus der Asylgeschäftsstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurden von Januar bis Dezember 2015 insgesamt 442 000 Erstanträge auf Asyl gestellt, im gleichen Zeitraum 2014 waren es noch 173 000 gewesen.

Für die Dauer des Asylverfahrens erhalten Asylbewerber eine Aufenthaltsgestattung und Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts und während der Unterbringung bis zu sechs Monaten in einer Erstaufnahmeeinrichtung unterliegen sie einem Beschäftigungsverbot. Wenn das Asylverfahren aufgrund des Vorliegens eines Schutzgrundes positiv abgeschlossen wurde, wird zunächst eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Geschützte Personen haben dann grundsätzlich Anspruch auf die gleichen Sozialleistungen wie deutsche Staatsangehörige, und es besteht ein uneingeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt – Grund genug für ASU, der medizinischen und psychosozialen Versorgung von flüchtenden Menschen und den sozialmedizinischen Aspekten der Migration angemessenen Raum zu geben.

Die vorliegende ASU-Dezember-Ausgabe beschäftigt sich deshalb in Ihrem Schwerpunkt mit der psychosozialen Versorgung von geflüchteten, psychotraumatisierten Menschen, die durch ärztliche Psychotherapeuten bewältigt wird, sowie mit der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen, die vor allem von Ärztinnen und Ärzten im Öffentlichen Gesundheitsdienst geleistet wird, und mit der Zuwanderung einhergehenden sozialmedizinischen Aufgaben.

Die Erarbeitung von wissenschaftlichen Leitlinien in der Arbeitsmedizin ist verdienstvoll, um den Qualitätsstandard weiter zu erhöhen und dient der Fortentwicklung des Faches. Deswegen wird ASU die erarbeiteten wissenschaftlichen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) ab dieser Ausgabe veröffentlichen. Wir stellen Ihnen in diesem Heft die S2k-Leitlinie nach AWMF-Schema „Diagnostik und Begutachtung der Berufskrankheit Nr. 4101 Quarzstaublungenerkrankung (Silikose) der Berufskrankheitenverordnung“ vor. Es wird auch angestrebt, Wissenschaft mit der Praxis zu verbinden, aufgrund dessen wird hierzu parallel ein Praxisbeitrag beigesteuert.

Die Beiträge in dieser Ausgabe von ASU zeigen bereits gewonnene neueste Erkenntnisse auf und informieren über bereits aufgebaute Unterstützungs- und Versorgungsstrukturen für geflüchtete Menschen. Ich würde mich freuen, wenn mit diesem Schwerpunktthema sowie den weiteren Fachbeiträgen wieder ein für Sie interessantes Heft entstanden ist.

Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre.

Ihre

Annegret E. Schoeller

Chefredakteurin