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Chronisch Kranke im Erwerbsleben am Beispiel von Lungenerkrankungen

Eine regelmäßige Medikation, die möglicherweise das Reaktionsvermögen oder die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt, kann eine Gefährdung des Mitarbeiters oder auch seiner Umwelt bedeuten. Die berufliche Tätigkeit kann aber auch zum Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit beitragen. Dieses richtig einzuschätzen, entsprechend zu beraten und auf eine adäquate, an die speziellen Erfordernisse angepasste Arbeitsumgebung hinzuwirken, stellt eine zunehmend wichtige arbeitsmedizinische Aufgabe dar. Der Arzt ist bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit von Personen mit chronischen Erkrankungen definitiv nicht ersetzbar.

Das am 18. 06. 2015 vom Bundestag verabschiedete Präventionsgesetz eröffnet neue Möglichkeiten der Beratung und Untersuchung im Betrieb sowie die engere Verzahnung von präventiver und kurativer Medizin. Das Gesetz setzt auf die zielgerichtete Zusammenarbeit der Akteure in der Prävention und Gesundheitsförderung: Neben der gesetzlichen Krankenversicherung werden auch die gesetzliche Rentenversicherung und die gesetzliche Unfallversicherung, die soziale Pflegeversicherung und auch die Unternehmen der privaten Krankenversicherung eingebunden.

Hinzuweisen ist an dieser Stelle auf neue Präventionsleistungen der Sozialleistungsträger. Beispielsweise bieten die regionalen Rentenversicherungsträger Leistungen zur Sicherung der Erwerbsfähigkeit (Prävention) nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V für Arbeitnehmer an, die eine besonders gesundheitsgefährdende Beschäftigung ausüben, also z. B. im Schichtdienst oder Arbeiten, die mit starker körperlich einseitiger Belastung oder mit hohem nervlichen oder emotionalen Stress verbunden sind. Um den Antrag zu stellen, sollten erste gesundheitliche Beeinträchtigungen ohne Krankheitswert vorliegen, wie etwa häufig wiederkehrende Schmerzen, beginnende psychische Beeinträchtigungen, ernste Probleme mit dem Gewicht oder dem Stoffwechsel oder Probleme mit den Atemwegen. Die für die Antragsstellung notwendigen Formulare G0180, G0185 und G0190 können auf der Homepage der Rentenversicherung abgerufen werden (s. „Weitere Infos“).

Das vorliegende Heft richtet den Blick auf die Leistungsfähigkeit bei chronischen Lungenerkrankungen, schwerpunktmäßig auf die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) sowie auf aktuelle Aspekte der Tuberkulose.

Der Begriff COPD („chronic obstructive pulmonary disease“) umfasst die chronisch obstruktive Bronchitis, das Lungenemphysem und deren Kombinationen, schließt jedoch das Asthma nicht aus. Weltweit ist die COPD gegenwärtig die vierhäufigste Todesursache. Für die nächsten Jahre ist ein weiterer Anstieg von Prävalenz, Morbidität und Mortalität zu erwarten. Damit entwickelt sich der Trend gegenläufig zu vielen anderen chronischen Erkrankungen. Das Leistungsprofil richtet sich nach dem Schweregrad des Krankheitsbildes und etwaiger Komorbiditäten wie beispielsweise Muskelatrophie, koronare Herzerkrankung und Osteoporose.

Herr Dr. med. Benjamin Waschki aus der LungenClinic Grosshansdorf stellt seine Untersuchungen bei COPD im Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und Leistungsfähigkeit und Schwere der Erkrankung vor. Die körperliche Aktivität in Freizeit und Beruf sei ein prognostischer Marker für das Gesamtüberleben bei COPD. Rehabilitationsmaßnahmen konnten einen anhaltenden Effekt auf die körperliche Aktivität nachweisen.

Herr Dr. med. Jörg W. Walther aus dem Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Ruhr-Universität Bochum (IPA) nimmt Stellung zur Leistungsfähigkeit des chronisch Lungenkranken im Betrieb und stellt aktuelle medizinische Aspekte der COPD vor. Auch er weist darauf hin, dass Training ein essenzieller Bestandteil der Behandlung der COPD ist, und körperliche Trainingseffekte gut gestalteter Arbeit genutzt werden sollten, um den Krankheitsverlauf langfristig günstig zu beeinflussen.

Frau Dr. med. Karin Taube gibt einen Überblick über die Möglichkeiten und Ziele der ambulanten pneumologischen Rehabilitation als unverzichtbarem Behandlungsbaustein bei einer großen Anzahl von Patienten mit Lungen- und Atemwegserkrankungen. In Anbetracht der Prävalenz, der steigenden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeitstage und der Tatsache, dass mit Erhöhung des Renteneintrittsalters insbesondere obstruktive Lungenerkrankungen bei der im Arbeitsprozess stehenden Bevölkerung zunehmen, ist das Wissen über die Möglichkeiten der pneumologischen Rehabilitation von großer Bedeutung.

Hinzuweisen ist auch auf attraktive Materialien der Deutschen Atemwegsliga e. V. für Patienten mit COPD („Aktiv leben mit COPD- von Patienten für Patienten“ sowie zahlreiche Informationsblätter beispielsweise zu Bronchiektasen, Asthma und Sport oder zur Berufswahl)

Die aktuelle Situation der Tuberkulose wird in einem Übersichtsartikel von Frau Dr. med. Nasstasja Wassilew und Kolleginnen aus der Medizinischen Klinik/Klinische Infektiologie des Forschungszentrum Borstel dargestellt. Insgesamt ist die Inzidenz der Tuberkulose in Deutschland wie auch in anderen Industrieländern seit Jahren kontinuierlich abnehmend. Durch die aktuelle politische Situation mit rasantem Anstieg der Asylanträge durch geflüchtete Menschen insbesondere aus dem Irak, aus Syrien und aus Afghanistan, aber auch aus verschiedenen afrikanischen Ländern wurde zunächst ein dramatisches Ansteigen der Tuberkulosehäufigkeit in Deutschland befürchtet. Aus Sicht der Arbeitsmedizin ist die Kenntnis der Situation wichtig, um die jeweils richtige Strategie für Vorsorgeuntersuchungen für Beschäftigte mit Kontakt zu Risikogruppen festzulegen.

Wir wünschen Ihnen bei diesem aktuellen Überblick eine angenehme Lektüre mit vielen Anregungen für Ihren betrieblichen Alltag.

    Weitere Infos

    Autorin

    Dr. med. Jutta Kindel

    Ärztin für Innere Medizin und Arbeitsmedizin

    Berner Weg 16 d

    22393 Hamburg

    Jutta.Kindel@gmx.de

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